Kapitel 50

Kaum sind wir an dem kleinen Berg, der sich sehr gut zum Schlitten fahren eignet, angekommen, schnappen sich jeweils Doris und Phoebe; Ernest und Daisy; Fizzy und Lottie und Harry und ich einen Schlitten, sodass wir immer Zweierpärchen bilden. Erstens, weil wir nicht für jeden einen Schlitten haben und zweitens weil die Jüngsten nicht unbedingt allein fahren sollen. Ich will sie nicht aus dem nächsten Dornenbusch herausziehen müssen.

Während alle Anderen bereits losfahren, hören Harry und ich nurnoch Gekreische. Schnell setzt der Lockenkopf sich vor mir auf den Schlitten und ich gebe uns mit meinen Füßen ein bisschen Anlauf, damit wir von der Stelle kommen. Als wir immer schneller den Berg herunterfahren, krallt Harry sich regelrecht in meinen Knien fest, während er laut jubelt.

Am Fuß des Bergs warten die Anderen bereits auf uns. "Da seid ihr ja endlich, ihr lahmen Schnecken", schreit Doris und der Rest lacht laut los. Während sie sich weiter über uns lustig machen, wende ich mich zu Harry. "Wollen wir das wirklich auf uns sitzen lassen? Dass wir als lahme Schnecken beleidigt werden?"

Harry schüttelt entschieden den Kopf, sodass die paar Locken, die unter seiner Mütze hervorschauen, hin und her wippen. "Definitiv nicht. Ich finde, wir sollten ihnen zeigen, dass wir die Schnellsten sind, oder?" Leise sprechen wir uns ab und ändern unsere Richtung. Bis gerade sind meine Geschwister noch ein paar Meter vor uns den Berg wieder hochgelaufen, doch ich habe eine bessere Idee.

"Wer als erstes den Berg oben ist und damit am schnellsten wieder unten ankommt, hat gewonnen!", schreie ich herausfordernd. Sofort nehmen alle die Herausforderung an und rennen bergauf.

Ich deute Harry jedoch in eine andere Richtung und wir nehmen somit eine Abkürzung, die meine Geschwister nicht kennen. Zwar ist dieser Weg etwas steiler, aber deutlich kürzer, sodass wir im Endeffekt vor meinen Geschwistern oben ankommen. Da Harry unterwegs jedoch etwas hinter mir geblieben ist, habe ich mir schnell seine Hand geschnappt und ihn somit hinter mir hergezogen, damit es für ihn etwas leichter wird.

Gerade als wir oben sind und bereits auf dem Schlitten sitzen, sehe ich, wie Lottie und Fizzy keuchend neben uns ankommen und sich zum Start bereit machen. Fast gleichzeitig fahren wir los. Ab der Mitte des Bergs merke ich, dass auch die anderen zwei Pärchen oben losfahren und somit auf jeden Fall schonmal die letzten sind.

Fizzy kreischt laut, als Lottie den Schlitten noch mehr beschleunigt, was uns jedoch nur zum Lachen bringt. Kurz bevor wir unten sind, passiert jedoch ein kleines Missgeschick. Unter Harrys und meinem Schlitten schien sich ein etwas größerer Ast zu befinden, der uns vom Kurs abbringt.

Da wir jedoch eine ziemlich hohe Geschwindigkeit drauf hatten, purzeln wir beide vom Schlitten und somit ein paar Meter weiter in den Schnee.

Weiter weg höre ich lautes Jubeln von meinen zwei Schwestern, die jetzt wohl gewonnen haben. "Harry, ist alles okay? Hast du dich verletzt?", frage ich und sehe mich suchend nach ihm um. Ich kann ihn jedoch nicht entdecken, was mich hektisch werden lässt. "Harry?!", rufe ich etwas lauter.

Gerade als ich kurz vor einem Herzinfarkt stehe, höre ich jedoch leises Kichern und Harry taucht ein paar Meter weiter aus dem Schnee auf. "Wie konnte das denn passieren?", lacht er laut los. Erleichtert atme ich aus und krabble auf ihn zu. "Man hast du mir einen Schrecken eingejagt! Aber keine Ahnung, wir sind wohl über einen Ast gefahren", sage ich.

"Achso. Hattest du gerade etwa Angst um mich?", fragt er neugierig.

"Ja, natürlich. Ich konnte dich nicht sehen und du hast mir nicht geantwortet!", beschwere ich mich, immernoch im Schnee sitzend. "Armer Louis", bemitleidet Harry mich grinsend, "aber ich bin doch hier". Er streckt mir eine Hand entgegen und überbrückt somit den letzten Meter zwischen uns.

Ich nehme seine Hand und möchte ihn gerade auf die Füße ziehen, als er mich jedoch mit Schwung zu sich reißt. Etwas unsanft lande ich komplett auf ihm drauf. "Fuck, dein Rücken!", stoße ich keuchend aus. - "Das passt schon", flüstert er. Plötzlich legt er einen Arm um meine Taille, seine andere Hand landet an meiner Wange. Sofort breitet sich eine angenehme Wärme in mir aus, obwohl wir hier im kalten Schnee liegen.

Ich stütze mich rechts und links neben seinem Kopf auf den Ellenbogen ab, damit nicht mein komplettes Gewicht auf ihm lastet. Sanft fährt er mit seinem Daumen über meine Wange, woraufhin ich mich seiner Bewegung leicht entgegenlehne und kurz genüsslich die Augen schließe.

Als ich sie wieder öffne, blicke ich gradewegs in Harrys funkelnde grüne Augen. Mal wieder ziehen sie mich in ihren Bann. Ich habe das Gefühl, er kann mir damit direkt in meine Seele schauen. "Du bist so wunderschön", haucht er, "ich wünschte, ich könnte dich jetzt küssen". - "Dann tu es", fordere ich ihn leise auf. "Ich möchte aber nichts zwischen uns kaputt machen", erwidert er, ohne seinen Blick von mir zu lösen.

Ich weiß genau, was er meint. Als wir uns das erste Mal geküsst haben, kurz nachdem wir uns kennengelernten, war ich so blöd, ihn danach einfach zu ignorieren, obwohl er sich entschuldigt hat. Vermutlich hat Harry jetzt Angst, dass sich das wiederholen könnte, sobald wir jetzt weiter gehen. Ich kann jedoch nichts gegen das Gefühl tun, ihn jetzt einfach küssen zu wollen. Zumal sich die ganze Situation ja jetzt komplett geändert hat. Damals konnte ich ihn ja nicht mal wirklich leiden, oder zumindest wollte ich es mir nicht eingestehen.

"Worüber denkst du nach?", fragt er leise und festigt seinen Griff um meine Taille leicht. Es ist kaum spürbar, aber trotzdem merke ich es. "Über das hier", sage ich noch, bevor ich einfach meinen ganzen Mut zusammennehme und die letzten paar Zentimeter zwischen unseren Lippen überbrücke. Sofort bildet sich in mir ein Feuerwerk der Gefühle. Alles kribbelt und so deutlich wie noch nie zuvor spüre ich die Schmetterlinge in meinem Bauch, die verrückt spielen.

Harry erwidert den Kuss zuerst nicht, doch ich weiß, dass er es gleich tun wird. Tatsächlich seufzt er leicht gegen meine Lippen, ehe er sich der Bewegung endlich anpasst. Anfangs ist der Kuss zärtlich und sanft. Wir überstürzen nichts, sondern versuchen uns irgendwie zu beherrschen. Dies hält jedoch wie zu erwarten nicht lange an, sodass ich kurz darauf Harrys Zunge an meiner Unterlippe spüre. Ich öffne meinen Mund leicht und sofort lässt er sie hinein gleiten. Unsere Zungen spielen leicht miteinander.

Wieder einmal stelle ich fest, wie weich Harrys Lippen sind. Seine vollen und meine schmaleren Lippen sind wie füreinander geschaffen, anders kann man es nicht beschreiben. Vor Harry fand ich Zungenküsse okay, aber das war es auch schon, doch jetzt gerade ist es das beste Gefühl, was ich je wahrgenommen habe.

Als wir uns nach einer ganzen Weile voneinander lösen, bleiben unsere Gesichter trotzdem dicht beieinander, sodass ich Harrys warmen Atem noch spüre. "Wow", haucht er und lässt seinen Blick über jeden Zentimeter meines Gesichts schweifen. "Das kannst du laut sagen", meine ich. - Soll ich?", sagt er grinsend. - "Nein!", lache ich, "wir werden uns so oder so auf einige Fragen meiner Geschwister gefasst machen. Immerhin waren wir jetzt ganz schön lange weg und deinen Lippen sieht man deutlich an, dass du gerade geküsst wurdest".

- "Naja, ich hätte jetzt kein Problem damit, ihnen zu sagen, dass ich nähere Bekanntschaft mit einem heißen Typen gemacht habe", sagt er grinsend. - "Ja, versteh mich bitte nicht falsch. Ich schäme mich ja nicht für dich, im Gegenteil. Es ist nur so, dass das zwischen uns ja momentan noch nichts Festes ist und ich möchte es ihnen einfach dann sagen, wenn es soweit ist. Wäre das für dich okay?", frage ich. 

"Klar. Es ist ja auch deine Familie, da kannst du das selbst entscheiden was du machst oder eben nicht. Aber ich nehme dir das nicht übel, falls du das denkst", entgegnet er mir lächelnd.

Erleichtert lege ich nochmal kurz meine Lippen auf seine, bevor wir dann langsam aufstehen. Wir schütteln uns schnell den Schnee aus den Haaren und Klamotten und machen uns dann auf den Weg zu meinen Geschwistern.

Als wir bei ihnen ankommen, blicken Lottie und Fizzy uns hämisch grinsend an, während die anderen sich einfach freuen, dass wir wieder da sind. "War es schön?", fragt Lottie neugierig. Ich zeige ihr als Antwort nur den Mittelfinger, weswegen sie blöd lacht.

Ein paar Mal fahren wir alle zusammen noch den Berg hinunter. Teilweise Harry mit mir oder auch einer von uns abwechselnd mit den Zwillingen. Irgendwann wird uns jedoch zu kalt, sodass wir uns auf den Rückweg machen. Doris und Ernest werden auf ihren Schlitten von Lottie und Daisy hinter sich her gezogen, während wir anderen laufen.

"Louis, mit tun meine Füße so weh. Kannst du mich bitte bitte ziehen?", fragt Harry und sieht mich mit Engelsaugen bettelnd an. Lachend verdrehe ich die Augen und deute auf den Schlitten. Harry setzt sich grinsend darauf und macht es sich bequem. "Du bist echt schwer!", keuche ich gespielt außer Atem. "Ist mir egal. Dafür habe ich von hier aus eine echt gute Aussicht", sagt er leise, sodass die Anderen es nicht hören können.

Im ersten Moment weiß ich nicht, worauf er hinaus will, doch als ich mich zu ihm umdrehe und er schnell seinen Blick von meinem Hintern zu meinem Gesicht erhebt, wird mir so einiges klar, weshalb ich extra mit der Hüfte hin und her wackle.

Ich merke immernoch Harrys Geschmack auf meinen Lippen, als ich sie kurz mit meiner Zunge befeuchte und mir wird eines klar: Ich möchte Harry so schnell wie möglich küssen können, ohne vorher zu fragen.

Und ich weiß auch schon, wie ich das anstellen kann.

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