1 - Like a crow on a wire
Alles hier in "Ella" ist eigentlich noch eine große Baustelle... ^^
Genießt es mit Toleranz!
Verbesserungsvorschläge sind Willkommen. :)
Grammanazis können sich austoben! :D
Wird langsam überarbeitet.
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Musik tönte durch Ellas Kopfhörer. Der Wind fuhr ihr sanft durch die dunkelbraunen Haare. Ihr Blick huschte über die Zeilen ihres Buches und verschlang es förmlich. Jane Austen. Stolz und Vorurteil. Ein Meisterwerk.
Diese Frau hatte Anfang des 19. Jahrhunderts gelebt und war doch so geistreich, witzig, humorvoll und wusste so viel über Menschen und Beziehungen. Dabei hatte sie selbst nie wirklich eine. Was war sie bloß für ein intelligentes Geschöpf.
Ella überlegte und blickte auf. Sie saß an der Orangerie an einen Baum angelehnt und ihr Blick wanderte über grünen Wiesen, Menschen und Tiere, die herumtollten oder den schönen sonnigen Tag genossen. Die Augen tranken sich satt, an dem saftigen Grün um sich herum. Ihre Seele wurde von den tänzelnden Sonnenstrahlen erwärmt. Sie roch den frischen Wind, der mit ihren Haaren herumzuschaffen hatte. (Er musste sie ja unbedingt nach seinem Willen zerstrubbeln). Nichtsdestotrotz strahlte tiefe Ruhe aus Ellas Brust heraus, tunkte in die sanfte Natur, um sie herum ein, und wurde bloß umso kräftiger.
Eigentlich hatte sich nicht wirklich viel geändert, dachte Ella sich. Heute wievor ungefähr 200 Jahren. Es war doch immer dasselbe. Der Mensch war Mensch.
Er schien immer noch dasselbe zu suchen: die wahre Liebe. Und dabei schien er immer wieder dieselben Fehler zu begehen. Er ließ sich von anderen Menschen täuschen, er verliebte sich in die falschen Personen, er bemerkte die richtige Liebe einfach nicht, er konnte die richtige Liebe nicht lange genug halten, denn er verhedderte sich an seine eigenen negativen Charaktereigenschaften und Schwächen und stolperte. Ja, das schien ein Gesetz zu sein. Warum fiel das bloß niemandem auf und man machte eine Wissenschaft draus, damit man nur noch gesunde Beziehungen haben konnte? Ja, warum verstand nie jemand Gescheites das System und machte etwas noch viel Gescheiteres draus? Denn alles wiederholte sich immer und immer wieder... Jede Beziehung ist im Grunde eine wiederkehrendes Beispiel aus der Geschichte. Alles wurde schon einmal erlebt...
Die Liebe war eine seltsame Sache. Man konnte sich viel zu oft verlieben. Das Herz schien eine schier unendliche Kapazität für die Liebe zu haben. Wie oft man es auch wieder verletzte, die Liebe starb doch selten gänzlich aus. Um nicht zu sagen... Fast nie.
Die Erde zählt Milliarden von Menschen. Somit sind es unzählige Personen, die man theoretisch miteinander verkuppeln könnte. Doch trotzdem finden sich viel zu oft die falschen Pärchen und brachen sich gegenseitig die Herzen.
Wie viele potenzielle Menschen es wohl gab, mit denen Ella zusammen passte und eine glückliche Beziehung führen konnte? Und da war noch diese absurde Sache mit dem Seelenverwandten, was dann ja irgendwie heißen sollte, dass es aus den unzähligen Menschen nur einen bestimmten geben konnte, der für dich gemacht war. Mit dem du glücklich sein konntest. Gab es sowas wirklich? Wie sah das aus der mathematischen Seite aus? Konnte man die Wahrscheinlichkeit so einer Person ausrechnen?
Und was hieß das? Das man sich perfekt verstand? Aber nichts war perfekt auf dieser Welt. Oder war alles perfekt?
We keep taking turns
Will we ever learn?
When will we learn?
Die Zeilen ihrer Musik ließen sie von ihren Gedanken aufhorchen. Sie hatte sich wieder fast in ihnen verheddert. Es war schon spät. Sie sollte sich wieder auf den Weg nach Hause machen, denn sie musste für das neue Semester noch einige Skizzen zu Ende zeichnen.
Ella lebte jetzt nun seit fast 2 Jahren in Kassel. Sie studierte an der Kunsthochschule Bildende Kunst und lebte in einem Studentenwohnheim. Ihr Wohnheim war ihr Herz und ihre Seele, wenn sie es gestehen musste. Was sie am meisten an Kassel schätze und weswegen sie es niemals bereuen würde, hierher gezogen zu sein und Kunst studiert zu haben.
Zugegeben war es ein wenig alt. Auf jeder Etage gab es eine Gemeinschaftsküche, weil in den Zimmern keine Extraküchen eingebaut waren. Ella lebte regelrecht in einem kleinen Zimmer und hatte noch nicht mal ein eigenes Klo. Auch den benutzten sie gemeinsam. Jede Etage hatte ihre Küche und ihre Duschen und Toiletten, welches gemeinsam genutzt wurde. Morgens herrschte deswegen manchmal ein wenig Stress, aber es war auch immer witzig und voller Leben.
Ihre Etage war die beste. Sie waren ein kunterbunter Haufen. Da war zum Beispiel Chin Mae. Südkoreanerin. Unglaublich lieb und süß. Ella hatte noch nie so einen gutherzigen Menschen gesehen. Oder ihre Neema. Ihre Familie kam aus Uganda, und sie war voller Leben und Energie. Mit ihr konnte man sich angeregt über Gott und die Welt unterhalten und jederzeit Pferde stehlen! Solche Freunde hatte man nicht viel. Auf ihre Loyalität vertraue Ella unendlich. Oder die unglaublich praktische und intelligente Lotte. Sie half, wo sie helfen konnte und war da, wenn man sie brauchte. Wenn jemand mal knapp bei Kasse war... Lotte hatte immer was, dass sie einem ohne Bedenken ausborgte. Linda war ihr kleiner Sonnenscheinchen. Sie war eigentlich viel zu verrückt, um zu ihnen zu passen, aber sie erhellte einfach jeden Ort und mit ihrem Tratsch und Klatsch wusste das ganze Wohnheim immer, was gerade im Campus abging. Jenica war die Sinteza unter ihnen. Die Sinti waren eine europäische Teilgruppe der Roma oder wie man sie abwertend nannte: Die Zigeuner. Ab und zu wurde sie „Esmeralda" genannt. Sie hatte viel Wissen über die seltsamsten Dinge, wie zum Beispiel Hände lesen, Details über Heilsteine oder andere esoterische Sachen. Aber sie hing eigentlich nur an Linda und leider musste Ella eingestehen, wie sehr sie Jenica auch mochte, dass sie noch einen großen Schritt zur Unabhängigkeit und zu einem festen Selbstbewusstsein machen musste.
Ihr Seelenheil rundete der türkische Hausmeister Herr Ay und seine wunderbare Frau Necla, die sie alle liebevoll Teyze, also Tante, nannten ab. Sie bestand darauf, dass sie so genannt wurde und war im Grunde die Mutter von ihrem Wohnheim. Immer wenn jemand krank wurde oder sie kurz vor dem Hungertod standen, war sie die erste Tür, an der angeklopft wurde. Dann lockerte sie ihr Kopftuch, schob ihre Ärmel hoch und handelte!
Ellas Wohnheim war nicht weit entfernt von der Orangerie, weshalb sie schnell wieder zu Hause war. Sie zog gerade ihre Schuhe aus und öffnete ihre Etagentür, um barfuß reinzulaufen, als sie schon lautes Gequieke und Gebrabbel vernahm. Das sie in ihrer ganzen Etage ohne Schuhe liefen, war die Idee von Mae. Jeder zog vorher die Schuhe aus, selbst die Putzfrauen, die einmal in der Woche kamen und sich ihrer Toiletten und der Küche erbarmten. Mae hatte sich mit den zwei einzigen türkischen Jungs bei ihnen auf der Etage zusammen getan und diesen Wunsch ausgesprochen. Es gab keine wirklichen Einwände und seit dem wurde dieses Gesetz eingeführt. Es hing sogar ein kleines Schildchen an ihrer Etagentür. „Schuhe bitte ausziehen!" Und Ella musste gestehen, es war viel angenehmer und man fühlte sich wohler, ohne Schuhe "zu Hause" herumzulaufen.
Ella lief langsam auf die Stimmen zu. Wieder war irgendetwas los. Die Stimmen kamen aus ihrer Gemeinschaftsküche. Als sie die Tür öffnete, sah sie gerade noch all ihre Mädels auf dem schon ein wenig abgenutzten Sofa sitzen.
Sie erblickten Ella.
Es wurde kurz still.
Ella blinzelte nervös durch die ganzen Blicke.
Im nächsten Moment stürzten sich alle auf sie und fingen an durcheinander zu plappern:
„Ella, hast du schon gehört?!"
„Es passiert was unglaublich Cooles!"
„Die übertreiben, glaub mir!""
„Es ist so schrecklich aufregen!"
„Es ist voll witzig!"
Ella ging ein paar Schritte zurück.
„Sachte, sachte! Was zum Henker ist passiert!" beruhigte Ella die hitzige Masse.
Linda griff nach ihr und zog sie zu sich. Einige ihrer blonden Locken fielen ihr ins Gesicht und sie nahm einen ernsten Gesichtsausdruck an, der ihr nicht passte. Ihr stand einfach dieses Dauerlächeln.
„Wir bekommen neue Mitbewohner! Es sind zwei Freunde!" sagte sie atemlos und mit glänzenden Augen. Ella hob zweifelnd eine Augenbraue hoch.
„Und...?"
„Sie ziehen in die Luxus Suite ein!" Ella rollte mit ihren Augen. Mit Luxus Suite meinten sie die oberste Etage. Das einzige, was dort Luxus war, war die Extraküche und das Extrabad in dein eigenen vier Wänden. Und man zahlte nen hunderter auf die Miete dafür drauf. Ella wäre beinahe selbst dort eingezogen, doch sie sollte in dieser Etage landen.
„Roll deine Augen nicht, ketzerisches Weib!" griff Neema helfend ein. „Es sind göttliche Suits da oben im Olymp!"
Ella fing an zu lachen.
„Ihr übertreibt das da oben immer so!"
„Gar nicht!" schnitt Jenica auch ein. „Du hast eine eigene Küche!" strahlte sie und fuhr fort: „Das heißt, du musst dein Essen nicht verstecken, vor Krümmelmonster!" Alle fingen an zu lachen. Harun, einer der beiden türkischen Jungs auf ihrer Etage, hatte es sich zum Spaß gemacht, die versteckten Nahrungsmittel von Jenica aufzustöbern und aufzuessen.
Und sie riefen alle laut:
„HARUUUN!" Ella und Mae wechselten einen vielsagenden Blick.
„Ich schwöre, wenn ich den jemals dabei erwische, kratze ich ihm die Augen aus!" drohte Jenica.
„Der steht auf dich, glaub mir. Schenk ihm einfach ein wenig mehr Beachtung und er hört auf damit!" lachte Linda.
Ella drückte sich von den Mädchen weg und ging zum Wasserkocher.
„Will wer einen Tee?"
Sofort riefen alle durcheinander:
„Ja bitte!"
„Das übliche!"
„Ich will diesmal den Indischen Chai!"
„Nur Kamille bitte."
„Dasselbe wie du."
Ella hatte die Bestellungen aufgenommen. Die Mädchen ließen sich wieder quatschend auf das Sofa nieder.
„Herr Ay hat gesagt, es sind zwei Jungs! Und es sollen zwei reiche Schnösel sein!" lachte Linda laut auf.
"Was machen sie denn dann in einer WG?"
"Ja so reich nun auch wieder nicht..."
"Wir sind Mädels! Wir reden in Hyperbeln!"
„Vielleicht können wir uns einen klar machen!"
„Einer ist Koreaner!" quiekte Jenica und gab Mae einen Stoß von der Seite. Mae lächelte über sie.
„Aber das krasseste ist einfach... Einer von ihnen soll der Neffe von der Rosenhexe sein?!"
Das schockierte selbst Ella. Sie drehte sich zu ihnen um.
„Die hat Verwandtschaft?!" fragte sie schockiert.
Alle fingen an zu lachen. Rosenhexe nannten sie eine Professorin bei ihnen. Sie hieß eigentlich Prof. Dr. Von Rosenfeld, aber wegen ihrem wundervoll schrecklichen Charakter nannte sie jeder 'Rosenhexe'.
„Kaum zu glauben, nicht wahr?!" meinte Lotte mit schockiertem Gesichtsausdruck.
„Das dieses Weibsbild überhaupt menschliche Beziehungen hat, ist schockierend!" nickte Neema ihnen zu, dabei hüpften ihre schönen, braunen Rasterzöpfe hin und her, die sie heute mal offen gelassen hatte. Sie hatte Ella mal versprochen auch ihre Haare zu flechten. Sie wartete sehnlichst, dass sie dieses Versprechen ein hielt. Neema war sehr kreativ, was ihre Frisuren anging, denn sie fand immer neue und unterschiedliche Flechtmuster. Ihre Haare waren wirklich schon etwas ganz besonderes.
„Ihr seid zu streng mit ihr! Ich hab gehört, sie ist glücklich verheiratet." versuchte Mae sie zu verteidigen.
„Die Frau is gruselig...!" bestärkte Linda.
Ella griff mit hinein:
„Hast du mal ihre Durchfallquote gesehen? Die hat doch Spaß daran ihre Studenten zu quälen!"
Mae schüttelte ihren Kopf.
„Ihr verallgemeinert es. Sie ist einfach nur eine Person, die einen starken Perfektionismus hat und deswegen auch viel von ihren Studenten verlangt."
Die ganze Truppe schüttelte den Kopf über dieses asiatische Liebchen.
„Schweig, Naivchen! Sonst versohl ich dir deinen weißen Hintern blau!" sagte Neema zu ihr und alle prusteten wieder los. Sie hatten erst kürzlich erfahren, dass asiatische Babys oftmals im Babyalter einen blauen Hintern bekamen, was anscheinend vollkommen normal für sie war, aber in Europa war das überhaupt nicht normal. Maes Eltern hatten wegen ihr deswegen Schwierigkeiten mit dem Jugendamt bekommen, weil sie dachten, dass ihre Eltern ihr regelmäßig den Hintern versohlten.
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr als Kinder blaue Hintern habt..." meinte dann Ella ernster. Mae rollte ihre Augen über sie.
„Sicher, dass eure Eltern sich da nicht ein wenig an euch auslassen?" Neema lachte schelmisch.
„Ich hab euch doch Fotos von meinem Cousin gezeigt. Das ist manchmal bei uns Asiaten halt so... ich weiß auch nicht warum." verteidigte sich Mae.
„Auf jeden Fall bin ich auf ihren Neffen echt gespannt." sagte Lotte und zog das Thema wieder zu den Neuen.
„Bevor ihr jetzt schon negativ über ihn redet: Er ist bestimmt nicht wie seine Tante." griff Mae sofort ein. Sie lachten wieder über ihre Gutherzigkeit.
Ella füllte die Gläser mit heißem Wasser und dem Tee darin und brachte sie auf einem Tablett zum Sofa. Einst stand fest: Es würde sicherlich aufregend werden die nächsten Wochen. Es war eigentlich immer aufregend, wenn Neue kamen.
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Und? Wie findest du die neue Bande? ^_^
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