Der Rote Drache

»Iechyd da!«

»Skål!«

Trinkhörner, Humpen, Becher und Kelche stoßen schwungvoll aneinander. Das Bier schäumt, der Met spritzt und der aufregende Tag schickt sich an, zu einem feuchtfröhlichen Abend zu werden.

Die Planwagen sind beiseite gefahren, die Pferde ausgeschirrt und in der Mitte des Burghofes steigt eine spontane Wiedersehensparty für Rurik und Martin. Bänke, Schemel, kleinere Fässer, größere Holzklötze, alles was als Sitzgelegenheit zu gebrauchen ist, wird rausgeholt, hergerollt und aufgestellt.

Doch viel zum Unterhalten kommen die beiden nicht. Wie Bienen die erste Blütentracht, umschwirren die vielen alleinstehenden Frauen Rurik und seine Gefährten. Jede hat irgendeine kleine Aufmerksamkeit oder ein Geschenk dabei. Kuchen, kleine Brötchen, eine geräucherte Wurst, erste Walderdbeeren, geflochtene Lederbänder, nochmehr Getränke und sogar ein Blumensträußchen stapeln sich auf dem Faß vor Rurik, der das Interesse an seiner Person sichtlich genießt. Bei Malik sind die Damen zurückhaltender, aber auch die beiden anderen Helfer werden belagert. Sehr zum Missfallen der männlichen Burgbesatzung, die wohl ihre Felle davonschwimmen sehen.

Ich nippe zurückhaltend an meinem Wein. Männer im Rudel und viel Alkohol ist eine Kombi, bei der Frau besser wachsam bleibt. »Ein Hoch auf den Met, Ursprung und Lösung sämtlicher Probleme«, murmel ich vor mich hin.

»Welche Handelsroute habt Ihr genutzt, um in den Orient zu gelangen? Ist es günstiger auf dem Seeweg zu bleiben oder macht die Landpassage mehr Sinn, um noch andere Handelsmärkte aufzusuchen? Kann man die normannischen Zölle umgehen, wenn man von Plym Mouth aus startet? Wie sind die Preise für Rohwolle auf dem Festland? Wo findet man mehr Tuchhändler, in Brügge oder in Gent?«

Aha, Dafydd hat seine Sprache wiedergefunden und ist nun voll in seinem Element, Fragen zu stellen. Ich rechne es Rurik hoch an, dass er alle geduldig beantwortet, auch wenn sein intensiver Blick immer wieder zu mir herüber schwenkt.

»Ein König und ein Fürstensohn«, beteilige ich mich schließlich, mit Anspielung auf ihre Namen, auch an der Unterhaltung. »Und beide weit weg von ihrem Zuhause.«

Ein Schmunzeln umspielt Ruriks Mundwinkel. Es ist ein merkwürdiger Gedanke, dass seine Gene es irgendwie bis nach Australien schaffen werden.

»Maliks Königreich ist nur noch verbrannte Erde und ich habe acht ältere Brüder, die sich alle berufen fühlen, der nächste Jarl zu werden. Also, je weiter ich von zu Hause weg bin, desto länger werde ich am Leben bleiben.« Der Nordmann sitzt breitbeinig auf einem wackligen Hocker, die Hand mit dem Trinkhorn lässig auf dem kräftigen Oberschenkel ruhend. Seine ärmellose Ledertunika gewährt einen tollen Ausblick auf ebenso muskulöse Oberarme und die breite Brust. Lockiges Haar ringelt sich durch die Verschnürungen des Ausschnittes.

Mehr als eine der anwesenden Damen verspürt sicher den Wunsch, Finger und Gesicht darin zu vergraben. Mir ist er etwas zuviel von allem. Ich bezweifle auch, dass er einem Kampf aus dem Weg geht, wenn das Ziel ihn reizt. Seine Großspurigkeit übertrifft sogar noch die von Owain.

»Verratet Ihr mir Euren Namen?«

Eine an sich höfliche Frage. Ich habe aber das Gefühl, Rurik testet, ob sich ein Vorstoß lohnt und Martins plötzliches Hüsteln bestätigt mich darin.

»Ich bin Arwen ferch Arawn«, bediene ich mich wieder am Künstlerpseudonym meines Vaters. »Aber du darfst mich Herrin nennen.« Huldvoll neige ich mein Kinn ein winziges Stück und verabschiede mich von der Herrenrunde. Martin und Malik grinsen im Einklang, Rurik schaut bedeppert und Dafydd bekommt nicht mit, worum es geht.

»Wie schade!«, ruft er bedauernd und springt von der Bank auf. »Ich hatte auf ein wenig stilvollere Unterhaltung gehofft.« Er schielt zu Tabor, der seine Fidel malträtiert. Doch ich winke ab. »Tut mir leid, heute nicht.«

Auch Malik erhebt sich und überreicht mir ein Päckchen. »Für Euch, Mylady.« Sein scheues Lächeln ist ehrlich und seine weiche Stimme leise. Ich glaube, er hat sich angewöhnt, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen.

»Oh, aber das ist doch nicht nötig«, wehre ich verlegen ab. Doch Malik nickt zustimmend und drückt es mir in die Hände. Behutsam falte ich das äußere Leintuch auseinander. Bitte, lass es kein Robbenfell sein, bitte, bitte ...

Türkisblau schimmernde Seide kommt zum Vorschein. Der Stoff ist zart wie ein Schmetterlingsflügel und bewegt sich in der leichten Abendbrise, als wäre er ein lebendiges Stückchen Himmel, welches wieder in die luftigen Höhen aufsteigen möchte.

»Die Farbe Eurer Augen«, sagt Malik mit Stolz. Er hat es tatsächlich geschafft, mich zum Staunen zu bringen. Ich krame in meinem Hirn nach einer passenden Danksagung.

»Shukran kteer«, formuliere ich vorsichtig. Seinem aufgeregtem Murmeln und vielem Verbeugen nach, muss ich mich wohl richtig erinnert haben. Mit einem letzten Gruß wende ich mich ab.

»Was macht solch eine Perle in diesem abgeschiedenen Landstrich?«, höre ich Rurik brummen. »Die Lady ist nicht von hier, oder?« Martins tiefer Bass antwortet mit leisem Lachen: »Das, mein Freund, ist ein großes Rätsel.« Und auch Dafydd gibt mit seiner jugendlichen Naivität seinen Senf dazu. »Wenn es einer weiß, dann mein Bruder. Warum bleibt ihr nicht einfach bei uns, bis er zurück ist?«

Den edlen Stoff an die Brust gedrückt, laufe ich zum Wohnturm. Doch die dicken Mauern dämpfen meine Rastlosigkeit nicht. Eine nervöse Unruhe treibt mich aus meiner Kammer durch die schmalen Gänge zur Burgwehr hinauf. Ganz allein stehe ich hier oben und schaue über die Zinnen auf das im tiefstehenden Sonnenlicht glitzernde Meer. Aber auch das unablässig monotone Rauschen verfehlt heute seine meditative Wirkung.

Ich wandere den Wehrgang entlang auf die andere Seite. Dabei hadere ich mit meiner seltsamen Stimmung. Werden die Kinder ihre Gute-Nacht-Geschichte vermissen? Irgendwie ist mir momentan überhaupt nicht nach Gesellschaft. Dabei wäre es die Gelegenheit gewesen, etwas mehr über Bruder Martin und seine Vergangenheit zu erfahren. Was verbindet ihn mit Rurik? Und welche Laune des Schicksals hat einen Mauren zum Geschäftspartner des Wikingers gemacht? Dem Umgang der beiden nach, haben sie kein Herr und Diener Verhältnis.

Fröhliches Gelächter und ausgelassenes Kreischen scheucht ein paar Raben von den Zinnen auf. Odin hat ein wachsames Auge auf seine Söhne. Ob Rurik wohl ein paar nordische Märchen kennt? Allerdings könnte es falsche Signale senden, wenn ich jetzt wieder runtergehe und danach frage.

Ich schaue landeinwärts über die sanften Hügel zum Wald. Dicht an dicht stehen die mächtigen Kronen und bedecken mehr Fläche, als ich überblicken kann. Das Vorhandensein von so viel urwüchsiger, unberührter Natur inmitten meiner Heimat fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Das zarte helle Frühlingsgrün der Blätter ist bereits zu einem satten kräftigen Farbton gewechselt und die langen Strahlen der Abendsonne sprenkeln es mit kleinen goldenen Lichtpunkten.

Bei diesem Anblick wird mir klar, was mich umtreibt. Ich werde erst Ruhe finden, wenn mein grünäugiger Ritter wohlbehalten zurück ist. Den Elf und seine blöde Aufgabe verbanne ich bewusst aus meinen Gedanken.

Die Raben kreisen über dem Wachturm, drehen dann ab und gehen tiefer. Sie steuern die alten Bäume am Rand des Weihers an. Dort werden sie ungestört ihre Nachtruhe verbringen. Einladend zwinkert mir das dunkle Auge des Teiches zu. Je länger ich hinuntersehe, desto mehr Lust auf ein Bad bekomme ich. Als Teenies sind wir oft mit den Rädern abends ins Freibad gefahren. Es hatte immer einen kleinen Hauch von Abenteuer, in der Dämmerung über Feld- und Waldwege zu radeln. Begleitet von zirpenden Grillen, melodischem Amselzwitschern und den huschenden Schatten kleiner Fledermäuse.

Zögerlich werfe ich einen Blick über die Mauer. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Alle sitzen unten im Hof und feiern. Ich könnte die hintere Pforte am Obstgarten nutzen. Dazu müsste ich nur ein kleines Stück an den Stallungen vorbei und im Schatten der Kapelle bleiben. Bis es richtig dunkel wird, bin ich längst wieder zurück.

Und schon flitze ich zurück in meine Kemenate und setze meinen Plan in die Tat um. Das vornehme Kleid tausche ich gegen ein einfacheres Modell und werfe Rhys' dunkelgrünen Umhang mit Kapuze über, der noch immer in meinem Zimmer herumliegt.
Auf meinem Bett.
Zusammengerollt.
Neben dem Kissen.

Aber nur, weil ich keine Garderobe zum Aufhängen habe.

Alles klappt wie am Schnürchen. Für den Wachposten am Haupttor brauche ich keine Ausrede –  weil keiner dort steht. Dass Owain so nachlässig ist, kann ich mir nicht vorstellen. Vermutlich haben die Burschen mehr Angst, ihre "Hahn im Korb" Stellung zu verlieren, als vom Wachhauptmann in den Boden gestampft zu werden.

Am Gänseteich ist es ruhig und friedlich. Ich lausche noch einmal angestrengt auf verdächtige Geräusche, dann schlüpfe ich aus meinen Sachen und verstecke sie unter einem Busch. Langsam steige ich ins Wasser. Das kühle Streicheln der kleinen Wellen ist wie eine tröstende Umarmung. So allein wie jetzt, bin ich nur noch selten. Der Alltag auf der Burg ist ein Leben in enger Gemeinschaft. Doch auch wenn ich noch immer von vielen belächelt werde, es grenzt mich keiner aus.

Die herabhängenden Weidenzweige sind voller Laub und ich schiebe sie beiseite, um hindurchzuschwimmen. Hinter dem Blättervorhang ist das Licht gedämpft und die märchenhafte Atmosphäre nimmt mich wieder gefangen. Mit ausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen lasse ich mich auf dem Rücken treiben. Nur noch ein paar Minuten die Stille genießen.

Verträumt summe ich vor mich hin, als mitten in meiner kleinen Melodie ein kräftiges Platschen, gefolgt von einem derben Schnauben ertönt. Vor Schreck zucke ich zusammen und gehe kurz unter. Mit der Hand über Mund und Nase tauche ich wieder auf, um nicht ausversehen lautstark zu prusten. Im Wasser tretend, starre ich zitternd auf den natürlichen Sichtschutz. Dann wird mir klar, dass wenn ich nichts sehen kann, der, wer auch immer am Teich ist, mich auch nicht sieht.

Ich höre ein Stampfen und weiteres heftiges Spritzen. Es folgt ein endloses Schlürfen mit einem sanften Brummen.

Ein Pferd! Pferd bedeutet Reiter! Höchstwahrscheinlich männlich. Bei meinem Glück ist es garantiert keine holde Waldfee.

Hektisch suche ich einen Ausweg. Ich bin mutterseelenallein und bis auf mein Messerchen splitterfasernackt. Die einzige Versteckmöglichkeit wäre tauchen, doch meine Fähigkeit zum Luftanhalten ist zeitlich stark begrenzt. Das Schnauben wiederholt sich, aber das Wasserstampfen wird weniger und die Trittgeräusche entfernen sich.

Die Bewegungen des Wassers lassen nach und die Stille kehrt zurück. Eine trügerische Ruhe? Ganz langsam und äußerst behutsam schwimme ich auf die Zweige zu. Noch immer jagt das Adrenalin durch meinen Körper. Mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren und ich halte die Luft an, um besser lauschen zu können. Ich glaube, ein leises Plätschern zu vernehmen. Mit bebenden Händen greife ich nach einem der Weidenzweige und spähe besorgt durch die Blätter.

Wenige Meter entfernt steht ein Mann hüfttief im Wasser und zieht mit einem kleinen Zweig Kreise durch die Oberfläche des Weihers. Ein athletischer, nackter Mann, der die Chippendales vor Neid erblassen lassen könnte, trotz des wüsten Narbengeflechts auf seinem muskulösen Rücken. Mein wummerndes Herz macht einen Dreifachsalto. Vermutlich habe ich auch ein wenig gekeucht, denn Rhys wendet ruckartig den Kopf und sein tiefgrüner Blick durchdringt mein Versteck.

Das winzige Zucken seiner Mundwinkel ist seine Art zu lächeln, bilde ich mir ein. »Und ich habe immer geglaubt, die Nymphen hausen an der Quelle des Murmelbachs«, raunt er mit heiserer Stimme.

»Du meinst sicher die Najaden, das sind meine Schwestern im Geiste«, antworte ich aus meiner grünen Deckung.

Er fährt sich mit den Händen übers Gesicht. Kleine Wassertröpfen bleiben in dem Bart hängen, der nun sein Kinn und die Wangen bedeckt. »Ja, du bist eher eine Sirene, die mit ihrer Stimme arglose Männer ins Verderben lockt.«

Meint er das ernst oder ist es ein Versuch mit mir zu flirten? Meine Unsicherheit kaschierend entgegne ich: »Du solltest schnell die Flucht ergreifen, wenn du fürchtest, ich könnte dich in diesem Tümpel ertränken.«

»Davor fürchte ich mich gewiss nicht.« Er dreht sich ganz herum und ich schnappe überrascht nach Luft, als ich sehe, was da auf mich zukommt.

Geschlitzte Pupillen starren mir aus einem gehörnten Schädel mit aufgerissenem Maul und gewaltigen Fangzähnen entgegen. Ein rotschuppiger, gewundener Rumpf mit langen, spitzen Stacheln schlängelt sich über Rhys' Brust den Bauch abwärts.

»Du bist wirklich der Drache«, hauche ich fassungslos. Er verdreht die Augen, geht ein Stück weiter ins tiefere Wasser und flucht leise. »Es ist nur ein Bild und kein böser Zauber!«

Ich kichere über seine Entrüstung und schwimme durch die Weidenzweige. Als meine Fußspitzen geradeso den Boden berühren, halte ich eine Armlänge vor ihm an. Mein Angstfrösteln ist in kribbelnde Erregung umgeschlagen. Das Wasser reicht mir bis kurz unters Kinn und verbirgt meine Nacktheit, aber ich kann es nicht lassen ihm zuzuflüstern: »Ich habe auch eine Tätowierung, aber ich verrate nicht wo. Das musst du selber rausfinden, wenn es dich interessiert.«

Er reißt die Augen auf und seine Iris verdunkelt sich. Dann gleitet er geschmeidig durch das Wasser und schiebt mich rückwärts wieder durch die Blätterwand in den verborgenen Bereich des Weihers. Mit einem hungrigen Kuss presst er seine Lippen auf meine. Fordernd drängt seine Zunge vor und plündert meinen Mund. Dies ist keine sanfte Übernahme, sondern ein gnadenloser Vernichtungsfeldzug. Seine Hände packen meinen Hintern und ich klammere mich in verzweifeltem Sehnen an seine Schultern. Eng umschlungen vergessen wir, wo wir sind und auch das Wassertreten. Allzuschnell versinken wir nicht nur in gieriger Leidenschaft, sondern auch im Teich. Als das Wasser über unseren Köpfen zusammenschlägt, lösen wir uns hektisch voneinander. 

Japsend rette ich mich in den seichten Uferbereich. Im flachen Wasser setze ich mich auf die glatten Steine. Etwas verschämt verschränke ich die Arme vor meiner Brust. Was mache ich hier bloß? Rhys folgt mir zögerlich und bleibt vor meinen Füßen im tieferen Wasser. Seine nasse Haut glitzert in dem spärlichen Licht und sein heftiges Atmen erweckt die Kreatur auf seinem Leib zum Leben.

»Du findest es nicht abstoßend?«, fragt er mich befangen. Ich wundere mich über diese, für ihn ungewöhnliche Verlegenheit.

»Warum hast du dich damit tätowieren lassen, wenn du es nicht toll findest?«

Sein Gesicht erstarrt zur Maske und der Blick seiner Augen wird ausdrucklos. »Ich hielt es mal für eine gute Idee.«

Mit einem Schulterzucken akzeptiere ich die Ausflucht. Ich werde ihn nicht drängen, mir seine Jugendsünden zu beichten. Stattdessen beuge ich mich vor und berühre den Kopf des Drachen. Unter meinen Fingerspitzen fühle ich Rhys' wilden Herzschlag.

»Er sieht dir sogar ähnlich«, flüstere ich mit trockenem Mund. »Wenn du wütend bist, erwartet man regelrecht, dass dir Reißzähne wachsen und du Feuer spuckst.«

»Eigentlich ist es kein Drache. Es stellt Midgard dar.« Seine Stimme ist rau, sein ganzer Körper angespannt.

»Ach, die Weltenschlange?«, frage ich erstaunt. Heute scheint der Tag der nordischen Mythologie zu sein. »Die ist doch böse, oder? Und sie beißt sich in ihren eigenen Schwanz. Also für mich ist es ein chinesischer Glücksdrache, auch wenn er nicht lächelt und ein bisschen schielt.« Seinem Stirnrunzeln entnehme ich, dass er damit nicht viel anfangen kann. »In China ist der Drache ein Symbol für Glück, Frieden, ein langes Leben, Macht, Stärke, Göttlichen Schutz, Weisheit und Güte.«

»Wie schön«, brummt Rhys sarkastisch. »Wird Zeit, dass ihm einer sagt, für was er zuständig ist.«

Mit einem sinnlichen Lächeln rücke ich näher. Meine Lippen nähern sich den spitzen Ohren der mystischen Darstellung und gefühlvoll rezitiere ich: »Im Arwen. Telin le thaed. Lasto beth nîn, tolo dan na ngalad. Ich bin Arwen. Ich komme, um Dir zu helfen. Höre meine Worte, komm zurück zum Licht.«

Rhys wird ganz still, verharrt in vollkommener Reglosigkeit. »Du bist mein Licht, cariad.« Leise, wie ein Gedanke, murmelt er die Worte, die mich aus der Bahn werfen. Meine Hände liegen noch immer auf seiner Brust. Wenn ich jetzt nicht die Bremse ziehe, wird es kein Zurück mehr geben. Als nackter Mann kann er seine Erregung nicht verbergen, doch Rhys wartet ab. Er könnte sich mühelos nehmen, was er begehrt, doch er überlässt mir die Entscheidung.

Genau aus diesem Grund, will ich ihn umso mehr. Mit den Fingern zeichne ich die Konturen des Drachenkörpers bis zur Wasseroberfläche und dann noch ein Stück tiefer nach und werfe alle Bedenken über Bord. »Zeig ihn mir.«

Im nächsten Augenblick ist der Drache über mir und senkt sich auf mich herab. Zärtlich wandern seine Lippen von meinem Mund zum Hals, hinterlassen eine feurige Spur von der empfindlichen Stelle hinterm Ohr bis zur kleinen Mulde über meinem Schlüsselbein. Seine Hände streicheln mich voller Ehrfurcht. Als sie den Beingurt mit dem Dolch erreichen, wirft mir Rhys einen fragenden Blick zu. Doch ich bin nicht in der Lage, sinnvolle Wörter von mir zu geben.

Endlich erreicht sein Mund meine Brust und widmet sich hingebungsvoll den bereits aufgerichteten Brustwarzen. Noch immer hält sich Rhys zurück und treibt mich damit fast in den Wahnsinn. Von quälendem Verlangen gepeinigt, wimmere ich nach Erlösung. Ich will jetzt keinen behutsamen, rücksichtsvollen Liebhaber. Ich brauche keine sanfte Schmusestunde. Ich will nur noch fühlen und keine Zeit zum Nachdenken haben. Ich will den zornigen Krieger, der mich einfach über die Schulter geworfen hat.

Frustriert fauchend ziehe ich seinen Kopf an den Haaren hoch und küsse ihn ebenso stürmisch, wie vor unserem unfreiwilligen Tauchgang.  Meine Zähne zwicken in seine Unterlippe, meine Fingernägel kratzen rote Striemen in seine festen Schultern. Ich schlinge die Beine um seine schlanke Taille und hebe das Becken an, um ihn endlich dort zu spüren, wo er hingehört.

Mit einem kehligen Knurren reagiert Rhys auf mein Drängen und stößt tief in mich hinein. Ich stöhne lustvoll. Er füllt mich vollständig aus und ich giere nach mehr. Als er anfängt, sich zu bewegen, treibe ich ihn an und dann lässt er mich wild und hart und schnell hinauf zu den Sternen fliegen.

Die silbrigen Weidenblätter flimmern über uns im letzten Sonnenlicht. Meine Sinne sind völlig überreizt und senden mir verrückte Einbildungen. Ein wisperndes Lachen mischt sich mit unserem leidenschaftlichen Keuchen. Speckernd flüchtet ein kleiner Vogel durch das Geäst. Ich höre ein Raunen aus dem Blätterdach. Es klingt wie "Abwarten, mein Herz, abwarten ..."

Während wir langsam wieder zu Atem kommen, drängt sich die Tragweite meines Handelns in meine Gedanken. Rhys hat sich mit mir gedreht und ich liege bequem auf seiner Brust. Unter meinem Ohr pulsiert sein kräftiger Herzschlag. Was habe ich mir nur dabei gedacht? ›Nada, niente, nullo‹, antwortet mein schlechtes Gewissen. Zärtlich streiche ich über seine starken Arme, die mich locker und doch sicher umfangen halten. Ich bin erschöpft, restlos befriedigt und doch unglaublich traurig. Warum, in aller Welt, soll ich diesem Mann das Herz brechen?

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Kleine Worterklärungshilfe:

shukran kteer – arabisch für herzlichen Dank

cariad – walisisch für Liebste

Quellenangaben:

https://welcome2jordan.com/de/danke-auf-arabisch/

http://gernot-katzers-spice-pages.com/tolkien/tengwar.html?tengwar_fr.html

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