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Mit dem Fingerknöchel klopfte ich leicht an die Tür und es dauerte nur wenige Sekunden bis die Tür geöffnet wurde.
„Lina, was kann ich für dich tun?" Gonnie stand, wie erwartet, trotz der frühen Stunde, vollständig angezogen im Türrahmen. „Komm doch rein."
„Danke.", murmelte ich und lief an ihr vorbei.
„Mach es dir bequem.", bot Gonnie an.
Ich setzte mich auf den Holzhocker, der in der Ecke stand. Das war das einzige Möbelstück, das ich in diesem Raum berühren konnte, ohne Angst zu haben, irgendwas zu zerstören. Alles in ihrem Zimmer hatte einen exakten Platz. Allein wie sie ihr Bett gemacht hatte, verstand ich nicht. Es sah aus, wie gezeichnet.
„Geht's dir gut?"
„Ja,", antwortete ich schnell. „Keine Sorge. Ich wollte eigentlich einen Rat von dir..."
„Einen Rat wozu?" Sie setzte sich auf ihren Sessel mir gegenüber.
„Ich brauchte jemanden mit dem ich reden kann, der auch bescheid weiß... über meine Situation..."
Gonnie sah mich mit einem aufmunternden, aber trotzdem besorgten Blick an.
„Es geht um Quidditch..."
Gonnies Augen weiteten sich augenblicklich vor Aufregung. „Du willst ins Team? Das ist großartig!"
Schnaubend zuckte ich mit den Schultern. „Nicht unbedingt..."
„Das ist wirklich schade, die Mannschaft könnte dich gut gebrauchen!"
„Das ist doch der Punkt, weswegen ich hier bin." Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „James und die anderen haben blöderweise mitbekommen, dass ich spielen kann und wollen mich jetzt überreden... Du weißt, dass ich es geliebt habe, aber du weißt auch, dass es nicht unbedingt vernünftig ist, wenn ich spiele..."
Sie seufzte und ihre Schultern sackten zurück. „Tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht... Du hast selbstverständlich recht..."
„Ich weiß nicht, was ich machen soll und erst recht nicht, was ich ihnen sagen soll.", erzählte ich ihr weiter von meinem Problem. „Wenn ich mich wieder zu sehr reinsteigere und die Kontrolle verliere..."
„Hast du denn das Gefühl, dass du dich besser beherrschen kannst als damals?"
„Nein!"
„Die Antwort kam aber schnell.", stellte sie fest und ich sah ihr an, wie enttäuscht sie war. Gonnie liebte Quidditch und sie machte sich wohl auch Sorgen um ihre Mannschaft.
„Das heißt, generell ist meine Kontrolle schlechter seit ich hier bin, aber beim Zuschauen im letzten Jahr, bin ich ruhig geblieben. Viel ruhiger als bei den Spielen früher."
Gonnies Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. „Das klingt doch eigentlich vielversprechend."
„Wenn du jetzt mal davon absiehst, dass die Mannschaft Spieler braucht... würdest du es immer noch für eine gute Idee halten, dass ich spiele?"
Gonnie schwieg einige Sekunden lang und seufzte anschließend. „Ja und nein. Es könnte riskant sein, aber du liebst es und ich glaube, dass du es kontrollieren könntest."
„Also ist dein Rat, dass ich es machen sollte?", überprüfte ich ihre Aussage. „Objektiv gesehen?"
Sie schaute aus dem Fenster, von wo aus sie das Quidditchfeld sehen konnte. „Was wäre denn, wenn du es mal testest? Ein Freundschaftsspiel zwischen dir und deinen Freunden? Du schaust, wie du dich dabei fühlst und dann kannst du immer noch überlegen, ob du in die Mannschaft beitrittst oder nicht. Wenn es dir lieber ist, musst du es ja nicht gleich entscheiden. Du könntest abwarten, bis die offiziellen Probespiele stattfinden. Vielleicht finden sie noch jemanden... Und auch wenn sie jemanden finden, aber du trotzdem Lust hast mitmachen, kannst du es ja trotzdem. Auswechselspieler sind ebenfalls sehr nützlich."
Es war nicht ganz der Rat, den ich erwartet hatte. Vielleicht war Gonnie wirklich nicht objektiv bei diesem Thema und ich hätte mit jemanden anderen darüber sprechen sollen, aber andererseits war sie nicht jemand, der die Risiken ignorierte, nur weil ihre Interessen davon abhingen. Wenn sie mir das riet, meinte sie das auch so und vielleicht war es ja wirklich eine Möglichkeit. Ich konnte mit Sirius, James und Marlene spielen. Das würde mir vielleicht helfen. Wenn ich merkte, dass es absolut nicht möglich war, dann musste ich mich nicht mehr schlecht fühlen, weil ich ihnen nicht half. Sie wäre wohl sauer auf mich, aber ich wüsste mit Sicherheit, dass das die richtige Entscheidung war und wenn ich mich dabei gut fühlte, die Kontrolle kein bisschen verlor, wäre es ja schon schön wieder Quidditch zu spielen. Außerdem war das, was Gonnie sagte, auch richtig: Vielleicht fanden sie noch jemanden und das Problem löste sich in Luft auf.
„Ich danke dir.", murmelte ich und stand auf. „Danke, dass du mir zugehört hast zu dieser frühen Stunde."
„Du weißt doch, dass ich früh aufstehe.", meinte sie und lächelte mich an. „Außerdem kannst du zu jeder Uhrzeit zu mir kommen, egal wann. Ich bin für dich da."
Ich umarmte sie schnell. „Danke, Minnie."
Sie strich mir über die Oberarme. „Ich weiß, dass du das Richtige tun wirst. Höre einfach auf dein Herz. Es wird dich leiten und zu dem Ziel bringen, das am besten für dich ist."
„Noch einmal vielen Dank.", wiederholte ich und verließ ihr Zimmer mit einem Immer noch unsicheren, aber sehr viel besseren, Gefühl.
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