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Ich ließ mich zwischen meinen Freunden auf die Bank fallen, als ich am nächsten Tag für mein zweites Frühstück in die große Halle kam. Witzigerweise saßen alle beisammen, sodass die Mädels rechts von mir und die Rumtreiber links von mir saßen.
„Irgendwas ist heute wirklich seltsam!", eröffnete ich das Gespräch, während ich mein Teller mit Essen belud. „Ich werde die ganze Zeit angestarrt und alle fangen an zu tuscheln, wenn ich den Raum betrete. Keine Ahnung, was deren Problem ist!"
Jeder einzelne von ihnen vermied es offensichtlich mir in die Augen zu schauen und schwiegen. Laut klappernd ließ ich mein Teller auf den Tisch fallen und verschränkte die Arme. „Okay, was ist los?"
„Gar nichts, alles in Ordnung.", log Alice. Sie gab sich Mühe zu lächeln, aber selbst ein Blinder, hätte die Lüge erkannt. Sie stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Lügt mich nicht an!", forderte ich. „Was ist los? Sind mir Hörner gewachsen, oder was?" Ich schloss kurz die Augen und umschloss meine Kette fest. Ich musste mich beruhigen. Es war nicht gut, wenn ich wütend wurde. Tief ein und ausatmen. Ich versuchte das Feuer in meiner Brust runterzuschlucken, mit nur mäßigem Erfolg. Noch ging es, aber ich war nah an der Grenze. „Was. Ist. Los?", wiederholte ich.
Sirius warf mir einen wütenden Blick zu. „Als du meintest, dass du kein Interesse an mir hast, hättest du auch sagen können, dass es daran lag, dass du auf alte Knacker stehst!"
Ich blinzelte perplex. „Wie bitte? Was soll ich?"
„Du weißt genau, was ich meine!", rief er. „Du wurdest gesehen!"
„Ich wurde wobei gesehen?", fragte ich und versuchte ruhig zu bleiben. Was bei Merlins Barte ging hier ab?
„Man hat dich gestern gesehen, wie du mit diesem Opa rumgemacht hast!", warf er mir vor.
„Ich wurde was?", fragte ich. „Ich soll was getan haben? Und mit wem?"
„Du hast mit einem alten Knacker rumgemacht!", wiederholte er seine Worte und bestätigte damit, dass ich mich nicht verhört hatte.
Ich schaute meine anderen Freunde an, aber keiner von ihnen, schien mich verteidigen zu wollen. Ich schnaubte. „Nochmal, was soll ich wann und wo und mit wem getan haben?", wollte ich wissen. Äußerlich blieb ich ruhig, aber ich spürte es in meinem Inneren brodeln. Wenn ich verstehen würde, was hier los war, würde ich wahrscheinlich in der Wut ertrinken, aber der Vorwurf war so absurd, dass das nicht passierte. Ich hatte mit niemanden rumgemacht und vor allem nicht mit einem alten Knacker. Wovon bei Merlin sprachen sie?
„Gestern in Hogsmeade! Du hast mit diesem Opa aus dem Eberkopf rumgemacht!", fuhr Sirius fort.
Ich fiel in unkontrollierbares Gelächter aus.
„Was soll das!?", knurrte Sirius.
Es dauerte ein Wenig bis ich mich beruhigt hatte. „Das ist doch nicht euer Ernst, oder doch?"
„Natürlich ist das unser Ernst!"
Das Lachen verrutschte auf meinem Gesicht. So wie er mich anstarrte, meinte er das wirklich so. Hilfesuchend schaute ich einen nach den anderen an. „Remus? Lily? Glaubt ihr das auch?"
Keiner der beiden schauten mich an. Sie stritten es nicht ab. Nicht einmal die beiden, obwohl sie immer am vernünftigsten waren.
Ich schnaubte. „Das kann doch nicht euer Ernst sein!"
„Du wurdest gesehen!"
„Von wem wurde ich gesehen?", fragte ich und merkte, dass uns alle im Raum anstarrten.
„Von mehreren!", rief Sirius zurück. „Und wir haben dich auch mit ihm gesehen!"
„Ach habt ihr das?", zischte ich zurück und versuchte meine Lautstärke zu senken, während ich meine Kette so festdrückte, dass es weh tat. „Ich sage es ja nur ungern, aber das kann gar nicht sein, weil ich niemals mit ihm rumgemacht habe!" Ich sprang auf. „Ihr könnt mich also gar nicht gesehen haben! Ich fasse es nicht!"
Das Feuer in mir breitete sich aus und ich wusste, dass ich jeden Moment explodieren würden. Würde mich jetzt jemand berühren, würde er üble Verbrennungen erleiden. Ich musste hier raus. Sofort. „Ich fasse es wirklich nicht!", brüllte ich erneut und rannte im direkten Wege nach draußen zum See, beziehungsweise genaugenommen in den See. Ich stoppte erst als ich mehrere Meter Unterwasser war. Zwei Sekunden war ich wie erstarrt, doch dann zusammen mit einem Schrei, ließ ich die gesamte Wut aus mir heraus. Flammen schossen aus meinem Körper, die auch vom Wasser nicht gelöscht wurden. Ich wusste nicht, wie lange ich dort im Wasser schwebte und mir die Seele aus dem Leib schrie, aber selbst als mein Schrei und die Flammen verebbten, spürte ich noch immer die schier unendliche Wut in mir.
Es wäre eine Sache gewesen, wenn man Gerüchte über mich verbreitete, selbst wenn sie, wie dieses hier, völlig lächerlich war, aber die Tatsache, die mich wirklich sauer machte, war, dass meine Freunde, die Menschen, die ich zum allerersten Mal in meinem Leben als wahre Freunde betrachtete, diesen Gerüchten glaubten, ohne auch nur mit mir darüber gesprochen zu haben.
Damit hätte ich nie gerechnet. Wir konnten sie nur glauben, dass Aberforth und ich- ja, was eigentlich? Ein Paar waren? Eine Affäre hatten? Was genau dachten sie denn, was zwischen uns lief? Wie konnten sie glauben, dass ich mit Aberforth rumgemacht hatte?
Wenn sie mich gefragt hätten, was es mit dem Gerücht auf sich hatte, hätte ich ihnen wohl die Wahrheit erzählt. Ich hatte nie gewollt, dass das bekannt wird, weil es dadurch auch andere Sachen aus meiner Vergangenheit ans Licht fördern könnte, aber ich hätte es ihnen erzählt. Weil ich ihnen vertraute. Aber jetzt? Wieso sollte ich ihnen die Wahrheit erzählen, wenn sie mir nicht einmal die Chance gaben, sondern auf Gerüchte vertrauten.
So etwas taten echte Freunde nicht.
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