Scheherazade für einen Augenblick
»Schau! Schau! Es tut sich was.« Aranel zieht sich den Grashalm aus dem Mund und zeigt hinüber zum Burgtor, welches sich knarrend öffnet. Ein kleiner Trupp Reiter trottet hinein und mit einem Rums verschließen sich die schweren eisenbeschlagenen Flügel wieder. »Na, hoffentlich behältst du recht und die machen keinen Ärger. Ich hätte sie ja gerne noch eine Weile im Kreis laufen lassen.« Er blinzelt in die wärmende Sonne und stützt sich auf die Ellenbogen. Das hohe Gräsermeer des Wiesenrains umwogt die beiden Elfen mit weichen, goldgelben Rispen und zahlreichen bunten Wildblumen.
»Du bist ein ganz hervorragender Zweigeflechter und Heckenbauer«, lobt ihn Tásúil. Er legt einen getrockneten Blütenzweig zwischen die Seiten seines Buches und klappt es zu.
»Rankenbeschwörer fehlt noch in deiner Aufzählung. Die Brombeerruten auf Reiterhöhe zu strecken, war nicht einfach!« Kichernd reibt sich Aranel die Hände und schubst einen kleinen Käfer vorsichtig von seinem Ärmel auf ein großes Wegerichblatt.
Tásúil schmunzelt über die kindliche Freude seines Gefährten. »Die Reiter haben genug Wald zertrampelt. Sie sind erschöpft und ich verspüre bei ihnen keinerlei Kampfeslust. Müde Menschen machen schnell Fehler und ich will vermeiden, dass sie am Lagerfeuer einschlafen und aus Versehen unser Wäldchen niederbrennen.«
»Das wäre wirklich fatal! Gut, dass einer von uns beiden so vernünftig ist.« Aranel zieht neckend an Tásúils langen Haaren. »Du hast gar nicht auf das Rufen unseres Helden reagiert. Interessiert es dich nicht, was er zu sagen hat?«
»Morgen wird sich alles entscheiden. Wir haben uns auf Beltane als Stichpunkt geeinigt. Bis dahin ist der Ausgang unserer Wette offen. Ich werde nicht mehr eingreifen und riskieren, dass du das Ergebnis nicht anerkennst.« Tásúils silberblaue Augen blicken voller Ernst in das makellose Gesicht des Elfenprinzen.
Aranel gähnt gelangweilt. »Ah ja, unsere Wette. Die du verlieren wirst. Eigentlich schade, dass es morgen schon vorbei ist.«
»Ach, da bist du dir so sicher? Warum findest du es dann schade? Hast du die Menschen jetzt doch in dein erhabenes Herz gelassen?«
»Also bitte! Wir wollen doch nicht übertreiben. In meinem erhabenen Herz ist nur Platz für einen.« Aranel versetzt dem Freund einen überraschenden Stoß und rollt sich über ihn. Sein Mund senkt sich auf Tásúils Lippen und mit einem langen Kuss bringt er ihn zum Stöhnen. »Aber recht unterhaltsam sind sie schon, deine Menschen. Ich glaube nur nicht, dass sie zu wahrer Liebe fähig sind. Dazu müssten sie uneigennützig handeln, den anderen bedingungslos akzeptieren und dessen Wohlergehen wichtiger als das eigene erachten.«
Tásúil streicht dem Liebsten eine weißblonde Strähne hinter die spitzen Ohren und erwidert mit bittersüßem Schmerz im Herzen den inniglichen Kuss. »Ja, genau das bedeutet es.«
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Rhys steht abwartend am Fuß der Treppe zur großen Halle. Entgegenlaufen wird er Roderick nicht. Nach kurzer Überlegung steigt er sogar drei Stufen wieder hoch, um den normannischen Nachbar aus demonstrativ erhöhter Position zu empfangen.
Er sinniert darüber, was Roderick eigentlich für ihn ist. Ein Freund? Wohl kaum. Leidensgefährte einer unfreiwillig gemeinsam verbrachten Jugend trifft es eher. Baron Giffard als strengen Herrn zu bezeichnen, wäre noch arg geschmeichelt. Nie hatte er ein Wort der Anerkennung fallen lassen. Auch nicht für seine eigenen Söhne. Mürrisch und stets unzufrieden, so hat Rhys ihn in Erinnerung. Wie liebevoll und geborgen ging es dagegen in seinem Elternhaus zu, welches er so früh verlassen musste. Die wenigen Besuche waren ihm immer ein Trost gewesen, während Roderick der unnahbaren Kälte und ewigen Missbilligung seines Vaters nicht entfliehen konnte.
Flankiert von seiner Wachmannschaft kommen die Besucher als geschlossene Gruppe in den Innenhof marschiert. Selbst Pal hat sich einen ledernen Brustharnisch über seinen Verband geschnürt und stakst steifbeinig als Nachhut hinterher. Ihre Pferde haben die Normannen in der Vorburg zurückgelassen, dafür hallen ihre schweren Tritte von den steinernen Mauern wider. Sie sind arg in der Unterzahl und ihre Blicke schweifen argwöhnisch zu den Zinnen hinauf. Ein wölfisches Grinsen stielt sich in Rhys' düstere Miene. Owain hat Speere und Langbogen strategisch günstig auf der Ringmauer verteilt. Von hier unten wirkt es, als wäre der gesamte Wehrgang mit waffenfähigen Männern besetzt. Bündnis hin oder her, Roderick muss nicht wissen, wie überschaubar die Besatzung von Caer Draig in Wirklichkeit ist.
»Ah, Rhys! Welche Freude. Wir haben uns ja Ewigkeiten nicht gesehen.«
Selbstbewusst schreitet Giffard auf Rhys zu. Er lässt sich nicht anmerken, ob es ihn kränkt, dass er den Kopf zur Begrüßung in den Nacken legen muss. Verwunderlich, dass er ihn überhaupt so weit drehen kann, bei seinem kurzen Hals, denkt sich Rhys. Aus dem pummeligen Jugendlichen ist ein schwerer Mann geworden. Schlecht kann es den Giffards nicht gehen, angesichts der stattlichen Leibesfülle, die Roderick aufzuweisen hat. Sein rot-weißer Wappenrock, den er ebenfalls über einer leichten Rüstung trägt, spannt gehörig über Brust und Bauch.
»Sei gegrüßt.« Rhys ringt sich zu einem leichten Neigen des Hauptes durch, ohne jedoch den Blick zu senken. »Nimm mir die kleine Vorsichtsmaßnahme nicht übel, aber wir haben mit Besuchern nicht die besten Erfahrungen gemacht.«
»Ach ja, dieser unschöne Familienzwist. Ich hörte leider erst im Nachhinein davon. Sonst wäre ich dir natürlich zu Hilfe gekommen.« Roderick streicht sich durch das wellige rotblonde Haar, das im Sonnenlicht kupfern schimmert. »Deinen verfluchten Wald durchdringen Neuigkeiten sowie Reisende nur sehr beschwerlich.« Er zupft sich grunzend ein paar stachlige Pflanzenteile von der Kleidung.
»Obacht, Roderick! Dieser Wald hat Augen und Ohren, also bedenke deine Wortwahl«, entgegnet Rhys kühl. »Du musst auf deinem Heimweg wieder hindurch und möchtest sicher nicht auf ewig darin herumirren.«
Giffard kneift die Augen zusammen und erwartet anscheinend die Aufklärung eines Scherzes. Rhys macht sich nicht die Mühe, ihn zu beruhigen. Mit unbewegtem Gesicht weist er nach drinnen. »Du siehst mitgenommen aus. Meine Köchin wird eine Stärkung bringen.«
»Gegen ein kühles Bier habe ich nichts einzuwenden.« Roderick rückt seinen breiten Ledergürtel zurecht und tritt an Rhys' Seite. »Wer hätte das gedacht? Nun haben wir beide die Nachfolge unserer Väter angetreten.« Seine Brust schwillt an und die drei stolzen weißen Löwen seines Wappenrockes verziehen sich zu schmalen Schnörkelkätzchen.
»Danach habe ich nie gestrebt«, brummt Rhys und dreht sich um, bevor Roderick das verräterische Zucken seiner Mundwinkel bemerkt. Nebeneinander betreten sie die große Halle. Für Rhys ist das weniger eine Frage des Respekts, er möchte Roderick nur ungern den Rücken zuwenden.
Dieser schaut sich ungeniert um, tätschelt den neugierig schnüffelnden Jagdhunden vertrauensvoll die Köpfe und lobt ausschweifend den baulichen Zustand und die Sauberkeit der Burganlage. Rhys kann mit den Komplimenten wenig anfangen. Hat Roderick gedacht, er würde in einer Höhle hausen? Stillschweigend mustert er seinen Gast und beginnt, dessen Kondition und Beweglichkeit abzuschätzen. Zudem trifft er die Entscheidung, eine schärfere Rasse in seine Hunde einzukreuzen.
Zusammen nehmen sie an der Stirnseite der Tafel Platz, während sich die anderen links und rechts aufteilen und sich mit vorsichtiger Scheu beäugen.
Der Normanne sinkt mit einem Seufzer auf seinen Stuhl und gibt sich gelassen. »Den Titel zu tragen ist nichts, weswegen ich jammern werde. Es bringt gewisse Bürden mit sich, aber dieses Schicksal gedenke ich zu meistern. Immerhin kennen wir uns lange genug, dies sollte einer Weiterführung unserer guten Beziehung förderlich sein.«
Rhys geht nicht darauf ein. Dass sie eine gute Beziehung haben, ist ihm neu. Glaubt Roderick ernsthaft, er würde noch immer folgsam springen, wenn ein Giffard eine Anweisung erteilt? Am liebsten möchte er die ganze Bagage zu den Ratten in die unterirdischen Gewölbe verfrachten. Allerdings dürfte das nicht so wirklich unter die versprochene Gastfreundschaft fallen.
Auf den dunklen Bänken stehen bereits Humpen mit schäumendem Bier und süffigen Met bereit. Küchenjungen bringen noch Krüge mit frischem Brunnenwasser, sowie flache Schalen und Tücher zum Waschen der Hände. Unauffällig hält Rhys Ausschau. Ihm behagt die Situation und Rodericks joviales Gebaren nicht. Das Scharren der Stiefel und Rasseln der Rüstungen wird leiser, als sich nach und nach alle setzen. Essensgerüche ziehen aus der Küche herein und lassen die Männer erwartungsvoll die Hälse recken. Keine einzige der Frauen ist zu sehen. So schwer es Rhys fällt, er wird Arwen und zur Not der Schnelligkeit seiner Dolchhand vertrauen müssen.
Mit viel Verzögerung werden Süßspeisen und kleine Pasteten aufgetragen. Die unterschwellige Anspannung löst sich allmählich und erste Gespräche tönen durch den Raum. Martin tritt an die Tafel und begrüßt die Gäste mit einem einnehmenden Lächeln und einer Segnung des Mahls.
Rhys schiebt sein Essen lustlos beiseite. Vorsichtshalber nimmt er nur Wasser. Er braucht einen klaren Kopf. Die Gäste hingegen langen ordentlich zu und bedauern schmatzend ihre draußengebliebenen Kameraden. Rhys ignoriert die Bemerkungen. Rodericks Mannen vor dem Tor wird er ganz sicher nicht mit verköstigen. Vermutlich haben sie in seinem Wald bereits genug gewildert. Solange sie keinen seiner Bauern schädigen, wird er es hinnehmen, doch lieber wäre ihm ein schneller Abzug der unerwünschten Besucher.
Die Unterhaltungen ziehen sich mit Belanglosigkeiten in die Länge. Die seichte Konversation ödet Rhys an. Zum Glück nimmt Bruder Martin zu seiner Rechten Platz. Während Rhys wortkarg bleibt, übernimmt der Mönch den Part des interessierten Redners.
»Wie sind eure letzten Ernten ausgefallen? Hattet ihr ebenfalls Pech mit dem Wetter? Der Regen kommt wahrlich immer zur unpassendsten Zeit.« Beflissen reicht Martin die Platte mit kaltem Bratenaufschnitt weiter. Die weiten Ärmel seiner Kutte flattern geschäftig. Von seiner üblichen Gelassenheit ist heute nicht viel zu spüren. »Der Schinken ist vom Wildschwein. Mit Lorbeer und Wacholder gebeizt.«
Angesichts dieses ganzen Aufwands runzelt Rhys verärgert die Stirn. Wenn die Konsequenzen nur ihn selbst betreffen würden, könnte ihm Roderick den Buckel runterrutschen. Doch der Frieden im Puffer zwischen den rivalisierenden Fürstentümern ist zerbrechlich wie ein rohes Ei.
»Es war ein sehr gefährlicher Jagdgang. Dieser tückische Keiler hat uns manchen Ärger bereitet.«
Rhys grunzt nur abfällig. Martins Versuch, ihn wieder ins Gespräch einzubeziehen, schenkt er keine Beachtung. Seine Finger trommeln auf den Rand seines Trinkgefäßes und er hat Mühe, still sitzen zu bleiben.
Der Mönch löchert die Gäste mit unermüdlichem Eifer weiter. Er erkundigt sich nach den Schwierigkeiten beim Handel mit dem Festland und nach Rodericks kürzlich erfolgter Vermählung mit einer Braut aus einem alten angelsächsischen Adelshaus. Rhys hört nur mit halbem Ohr zu. Viel zu sehr beschäftigt ihn die Frage, wann Roderick auf das heikle Thema zu sprechen kommt.
Und was er ihm dann entgegnen soll, ohne dass die Situation eskaliert oder er wie ein Trottel dasteht.
Seine Nervosität steigt, als ein plötzliches Raunen durch die Reihen geht. Das Klappern der Löffel verstummt und sämtliche Gespräche und Essgeräusche verebben. Inmitten dieser staunenden Stille kommt die Ursache leichtfüßig in einem Hauch aus schimmernder Seide in das freie Feld zwischen den u-förmig aufgestellten Tischen geschwebt.
Wie alle anderen an der Tafel starrt Rhys verblüfft auf den exotischen Traum, der mit wiegenden Hüften vor ihnen erscheint. Durch die Vielzahl der Tücher und Schleier, die sie umhüllen, kann er kaum etwas von Arwen erkennen. Bei jedem ihrer tänzelnden Schritte blitzt hier und dort ein heller Streifen nackter Haut auf. Zu wenig für einen freizügigen Ausblick, aber genug, um die Fantasie aller Männer im Raum anzuregen und den Großteil von ihnen zum Sabbern zu bringen.
So hatte er sich das nicht vorgestellt!
Seine Überlegungen für eine friedliche Konfliktlösung verflüchtigen sich gleichzeitig mit dem Herunterklappen von Rodericks Kinnlade. Nur Martins gedankenschneller fester Griff um seinen Arm verhindert, dass Rhys aufspringt und sich mit gezückter Klinge auf den Gaffer stürzt.
Arwen sinkt derweil mit einer anmutigen Verbeugung vor seinem Tisch auf die Knie. »Ihr habt mich rufen lassen, Reza«, gurrt sie mit stark akzentuierter Stimme. Ihre dunkel geschminkten Augen blinzeln verschwörerisch. »Wünscht Ihr, dass ich für Eure Gäste tanze?«
Martin zieht scharf die Luft ein und murmelt ein Stoßgebet, während Roderick mit Begeisterung zustimmt. Mit fettigen Fingern wischt er sich den Bierschaum vom Mund und verschlingt Arwen geradezu mit hungrigen Blicken. »Ja, beim Leibhaftigen. Ja!«, ruft er aus und seine Männer applaudieren eifrig.
»Nein!«, fährt Rhys schneidend kalt dazwischen. Er schüttelt Martins Arm ab und schnellt in die Höhe. »Sie tanzt nur für mich!« Seine Faust donnert auf die Tafel nieder und bringt die Becher zum Hüpfen. Mit der anderen Hand winkt er nach Owain. Sein Hauptmann eilt zu Arwen und bedeckt sie mit seinem weiten Umhang. Dann hilft er ihr auf und bugsiert sie unter lautstarkem Protest der Gäste wieder nach draußen.
Roderick schlägt sich lachend auf die kräftigen Schenkel, unwissend, in welcher Gefahr er eben noch schwebte. »Rhys, du bist wahrlich ein Teufelskerl! Du hast dir eine persische Blume mitgebracht? Ich beneide dich. Ehrlich! Wenn es Vater nicht so schlecht gegangen wäre, hätte ich mir auch überlegt, länger in Acre zu bleiben. Aber statt gleich das Zeitliche zu segnen, hat der zähe Knochen bis Dover durchgehalten.«
Rodericks harsche Worte verwundern Rhys. Er erinnert sich noch gut daran, wie verbissen der jüngste Giffard um die Aufmerksamkeit des Vaters gerungen hatte. Hin und wieder hatte Rhys bei den täglichen Übungskämpfen sogar absichtlich verloren, weil er die vergeblichen Bemühungen nicht mehr mit ansehen konnte. Wie stolz war Roderick gewesen, als der Baron dann ihn als Begleiter für den Kreuzzug auswählte. Rhys hatte sich von dieser Begeisterung anstecken lassen, auch wenn sich seine Verehrung für den alten Giffard in Grenzen hielt. Selbst in diesem stinkenden Kerkerloch, in dem jede Menschlichkeit verloren schien, war Roderick nicht von der Seite seines Vaters gewichen, hatte sein weniges Essen mit ihm geteilt und alles versucht, um dessen Leiden zu mindern.
Martin zieht diskret an Rhys' Tunika, was ihn zum Zähneknirschen bringt. Der Mönch kann jedoch penetrant hartnäckig sein, also gibt er nach und lässt sich schnaubend wieder in den hohen Lehnstuhl fallen. Sein kaum vorhandener Appetit ist ihm restlos vergangen. Mit einem tiefen Zug aus seinem Becher versucht Rhys, sich zu beruhigen und verwünscht zugleich seine Zurückhaltung bei der Getränkewahl.
Bestrebt, die Wogen zu glätten, beugt sich Bruder Martin nach vorn. »Eure Familie war sicherlich glücklich, dass wenigstens Ihr wohlbehalten zurückgekehrt seid«, ruft er dem Normannen zu.
Nun ist es Roderick, der polternd sein Besteck auf die Tischplatte wirft. Sein Blick umwölkt sich und ein grimmiger Zug legt sich um seinen Mund. »Nicht wirklich, nein, nicht wirklich«, murmelt er heiser. Er greift nach dem Bierhumpen, starrt hinein und lässt ihn wieder sinken. Im Flüsterton fährt er fort. »Weißt du, was Vaters letzte Worte an mich waren? Von einem Bastard brauche ich keinen Trost. Du solltest an meiner Stelle hier liegen, Satansbrut!«
Blinzelnd begreift Rhys, dass Roderick mit ihm spricht. So etwas Persönliches erzählt man nur einem engen Vertrauten. Ungläubig schielt er zur Seite. Was bezweckt Roderick mit diesem Geständnis?
Der Normanne schwenkt seinen Becher und beobachtet das Kreisen des Schaumes. »Dieser elende Menschenschinder hat mich nicht mitgenommen, weil ich ihm etwas bedeutet habe, sondern weil ich für ihn entbehrlich war!« Er spuckt die Worte geradezu aus, die Verbitterung ist nicht zu überhören. Seine hellen Augen blicken Rhys voller Schmerz entgegen. »Und dann komme ich heim und erfahre, dass mein ehrenwerter Herr Bruder nur für Vater das Lösegeld gezahlt hat. Mögen sie gemeinsam auf ewig im Fegefeuer schmoren! Nur meiner Mutter habe ich es zu verdanken, diesem grauenvollen Verlies entkommen zu sein. Sie hat mir nie verraten, wie sie an das Geld gekommen ist.«
Rhys verkrampft innerlich. In seinen Ohren rauscht es wie am Mündungsfall des Gwyllt und eine eisige Taubheit lähmt seine Gedanken. Seine rechte Hand schließt sich um den Griff seines Schwertes, während die linke Roderick am Kragen packt. »Das kann ich dir verraten«, zischt er den überrumpelten Sitznachbar an. »Oder hast du ernsthaft geglaubt, ich bin freiwillig in dieser Hölle geblieben?«
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