Kapitel 5: Eine Reitstunde und ein Lächeln

Ich schwang mich ungelenk und etwas plump in Caryla's Sattel. Seit drei Tagen gehörte sie jetzt Oma und mir. Seit drei Tagen hatte sie mich mit ihrer Freundlichkeit begeistert. Und jetzt sollte ich reiten lernen. Oh je!

Meine Reitlehrerin heißt Silvi, also eigentlich Silviana, aber ich soll sie Silvi nennen. Ich kenne Silvi schon eine ganze Weile, denn ich war ja schon oft am Hof und hab mit den Pferden geholfen. Jetzt hänge ich wie ein Tropfen Wasser in der Kurve auf Caryla, die an der Longe auf dem Zirkel lauft. Schritt natürlich. Silvi ruft mir zu, ich solle doch etwas aufrechter sitzen, das ginge schon, wenn ich endlich die Fersen etwas tiefer nehmen würde. Oh, und ich solle auch gleich die Ellenbogen anwinkeln, bevor ich mir eine falsche Haltung angewöhne. Ja klar, nach 10 Minütchen. Aber Silvi hat schon Recht. Das größte Problem allerdings ist, das ich mich einfach nur komplett blamiere. Nicht, dass das was schlimmes wäre... Aber ich bin doch etwas zu ehrgeizig und zu unbeliebt, als das ich mir sowas erlauben könnte. Ehrgeiz ist selbstredend und Unbeliebtheit steigt noch mehr, wenn ich das jetzt verkack - also wenn's jemand außer Silvi sieht, meine ich. Hoffen wir einfach, dass mich niemand sieht. In dem Moment, in dem ich das denke, winkt mir Lavena aus dem Reiterstübchen zu. Na gut, das war's dann... also gut es steht 50/50, weil Lavena echt in Ordnung ist und ich keine Ahnung habe, ob Montag die ganze Schule darüber Bescheid weiß oder es niemand mitbekommen wird - je nach dem, wieviel Lavena lästert.

Ich sitze  immernoch auf Caryla, die immernoch an der Longe um Silvi herum im Kreis marschiert. Zeit, mich zu Langweilen hab ich aber immernoch nicht. Meine pingelige Reitlehrerin ist zwar langsam halbwegs zufrieden, aber trotzdem korregiert sie wie am Fließband. Und ich kipp solangsam vor Erschöpfung von der braven Ponystute, die mich jetzt schon fast eine ganze Stunde im Kreis umher schaukelt.  Ich glaube, ich schlaf gleich auf Caryla ein. "So, die Stunde ist um. Hey! Sagmal schläfst du?" reißt mich eine bekannte, leicht amüsiert-ironische Stimme ein paar Minuten später aus meiner Trance. Die letzten Minuten war ich kaum mehr wach gewesen, denn ich hatte in der vorigen Nacht wenig geschlafen. "Phuii", enfährt es mir  als ich mich zu Boden gleiten lasse - oder es zumindest versuchen. Ehrlich gesagt falle und plumpse ich eher, als das ich gleite. Wenigstens hat mich die dezent harte Landung wieder aufgeweckt. Ich grinse, als ich merke, das ich etwas o-beinig laufe, als ich Caryla hinter mir her in Richtung Hallentor führe. Dann denke ich wieder an Lavena und Oma, die sich im Reiterstübchen wahrscheinlich gerade einen Ast über meine momentane Art zu Laufen lachen. Ich muss leise Kichern, aber strenge mich an, so normal wie möglich zu laufen, bis ich durch Caryla abgelenkt werde. Caryla prustet mir ihren warmen Atem ins Genick, zusammen mit etwas Speichel und Heubampf, den sie sich scheinbar die ganze Reitstunde aufgehoben hat. Vielleicht sogar für exakt diesen Moment. Ich muss nochmehr grinsen, als ich darüber nachdenke. Vor der Halle wartet Oma auf mich. Sie grinst mich an und sagt mir, dass ich mich echt gut angestellt habe. Ich grinse stolz in mich hinein, den dieses Kompliment macht mich total glücklich. Endlich bin ich mal in etwas besser als meine restliche Familie, ausgenommen Oma, die meiner Meinung nach weltklasse reitet.

Später treffe ich Lavena, als ich gerade Caryla's Sattelzeug aufräume. Sie lächelt mir zu und zeigt mir zwei nach oben gereckte Daumen, was wahrscheinlich "Gut gemacht" heißen soll. Ich lächle zurück und bedanke mich. Mein Herz hat angefangen schneller zu schlagen, auch wenn ich es nicht wirklich wahrhaben will. Das letzte, was ich jetzt brauche, ist, dass ich mich in das beliebteste Mädchen der Schule verliebe, denn das würde nur für Ärger sorgen. Dann würden sie wieder zurückkommen. Dann würde im auch Manu nicht wieder helfen können.

Aber Lavena ist so nett und sie übersieht ihn nicht einfach, wie die meisten Anderen...

Zuhause rumpele ich erstmal in meinen Bruder Leo hinein. Der sich gerade für sein Fußballtraining fertig macht. Er kichert nur, als ich an ihm, wie an einer Gummikugel, abpralle. "Lach du nur, du Schrumpfgehirn", kichere ich und er haut mir dafür auf den Nacken. "Zwerg, pass auf deine Klappe auf", sagt Leo und wackelt mit den Augenbrauen, bevor er das Haus verlässt und sich auf sein Fahrrad schwing. Ich sehe ihm hinterher. Er sieht mir gar nicht ähnlich, er ist groß und hat hellbraunes glattes Haar im Gegnsatz zu mir, dem Zwerg mit den rotbraunen Locken.

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