Schicksal
Im Englischen gibt es zwei schöne Worte für Dinge, welche in unserem Leben geschehen und auf welche wir kaum Einfluss haben: Serendipity und Destiny. Ich glaube nicht an willentliche Fügung, an keinen vorbestimmten Weg und auch nicht an Bestimmung. Ich glaube aber sehr wohl an Kräfte der Natur, welche uns zu jenem oder dem anderen Weg leiten können. Dies weniger aus einer wohlwollenden Absicht als viel mehr aus einem spontanen Zusammentreffen beteiligter Energien heraus.
Somit kann ich nicht alles, was in meinem Leben geschieht, beeinflussen. Ich kann versuchen, meinen Willen auf meinem Weg einzubringen und ihn zu steuern. Mal gelingt es mir besser, mal weniger gut. Dennoch komme ich zwangsläufig immer wieder an einen Punkt, wo ich mich frage, wie es soweit kommen konnte und ich keine mir vernünftig erscheinende Lösung finden kann. Liegt dieser Punkt in meiner Gefühlswelt auf der positiven Seite, dann nenne ich die Geschehnisse eine "glückliche Fügung", im anderen Fall wohl eher "Schicksal".
Wenn ich nun mit diesen beiden Begriffen im Kopf auf meinen bisherigen Lebenslauf zurückblicke, dann erkenne ich viele Momente, wo ich lächelnd an meiner Seite stehe und mir zuflüstern möchte: "Junge, nimm den anderen Weg. Du entscheidest falsch." Die Erfahrung, welche ich heute habe, hätte mich wohl einige Male anders entscheiden lassen, hätte ich sie damals schon gehabt. Nur hätte ich die Erfahrung niemals machen können, wenn ich damals anders entschieden hätte. Kreis geschlossen, Hamsterkäfig. Was war zuerst, das Huhn oder das Ei?
Damit die Köpfe der Menschen ob solcher Gedanken nicht meschugge wurden, haben findige Menschen Religionen, Götter, Geister oder Naturkräfte beschrieben oder gar erfunden, welche ihnen die unerklärlichen Dinge erklärten. Tiere haben keine Religion. Und dennoch gehen Elefanten zum Sterben an eine bestimmten Stelle, den Elefantenfriedhof und finden Lachse an ihren Geburtsort zurück. Wenn man nun aber die menschlichen, religiösen Gedanken von solchen Beobachtungen aus dem Tierreich löst, dann erkennt man die vielen Elefantenknochen an Orten, wo weiche Nahrung wächst und die Lachse im sauberen Süsswasser, wo ihr Laich aufwachsen kann. Nichts mit Mythos, kein Wille – aber sehr wohl glückliche Fügung und ein perfektes Zusammenspiel der Kräfte der Natur.
Wir Menschen neigen dazu, alles entscheiden zu wollen. Und was wir nicht entscheiden können, legen wir einem menschähnlichen Wesen in die Hände, damit wir diesem danach, im Falle von Serendipity, danken können oder im Falle von Destiny mit ihm hadern mögen. Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, wie wir dieses Wesen nennen, das ist regional geografisch und historisch unterschiedlich. Wir entbinden uns damit jeglicher Rechenschaft über unsere Handlungen, was in meinen Augen nicht richtig ist.
Vielmehr sollte ich doch dankbar meine Möglichkeit zu entscheiden annehmen, ganz im Wissen, dass sie nicht vollkommen ist, und dennoch immer versuchen, den für mich richtigen Weg zu finden. Jeder Mensch ist einzigartig. Es ist nur logisch, dass bei meinen Entscheidungen nicht immer alle anderen Menschen damit einverstanden sind. Wenn aber dank meiner Entscheidung andere Menschen auf einen schöneren, für sie passenderen oder glücklicheren Weg finden, dann hat ganz sicher Serendipitiy meine Entscheidung beeinflusst. Und dafür bin ich dankbar.
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