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Zwei Tage später, am Weihnachtsmorgen, wachte ich, wie immer, vor Lily auf. Leise stand ich auf und zog mir meine Sportklamotten an, doch als ich leise durch den Flur schlich, hörte ich es hinter der geschlossenen Tür zu Petunias Zimmer schluchzen. Abrupt blieb ich stehen und klopfte nach einem kurzen Zögern an die Tür. Langsam öffnete ich sie. Petunia lag in ihrem Bett und heulte. Sie bemerkte mich erst, als ich die Tür wieder geschlossen hatte.
„Was willst du hier? Verschwinde!"
Ich ignorierte ihre Worte und setzte mich auf die Kante ihres Bettes. „Was ist los, Petunia?"
„Du sollst verschwinden, du Missgeburt!", zischte sie.
Ich schnaubte belustigt. „Du verletzt mich nicht, wenn du mich so nennst."
„Du bist eine Ausgeburt der Hölle!"
„Ach, bin ich das?", fragte ich und grinste. „Gut zu wissen."
Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an, sagte aber nichts mehr.
„Du warst es, oder? Du warst diejenige die Albus Dumbledore einen Brief geschrieben hat vor fünf Jahren."
Petunia keuchte. „Was? Woher?"
„Ich war dabei.", berichtete ich. „Ich war bei Dumbledore als er den Brief gelesen hat."
„Wieso?"
„Weil er quasi mein Vater ist.", gestand ich ihr.
„Dieser Dreckskerl ist dein Vater?!"
Ich lachte auf und schüttelte den Kopf. „Wieso musst du denn alle beleidigen, Petunia? Er ist nicht mein Vater, aber er hat auf jeden Fall die Rolle für mich, die einem Vater am nächsten kommt. Es tat ihm sehr leid, dir sagen zu müssen, dass du Hogwarts nicht besuchen kannst. Er hätte dich aufgenommen, wenn er gekonnt hätte, aber es geht nicht. Es ist unfair, aber mit den Kräften wird man geboren oder eben nicht. Es ist nicht möglich, sie im Nachhinein zu erwerben. Und abgesehen davon, dass unser gesamter Unterricht daraus besteht, hättest du sowieso nicht in Hogwarts sein können. Für dich würde es aussehen wie eine Bruchbude. Da liegen so viele Schutzzauber auf dem Schloss, dass du es gar nicht betreten könntest. Aber nur, weil du keine Hexe bist, heißt das noch lange nicht, dass du Lily verloren hast! Sie ist immer noch deine Schwester. Ganz gleich, auf welche Schule sie geht. Sie hat dich sehr lieb und mir tust du nicht weh, wenn du mich beleidigst, aber ihr schon. Sie vermisst dich. Denk darüber nach, Petunia. Du kannst sie dafür hassen, dass sie fortgegangen ist oder aber du genießt die Zeit, die sie hier ist. Sie darf hier doch keine Magie benutzen, von daher kannst du das gleiche mit ihr machen, wie mit allen anderen. Wie nennt ihr nochmal diese Theater, wo die Schauspieler nicht mehr da sind?"
„Kinos?", fragte Petunia und ich glaubte, dass sie schmunzeln musste.
„Ja genau!", stimmte ich zu. „Das gibt es in unserer Welt nicht, aber man hat mir öfters erzählt, wie cool das sei! Du könntest doch solche Sachen mit Lily machen, wenn sie in den Ferien hier ist. Zeig ihr deine Welt! Eure Welt von der sie sich entfremdet. Ich bin in der Zaubererwelt aufgewachsen, aber es gibt so viele Dinge, die ich deshalb noch nie gemacht habe. Ich war noch nie im Kino, ich bin noch nie mit einer... äh... Achterbahn, glaub ich, gefahren! Ich war noch nie in einem dieser künstlichen quadratischen Seen."
„Du meinst ein Schwimmbad?"
„Ja!", rief ich. „Genau so hießen die! Als ich hierhergekommen bin, bin ich das erste mal mit einem Auto gefahren. Ich laufe durch euer Haus und sehe so viele Dinge, die ich nicht kenne. Allein diese gelbe Ente bei euch im Bad, welche Funktion hat sie?"
„Welche Ente?", fragte sie und runzelte die Stirn. „Warte, das Quietscheentchen?"
„Ja?", erwiderte ich und lachte. „Keine Ahnung. Wenn die so heißt. Was ich sagen möchte ist, dass es genauso viele Sachen gibt in deiner Welt, die total cool sind, wie in meiner. Es gibt so viele Dinge, die du vielleicht jede Woche machst, aber die Lily nicht machen kann, weil sie in Hogwarts ist. Und es gibt auch so viele Dinge, die du in deiner Schule lernst, von denen ich keine Ahnung habe! Ich habe letztens in unserem Gemeinschaftsraum ein Buch gelesen, was irgendjemand von zuhause mitgebracht hatte und da drin stand tatsächlich, dass ein Mensch auf dem Mond war! Du kannst dir nicht vorstellen, wie geschockt ich war, als Lily während des Frühstückes meinte, dass das wahr ist! Ich hatte mich über das Buch lustig machen wollen, weil ich die Idee so absurd fand, aber ihr habt es scheinbar geschafft und das ganz ohne Magie. Eure Welt hat vieles zu bieten, was unserer vollständig fremd ist." Ich stand auf. „Denk doch darüber nach."
Ich lächelte ihr nochmal kurz zu und schlich dann doch noch nach draußen, um zu joggen. Keine Ahnung, ob dieses Gespräch etwas gebracht hatte, aber sie hatte mich nur am Anfang beleidigt und versucht rauszuschmeißen. Danach hatte sie mir zugehört, vielleicht dachte sie jetzt wirklich darüber nach.
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