Liebe ist...
Über die Liebe wurden schon so viele Texte geschrieben - hier ist einer mehr davon.
Ich schreibe heute nicht über die Liebe, sondern über die Konjunktion, welche nach der Liebe folgt. Also geht es hier um das "warum" oder um das "weil", vielleicht sogar um das "obwohl".
Im Klartext: Ich liebe dich nicht, weil du so schöne lange Haare hast. Denn die könntest du dir ja irgendwann abschneiden lassen – und dann müsste ich konsequenterweise die Liebe zu dir aufgeben.
Ich liebe dich auch nicht, weil du so schöne Augen hast, weil du eine so tolle Figur hast, weil du so hübsch bist, weil du so nett bist oder weil du so reich bist. All das sind Attribute, welche vergänglich sind. Jedes Mal müsste ich dann meine Liebe zu dir, wenn ich konsequent sein will, aufgeben. Und das will ich nicht, weil ich dich liebe. Also muss ich die Liebe anders definieren.
Das bringt mich nun zu "Ich liebe dich, obwohl..." Du hast Kinder, die manchmal veilleicht nerven können. Ich liebe dich trotzdem. Du hast einen Hund. Ich hasse Hunde. Ich liebe dich trotzdem. Ausser ab und zu mal einer Zigarre nach einem sehr guten Essen verabscheue ich eigentlich die Raucherei. Du rauchst. So what? – Ich liebe dich trotzdem. Du hörst gerne Schlager, einen Musikstil, den ich nicht so mag. Ich liebe dich trotzdem. Solche Dinge, sind hier gemeint.
Ich denke, wir müssten uns viel mehr darauf konzentrieren, was uns an einem möglichen Partner NICHT stört, obwohl es durchaus stören könnte, als auf das, was wir uns von einem Partner erhoffen. Hoffnungen oder Erwartungen können enttäuscht werden. Ausser Gefecht gesetzte Hindernisse werden niemals enttäuscht – sie sind immer ein Sieg. Wenn ich meine Frage nach der Liebe auf das "obwohl" abstütze, dann bin ich automatisch offen für Veränderungen, geneigt kleine Vergehen zu verzeihen und die Liebe deswegen nicht aufzugeben. Wenn ich jedoch meine Liebe auf das "weil" abstütze, dann ist sie nicht mehr erfüllt, sobald die Bedingungen nicht mehr erfüllt sind. Das bedeutet, jede Veränderung führt automatisch zu einer Überprüfung meiner Liebe. Das kann auf die Dauer ganz schön anstrengend sein.
Wenn ich also eine Partnerin liebe, obwohl sie einen Hund hat, und die Partnerin weiss das, dann wird sie meine Zuneigung umso mehr zu schätzen wissen. Und sollte der Hund dann sogar mein Freund werden, oder schlimmstenfalls irgendwann sterben, dann wir die Beziehung umso stärker. Eine Beziehung, die auf "obwohl" aufbaut, ist auf jeden Fall um ein Vielfaches stärker als eine Beziehung, welche auf Erwartungshaltungen (= weil) aufbaut.
Somit müsste es eigentlich ein Schulfach geben, welches den Jugendlichen ihre Erwartungshaltungen löscht. Die Jugendlichen müssten sich viel mehr mit sich selbst auseinandersetzen, sich überlegen, welche denn ihre Haltung ist und was sie in ihren Wertvorstellungen stören könnte. Wenn sie das formulieren können, dann haben sie eine konkrete Vorstellung davon, wie sie gerne leben würden. Wenn sie dann jemanden in ihrem Leben akzeptieren, OBWOHL er (oder sie) nicht ihren Vorstellungen entspricht, dann haben sie die wahre Liebe gefunden.
Also, meine liebe Freundin. Ich liebe dich, obwohl du bereits Kinder hast, obwohl du rauchst, obwohl du nie Zeit hast und obwohl du einen Hund hast. Ich liebe dich – da gibt es nicht mehr zu sagen.
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