Kapitel 30
Am nächsten Morgen wache ich zwar immer noch nicht gut gelaunt, aber befreit auf. Nachdem ich mich von dem kalten Wasser erholt habe, haben wir noch das an Kosmetik gemacht, was wir hinbekommen haben. Eigentlich hatte Maria noch ein paar mehr Schritte auf ihrer Liste, aber die haben wir letztendlich doch weggelassen.
Jetzt muss ich aber noch den viel schwierigeren Teil meistern. Keinen Schmerz mehr in meinem Herzen zu spüren, wenn ich Sirius sehe. Das kann eine ganz schöne Arbeit werden. Ich kann ihn nicht einfach vergessen. Ich kann mir nicht einfach so plötzlich sagen, dass er für mich gestorben ist. Er ist ständig in meinen Gedanken, egal, wie sehr ich versuche, ihn auszublenden. Es ist unglaublich schwer.
Ich muss ständig an sein wunderschönes Lächeln denken, an seine grauen Augen, die so schön aussahen oder an seine so weichen, dunklen Haare. Ständig an seine Art, sich zu bewegen oder seine Art zu reden denken. Ich kann einfach nicht all die schöne Zeit, die wir miteinander verbracht haben vergessen.
Manchmal denke ich auch daran, was wohl passiert wäre, wäre ich während des Gespräches mit James nicht so überreagiert. Vielleicht hätte ich jetzt schon Sirius von der Wahrheit überzeugt. Würde er mir denn glauben? Würde er mir glauben, wenn ich ihm die komplette Geschichte erzähle? Würde er mir etwas verzeihen, das ich nie getan habe?
Ich finde keine Antworten. Es gibt sie nicht. Deswegen versuche ich, diese Fragen immer auszublenden. Ganz so leicht ist das aber nicht. Aber in einer Sache bin ich mir letztendlich doch sicher. Ich liebe Sirius noch. So sehr ich es auch versucht habe, mir einzubilden, dass es nicht so ist, bin ich immer nach weniger als drei Minuten Überzeugung gescheitert. Es ist einfach so. Ich kann nur hoffen, dass ich irgendwann aufhöre, so oft an ihn zu denken.
***
Der Tag vergeht und ich versuche immer mehr und mehr, Sirius aus meinem Kopf zu entfernen. Ohne Erfolg. Maria habe ich davon überhaupt erst nichts erzählt. Sie würde das nicht verstehen, weil sie wahrscheinlich noch nie wirklich verliebt war. Deswegen nutze ich die paar freien Sekunden mit Lily, Alice und Marlene, um die drei um Rat zu bitten. Wir sitzen gerade am Gryffindortisch.
Als ich Ihnen grob erklärt habe, was Sache ist, beginnt Lily zu reden: ,,Ich mag Sirius wirklich nicht besonders. Er ist arrogant und eingebildet. Genauso wie Potter. Aber anscheinend tut er dir wirklich gut. Und anscheinend magst du ihn wirklich. Vielleicht ist er ja besser als Potter, aber darum geht es gerade nicht. Ich finde, du solltest zulassen, das du ihn nicht einfach vergessen kannst. Ich denke, du würdest ihn leichter vergessen, wäre er irgendwer. Lass es einfach zu. Maria hat mit ihrer Methode schon Recht. Es ist keine schlechte Idee. Aber ihr vergisst dabei, dass das meistens nur funktioniert, wenn beide die Wahrheit wissen. Du musst mindestens versuchen, ihm zu erklären, was Sache ist. Wenn er dir dann nicht glaubt, ist er ein Arsch und dann kannst du nichts ändern. Das Problem ist, dass er ja nicht weiß, was wirklich Sache ist. Sprich mit ihm in Ruhe darüber und glaube mir, dann wird sich das legen oder sogar verbessern."
,,Lily hat Recht", stimmt ihr Marlene zu. ,,Du solltest mal mit ihm reden. Und das nicht nur wegen dir. Du hättest Sirius in den letzten Wochen mal sehen sollen. Er macht einfach nichts mehr. Ich glaube, er ist fast noch schlimmer, als du es noch vorgestern warst. Also jetzt siehst du ja wieder ganz gut aus, aber wenn wir mal ehrlich sind, war das davor nicht der Fall."
,,Das ist ja leichter gesagt, als getan. Ich habe nicht nur eine Riesengroße Angst davor, mit ihm zu reden, er lässt es auch nicht zu. Er meidet meine Nähe und wenn er sie nicht meiden kann, ignoriert er mich. Wie soll ich das bloß anstellen?"
,,Mhm, vielleicht solltest du mal mit Remus oder nochmal mit James reden. Einer von denen könnte dir helfen. Und wenn er nicht reagiert, dann zwing ihn dazu, dir zuzuhören. Irgendwann wird das schon klappen", ermutigt mich jetzt auch Alice.
Also beschließe ich, dass ich meine Strategie wieder ändere. Und diesmal bin ich mir sicher, dass das die richtige Strategie ist. Auch wenn Maria wahrscheinlich nicht so begeistert sein wird.
***
Ich erzähle also noch am selben Abend Maria und Amelia meinen neuen Plan. Wie schon erwartet, guckt mich Maria zweifelnd an, als ich fertig mit Erzählen bin. Amelia dagegen sieht ziemlich begeistert von dieser Idee aus. Sie strahlt mich an. Sie versteht mich anscheinend. Immerhin ist sie jetzt seit Anfang des Schuljahres mit Harvey zusammen und die beiden passen perfekt zusammen. Sie machen sich gegenseitig glücklich. Bei denen weiß schon fast jeder, dass sie, falls nicht etwas sehr schlimmes passiert, heiraten werden und viele Kinder bekommen. Schließlich werden sie dann bis ans Ende ihrer Tage glücklich sein.
Leider sieht das bei mir und Sirius zur Zeit nicht so aus. Aber ich habe mich festgelegt, dass ich das ändern werde, also werde ich das auch. Egal, wie viel Kraft und Zeit mich das kosten wird. Egal, wie viele Opfer ich dafür aufbringen muss. Ich werde dafür sorgen, dass endlich wieder alles so wird, wie früher.
,,Weißt du, eigentlich hätte ich dieser ganzen Sache ja nicht zugestimmt. Sirius hat hier den Fehler gemacht, nicht du. Aber anscheinend bin ich hier eindeutig überstimmt", Maria dreht ihren Kopf in Richtung Amelia, ,,und du bist davon überzeugt. Also werde ich dich auch mit dieser Strategie unterstützen."
***
Leider ist alles leichter gesagt, als getan. In den nächsten ein ein halb Wochen passiert eigentlich nichts. Immer wenn ich kurz davor bin, Remus oder James auf dem Gang anzusprechen, überfällt mich wieder die Angst und ich entscheide mich anders. Zwei Minuten später ärgere ich mich dann darüber. So geht das also ganze eineinhalb Wochen.
Die Mädchen sprechen mir dann alle immer Mut zu und sagen, ich soll es einfach machen, doch ich schaffe es nicht. Ich bin zu feige. Was ist, wenn sie sauer auf mich sind? Wenn Sie mir nicht helfen wollen? Wenn sie mich anschreien oder mir erzählen, dass Sirius mich schon längst vergessen hat und ich gar keine Chance habe? Ich habe davor zu große Angst. Ich weiß auch nicht, was ich dagegen machen soll.
Es ist bereits Ende März und so langsam lässt sich der Frühling blicken. Mir fällt auch ein, dass ich in zwei Monaten Geburtstag habe, aber viele Gedanken verschwände ich nicht dafür. Es stehen schon ein paar Krokusse auf den Wiesen und das macht mich schon ein bisschen glücklich. Niemand hatte mehr Lust auf den Winter.
Jetzt, als ich aber hin und wieder öfter draußen bin und nicht nur noch trauere, fällt mir auch etwas komisches an Goldstein auf. Er lässt uns alle jetzt in Ruhe. Irgendetwas ist komisch daran. Wahrscheinlich hat es ihn einfach gestört, dass ich mit Sirius zusammen war. Aber ehrlich gesagt wäre ich lieber wieder mit Sirius zusammen. Goldsteins Generve würde ich dafür gerne in Kauf nehmen. Und wieder sind wir dabei: Ich muss mit Remus oder James sprechen.
Und als ich gerade mit Amelia zum Mittagessen gehen möchte, sehe ich, wie Remus alleine durch den Gang läuft. Er kommt uns entgegen. Amelia sieht meinen Blick und flüstert mir ein: ,,Du schaffst das", zu. Deswegen nehme ich all meinen Mut zusammen und spreche ihn an.
,,Remus. Bleib bitte kurz stehen." Amelia geht einfach weiter. Ist aber auch gut so. Dieses Mal habe ich wirklich das Gefühl, dass ich das schaffen werde. Dieses Mal werde ich Remus die ganze Wahrheit erzählen. Und wenn ich Glück habe, wird er mich verstehen. Was passiert, wenn er es nicht versteht, möchte ich gar nicht wissen. Also blende ich diesen Gedanken einfach aus.
Zu meinem Glück bleibt Remus stehen. Er sieht auch nicht einmal ansatzweise böse oder sauer aus. Das gibt mir Kraft. Und wieder rede ich mir ein, dass ich das schaffe. Ich muss es schaffen. Also atme ich tief ein und dann beginne ich mit fester Stimme zu reden:
,,Also. Ich muss mal mit dir reden. Bitte, hör mir einfach zu und unterbreche mich nicht. Danach darfst du gerne sagen, was du willst, aber bitte hör mir erst bis zum Ende zu."
,,Ich habe nichts gesagt. Hab mich sogar gewundert, dass du mich nicht schon früher angesprochen hast. Aber jetzt erzähle."
Und ich beginne ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Ich erzähle ihm, was genau in der Umkleide passiert ist, wie ich mich danach gefühlt habe, wie ich mich mit James gestritten habe und natürlich auch, wie ich mir vorgenommen habe, dass ich mir Sirius zurückhole. Er hört aufmerksam zu und unterbricht mich auch nicht. Darüber bin ich sehr froh. Das gibt mir Mut.
Als ich fertig bin, scheint es mir danach, dass er überlegt. Wahrscheinlich sucht er die richtigen Worte. Es war wahrscheinlich eine gute Entscheidung, Remus und nicht James anzusprechen, denn er war schon immer der Vernünftigste. Und Remus ist fair. Das hat wirklich sehr große Vorteile.
,,Ehrlich gesagt glaube ich dir jedes einzelne Wort. Es passt einfach. Man hat dir angesehen, dass du gelitten hast. Und hättest du Sirius betrogen, hättest du nicht so leiden können. Es tut mir wirklich schrecklich Leid, dass Sirius so stur ist. Ich habe schon versucht, ihm zu erklären, dass er einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war, aber er hat einfach nicht gehört. Ich bin allerdings der Meinung, dass du ihm das ganze einfach erzählen musst. So, wie du es mir gerade erzählt hast. Aber ob das was helfen wird? Ich weiß es nicht. Vielleicht sollten wir uns etwas anderes überlegen. Ich weiß zwar noch nicht wie wir das schaffen, aber ich verspreche dir, dass ich dir helfen werde."
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So und das Kapitel ist fertig. Ich hoffe, euch hat es gefallen! Wen mögt ihr eigentlich von den Rumtreibern am meisten? Und von Eleonoras Freundinnen? Würde mich sehr interessieren, also schreibt es mal in die Kommis.
Eure Anna <3
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