Kapitel 9

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Fröhlich singend fegte Schneewittchen das Häuschen der Zwerge blitzblank. Sie hatte das Geschirr und Besteck vom Frühstück schon abgewaschen und auch heißes Wasser aufgesetzt, um die Wäsche der lieben Kleinen zu säubern. Heute war so ein schöner, sonniger Tag, da sollte die Kleidung rasch trocken werden. 

Staub, feinen Sand und einige Frühstücksreste fegte Schneewittchen hurtig nach draußen. Es würden sicherlich gleich einige Vögel aus dem umliegenden Wald kommen und die Krumen aufpicken. Sie lauschte und stellte ein wenig überrascht fest, dass alles still blieb. Sie konnte kein Zwitschern und auch keinen morgendlichen Vogelgesang hören. Das war sonderbar. Aber sie zuckte nur mit den Schultern. Vielleicht streunte ein Fuchs umher, sodass die lieben Vögel in sichere Verstecke geflüchtet waren. Sie trat zurück in die Hütte, schloss die Tür und legte den Riegel vor, wie es die Zwerge angewiesen hatten. Zweimal hatte die böse Königin sie mit Niedertracht zu töten versucht. Schneewittchen schüttelte sich vor Grauen. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, was sie Falsches getan hatte, dass sie ihr so übel gesonnen war. Aber sie hatte den Zwergen versprechen müssen, überhaupt niemanden mehr hineinzulassen. 

„Ach, ich sollte nicht so vertrauensselig sein", seufzte sie. Doch als sie in die hintere Waschkammer ging, vergaß sie rasch die vergangenen Geschehnisse. Sie trug kein Mieder mehr, das zu eng geschnürt werden konnte. Und da sie einen Riegel vor der Tür hatte, konnte auch niemand hereinkommen, um ihr einen giftigen Kamm in die Haare zu stecken. So würde nichts mehr passieren. 

Schneewittchen gab heißes Wasser in den Bottich und gab die Kleider hinein. Auch unter dem Berg gab es allerlei Erde und Schmutz, der sich fest mit dem Stoff verband. So musste sie alles etwas einwirken lassen, ehe sie es auf dem Waschbrett sauber schrubben konnte. 

Während sie so wartete, klopfte es. Erst erschrak das hübsche Mädchen. Wer kam denn hierher? Sie lebte so abgeschieden, dass sich kaum jemand an dem Häuschen einfand. Umso rascher verging der Schreck und wich einer wachsenden Neugier. Wer besuchte sie? Sie musste es einfach herausfinden. Nun hatte sie aber den Zwergen versprochen, die Tür für niemanden zu öffnen. Also ging sie ans Fenster und rief hinaus: „Ich darf die Tür nicht öffnen." 

„Mir auch recht", antwortete die Frau, die draußen stand. Es war eine alte Bauersfrau, und sie trug einen Korb voller Früchte. Ihre Haare waren schon grau, die Haut ganz runzlig. „Meine Äpfel will ich schon loswerden. Da, einen will ich dir schenken." 

Schon hielt sie einen Apfel ans Fenster. Auch die Hände der Frau sahen alt und runzlig aus. Von so einer alten Frau konnte doch unmöglich eine Gefahr drohen. 

Schneewittchens Herz schlug schneller. O was sah der Apfel lecker aus. Und er war ein Geschenk. Ein Geschenk durfte man nicht ablehnen. Die alte Frau hatte sicherlich einen weiten Weg hinter sich. Da wäre es unhöflich, den Apfel nicht zu probieren. Wenn er gut war, dann könnten die Zwerge öfter von der Bauersfrau Obst und Gemüse bestellen. 

Vorsichtig öffnete sie das Fenster. Nun keimte aber doch Unsicherheit in ihr hoch. Sie erinnerte sich an die wunderschöne Spange, die die Krämersfrau vergiftet hatte und in ihr Haar gesteckt. Zitternd verschränkte sie die Finger. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, von einer Fremden etwas anzunehmen. Es ging hier ja schließlich um ihr Leben. 

„Nein", sprach sie schließlich und ihre Stimme klang traurig, „ich darf nichts annehmen." 

„Fürchtest du dich vor Gift?" Die Bauersfrau schüttelte den Kopf. „Sieh, ich schneide den Apfel in zwei Teile. Die schöne, rotbackige Hälfte gebe ich dir, die weiße nehme ich." 

Noch während die Frau die Hälfte zum Fenster hinstreckte, biss sie selbst von ihrer Hälfte ab und kaute genüsslich. Da war Schneewittchen überzeugt. Wie könnte die alte Bauersfrau von dem Apfel essen, wenn er vergiftet wäre? Eifrig griff sie nach der rotbackigen Hälfte. Ihre Augen glitzerten vor Vorfreude, und sie nahm einen großen Bissen. Aber als das Apfelstück in ihrem Mund war, rutschte es unglücklich in ihren Hals hinab. Noch ehe sie richtig erkannte, dass sie keine Luft mehr bekam, wurde es schwarz um sie herum. 

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