11. Kapitel
Garlef brütete dumpf vor sich hin.
Woden war zurück, hatte aber keine guten Neuigkeiten. Sein Plan war nicht aufgegangen. Verdammter Mist! Dabei war es ein guter Plan gewesen!
Es hatte ihn einige Mühe gekostet, seine Schwester zu überreden, dass sie Flora anstatt sich selbst zu den Wikingern schicken. Nicht, dass er seine Schwester nicht mochte, aber Raica hätte alles ruiniert. Sie war ein verwöhntes Gör, dass von Vater alles bekommen hatte. Und wenn etwas gegen ihren Willen ging, wurde sie immer noch bockig wie ein kleines Kind.
Es war nicht so, dass Raica von Anfang an gegen den Wikinger gewesen war. Es hatte harte Überzeugungsarbeit von ihm gekostet, ihr den Wikinger madig zu machen.
Ja, die Frauen liebten Eirik Egilson, auch wenn er einen schlimmen Ruf hatte. Doch wenn er vor ihnen stand, war das meistens vergessen. Er sah auf seine wilde Art einfach zu gut aus. Er war stark, hatte markante Gesichtszüge und sein Ruf weckte in allen Frauen das Verlangen, ihn zähmen zu wollen! So war das auch bei seiner Schwester gewesen. Erst verliebte sie sich in Eiriks Bruder. Aber das konnte nicht tief gegangen sein, denn ihre Augen hatten geleuchtet, als sie das Gespräch zwischen seinem Vater und Egil Magnusson angehört hatten. Garlef hatte es nicht glauben können, als sie leise geseufzt hatte.
Raica hatte den schwarzen Teufel wirklich haben wollen. Sie war sich sicher, dass sie ihn zähmen konnte.
PAH!
Das musste er verhindern!
Garlef hatte Eirik so schlimm geschildert, hatte erzählt, er würde Frauen schlagen, wenn sie nicht das machten, was er sagte und Schlimmeres. Er hatte seiner Schwester erzählt, dass er seine Frauen arbeiten ließ und sich nicht mit jemand zufrieden gab, der ihm nur das Bett wärmte. Raica war schnell überzeugt gewesen. Und dann hatte er ihr den Gedanken eingeflößt, dass Flora doch statt Raica den Wikinger heiraten sollte.
Raica war so erschreckt gewesen, dass sie darauf eingegangen war.
Raica war eine schwache Frau.
Doch von Flora hatte er anderes erwartet.
Sie war gezwungen worden mit dem Wikinger zu gehen! Und Garlef wusste genau, dass Eirik sie bestimmt nicht gut behandeln würde. Schließlich hatte auch seine Schwester einen gewissen Ruf und Eirik hatte ja angenommen, dass es sich um Raica handelte und nicht um Flora.
Garlef war sich sicher gewesen, dass sie freiwillig wieder zurückkommen und ihm wichtige Informationen geben würde, nur um sich an Eirik zu rächen. Doch der Wikinger hatte es irgendwie geschafft und hatte sie auf seine Seite gezogen. Wie auch immer er das geschafft hatte, sie hielt zu ihm.
Woden hatte sogar behauptet, die Sklavin hätte sich in Eirik verliebt. Das konnte er nun gar nicht glauben. Er hatte nicht umsonst Flora immer wieder genommen und geschlagen, um ihr einen gewissen Hass gegen Männer einzuflößen. Oder zumindest Gleichgültigkeit.
Woden musste sich geirrt haben. Er hatte so darauf gesetzt, dass Flora den Wikinger hassen würde. Doch das war wohl nicht mehr so!
„Wie hat er das geschafft?", fragte er Woden, der gegenüber von ihm saß. „Hat er sie genommen?"
Woden schüttelte den Kopf.
„Nein! Das glaube ich nicht. Aber sie begegneten sich mit Respekt. Und sie hatte einige Möglichkeiten gehabt, ihn um zu bringen. Sie hat es nicht getan. Selbst als ich ihr gedroht habe, weigerte sie sich!"
Garlef schlug mit der Faust auf die Stuhllehne.
„Die Götter sollen sie für ihren Verrat bestrafen!"
Er stand auf und lief durch den Raum.
Voller Wut stieß er mehrere Flüche aus.
Er hatte gehofft, dass sie ihm beim nächsten Schritt helfen würde. Doch das konnte er nun getrost vergessen.
Woden sah ihm lange zu, sagte aber nichts.
Garlef hatte ihn gezielt ausgesucht. Den jungen Than hatte niemand ernst genommen, als er von dem Überfall der Wikinger erzählte. Nein, er wurde sogar verurteilt für das, was er getan hatte. Garlef fand an der Tat nichts Verwerfliches. Jeder andere hätte aufgeschrien, doch Woden hatte gehandelt. Er hatte dieselben Ansichten, was die Wikinger betraf, wie Garlef.
Beide hatten sich sofort verstanden und den Plan ausgeheckt. Woden war dem schwarzen Boot gefolgt, bis Eirik ein Dorf überfallen hatte. Er hatte die Kämpfe abgewartet und sich dann zu den Sklaven gestellt, die mitgenommen werden sollten. Es war so ein perfekter Plan gewesen.
Erst die Ermordung von Godric.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich sein Vater entschließen würde, Raica zu den Wikingern zu geben. Aber auch da hatte Garlef seine Finger im Spiel gehabt. Er hatte in seinem Vater den Gedanken an Rache genährt, dass dieser es mit der Angst zu tun bekam. Sein Vater war so darauf bedacht, dass Egil nur Gutes von ihm dachte. Und da war eben Flora ins Spiel gekommen. Eigentlich hatte er gedacht, dass Eirik sie umbringen würde. Frauen konnten ihr Maul nie halten. Dann hätte er Rache nehmen können. Ja, Flora war nur eine Sklavin, doch niemand wusste dass es nicht seine Schwester war, die bei den Wikingern lebte. Dennoch hätte Eirik den Verrat schnell herausfinden können. Als er nichts dergleichen gehört hatte, war er auch zufrieden. Flora würde ihm Informationen über Woden zukommen lassen. Schließlich war er ihr Herr.
Doch das war wohl nun nicht mehr so.
„Verdammt!", brüllte er.
Woden war nicht mehr auf dem Gut und die verfluchte Sklavin hatte sich wahrscheinlich in den Wikinger verliebt.
„Dein ursprünglicher Plan geht zwar nun nicht mehr auf, trotzdem könnten wir Rache nehmen."
Garlef schnaubte. Was konnte er jetzt noch tun?
„Du hast keine Ahnung, Woden. Inzwischen habe ich Dinge erfahren, die alles komplizierter machen, als sie es je waren!"
Er setzte sich wieder und erzählte Woden von der Geschichte, die er von seinem Vater erfahren hatte. Woden hörte es sich ruhig an.
„Das ist ja noch besser, als ich vermutet habe. Wir können Rache an den Wikinger nehmen und deinem Vater Frieden schenken!"
Garlef hob eine Augenbraue.
„Wie meinst du das?"
Woden grinste hämisch.
„Wir greifen sie an. Wir lassen sie spüren wie es ist, wenn man hilflos mit ansehen muss, wie alles zerstört wird, was man aufgebaut hat. Wir werden Egils Brut auslöschen und ihn als gebrochenen Mann zurücklassen. Der Franke wird nie etwas davon erfahren, was dein Vater getan hat."
Garlef stieß verblüfft seinen Atem aus.
„Die Wikinger angreifen?"
Woden nickte ernst.
„Der Winter ist bald vorüber. Die Krieger werden auf der Jagd sein. Das Gut ist ungeschützt! Eine bessere Gelegenheit bekommen wir nicht!"
Garlef lachte laut.
„Und Eirik wird bei der Sklavin bleiben wollen, wenn es wahr ist, was du beobachtet hast. Du hast Recht. Eine bessere Gelegenheit gibt es nicht! Wir werden seinen Hochmut brechen!"
Egil lächelte zufrieden.
Die Veränderung, die zwischen seinem Sohn und dessen Frau vorging, war nicht zu übersehen.
Sie waren wieder zum Abendmahl erschienen und Eirik hatte nicht einmal seine Hand von Flora genommen. Es waren nicht viele Krieger anwesend gewesen, da viele sich um ihre Familien kümmerten und die Bauern langsam mit der Feldarbeit begannen. So waren sie beinahe unter sich gewesen. Selbst beim Essen hatten sie sich verliebte Blicke zugeworfen, bis sein jüngster Sohn einige bissige Bemerkungen machte.
Sie saßen nun vor dem Kamin, den Egil hatte bauen lassen. Eirik hatte sich Flora geschnappt und sie auf seinen Schoß gesetzt. Immer wieder flüsterte er ihr etwas ins Ohr, was sie manchmal schön erröten ließ.
Doch nun lauschten sie den Skalden, der ihnen Geschichten erzählte. Der Sklade hatte wohl ebenfalls ein Gespür für die Veränderung, denn er erzählte kleine Liebesgeschichten, die manchmal doch schlüpfrig wurden.
Tjelvar saß in seiner Nähe und ging seiner liebsten Beschäftigung nach, die er hatte, wenn es Winter war. Er schnitzte kleine Holzfiguren. Im Moment schnitzte er an etwas, das Egil nicht erkannte. Es war wohl ein Tier mit einer sehr langen Nase.
„Was machst du da, Sohn?"
Tjelvar blies den Holzstaub von der Figur.
„Das Tier habe ich auf einen meiner Reisen gesehen. Ich glaube, man nennt es Elefant."
Er grinste und zeigte mit dem Kinn auf seinen Bruder und seiner Frau.
„Ich glaube, ich werde in der nächsten Zeit viele Holzfiguren schnitzen müssen! Wenn Eirik so weiter macht, wird er Ragnar bald Konkurrenz machen. Ragnars Frau ist schon schwanger. Und Raica wird es auch bald sein!"
Egil lachte dröhnend, was die zwei aber nicht störte. Sie waren in ihrer eigenen Welt und kümmerten sich nicht um die anderen.
„Da könntest du Recht haben, Tjelvar. Ich hätte nichts dagegen, wenn ich bald einen Enkel auf dem Schoß sitzen haben würde!"
Egil grinste und er spürte, wie eine kleine Faust in seine Seite stieß. Er drehte sich zu seiner Frau um.
„Ja? Hast du etwas dagegen?"
Sie schnaubte leise.
„Und wenn es eine Enkelin werden würde?"
Er küsste ihre Wange.
„Da hätte ich auch nichts dagegen. Ich liebe kleine Mädchen. Frag Norien!"
Nun lachte sie glockenhell.
„Oh ja. Beinahe wünsche ich mir, es würde wirklich ein Junge werden. Ein Mädchen würdest du gnadenlos verwöhnen!"
Tjelvar lachte wieder, was Egils Blick auf ihn lenkte.
„Du solltest dir auch eine Frau zulegen! Ich habe große Lust, dir eine zu beschaffen!"
Tjelvars Augen weiteten sich.
„Oh nein, Vater. Ich werde weder der Jarl, noch bin ich ein großer Krieger wie Eirik. Ich suche mir meine Frau schon selbst aus. Das kannst du getrost mir überlassen!"
Egil lachte wieder.
„Bist du mit meiner Wahl für deinen Bruder nicht zufrieden?"
Tjelvar zuckte mit den Schultern.
„Ich mag sie. Schon von Anfang an. Aber ich würde es trotzdem vorziehen, wenn ich mir meine Braut selbst aussuchen könnte!"
Wieder vertiefte er sich in die Figur und Egil kannte seinen jüngsten Sohn gut genug, um zu wissen, dass er ihn im Moment nicht ansprechen brauchte. Tjelvar war in seinen Gedanken und in die Arbeit so vertieft, dass er keine Reaktion von sich gab, selbst wenn Egil ihn anschreien würde.
Es wunderte ihn immer wieder, wie sehr sich seine Söhne unterschieden. Eirik war ihm gleich. Wie Tjelvar schon gesagt hatte, war Eirik ein Krieger, der keinen Kampf scheute. Tjelvar war anders. Er war ruhiger und besonnener.
Egil seufzte leise.
Er hoffte, dass Tjelvar bei Eirik blieb, wenn er einmal sterben würde. Die beiden würden sich ergänzen. Aber er glaubte nicht daran. Tjelvar war ein Entdecker und es zog ihn in die Welt. Irgendwann würde er wohl einen Ort finden, der ihn zum Bleiben einlud. Und Egil war sich nicht sicher, ob seine Heimat dieser Ort war.
Eirik und Flora standen auf.
„Raica und ich werden uns zurückziehen, Vater!"
Egil nickte und die beiden gingen Arm in Arm aus dem Langhaus.
„Es dauert bestimmt nicht mehr lange und du hast deine Enkel!", murmelte Tjelvar vor sich hin und Egil grinste.
Fara sah verträumt in das Feuer. Bevor sie sprach, versicherte sie sich, dass Tjelvar wieder in seiner Arbeit versunken war. Der war wieder in seine Arbeit vertieft und nicht mehr ansprechbar.
Dennoch sprach sie leise zu Egil.
„Es ist sehr schade, dass Eirik es immer noch nicht weiß. Ich will mir nicht ausmalen, wie er reagieren wird, wenn er erfährt, wer Raica wirklich ist!"
Egil lehnte sich zurück.
„Ich bin mir nicht sicher, Weib. Man kann unseren Sohn schwer einschätzen. Aber eines weiß ich. Er liebt sie. Das sehe ich ihm an. Es ist nur die Frage: liebt er sie so sehr, dass er über das alles hinweg sehen kann? Oder liebt er sie so sehr, dass er den Betrug nicht verkraftet!"
Eirik zog Flora an eine Mauer und küsste sie stürmisch.
„Flora!"
Sie sah verliebt zu ihm hoch.
„Eirik?"
Er küsste sie erneut.
„Ich kann es nicht erwarten, bis ich endlich deinen Namen sagen kann. Immer und überall! Und nicht diesen Namen der Frau, die mir den Göttern sei Dank erspart blieb!"
Sie lehnte sich an ihn und schlang ihre Arme um seine Hüfte. Das war auch ihr Wunsch. Denn dann würde sie sich nicht mehr verstecken müssen oder Angst haben, dass man Rache an ihr nehmen würde. Die Sachsen waren ihr egal. Aber sie wollte auf keinen Fall mehr von Eirik getrennt sein. Dennoch blieben Zweifel.
„Und wenn das nie der Fall sein wird? Deine Eltern wissen es zwar, aber ich weiß, dass du nichts gesagt hast, dass auch du es weißt!"
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände.
„Ich weiß, mein Herz! Aber es kommen oft Fremde hier her. Ich will nicht, dass du in Gefahr gerätst, nur weil sie deinen richtigen Namen hören! Lieber nenne ich dich Raica, als dich zu verlieren!"
Wieder küsste er sie stürmisch und hielt sie fest.
Sie seufzte glücklich und er hob sie hoch, um sie in die Hütte zu tragen. Bevor sie eintraten, blieb er stehen und betrachtete die Hütte eingehend.
„Was ist los, Eirik?", fragte sie ihn.
Er zuckte mit den Schultern.
„Die Hütte ist doch sehr klein."
Sie runzelte die Stirn.
„Sie reicht uns doch! Ich habe mich bisher nicht beschwert. Ich mag sie!"
Er grinste leicht.
„Sie wird bald zu klein sein, glaube mir! Ich habe vor, dafür zu sorgen!"
Wie er erwartet hatte, errötete sie und steckte ihre Nase in seinen Umhang, damit er es nicht sah.
Langsam ging er mit ihr in den Armen in die Hütte und legte sie auf das Lager.
Er schmiss den Umhang in eine Ecke und legte sich zu ihr. Sie schnaubte leise, aber er hatte ihr etwas zu sagen und keine Zeit, seine Sachen nun ordentlich auf zu hängen. Auch wenn sie das jetzt störte!
„Hör mir zu, Weib. Fang nicht wieder an zu schimpfen. Ich will etwas mit dir besprechen."
Sie kicherte leise.
„Was willst du denn mit mir besprechen? Das, was du auch heute Morgen mit mir besprochen hast? Und heute Mittag? Oder die Nacht davor?"
Er grinste leicht, wurde dann aber ernst.
„Nein, Flora. Auch wenn ich das am liebsten immer wieder mit dir bereden würde, geht es mir um etwas anderes. Ich habe mir etwas überlegt."
Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und streichelte seinen Bauch. Leicht klopfte er ihr auf die Finger.
„Bleib ernst, Weib und versuche mich nicht."
Sie kicherte leicht und versuchte ein ernstes Gesicht zu machen. Es gelang ihr nicht. Eirik seufzte. Wo war die Frau geblieben, die ihn immer so unterwürfig angeschaut hatte?
„Es könnte sein, dass du schon ein Kind von mir erwartest, Flora!"
Sie riss die Augen erschrocken auf. Jetzt konnte er nicht anders. Er küsste sie leicht auf den Mund und grinste sie an. Sein unschuldiges Mädchen errötete doch tatsächlich bei dem Gedanken, was es für Folgen haben könnte, wenn er sie immer wieder liebte.
„Es braucht dir nicht peinlich sein, Mädchen. Es kann passieren, wenn man..."
Sie legte ihm eine Hand auf den Mund.
„Eirik! Bitte. Ich weiß es. Doch ganz ehrlich kann ich es mir nicht vorstellen Mutter zu sein. Das war nie...als Sklavin....ich meine..."
Nun war er es, der ihr einen Finger auf den Mund legte.
„Du bist keine Sklavin mehr. Irgendwie werde ich das noch regeln! Wie oft soll ich es dir noch sagen? Du bist meine Frau! Und du wirst meine Söhne und Töchter bekommen! Aber das wollte ich gar nicht sagen! Ich habe mir etwas anderes überlegt. Ich werde den Sommer über hier bleiben!"
Sie runzelte die Stirn.
„Aber du gehst doch auf Raubzug oder Handelsreise!"
Er nickte.
„Das stimmt. Aber wie ich schon erwähnte, ist die Hütte zu klein. Ich werde sie erweitern für dich und die Kinder!"
Sie stützte sich auf.
„Du willst darauf verzichten? Für mich?"
Er zuckte beiläufig mit den Schultern.
„Ist es nicht das, was ein guter Mann tut?"
Sie küsste ihn liebevoll auf den Mund.
„Das weiß ich nicht. Aber es ist das, was du tun würdest. Ich kenne dich so langsam. Du bist eigenwillig, stur aber ein sehr guter Mann! Ist es aber nicht so, dass du arm bist, wenn du nicht auf Raubzug gehst?"
Er lachte lauthals los, dann küsste er sie sanft.
„Mach dir keine Sorgen, Flora. Wir nagen nicht am Hungertuch, wenn ich nicht gehe. Ich werde dich ernähren können, auch wenn ich einige Jahre meine Schatullen nicht auffüllen würde."
Sie starrte ihn entsetzt an.
„Ist das wahr? Du bist reich?"
Er runzelte leicht die Stirn.
„Hat man dir das nicht gesagt? Das war doch einer der Gründe, warum der Sachse seine Tochter verschachern wollte!"
Sie schluckte hart.
„Nein! Niemand hat mir etwas davon erzählt. Ich habe zwar davon gehört, aber als ich dich und deine Hütte gesehen habe, hatte ich daran Zweifel. Und ich nahm an...nun ja...deine Hütte ist klein und du stellst deinen Reichtum nicht zur Schau. Ich nahm an, dass du alles deinem Vater gibst!"
Nun lachte er aus vollem Hals, dann küsste er sie leidenschaftlich.
„Meine kleine Flora. Natürlich gebe ich meinem Vater einen Teil meiner Beute. Aber es bleibt immer noch genug für mich übrig. Warum sollte ich meinen Reichtum zur Schau stellen? Kannst du dir mich vorstellen, als einen Mann der in Seide herumläuft?"
Er konnte ihrem Gesicht ansehen, dass sie es sich wirklich vorstellte. Nach einer Weile konnte sie nicht anders. Sie lachte los.
Als sie sein beleidigtes Gesicht sah, küsste sie seine Wange.
„Nein, mein Gatte. Nie wirst du in Seide herum laufen. Bleib bei deinem Leder. Ich mag das so lieber!"
„Es ist so, wie du es gesagt hast, Woden! Ich bin erstaunt, dass so gut wie keine Krieger hier sind um das Gut zu bewachen. Nicht einmal der Jarl ist da!"
Woden nickte, aber innerlich schnaubte er. Was glaubte Garlef mit wem er es zu tun hatte? Mit einem dummen Than, der nichts auf die Reihe brachte und ihm irgendwelche Geschichten erzählte, um sich wichtig zu machen?
Er hatte den Plan komplett ausgearbeitet. Garlef hatte nichts getan, außer über die Sklavin zu schimpfen.
Aber das war auch gut so. Garlef war nicht der hellste Kopf, auch wenn er seine Eingebungen hatte.
Der Plan, den er hatte, war einfach.
In der Nacht würden sie erst die Wachen ausschalten und dann sollte eine zweite Gruppe Männer die Boote zerstören.
Es passte Woden zwar nicht, dass Tjelvar wohl schon davon gesegelt war, aber das war nun nebensächlich. Er wusste, dass Tjelvar lange fortblieb, wenn er einmal fort segelte.
Sobald die Boote zerstört waren, würden sie das Gut angreifen und keiner würde entkommen. Und dann würde er endlich seine Rache bekommen. Eirik würden sie dem Sachsenkönig überstellen, damit er über ihn richten konnte. Und sie würden es so hin bekommen, dass er in einem Gefängnis schmoren musste.
Garlef robbte leise zurück.
„Dann heute Nacht!"
Woden nickte.
„Ja, heute Nacht werden wir anfangen die Linie von Egil auslöschen. Nur um eines bitte ich dich! Lass die Sklavin am Leben. Ich möchte sie mit zu mir nehmen!"
Garlef runzelte die Stirn.
„Die Verräterin?"
Woden nickte.
„Die Verräterin! Ich werde sie lehren, dass sie ihr Volk nicht zu verraten hat!"
Garlef zuckte etwas zusammen.
„Sie ist keine von uns! Mein Vater hat sie von seinen Reisen mitgebracht. Offenbar stammt sie von den Normannen ab. Der Sklavenhändler meinte sogar, sie würde auch von einer Fürstenfamilie abstammen! Ich denke aber, das hatte er nur gesagt, um mehr Gold für sie zu bekommen."
Woden lachte.
„Es ist mir egal. Und wenn sie von einem König abstammen würde. Sie muss bestraft werden!"
Garlef lachte.
„Oh ja, das würde selbst mir Spaß machen! Aber was tust du, wenn sie von dem Wikinger schon ein Kind trägt?"
Woden lachte leise.
„Was habe ich mit den anderen Bastarden getan? Denkst du, ich würde mit einem Kind von Eirik anders verfahren?"
Garlef schüttelte lachend den Kopf.
„Nein, du würdest es wahrscheinlich noch vor ihren Augen entsorgen und dich an ihrem Leid laben!"
Woden nickte.
„Das hat nicht nur sie verdient, sondern auch er. Und sie wird sich nicht so leicht vom Leben verabschieden können! Ich werde sie notfalls fesseln und bewachen lassen. Aber sie wird sich nicht umbringen, so wie es meine Schwester es getan hat!"
Garlef starrte ihn an.
„Du willst sie wirklich am Leben erhalten und du hoffst auch darauf, dass sie schwanger ist!"
Woden nickte.
„Oh ja! Dann wäre meine Rache perfekt! Besonders, wenn ich Eirik immer wieder sagen könnte, wie ich seine Frau quäle und er erfährt, dass sein Kind ersoffen ist!"
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