Kapitel 7

Ich wurde von einem dumpfen Wumms geweckt, gefolgt von einem relativ entsetzten "Au! Fuck!"

"Wassn los?", fragte Saskia verschlafen. Ich kniff die Augen noch einmal fest zusammen, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen und richtete mich auf. Gleich darauf riss ich sie jedoch wieder weit auf und begann zu lachen, womit ich nicht die Einzige war.

Mira war von einem der Stockbetten gefallen und haarscharf neben Saskias Koffer gelandet (wir hatten uns alle noch nicht aufraffen können, unsere Koffer auszuräumen).

"Gut gezielt, Mira!", brachte Ebru kichernd heraus.

"Ja, sorry! Entschuldige, dass ich mir nicht schon vor fünf Minuten Gedanken darüber gemacht habe, wohin ich am besten falle!", maulte sie zurück, musste aber kurz darauf selbst lachen. Wir halfen ihr hoch und da wir nun sowieso schon aufgestanden waren, machten wir uns für den nächsten Schultag fertig.

"Habt ihr gut geschlafen?", begrüßte uns der Schulleiter in der Mensa lächelnd.

"Mehr oder weniger!" Marina musste immer noch lachen. "Wir bräuchten vielleicht ein Gitter vor Miras Bett!"

"Mobbt mich halt", murmelte Mira immer noch leicht sauer, während die Lehrer und die Jungs die Geschichte erzählt bekamen.

Nach dem Essen aber wich die Heiterkeit wieder der Neugierde. Zuerst würden wir uns von Aragorn mit Pflanzen vergiften lassen müssen. Der Waldläufer zeigte uns nach dem Frühstück den Weg zum Garten der Schule, der nicht wie erwartet (oder gehofft) in dem Tal hinter uns, sondern gleich neben der Schule lag.

"Zuerst ist es wichtig", begann Aragorn, "dass ihr keine der Pflanzen ohne Aufforderung berührt, zumindest nicht so lange, bis ihr genug über sie wisst." Laura trat peinlich berührt einen Schritt zurück, sie hatte mitten in einem Feld aus winzigen Blumen mit ebenso kleinen, gelben, sternförmigen Blüten gestanden.

"Keine Sorge", lachte unser Lehrer daraufhin. "Die giftigen Pflanzen haben wir hier nicht, aber es kommt auf die reine Menge an."

"Und was sind das da dann für welche?", fragte Laura immer noch etwas unsicher.

"Das sind Elanor", informierte er uns. "Sie wachsen hauptsächlich in den Städten der Elben. Sie werden von ihnen oft als Schmuck für Feste benutzt."

"Die sehen total süß aus!", war Lenas Kommentar.

"Essen würde ich sie nicht", antwortete Aragorn grinsend. "Sie sind zwar nicht wirklich giftig, allerdings auch nicht sonderlich genießbar."

"Hast du das denn mal versucht?", wollte jetzt Philipp wissen.

"Natürlich nicht, die Waldläufer haben, wie die Elben, ein großes Wissen, dass ihnen von ihren Vorfahren weitergegeben wird-"

"-Die sie gegessen haben.", zog Nico ihn auf.

"Wie hätten sie das denn sonst machen sollen? Genetischer Pflanzenzellentest oder so ein Käse?", fragte Tonja und stellte sich auf Aragorns Seite. Dieser sah sie mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an.

"Okay", Aragorn räusperte sich. "Ich schlage vor, ihr geht einmal vorsichtig durch die Beete und versucht zu erraten, welche Pflanzen wir hier haben. Einige müsstet ihr kennen. Die Namen stehen auf den umgedrehten Schildern daneben, falls ihr kontrollieren wollt, ob ihr richtig liegt."

Insgesamt war es eine sehr interessante Stunde. Wir hatten zwar zu tun, die Pflanzen zu erkennen, und teilweise gab es in Mittelerde auch Pflanzen, die wir nicht hatten, aber es versprach ein sehr lehrreiches Fach zu werden. Das fand Tonja offenbar auch.

"Total interessant, oder?", fragte sie uns auf dem Rückweg. "Ich hätte nie gedacht, dass Pflanzen so spannend sein können!"

"Du hast ja auch die meiste Zeit Aragorn angestarrt" flüsterte Johanna so, dass sie es nicht hören konnte. Wir alle konnten uns ein Kichern nicht verkneifen.

"Bei wem haben wir jetzt eigentlich 'Hobbitkunde'?", fragte Lea neugierig.

"Frodo!", antwortete Carina wie aus der Pistole geschossen. Als wir sie daraufhin anstarrten, wurde sie mit einem Schlag rot. "Was denn? Ich kann die Lehrernamen halt auswendig!", gab sie patzig zurück. Ihre Gesichtsfarbe verschlimmerte sich allerdings nur, als wir in unserem Klassenzimmer Frodo trafen.

"Hallo!", begrüßte uns der Hobbit fröhlich, als wir uns hingesetzt hatten. Er hatte das Smartboard bereits angeschalten und es war ein Bild von Beutelsend zu sehen, mit der runden, grünen Tür mit dem Goldenen Knauf unter dem Hügel zu der die Treppe führte, dem Beet mit den zahlreichen Blumen und der alten Holzbank, auf der ein Pfeifenkraut rauchender Bilbo saß.

In dieser Stunde sprachen wir viel über die Gewohnheiten der Hobbits. Frodo gefiel es sichtlich, hin und wieder auch den ein oder anderen leicht spöttischen Kommentar über sein Völkchen fallen zu lassen. Immerhin gab es nicht nur anständige und nette Kameraden unter ihnen. Und so verbrachten wir die letzten zehn Minuten damit, über die Sackheim-Beutlins zu lästern.

"Ich mag dieses Fach!", stellte Carina am Ende der Stunde fest. "Es ist so entspannend."

"Und informativ", warf Adelina ein. "Ich wusste gar nicht, dass es so viel über Hobbits zu erzählen gibt!"

Wir diskutierten noch eine Weile, bis Éowyn hereinkam.

"Entschuldigt bitte, ich hatte noch einen kurzen Termin bei Gandalf", begründete sie ihre Verspätung. Sie schaltete das Smartboard wieder an und zeigte uns einige Bilder von Schlachten. Die eine war ganz sicher die vor den Toren Mordors, bei der anderen meinte ich Helms Klamm zu erkennen.

"Erkennt ihr den Zusammenhang zwischen diesen Bildern?", fragte sie uns.

"Wir waren überall hoffnungslos in der Unterzahl!", stellte ich resigniert fest.

"Definitiv", bestätigte die Lehrerin. "Und wieso haben wir dann gewonnen?"

"Weil immer Hilfe gekommen ist. In Helms Klamm von den Elben und später von deinem Bruder Éomer, in Mordor dann von den Adlern. Und natürlich hattet ihr das Glück, dass Frodo sich mit dem Ring beeilt hat."

"Richtig. Unser erstes Thema wird die Art der Angriffe sein, bei denen die jeweiligen Seiten Hilfe von außen bekamen. Was denkt ihr, ist der Vorteil einer solchen Situation?"

"Naja, einfach dass mehr Kämpfer da sind?", warf Jenni in den Raum.

"Das natürlich auch, aber seht euch zum Beispiel einmal an, wie die Rohirrim hier angegriffen haben. Was, denkt ihr, hat ihnen dabei geholfen?"

"Die Orks waren warscheinlich ziemlich überrascht", gab Nico zum Besten. "Und dadurch hatten die Neuankömmlinge mehr Zeit, sich auf ihren Angriff vorzubereiten und ich kann mir vorstellen, dass die Orks dadurch in Panik geraten sind."

"Guter Gedanke", lobte Éowyn. "Tatsächlich ist genau das geschehen. Durch das Auftauchen der Rohirrim war die Schlacht zwar noch nicht gewonnen, aber der Feind war nicht darauf eingestellt, sodass wir einen großen Vorteil daraus ziehen konnten."

Die restliche Stunde lang zeigte uns Éowyn Bilder verschiedener Schlachten, einige kannte ich aus dem Film, andere waren nur im Buch oder gar nicht aufgetaucht. Wir sollten beschreiben was die Absicht der jeweiligen Parteien war und erklären, was der Verlierer hätte anders machen sollen.

Viel zu schnell war die Stunde um. Als es klingelte waren wir alle leicht enttäuscht. "Wir sehen uns beim Abendessen!", verabschiedete sich Éowyn.

"Das war mal eine tolle Stunde!", freute sich Ben. Den Jungs schien die Stunde sehr gefallen zu haben, auch mein Bruder hatte einige gute Ideen gehabt.

"Haben wir jetzt Pause?", fragte er.

"Jep. Und was dann?", wollte Adelina wissen und schielte auf Lenas Stundenplan. "Musik? Cool!"

Wir machten uns auf den Weg zum Ausgang. Da wir nicht wussten, wo wir sonst hinsollten, machten wir es uns auf der Treppe vor der Schule bequem.

"Was machen wir dann eigentlich nach dem Unterricht?", fragte Lena. "Wieder in unsere Zimmer gehen?"

"Das ist ja langweilig!", beschwerte sich Kilian. "Wir könnten doch unsere Pferde besuchen und uns die Gegend da hinten mal ansehen!"

Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden. Wir alle hatten das wunderschöne Tal und die tollen Pferde nicht vergessen und wir konnten es nicht erwarten, sie zu besuchen. Doch zuerst hatten wir noch zwei Stunden Unterricht.

"Wo haben wir denn Musik?", wunderte sich Marina, als wir im Klassenzimmer niemanden antrafen.

"Im Musiksaal natürlich!", ertönte eine Stimme hinter uns. Wir fuhren herum und erkannten Merry. "Kommt mit!", forderte uns der Hobbit auf und winkte uns mit sich.

Der Musiksaal war ein großer Raum, in dem ein Klavier, Gitarren, Mikros und andere Instrumente und Gerätschaften standen. Es gab nur Stühle, keine Tische, und der Lehrertisch wurde zum größten Teil von einem Computer eingenommen, der mit einem Smartboard an der Wand verbunden war. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, woher das ganze Geld kam.

"Wir machen aber nicht nur Theorie, mit Musikepochen und so einem Schwachsinn, oder?",  stöhnte Cara genervt.

"Wie kommt ihr darauf?", fragte Merry verwundert. "Musik ist zum Singen da!"

"Da bist du der erste unserer Lehrer, der das sagt!", beschwerte sich Saskia.

"Wie jetzt? Ihr habt in Musik nicht gesungen?", fragte der Hobbit regelrecht entsetzt.

"Fast nicht. Wir mussten mit dem anderen Stoff durchkommen und wenn wir dann mal gesungen haben, hat unsere Lehrerin die Lieder selbst herausgesucht!", klagte Lea.

"Das ist ja grauenvoll!" Merry war sichtlich geschockt. "Ich kann euch versichern, wenn wir hier etwas anderes machen als Singen, dann spielen wir Instrumente, aber das kommt erst im zweiten Halbjahr! Also, wer von euch singt gerne?"

Die Hände beinahe aller Mädchen gingen hoch, nur die Jungs enthielten sich.

"Und wer von euch spielt ein Instrument?" Diesmal waren es deutlich weniger Hände. Dass Johanna einmal Klavier gespielt hatte, wusste ich. Auch Adelina meldete sich.

"Adelina singt sogar im Chor und spielt in der Schulband!", petzte Laura. Merrys bewundernder Blick glitt zu Adelina, die daraufhin schüchtern grinste.

"Das ist doch schon einmal ein guter Anfang! Für die Stunde bitte ich euch nur, mir einige Lieder aufzuschreiben die ihr gerne singen wollt, damit ich da ein paar raussuchen kann."

Wir konnten unser Glück kaum fassen und schrieben jeder bestimmt fünfzehn Lieder auf, die wir in unserem bisherigen Musikunterricht nie oder nur ein bis zwei Mal gesungen hatten. Als es zum Ende der Stunde klingelte, sammelte Merry die Zettel ein.

"Einige lassen sich ziemlich gut singen.", kommentierte der Hobbit mit Blick auf unsere Vorschläge. "Ich freue mich schon auf die nächste Stunde mit euch, wir sehen uns später!"

Wir verabschiedeten uns ebenfalls und gingen gut gelaunt zu unserer letzten Stunde, Erdkunde bei Gimli, zurück ins Klassenzimmer. Munter redend setzten wir uns auf unsere Plätze und warteten auf Gimli.

Der Zwerg betrat rückwärts das Klassenzimmer, da er einen Kartenständer hinter sich herzog. Die Karte, sobald wir sie erkennen konnte, zeigte -was auch sonst- den Erebor.

"Wieso nehmen wir denn nicht das Smartboard?", fragte Ben verwundert.

Der Zwerg hatte ihn gehört. "Weil, junger Mann, einem Zwerg das Altvertraute immer lieber ist als die neueste Technik, merk dir das!", schimpfte er.

Ben wirkte zuerst etwas irritiert, merkte aber im Lauf der Stunde schnell, dass der Zwerg durchaus nett war und Humor hatte. Er ging mit uns in der ersten Stunde die ganzen Orte kurz durch, die er behandeln wollte. Orte wie den Erebor oder Moria zog er besonders vor. Aber es sei ihm gegönnt, er war ja schließlich ein Zwerg.

"Ich wünschte, wir hätten einen Elben in Erdkunde!", murmelte Ebru am Ende der Stunde, als wir uns auf den Weg nach draußen machten. "Der würde uns wenigstens nicht so viel über dunkle Höhlen voller gieriger Zwerge erzählen, sondern von den Städten der Elben, mit den großen Bäumen und den tollen Häusern..."

"Aber du musst zugeben, dass nicht alle Zwerge gierig sind!", verteidigte Johanna ihren Schatzi.

"DU musst zugeben, dass sie auch Kili und Fili erst einmal gesehen haben", besänftigte ich sie. "Natürlich ist Kili total toll und über alle Maßen süß, aber die anderen..." ich verstummte, weil ich zwei sehr wütende Blicke von zwei verschiedenen Personen abbekommen hatte.

"Ich mein doch nicht dich!", sagte ich lachend zu meinem Bruder, der daraufhin viel besänftigter aussah. "Obwohl, Kilanna... ist doch ein cooler Shippingname!"

Da meine beste Freundin nun kurz davor schien, mich zu erwürgen, beeilte ich mich, durch die Felsspalte zu kommen. Der Anblick dahinter machte mich, wie gestern schon, sprachlos. Ich wagte einen Blick auf die Pferde, die frei auf den Wiesen herumgalloppierten und den See, der das Licht der warmen Sonnenstrahlen glitzernd zurückwarf, und freute mich schon jetzt auf den Nachmittag.


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And here's Nauri again! XD

Ich habe endlich einen passenden Titelsong gefunden: This one's for you von David Guetta und Zara Larsson. Ich weiß, es ist der EM-Song, aber lest euch mal die Übersetzung durch. Außerdem fand ich auch die Melodie klasse.

Ich freue mich über jede Rückmeldung, bis bald!

Nauriel

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