Negative Kritik
Aus gegebenem Anlass wenden wir uns heute einem weniger technischen Thema zu, das aber irgendwann jeden Schriftsteller betrifft: negative Kritik. Ich hatte zwar gehofft, dass es mich erst trifft, wenn ich zumindest eines meiner Werke veröffentlicht habe, aber jetzt ist es tatsächlich schon vorher passiert.
Vor Kurzem habe ich im Rahmen eines Awards, bei dem ich meine Geschichten angemeldet hatte, eine solche negative Bewertung bekommen. Deutlich gesagt, es war ein Verriss. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, weil das genau das ist, was man nicht tun sollte. Nur soviel: Der Kritiker (man möge mir verzeihen, dass ich der Einfachheit halber nur die männliche Form verwende) hat kaum ein gutes Haar an der bewerteten Geschichte gelassen. Nun sind die Rückmeldungen, die man hier auf Wattpad bekommt, ja glücklicherweise fast immer positiv bis begeistert. Aber spätestens wenn unser Werk einen gewissen Erfolg hat (womit wir ja insgeheim alle rechnen) kommt früher oder später der Tag, wo es jemand so richtig scheiße findet. Und ich meine so richtig.
Deshalb wollen wir uns an dieser Stelle mal die drei möglichen Formen negativer Kritik ansehen (die oft alle drei in einer Bewertung auftauchen).
Berechtigte Kritik:
Man sollte denken, dass berechtigte Kritik einen nicht so sehr trifft.
Vielleicht kennt ihr das Gefühl, wenn ihr eine Geschichte geschrieben habt und ihr euch denkt, Die Dialoge bei der sind echt scheiße geworden. Ging mir jedenfalls schon manchmal so. Dann kommt ein Bewerter oder eine Rezensentin oder wer auch immer und schreibt: Bei dieser Geschichte sind die Dialoge ziemlich verunglückt.
Und damit hat sie Recht. Und ihr wisst das. Also warum sollte man darüber enttäuscht sein? Ganz einfach. Weil ihr insgeheim gehofft habt, dass die Dialoge doch nicht so schlecht sind, wie ihr dachtet. Weil ihr dachtet, dass das vielleicht eine dieser Anekdoten ist, wo der Autor denkt, seine Geschichte ist der letzte Schrott, dann aber von jemandem überzeugt wird, sie doch zu veröffentlichen und sich herausstellt, es ist pures Gold und ihr gewinnt den Literaturnobelpreis. Und jetzt ist sie doch nur Blech. Scheiße. Das Gute ist, das einzige, was ihr jetzt tun könnt, ist, euch hinzusetzen und eure Dialoge zu überarbeiten. Wir kommen gleich darauf zurück, warum das was Gutes ist.
Unberechtigte Kritik:
Unberechtigte Kritik ist richtig tückisch. Nehmen wir an, ihr seid Professor für interplanetare Geologie und habt eine Science-Fiction-Geschichte geschrieben, in der erwähnt wird, dass der rote Sand auf dem Mars Eisenoxid ist. Dann lest ihr eine Rezension, in der der Renzensent erwähnt, dass er eine GFS über den Mars gehalten hat und dass es gar nicht stimmt, dass der rote Sand Eisenoxid ist und dass der Autor mal lieber ein bisschen besser recherchieren sollte. Ist natürlich totaler Blödsinn. Ihr wisst es besser als dieses arrogante kleine Sackgesicht und das wollt ihr ihm auch sagen. Es juckt euch in den Fingern. In eurem Kopf schreibt ihr hundert Erwiderungen und je länger ihr das macht, desto aggressiver werden sie.
Sie aufzuschreiben hilft. Aber bitte mit Stift auf Papier. Das macht es nämlich leichter, dem Drang zu widerstehen, sie zu veröffentlichen. Denn was immer ihr tut, niemals, niemals, niemals eine Erwiderung veröffentlichen. Niemals. Wirklich. Denn erstens werdet ihr ihn sowieso nicht überzeugen und zweitens hält euch jeder potentielle Leser, der eure Antwort darauf liest, für ein kleinliches Arschloch das nicht mit Kritik umgehen kann.
Kritik bei der ihr nicht wisst, ob sie berechtigt ist oder nicht:
Das ist wahrscheinlich die tückischste Form der Kritik. Denn die meisten Schriftsteller leiden (so wie ich) zumindest periodisch am Hochstapler-Syndrom. Ihr denkt euch, was mache ich hier eigentlich, ich bin doch sowieso nicht gut genug, meine Geschichten sind alle scheiße.
Und dann kommt jemand und sagt sowas wie: Die Geschichte hat keinerlei Spannungsbogen. Und ihr denkt euch: Spannungsbogen? Was? Echt nicht? Aber eigentlich habe ich mich doch genau an der Freytag'schen Pyramide orientiert. Oder doch nicht?
Und damit herzlich willkommen im Teufelskreis. Diese Sachen können Euch Tage und Wochen beschäftigen. Und wenn es ganz dumm läuft, versucht ihr etwas zu reparieren, was nie kaputt war, einfach weil vielleicht der Rezensent falsch lag, oder keine Ahnung hat, oder sich einfach nur wichtig machen wollte, indem er mit Fachbegriffen um sich wirft, von denen die meisten Leser gar nicht wissen, was sie bedeuten.
Deshalb ist berechtigte Kritik besser, obwohl sie mehr weh tut. Ihr wisst, dass das, was ihr repariert, vorher kaputt war. Im anderen Fall wisst ihr es eben nicht. Wenn ihr in diese Verlegenheit kommt, wendet euch an jemanden, der die Sache beurteilen kann und dem ihr vertraut. Ein Lektor, ein Verwandter der Germanistik studiert hat, oder Freunde hier auf Wattpad. Und wenn die euch sagen, dass euer Spannungsbogen völlig in Ordnung ist, dann vertraut ihnen und hakt die Sache ab. Auch Kritiker wissen nicht alles, selbst wenn sie das Wort Spannungsbogen kennen.
Wenn ihr also eine solche negative Kritik erhaltet, widersteht auf jeden Fall dem Drang, sofort darauf zu reagieren. Lest sie euch durch und dann lasst sie zwei oder drei Wochen liegen. Das sollte reichen, um die schlimmsten Emotionen und biblisch angehauchten Rachefantasien verdaut zu haben. Dann lest sie euch nochmal durch. Versucht festzustellen, wo der Kritiker Recht hat. Und dann versucht, diese Schwachstellen auszubügeln. Und ignoriert um Gottes Willen den Rest. Vergesst, dass ihr ihn je gelesen habt. Eine Geschichte kann nicht jedem gefallen. Und leider fühlen sich manchmal Leute berufen, eine Geschichte zu bewerten, die sie nie hätten lesen sollen.
Habt ihr auch schon solche Kritiken bekommen? Wie habt ihr darauf reagiert? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.
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