Kapitel 18

Es blieb einige Sekunden lang still, die die Mittelerdler brauchten, um diese Nachricht zu verdauen.

"Du meinst... ein echter Gott? So ähnlich wie die Valar?", fragte Gandalf, sah aber aus als wisse er nicht ob er tatsächlich eine Antwort haben wollte.

Ich schnaubte. "Kommt drauf an, wie ihr Gott definiert. Eigentlich ist er ja ein Eisriese, aber er hat eindeutig Fähigkeiten eines Gottes. Wenn es nach der germanischen Mythologie geht, ist er entweder Odins Blutsbruder oder sein Sohn, oder er tut nur so als sei er beides. Da sind sich die Überlieferungen relativ uneinig. Jedenfalls ist er der Gott des Feuers und, egal ob es nach Marvel oder der Mythologie geht, hat er ein sehr gesundes Selbstbewusstsein."

"Aber was will er in Mittelerde?", fragte Legolas. Johanna zuckte mit den Schultern.

"Na ja, wie ihr ja schon bemerkt habt, hat er dieses Hobby, ständig über irgendwas herrschen zu wollen. Vielleicht hat er ja gehört, dass es gerade eine Welt im Schlussverkauf gibt?"

"Die Frage ist ja, hat er New York schon zerlegt oder nicht?", warf ich ein.

"Was spielt das für eine Rolle?", wollte Tonja wissen.

"Wenn ja, ist auch die Handlung von Thor 2 schon passiert, was heißt, keiner weiß dass Loki noch lebt. Ist es aber die vor den Avengers, ist Thor auf der Suche nach ihm und könnte uns vielleicht helfen", erklärte Kilian vom Boden aus. Johanna grinste ihn an.

"Macht's Spaß da unten? Soll ich dir beim Aufstehen helfen?"

Mein Bruder schüttelte den Kopf. "Ich wollte gerade sagen, jemand könnte ja versuchen, Asgard zu verständigen. Dann hätte wieder jemand gefragt was das ist."

"Na, jetzt weißt du wenigstens, wie es uns den ganzen Tag mit ihnen geht", erklärte ich schulterzuckend.

"Hey!", meinte Carina entrüstet.

Gandalf griff ein, bevor die Situation eskalieren konnte. "Wir wollen doch beim Thema bleiben. Ich war mit meiner Geschichte ja noch nicht einmal fertig!"

"Dann erzähl doch!", forderte Saskia ihn auf. Der Zauberer verdrehte die Augen, wurde jedoch gleich darauf wieder ernst.

"Wie ihr euch sicher denken könnt, sind wir seiner netten Aufforderung nicht nachgekommen. Er hat aber nur gelacht und gemeint, am Ende würden wir immer niederknien."

"Ich hab das Gefühl, er hat sich die Rede irgendwo aufgeschrieben!", murmelte ich. Bei der Vorstellung mussten auch Johanna und Kilian grinsen. Gandalf fuhr fort:

"Dann hat er nur noch einmal gesagt, wir sollten uns auf unserem kleinen Sieg nicht zu lange ausruhen. Danach verschwand er so, wie er gekommen war. Wir dachten am Anfang, es sei vielleicht nur eine Täuschung gewesen, wisst ihr, ein letztes Ass in Saurons Ärmel. Deshalb machten wir uns keine Gedanken, bis wir wieder in Minas Tirith waren. Auch die folgenden Tage dachten wir, es wäre vorbei. Dann begannen die Angriffe." In seinen Augen war großer Schmerz erkennbar. Es musste unvorstellbar hart gewesen sein zu realisieren, dass Sauron zwar nicht mehr existierte, aber Mittelerde trotzdem wieder -oder immer noch- in Gefahr war. Der dritte Größenwahnsinnige in der Geschichte Ardas also. "Am Anfang wurde uns nur von kleinen Angriffen auf Reisende berichtet, wisst ihr. Wir dachten noch, vielleicht seien das Räuber gewesen, die im Krieg alles verloren hatten und so versuchten, irgendwie zu überleben."

Seine Stimme brach und Legolas übernahm für ihn. "Irgendwann aber sind Aragorn, Gimli und ich selbst auf einen Ort gestoßen, an dem die sogenannten 'Räuber' zugeschlagen hatten. Ich werde euch jetzt nicht erzählen, was wir gesehen haben, aber es reichte um zu bemerken, dass das auf keinen Fall Menschen gewesen sein konnten." Auch dem Elb fiel es sichtlich schwer, das zu erzählen. Trotzdem fuhr er fort. "Uns war klar, dass bei der Schlacht am schwarzen Tor auf keinen Fall alle Orks vernichtet worden waren. Aber uns wurde schmerzlich bewusst, dass es sehr viel mehr waren als wir angenommen hatten, und dass sie unter dem Befehl von jemandem stehen mussten."

Nico schien etwas eingefallen zu sein. "Waren das die Markierungen auf der Karte, die vor ein paar Tagen auf deinem Schreibtisch gelegen war? Die Orte, an denen die Orks angegriffen haben?"

Gandalf nickte kurz und Boromir grinste bitter. "Wenn es nur bei Orks geblieben wäre. Oder Reisenden, die sie angriffen. Es ging ein paar Monate so. Alle paar Tage und Wochen eine neue Meldung über einen Überfall. Wir hatten schon Späher ausgeschickt, die die Orks ausfindig machen sollten. Keiner war zurückgekehrt. Und dann griffen sie an." Seine Stimme wurde schwer und er musste sich überwinden, weiterzusprechen. "Sie haben erneut Minas Tirith attackiert. Wir haben keine zwei Tage vorher davon erfahren. Natürlich war es zu spät, um Verstärkung zu holen, aber alle, die vor Mordor gekämpft hatten und viele Waldelben waren immer noch in der Stadt, deshalb hofften wir sie schlagen zu können. Erst als sie vor unseren Mauern standen sahen wir, dass wir nicht nur Orks vor uns hatten, sonderen mindestens genau so viele Uruk-Hai."

Inzwischen hatten ja alle Uruks mit eigenen Augen gesehen und das Entsetzen stand uns vermutlich ins Gesicht geschrieben.

"Wie habt ihr das überlebt?", flüsterte Lea entsetzt. Faramir schenkte ihr ein müdes Lächeln.

"Wir hatten Glück. Galadriel hatte offenbar durch ihren Spiegel davon erfahren und schickte uns Verstärkung. Es war trotzdem sehr knapp für uns und wir hatten furchtbare Verluste. Und das kurz nachdem wir noch gedacht hatten, der Krieg sei für immer vorbei."

Wir warteten, doch offenbar hielt es niemand für nötig, weiterzuerzählen.

"Habt ihr Loki noch einmal getroffen?", fragte Jenni.

Legolas schüttelte den Kopf. "Ich denke aber, seine Botschaft ist auch so klar genug."

"Ihr habt doch gesagt, seit Saurons Fall habt ihr wieder Kontakt zu den Valar aufgenommen!", fiel mir ein. "Könnten die euch nicht helfen?"

Thranduil lächelte, als sei das eine lächerliche Vorstellung. "Die Valar können unsere Kämpfe nicht ausfechten, Mädchen. Sie können uns bis zu einem gewissen Punkt helfen, das schon..."

Ich beschloss, seinen herablassenden Ton gnädig zu ignorieren und fiel ihm trotzdem ins Wort. "Was für Hilfen denn zum Beispiel?"

Bevor ich von einem arroganten Waldlandkobold umgebracht werden konnte, schritt Gandalf wieder ein. "Das mit der Schule war Herrin Vardas Idee. Die anderen Valar waren nicht sehr begeistert, aber es war unsere einzige Chance."

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich wissen wollte, was er damit meinte. Ich bekam ein übles Gefühl bei der Sache. Lena fragte trotzdem. "Eure einzige Chance wofür?"

Gandalf schien es uns nicht erklären zu wollen, deshalb übernahm wieder Legolas das Ruder, sah aber immer wieder unsicher zu ihm, als wolle er sichergehen, dass er das Richtige sagte.

"Einige Tage nach dem Angriff auf Minas Tirith hatte Galadriel offenbar etwas Wichtiges in ihrem Spiegel gesehen, denn sie kam persönlich nach Minas Tirith und verlangte, mit Gandalf zu sprechen. Sie sagte, da wir nun einen Feind hätten, der nicht von dieser Welt war, würden wir alleine ihn auch nie besiegen können. Sie hätte gesehen dass wir, wenn wir alleine versuchten Loki zu schlagen, hoffnungslos unterliegen würden. Nur wenn wir jemanden aus einer anderen Welt fänden, der mit uns gegen sie kämpft, hätten wir eine Chance zu gewinnen. Sie müssten nicht kämpfen, nur Loki bewusst machen, auf wessen Seite sie stehen."

Es war totenstill, als jedem von uns so langsam dämmerte, was sie von uns erwarteten. Bevor jemand etwas sagen konnte, fing Gandalf schnell wieder an, zu sprechen.

"Wir hätten es euch rechtzeitig gesagt. Natürlich. Wir hätten euch das alles erklärt und euch die Wahl gelassen, uns zu helfen oder unbeschadet wieder nach Hause zurückzukehren. Wir hofften, dass zumindest einigen von euch dann Mittelerde so ans Herz gewachsen wäre, dass ihr es verteidigt hättet."

"Und wenn es niemand gemacht hätte?", fragte Adelina mit brüchiger Stimme. "Wenn sich niemand gefunden hätte, der hier sterben will?"

Legolas verzog sehr unelbenhaft das Gesicht. "Dann hätten wir jemanden aus Lokis Umfeld finden müssen, der uns hilft. Nur sind die Valar davon überzeugt, dass es nicht sehr erstrebenswert sei, sich von dieser Art von Göttern helfen zu lassen."

"Ihr hättet Mittelderde in Schutt und Asche wiederbekommen", murmelte Johanna. Ich zog die Augenbraue hoch. Konnte es sein, dass sie ihnen zustimmte? Ich verstand, dass sie alle gedacht hatten, sie hätten keine andere Wahl. Und ich glaubte ihnen, dass sie uns die freie Wahl lassen wollten, wieder nach Hause zurückzukehren. Aber die Tatsache dass sie uns diese Sache auch noch länger verschwiegen hätten, damit wir Mittelerde mit allen Mitteln verteidigen wollten, war ein Schock. Wir hatten zu diesen Leuten hier in einer Woche ein besseres Verhältinis aufgebaut als zu allen anderen Lehrern in allen unseren Schuljahren und Schulen davor. Und wir hatten ihnen vertraut. Jetzt erfuhren wir, dass sie uns auch gut und gerne noch ein halbes Jahr länger angelogen hätten.

Das Schlimmste war jedoch, dass sie sich verrechnet hatten. Sie hatten nicht geahnt, dass drei Schüler kommen würden, die Mittelerde schon kannten. Drei Schüler, die ohnehin jeden Kampf in Kauf genommen hätten, um hier sein zu können. Oder dass auch die anderen sich so schnell an das Leben hier gewöhnen würden. Ein Leben, das wir dort, wo wir herkamen, nie hätten haben können. Und jetzt hatten wir eine Wahl.

Wir konnten entweder für alles kämpfen, das wir in der letzten Woche- oder in meinem Fall, in den letzten drei bis vier Jahren- zu lieben gelernt hatten... und vielleicht mit unserem Leben dafür bezahlen. Oder nach Hause zurückkehren und so tun, als hätte es diese Woche nie gegeben. Als sei das alles nur ein Traum gewesen. Unser Leben leben, wie wir es zuvor auch getan hätten. Zu Hause.

Das Problem war: Jedes der Gesichter meiner Freunde, in das ich blickte, sagte dasselbe: Es gab für uns alle nicht mehr ein einziges Zuhause. Mittelerde war in dieser kurzen Zeit unsere zweite Heimat geworden.


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Ich weiß, ein seeehr nachdenkliches Kapitel und ein gute Laune- Lied von BTS. Es passt einfach gar nicht, aber ich liebe dieses Lied und habe es die ganze Zeit rauf und runter gehört. Vielleicht gefällt es dem einen oder anderen von euch ja auch? :)

Zusätzlich wollte ich noch kurz eine Frage loswerden: Seid ihr WAHNSINNIG? Diese Fanfiction ist nicht einmal vier Monate alt und hat schon 1,3 TAUSEND Reads? Und knapp 130 Votes! Meine erste FF wird demnächst ein Jahr alt und hat 'gerade mal' 770 Reads! Vielleicht liegt es am Thema, vielleicht daran, dass sich mein Schreibstil etwas verbessert hat (hoffentlich^^), keine Ahnung. Aber vor allem liegt es an den Menschen, dank denen ich diese Fanficton überhaupt schreiben konnte. Nein, das wird jetzt nicht schnulzig, keine Sorge. Ich wollte einfach noch mal danke sagen. Wenn ihr Ideen zur Geschichte habt oder auch mal ein bisschen Kritik loswerden wollt, könnt ihr es mir gerne sagen! Würde ich Kommentare zu der Geschichte nicht wollen, hätte ich alles auf dem Block stehen lassen... :*

Also noch einmal, vielen Dank an alle, auch an die, die einfach so kommentiert oder gevotet haben. Das bedeutet mir echt wahnsinnnig viel. So. Bis bald ;)



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