Kapitel 10: Das nächste Treffen


Es war der nächste Abend, 23:40 Uhr. In 20 Minuten war es soweit. Ich schaute gebannt die Uhr an. Ich wusste nicht, ob ich etwas vorbereiten sollte für ihn. Für uns. Ich war sehr nervös, wie bei unseren anderen Treffen auch. Trotzdem konnte ich mich nicht dran gewöhnen. Ich fing an aufgeregt in meinem Zimmer herumzulaufen.
Plötzlich kam mir das alles so surreal vor. Ich sollte mich mit einem der berüchtigsten und meist gesuchtesten Verbrecher dieser Stadt um Mitternacht treffen? Das klang eher nach einem James Bond Film als nach der Realität. Ich ging zum Spiegel und betrachtete mich schon zum ungefähr zehnten mal wieder im Spiegel. Meine Haare hatte ich gekämmt und ein Parfüm benutzt. Den Duft nahm ich schon gar nicht mehr wahr. Ich hatte eine weiße Hose und einen schwarzen Rollkragen Pullover an. Wieder blickte ich zur Uhr. Es war 23:45 Uhr. Noch 15 Minuten.

Was wollte der Joker eigentlich? Warum wollte er mich sehen? Bei unserem letzten Treffen hat er mir nicht gerade das Gefühl gegeben, dass er darauf versessen war mich nach so kurzer Zeit wieder zu sehen. Und was ist, wenn er einen bösen Plan hatte und ich nur eine seiner Marionetten in seinem Theater war? Dieser Gedanke verfolgte mich schon lange, und machte mich traurig. Ich mochte den Gedanken nicht, dass er mich nur ausnutzte. Leider war das ein sehr logischer und naheliegender Gedanke.. Ich ging zu dem Fenster in meinem Zimmer. Ich sah raus, auf die dunklen Straßen Gothams, die von einzelnen Laternen beleuchtet wurden. Draußen war es ungewöhnlich still. In der Ferne hörte man nur schwache Musik. Der Himmel war voller Wolken, die den Mond fast vollständig verdeckten. Es drang trotzdem helles Mondlicht auf die Straßen. Wenn man sich sie Stadt so anschaut, könnte man denken sie wäre ganz normal wie jede andere. Doch der Schein trügt. Manchmal wünche ich mir, ich wäre in einer anderen Stadt aufgewachsen. An einem freundlicheren Ort. An einem weniger düsteren Ort. Aber die Vergangenheit kann man bekanntlich nicht ändern.

Ich ging nervös durch meine Wohnung. Auf einmal hörte ich ein Poltern aus meinem Zimmer. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Ich atmete ein paar Mal tief ein und ging dann zu meinem Zimmer und drückte die Tür auf. Er stand vor dem Fenster, durch welches helles Mondlicht reinfiel. Man konnte seine schwarze Silhouette gut erkennen. Ich wusste nicht ganz was ich sagen sollte. "Warum wolltest du mich sehen?", fragte ich während er auf mich zu ging. "Ein einfaches 'Hallo' hätte auch gereicht", sagte er mit etwas verärgerter Stimme. Ich lachte leise auf. "Tut mir leid, aber wenn jemand durch das Fenster in meine Wohnung kommt, ist 'Hallo' nicht das erste, was mir einfällt", erklärte ich ihm mit einem etwas provokanten Lächeln. Der Joker grinste nur. Er schien amüsiert von der Antwort zu sein. "Wie ich sehe hast du dich für mich schick gemacht", fing er ein neues Gesprächsthema an. Ich verdrehte die Augen. Warum muss er denn annehmen, dass ich mich für ihn anziehe? Das stimmte gar nicht. Ich wollte nur nicht wie ein Penner vor ihm stehen. "Sei nicht albern. Ich würde mich nicht extra schick machen, um einem Mann zu gefallen", gab ich zurück. Während wir redeten, ging er aus dem Zimmer an mir vorbei, in das Wohnzimmer. Er ging selbstsicher zum Sessel und ließ sich nieder. Ich war etwas überrascht darüber, dass er so zielsicher war, aber ich folgte ihm. Ich setzte mich auf die Couch, und sah ihn an. "Natürlich würdest du das nicht...", murmelte er vor sich hin und schien zu überlegen. Er schien die richtigen Worte zu suchen, um sich auszudrücken. Er grinste plötzlich und lehnte sich in den Sessel zurück. "Hör mal Schätzchen. Ich habe mich gefragt, ob du mir bei meinem nächsten Plan helfen würdest. Ich habe was großes geplant..", erklärte er gelassen. Fast schon begeistert. Da traf mich der Schlag. Er wollte mich also doch nur für seine schmutzigen Pläne benutzen. Ich hätte es von Anfang an wissen müssen. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich stand langsam von der Couch auf und sah ihm tief in die Augen. "Das war also dein Plan. Du wolltest mich mit dem ganzen nur weich machen, um mich von deinem Plan zu überzeugen. Der Kuss, unsere Treffen und Gespräche.. das hat dir alles nichts bedeutet. Du wolltest, dass ich glaube, dass ich dir etwas bedeute. Du hast nur ein blödes Spielchen mit mir gespielt, wie du es doch so gerne machst. Es war nur wieder eine Masche vom berühmten Joker", sagte ich niedergelassen. Er sah mich mit einem verwirrten Blick an. Er schien aber nicht wütend zu sein. Er schien nur nicht ganz zu begreifen, warum ich so betrübt war. "Warum glaubst du das? Vielleicht will ich dir nur eine Chance geben, damit wir mehr Zeit miteinander verbringen können. Vielleicht will ich dich einfach an meiner Seite haben", sagte er mit einer ruhigen Stimme. Er nahm meine Hand, und streichelte sanft meinen Handrücken. Ich sah ihm die ganze Zeit über in die Augen, in der Hoffnung, die Wahrheit aus ihnen lesen zu können. Stimmte das wirklich, was er sagte? Oder wollte er mich einfach wieder besänftigen? Ich wollte ihm nicht glauben. Ich wusste, was naheliegend war. Aber irgendetwas in mir hatte das Gefühl, dass es seine Art war Zuneigung zu zeigen. Es steckte viel Böses in ihm, aber vielleicht auch etwas gutes. Ich ließ mich wieder langsam auf der Couch nieder, und ließ dabei seine Hand nicht los. "Aber das ist keine gute Gelegenheit für mich. Ich kann nicht. Ich habe eine Arbeit, Freunde und ein Privatleben. Und ich will auch nicht. Ich will kein Chaos in der Welt anrichten, wenn ich ebenso gut helfen könnte. Das ist nicht meine Bestimmung. Und deine ist es vielleicht auch nicht", versuchte ich ihn umzustimmen. Es war dumm und naiv zu denken, er würde auf mich hören, aber ich wollte, dass er weiß was ich denke. Er hörte mir aufmerksam zu. Schließlich öffnete er den Mund, doch schloss ihn wieder. Er schien schon wieder nach den richtigen Worten zu suchen. "Nein. So wie du keine Zerstörung anrichten kannst, so kann ich der Welt auch nicht mehr helfen. Ich habe zu vieles getan, dass mir niemand verzeihen würde. Egal, was auch immer ich jetzt machen würde. Die Menschen würden mich als den verrückten, hinterhältigen Clown sehen. Man kann nicht mehr verändern, wie die Menschen einen sehen, sobald man etwas Schreckliches getan hat. Die Taten überschatten den Menschen selbst. Immer. Sie würden immer wieder darauf zurückkommen und es einem unter die Nase reiben. So ist eben unsere Gesellschaft. Aber ich kann ihnen das nicht übelnehmen".

Ich seufzte. Ich konnte seinen Punkt gut verstehen. Er hatte Recht, die Menschen würden ihm das wohl nie verzeihen. Er hätte nie mehr seine Ruhe.

"Tut mir leid, Schätzchen. Die Welt ist keine Blumenwiese, auf der man gemütlich spazieren kann", sagte er. Ich nickte nur. Der Joker stand auf, und setzte sich jetzt auf die Couch neben mich. Noch immer hielten wir uns an den Händen.

Der Abend verlief anders, als ich es erwartet habe. Wir lagen auf der Couch, und hatten geredet, über alles mögliche. Ich erzählte ihm von meiner Arbeit, und wie sehr mir mein Chef auf die Nerven ging. Wir redeten über Gotham, und was sich über die Jahre alles verändert hatte. Wir machten gemeinsam Witze, oder spekulierten über die verrücktesten Dinge. Während dem Gespräch, erfuhr ich ziemlich wenig über ihn, doch sobald ich etwas mir unbekanntes erfuhr, merkte ich es mir. Er erfuhr sehr viel mehr über mich, als ich über ihn, aber das störte mich nicht. Er war verschlossen, das konnte man erkennen, also wollte ich ihn nicht zwingen mir viel über ihn zu erzählen. Ich verlor das Zeitgefühl, denn als ich wieder auf die Uhr sah, war es schon halb 4. Ich merkte, dass wir beide müde waren. Der Joker stand auf und ich mit ihm. Wir gingen zu meinem Zimmer und blieben vor dem Fenster stehen. "Ich bin mir sicher, das werden wir irgendwann nachholen", sagte er mit einem breiten Grinsen. Bevor ich ihm antworten konnte, drückte er mir einen warmen Kuss auf die Lippen. Ich genoss diese Nähe, und erwiderte den sanften Kuss. Er löste sich langsam von mir und ging weiter zum Fenster. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich unsere Hände nicht mehr festhielten. Er hat so gut wie die ganze Zeit über meine Hand gehalten, und ich habe mich daran gewohnt. Jetzt fühlte sich meine Hand so leer, ohne die seine an. Er stieg durch das Fenster und warf mir ein schnelles Lächeln zu, ehe er in der Nacht verschwand. Ich lächelte breit vor mich hin. Ich hatte mir den Abend wirklich ganz anders vorgestellt.


(Nach einer etwas längeren Pause geht es endlich weiter! Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen :))

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