Seelenbruch
Alle bis auf Níníel selbst starrten ihn an. Die Elfe jedoch senkte ihren Kopf, um nachzudenken. Berfan dachte nach. „Wie meinst du das, zu zierlich? Könnte das an einer Krankheit liegen? Werden Elfen Krank?" Nym kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Das kann gut möglich sein. Ich habe bisher jedoch nur einmal von einer erkrankten Elfe gehört, doch diese ist schon seit vielen Jahrtausenden zur Natur zurückgekehrt." Berfan blickte auf Níníel, welche diesen erwiderte. „Ich weiß woran du denkst, aber so wird es nicht sein. Ich glaube es noch nicht." Dann griff sie nach ihrem Amulett. „Ich werde das schaffen." Der Dunkelelf lächelte und strich ihr über den Kopf. „Du bist stark Níníel. Denk immer daran, dass eine normale Elfe- ein normaler Elf niemals so lange ausgehalten hätte. Ich spüre, dass du etwas Besonderes bist." Sie erwiderte das Lächeln. „Danke. Ich denke, dass wir langsam weiter sollten. Mir geht es wieder etwas besser, und hier warten bringt ja auch nichts." Zustimmend standen sie alle auf. Nym wirkte eher unschlüssig, weshalb Níníel ihm die Hand auf die Schulter legte. „Möchtest du uns begleiten?" Er zögerte, nickte dann jedoch. „Gerne."
Als alles verstaut war, betrat die gemischte Gruppe den Wald. Dieser war wirklich dunkel, und überall raschelte es im Unterholz. Nóra fröstelte leicht. „Hier ist es ganz schön kalt." Sofort hielt Níníel ihr ihren Mantel hin. „Nimm den. Damit sollte dir gleich schön warm werden." Lächelnd bedankte sich das Kind, und wickelte sich in dem Stoff ein. Unterwegs unterhielten sie sich weiter. So auch, als sie gerade an einem Wasserfall vorbei kamen. Nym sah sich um. „Dieser Abschnitt des Waldes ist unser Reich. Im Gegensatz zu dem deines Volkes ist unseres winzig, doch von uns existieren auch nicht mehr so viele." Traurig hörten die Anderen ihm zu, bis Eotha die Gedanken aller aussprach. „Was ist geschehen? Mit den anderen Dunkelelfen meine ich." Der junge Mann hing kurz seinen eigenen Gedanken nach, und balancierte über einen umgekippten Baum. „Sie sind zur Natur zurückgekehrt. Die Namenlosen haben auf uns jagt gemacht, um unser Land zu nehmen." Níníel überlegte. „Die Namenlosen?"
Er nickte. „Bestimmt bist du ihnen schon begegnet.
Sie sind Ausgeburten der Hölle. Ohne Gesichter und ohne Namen wandeln sie wie Fremde durch unsere Welt." Bilder tauchten vor ihren Augen auf. Aldons Tod, und der letzte Angriff. „Ja. Das sind also Namenlose. Sie verfolgen mich nun schon seit einiger Zeit." Der Elf legte den Kopf schief, erkannte jedoch, dass das Mädchen bereits wieder in Gedanken abdriftete. Ob diese Namenlosen wirklich der Grund waren, weshalb sie aus ihrer Heimat fliehen musste? Leise vor sich hin summend sammelte sie nebenbei Heilkräuter und einige Beeren, die sie entdecken konnte, nur um sie in einem kleinen Säckchen zu verstauen. Dann folgte sie weiter der Gruppe, welche gerade an einem gluckernden Bach entlang lief. Aus den Augenwinkeln sah sie immer wieder huschende Bewegungen in den Schatten der Bäume, und wollte gerade ihre Waffen ziehen, als sie erkannte, dass es sich um weitere Dunkelelfen handelte. „Sind das deine Freunde?" Níníel deutete mit einem Nicken auf die Gestalten. Nym schmunzelte. „Nimm es ihnen nicht übel. Die wenigen verbliebenden meiner Art fürchten das Fremde. Sie sind verängstigt, und gebrochen."
Verstehend senkte sie ihren Blick. Dann setzten sie ihren Weg fort. Níníel schwieg wieder, und sah dabei zu, wie die Menschen schwatzend voraus liefen. Ab und an blieben sie stehen, wenn Nóra eine Blume pflückte, um sie ihrer Schwester zu zeigen und dann sprang sie sofort wieder durch die Gegend. Tatsächlich hatte sich das gesamte Klima in der Gruppe verändert, denn seit Nym mit ihnen reiste, war wieder Leben eingekehrt. Níníels Wille zu kämpfen.
Als es dann letztlich Abend wurde, begannen sie, ihr Lager aufzuschlagen. Während Níníel und Nym Feuerholz und Wasser sammelten, machten sich Eotha und Berfan daran, mit Blättern den Boden auszukleiden, und darauf die Decken und Felle zu legen. Als dann die beiden Elfen zurückkamen, machte sich Níníel daran, das Holz aufzustapeln, und ihr neuer Freund stellte das Wasser ab. Letzterer entfernte sich kurz darauf, um für die Menschen etwas Essbares zu finden. Die Elfenprinzessin indes setzte sich auf einen stabilen Ast, und ruhte sich etwas aus. Innerhalb von wenigen Minuten war sie bereits tief im Traumland versunken.
„Ach Níníel, wo bist du nur?" Eine sanfte Stimme drang an ihre Ohren, weshalb sie die Augen öffnete. Überrascht stellte sie fest, dass sie sich nicht länger auf dem Baum befand, sondern auf einer Wiese mit prächtigen blauen Blumen, die geheimnisvoll im Licht des Mondes leuchteten. Zaghaft drehte sie sich hin und her. „Wer ist da?" Statt einer Antwort hörte sie wieder ihren geflüsterten Namen. „Komm doch bitte zurück Níníel." Das Mädchen versuchte herauszufinden, woher die Stimme kam, doch sie konnte niemanden finden. Der Mann, der scheinbar nach ihr suchte, blieb verborgen.
Stattdessen veränderte sich plötzlich die Szenerie, und die Blumen begannen lichterloh aufzuflammen. Unter ihren nackten Füßen breiteten sich die Flammen aus und begannen, sie vollständig zu verschlingen, doch sie spürte den Schmerz nicht auf der Haut. Es war ihr Herz, welches vor Leid zu schreien schien. Tränen bahnten sich einen Weg über ihre zarten Wangen. „Irgendjemand. Bitte rettet mich."
Als jemand an ihrer Schulter rüttelte, zuckte sie zusammen. Panisch sah sie sich um, doch das Feuer, es war fort. Nur ein Traum. Erleichtert atmete sie auf, doch das stechende Gefühl in ihrem Inneren blieb. Langsam sah sie auf, direkt in Nyms Augen. Er schaute sie besorgt an. „Hast du schlecht geträumt?" Sie nickte leicht, und ließ zu, dass er sie umarmte. „Möchtest du darüber reden?" Vorsichtig verbarg sie ihr Gesicht in seinem Hemd. „Ich war auf einer Wiese und jemand hat mich gerufen. Ein junger Mann. Ich sollte zu ihm zurückkehren. Und dann." Sie schluckte schwer.
„Alles stand in Flammen." Sanft strich er ihr über den Rücken. „Vielleicht hast du jemanden, der dich liebt, und auf deine Rückkehr wartet." Sie schwieg. „Aber ich kann mich noch immer an niemanden erinnern. Ab und zu habe ich das Gefühl, dass mir etwas einfällt, doch wenn ich danach greifen will, dann löst es sich wieder auf." Der Dunkelelf wuschelte ihr durch das silberne Haar. „Lass dir Zeit." Dankend nickte sie. „Sag mal Nym, wieso hilfst du mir? Ich meine, du gehörst ja nicht einmal zu meiner Familie, und trotzdem begleitest du uns." Er lächelte leicht. „Du erinnerst mich an meine Schwester.
Wenn ich dich sehe, habe ich das Gefühl sie vor mir stehen zu haben. Und außerdem kann ich niemanden zurücklassen, der Hilfe braucht." Zögerlich griff sie nach seiner Hand und blickte tief in seine Augen. „Deine Schwester ist bereits zur Natur zurückgekehrt?" Nickend bestätigte er ihre Vermutung. Sogleich konnte sie seine Trauer spüren, den Hass auf die Namenlosen, und auf sich selbst. „Du machst dich dafür verantwortlich, doch es ist nicht deine Schuld." Verblüfft erwiderte er ihren Blick, und es war, als könne sie direkt in seine Seele blicken. „Lass sie ziehen. Es ist nicht gut, die Geister der Vergangenheit an diese Welt zu binden."
Nym schloss die Augen und atmete tief durch. „Du hast recht." Mit einem Mal spürte er. wie sie ihm entgegen rutschte, und als er seine Irden wieder öffnete, lag sie schlafend in seinen Armen. „Was war das für eine Kraft? Konnte sie sehen, was ich dachte? Hat sie etwa meine Vergangenheit gesehen?" Seufzend setze er sich mit ihr an den dicken Baumstamm, während ihr Kopf auf seiner Schulter thronte.
„Du bist wirklich außergewöhnlich." Níníel schlief noch einige Stunden, ehe sie früh am Morgen erwachte. Alles war noch dunkel, und auch ihre Begleiter schliefen. Vorsichtig löste sie sich von dem jungen dunkelelf, und sprang hinunter, ohne auch nur einen Laut zu verursachen. Leise verließ sie das Lager und begann, zu trainieren. Sie musste wieder stärker werden, denn immerhin konnte sie spüren, dass sich die Namenlosen näherten. Nie wieder wollte sie jemanden sterben sehen, der ihr etwas bedeutete. Nie wieder sollten Unschuldige leiden. Angestrengt konzentrierte sie sich darauf, die helle Energie in ihre Fingerspitzen fließen zu lassen, was sich als schwieriger herausstellte, als gedacht. Dennoch, nach einigen Versuchen spürte sie das bekannte Kribbeln in ihren Fingern.
Vor ihrem inneren Auge versuchte sie es sich vorzustellen, wie die rohe Kraft zu einer Kugel anschwoll. Dann wie aus dem Nichts erlosch das Licht. Hinter sich ertönte eine Stimme. „Probiere es nochmal." Still sah sie in die Baumkronen. „Wie lange stehst du da schon?" Nym näherte sich langsam. „Was hast du gesehen?" Sie starrte vor sich hin. „Ich sah dich, und deine Schwester. Den Angriff der Namenlosen. Ihren Tod." Wütend auf sich selbst ballte er seine Fäuste. „Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du so etwas sehen musstest." Lächelnd schüttelte sie ihren Kopf.
„Mach dir keine Gedanken. Ich hätte genauso gehandelt. Auch ich war nicht stark genug. Ich konnte sie nicht beschützen." Der Dunkelelf ergriff ihre Hand. „Wen konntest du nicht beschützen?" Níníel beobachtete, wie langsam die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach drangen. „Meine Familie. Ich war so schwach und rannte weg. Dabei hätte ich sie schützen müssen." Schluchzend fiel sie auf ihre Knie. „Ich weiß nicht mal, ob sie noch Leben." Mit ihren Fäusten schlug sie auf den steinigen Erdboden ein. „Wenn doch nur dieses verdammte Siegel nicht gewesen wäre. Ich hasse es. Sie hätten es mitnehmen sollen. Verdammte Scheiße."
Ihre Stimme zitterte vor angestauten Emotionen. Immer mehr Tränen vermischten sich mit dem Blut von ihren Händen. Nym wollte sie beruhigen, und packte sie an der Schulter, doch sie entriss sich aus seinem Griff und vergrub ihre Fingernägel tief in den Handflächen, bis das Blut ununterbrochen floss. Ihre Augen leuchteten gefährlich, während der Wind auffrischte, und an ihren Haaren riss.
In diesem Moment war ihr alles egal. Sollten die Namenlosen doch kommen. Sollten sie sich holen, was sie wollen. Erneut wurde sie gepackt. „Níníel, beruhig dich doch bitte. Das bist nicht du." Erschrocken bemerkte sie, wie sich eine Person aus den Schatten löste. Es war Amália, welche sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. „Ní...niel?" Die Angesprochene wich zurück und hauchte einen unverständlichen Namen. „Nein, du bist tot." Während sie den Kopf schüttelte, griff die Elfe nach ihrer Waffe. „Du bist eine Illusion." Langsam verzog sie Ihr Gesicht zu einem Ausdruck des Schmerzes. Amália zögerte und kam ein Stück näher. „Du bist verletzt, lass mich deine Wunden sehen." Zitternd ging Níníel weiter zurück. „Bleib mir vom Leib! Seid ihr gekommen, um mich zu verhöhnen?" Verwirrt stoppte die Jüngere. „Wovon redest du?"
Nym riss sich aus seiner Starre. „Verschwinde, sie erkennt dich nicht. Sie sieht nur ihre Familie." Schnell nutzte der Dunkelelf die Gunst der Stunde und nahm ihr das Schwert ab. Die Silberhaarige wand sich unter seinem Griff, alles in ihr verzehrte sich nach dem Blut der Namenlosen. Sie wollte freibrechen, doch er war zu stark, und hielt sie fest an sich gedrückt. „Nun lauf schon, Níníel ist im Moment nicht sie selbst." Amália wollte sich schon umdrehen, um seinen Worten nachzukommen, doch als Níníel ihn sprechen hörte, schäumte in ihr erneut die Wut auf. Mit einem Schrei schleuderte sie den Dunkelelf gegen einen der Bäume. „Ich werde euch alle in Stücke reißen." Es kostete sie nur einen einzigen Sprung, da war sie bei dem verängstigten Kind, und wollte sie angreifen, doch als sie ihr ins Gesicht sah, wehrte sich etwas in ihr. Vor ihren Augen flackerte ein Lächeln auf. Stocksteif blieb sie in der Bewegung stehen. Ihre Hand nur einige Millimeter vom Gesicht des Mädchens entfernt. Wieder hörte sie Nyms Stimme. „Níníel, erinnere wer du bist, wer vor dir steht. Das ist kein Feind. Erinnere dich an deine Familie und an deine Freunde. Ich weiß, dass du noch immer da drin steckst." Leise sprach er weiter. „Deine Familie hätte das nicht gewollt." Sie starrte in Amálias Gesicht. „Wer ich bin?" Vorsichtig, als könne sie zerbrechen, strich sie über ihre Wange. „Du bist keine Illusion? Wer bist du, wenn nicht sie?" Das Mädchen legte ihre Hand auf die der Elfe. „Ich bin es doch, Amália. Erinnerst du dich gar nicht mehr an mich?"
Die Silberhaarige runzelte die Stirn, und als sie plötzlich von tausenden Erinnerungen durchflutet wurde, kippte sie der Heranwachsenden entgegen. Diese schnaufte unter dem Gewicht ihrer Freundin, ehe Nym sie ihr abnahm. Nur am Rande bekam Níníel noch mit, wie sich die beiden unterhielten. Der Dunkelelf hob sie schweigend hoch. „Es tut mir leid Mädchen. Es war meine Schuld, dass sie in diesem Zustand ist. Ich habe wohl unbewusst einen Teil ihrer Erinnerungen geweckt." Níníel schloss langsam die Augen. Ihre Erinnerungen? Wovon sprach er? Leise hörte sie Amálias Antwort. „Wieso war sie so wütend, als sie mich gesehen hat?" Sie wusste die Antwort nicht. War sie wütend auf das Menschenmädchen? Der Dunkelelf strich der Elfe beim Laufen über den Kopf.
„Sie war nicht wütend auf dich, sondern auf die Namenlosen. Diese plötzlichen Erinnerungen haben sie verwirrt." Níníel versuchte sich zu erinnern, doch so plötzlich wie die Bilder der Vergangenheit gekommen sind, so schnell waren sie auch wieder weg. Müde kuschelte sie sich an den jungen Mann, der sie zurück ins Lager trug.
Als dieser es bemerkte, bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen. Amália schaute sie traurig an. „Wen auch immer sie in mir gesehen hat, sie muss diese Person sehr geliebt haben. Aber was rede ich da, mir würde mich genauso fühlen, wenn Nóra oder meinen Eltern etwas passieren würde." Die Prinzessin schlug langsam die Augen auf. Alles schien sich zu drehen. „Wo sind wir?" Der Dunkelelf blieb kurz stehen. „Auf dem Weg zurück." Níníel starrte in den Himmel. „Seid ihr verletzt?" Ihr neuer Freund lächelte. „Wir sind in Ordnung. Wie geht es dir?" Níníel schwieg. „Es war beängstigend, ich hatte keine Kontrolle über meinen eigenen Körper." Amália wirkte besorgt. „Hast du mich gar nicht erkannt?" Sofort sah die Elfe weg. „Für einen Moment dachte ich, dass du meine Schwester wärst, und dann..." Sie schwieg, immerhin kannten sie den Rest. Amália sprach vorsichtig weiter. „Kannst du dich an sie erinnern?" Die Elfe nickte zaghaft. „Es ist alles so verschwommen und blass, doch ich erinnere mich daran, wie ich sie gesucht habe. Alles brannte, und dann lag sie da
Die Jüngere schien zu verstehen und bohrte nicht weiter nach. Nym blickte mitleidig auf seinen Schützling nieder. Sie hatte also das gleiche durchleben müssen, wie er selbst. „War sie..." Er zögerte, doch Níníel schüttelte ihren Kopf. „Ich weiß es nicht. Alles war voller Blut, also bin ich davon gerannt. Vielleicht lebte sie noch, vielleicht hätte sie überlebt, wenn ich sie mitgenommen hätte, vielleicht lebt sie auch jetzt noch. Ich weiß nur, dass ich mir das Siegel geschnappt habe, und geflohen bin. Dann sind mir die Namenlosen gefolgt." Der Elf dachte nach. „Dann habe ich mich also doch nicht geirrt. Du bist Prinzessin Níníel." Sie nickte. Schweigend betraten sie ihr Lager, wo Eotha bereits auf und ab tigerte. Erleichtert erblickte sie die drei.
„Euch geht es gut. Welch ein Glück." Vorsichtig setzte Nym die junge Frau auf ihre eigenen Beine, und sofort wurde sie von der Mutter umarmt. „Amália wollte euch unbedingt suchen gehen, doch als auch sie nicht wieder zurückkehrte, habe ich mir solche Sorgen gemacht."
Skeptisch zog die Menschenfrau ihre Brauen zusammen. „Bist du schon wieder verletzt?" Níníel winkte ab. „Ich habe mir nur beim Training an der Hand geschnitten." Berfan betrachtete die Elfen eingehend. Die Blutspuren ließen eindeutig darauf schließen, was vorgefallen war, doch seine Frau schien davon nichts zu bemerken. Vielleicht war das auch besser so. Wortlos setzte sich Níníel an einen Baum und sah dabei zu, wie die Menschen sich um das Feuer setzten, während Nym seine Waffe reinigte. Nachdem alle etwas gegessen haben, packten sie ihr Hab und Gut zusammen und setzten sich wieder in Bewegung. Die vier Menschen an der Spitze und die beiden langlebigen Geschöpfe folgten mit einigem Abstand. Nym beobachtete sie lange.
„Der Zerfall scheint bei dir viel schneller voranzugehen, als bei anderen deiner Art. Vielleicht hängt das aber auch mit deinem allgemeinen Körperlichen Zustand zusammen." Sie nickte. „Ich war so verwirrt und wütend. Und irgendwas in mir hat den Zorn nur noch weiter angestachelt. Da war eine Stimme, die gesagt hat, dass ihr meine Feinde seid. Ich wollte dich umbringen." Der junge Elf dachte nach. „Ich verzeihe dir. Immerhin habe ich ja diese Bilder erweckt. Aber hast du dich auch an den Mann aus deinen Träumen erinnert? Weißt du, wer er ist?" Sie dachte nach.
„Ich habe blass ein Gesicht vor Augen, welches ich der Stimme zuordnen kann, doch ich erinnere mich nicht daran, ob ich je so eine... Beziehung zu jemandem hatte. Ich kann mich allerdings auch nicht an meine Eltern erinnern, oder an das Leben damals. Nur an jenen Abend. Wie sie dort in ihrem eigenen Blut lag. Ich weiß noch, dass ich das Siegel angefleht habe, uns zu retten. Doch ob es irgendjemanden gerettet hat, kann ich nicht sagen." Sie blieb stehen und betrachtete ausdruckslos das Schmuckstück um ihren Hals.
Sogleich verzogen sich ihre Lippen zu einem schiefen Lächeln. „Komisch. Es ist ein seltsames Gefühl, zu wissen, dass dir das gleiche widerfahren ist, wie mir. Tatsächlich fühlt es sich so an, als wärst du mein Bruder." Er lachte leise. „Ich hätte kein Problem damit. Dann habe ich endlich wieder einen Grund zu kämpfen." Auch die Silberhaarige kicherte.
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