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Ich schwieg. Ich wollte ihn nicht unterbrechen, aus Angst, dass er aufhören würde zu erzählen.

„In Wahrheit spielte er eine andere Rolle in der Prophezeiung... Es war Gellert Grindelwald, der mir die Prophezeiung gezeigt hat."

Ich riss die Augen auf. Dass die beiden befreundet gewesen waren, hatte ich gewusst, aber damit hatte ich nicht gerechnet.

„Komm her. Ich zeige dir die Prophezeiung."

Er gab seine Erinnerung in das Denkarium und ich versank in die Szene.

Es standen zwei Jugendliche in Godrics Hollow. Sie standen am Ufer eines Flusses und Grindelwald zeigte mit seinem Zauberstab auf die Oberfläche. Es formte sich eine menschliche Gestalt aus dem Wasser und sprach mit hallender Stimme:

„Ein Kind, in eine Familie von Godrics Hollow geboren unter dem vollen Monde wird mit großen Kräften beschenkt. Die Macht wird es nutzen, um eine Entscheidung treffen zu können.

Ein Kind mit verschiedenen Farben der Augen, wird entscheiden, ob die Finsternis obsiegen kann.

Ein Kind wird die Entscheidung treffen, ob es bereit ist dem dunkelsten Magier unserer Zeit den Weg zum endgültigen Sieg zu ermöglichen oder seinen Untergang zu besiegeln.

Ein Kind, das eine Entscheidung über Leben und Tod eines dunklen Zauberers trifft, die die Zukunft eines dunklen Zauberers besiegelt.

Ein Kind, das bereit sein muss-"

An dieser Stelle brach die Erinnerung ab und ich stand wieder in Albus Büro. „Was? Lass mich weiterhören. Es war noch nicht vorbei!"

„Mehr kenne ich auch nicht.", erklärte Albus. „Mehr habe ich selbst nie gehört."

„Aber ich verstehe nicht... Du hast Grindelwald besiegt! Was soll ich denn dann noch tun?"

„Ich denke, dass du recht hattest mit der Annahme, dass der dunkelste Magier unserer Zeit Voldemort ist."

Ich zuckte beim Klang seines Namens leicht zusammen. „Aber hast du nicht gesagt, dass Grindelwald eine Rolle in der Prophezeiung spielt?"

Albus nickte. „Es gibt drei Rollen. Das Kind bist du, der dunkelste Zauberer ist Voldemort und Grindelwald ist der dunkle Zauberer, über dessen Leben und Tod du entscheidest."

Ich riss die Augen auf. „Ich soll Grindelwald töten?"

„Das wurde nicht gesagt." Er lief im Büro auf und ab. „Du sollst über sein Leben oder Tod entscheiden und die Zukunft von Voldemort besiegeln. Mit keinem Wort wird gesagt, welche Wahl du treffen musst, wenn du Voldemorts Untergang willst."

„Wie jetzt?"

„Wer sagt, dass Grindelwald sterben muss, damit Voldemort verliert?"

„Achso!" Ich runzelte die Stirn. „Okay, du meinst also, dass es sein kann, dass ich mich für Grindelwalds Leben entscheiden muss, damit du-weißt-schon-wer besiegt wird?"

„Es kann sein. Muss aber nicht." Er seufzte. „Ich weiß nicht, ob Grindelwald leben oder sterben muss. So leid er mir tut, das wirst du entscheiden müssen."

„Aber... Was haben die beiden miteinander zu tun?", fragte ich. „Grindelwald ist doch in Nurmengard."

„Das ist er, aber wer weiß, was die Zukunft bringt."

„Ich entscheide über sein Leben oder Tod... Aber es wird nicht gesagt, dass ich ihn Gegenüberstehen werden und ihm das Leben retten oder töten muss."

„Das ist richtig. Ich glaube, dass der Teil der Prophezeiung, der fehlt, beschrieben hätte, was du tun müsstest."

„Kann ich dir irgendwoher bekommen?", fragte ich ohne große Hoffnung.

Er schüttelte den Kopf. „Es war keine gewöhnliche Prophezeiung. Keine, die von einem Wahrsager kam, sondern tatsächlich hat Grindelwald von ihr geträumt."

„Geträumt?" Ich riss die Augen auf. „Du denkst... Die Alpträume... Träume ich von der Prophezeiung?!"

„Es wäre möglich."

„Aber ich kann mich nicht an die Träume erinnern! Was mach ich denn jetzt?!"

„Warte ab. Du wirst dich schon irgendwann daran erinnern..."

„Und was wenn es dann schon zu spät ist?"

„Das wird es schon nicht."

Ich seufzte und nickte dann. Ich konnte sowieso nichts tun.

„Du bist wirklich gut geworden."

„Gut?"

„Deine Kräfte. Ich gehe davon aus, dass du wütend warst als du das Büro betreten hast und ich glaube auch, dass du Angst hast vor der Prophezeiung und dennoch gab es weder Feuer noch Eis." Er lächelte. „Du hast in so kurzer Zeit gelernt deine Kräfte zu kontrollieren. Das ist bewundernswert und ich möchte, dass du weißt, dass ich stolz auf dich bin."

„Danke...", murmelte ich.

„Ich hatte Angst, dass dir etwas passiert. Deshalb habe ich nichts gesagt. Deswegen habe ich dich nie ermutigt deine Kräfte zu benutzen."

„Und jetzt hast du keine Angst mehr?"

„Natürlich habe ich sie. Ich habe ständig Angst um dich, aber du bist stärker, als ich zugeben möchte. Du kannst wahrscheinlich besser auf dich selbst aufpassen als ich es jemals könnte." Er seufzte. „Ich habe lange nach der vollständigen Prophezeiung gesucht. Ich wollte sie für dich finden, aber trotz jahrelanger Bemühen, habe ich nie etwas entdeckt."

„Danke.", flüsterte ich und umarmte ihn.

„Ich danke dir, Lina." Er strich mir über die Haare. „Es tut mir leid."

Diesmal glaubte ich ihm sogar fast.

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