Kapitel 15

Völlig am Ende mit den Nerven richtete sich Bess zum wiederholten Mal im Bett auf. Ihr war speiübel, und ungeheuere Kopfschmerzen breiteten sich in ihrem Kopf aus. Sie hatte kaum geschlafen, was auch das fahle hereinscheinende Mondlicht bestätigte.

Vorsichtig setzte sie einen Fuß auf den hölzernen Boden, noch immer trug sie ihre Alltagskleidung, denn sie fühlte sich zu schwach, um ihr Nachthemd anzuziehen.

Mit den Händen an der Wand abstützend, konnte sie so das Zimmer verlassen. Sie bemerkte, dass im Kamin ein Feuer brannte. Unweit davon entfernt lag Obito auf dem Sofa. Seine Augen waren geschlossen, weshalb Bess leise an ihm vorbei Richtung Bad schlich.

Etwas zu laut fiel das Schloss in der Tür zu und Bess verfluchte sich für einen kurzen Moment. Mehr blieb ihr jedoch nicht dazu, denn sie musste sich unweigerlich erbrechen. Sie zählte weder die Sekunden noch die Minuten, dennoch wusste sie, eine zeitlang neben der Kloschlüssel verbracht zu haben.

Als ihr Magen sich ein wenig beruhigt hatte, öffnete sie vorsichtig die Tür, in der Hoffnung, Obito nicht geweckt zu haben.

Sobald die Tür offen war, erstarrte sie für einen Augenblick, denn das Sofa, wo zuvor noch Obito schlief, war menschenleer.

Sie schluckte.

„Hier."
Eine tiefe Stimme zu ihrer rechten Seite ließ sie herumfahren. Wortlos überreichte Obito ihr ein Glas Wasser. Sie schaute es entsetzt an, denn sie wollte ganz sicher, nicht noch etwas zu sich nehmen, nachdem der Magen so rebellierte.

„Trink es. Es ist nur Wasser. Du wirst dich danach besser fühlen, glaub mir." Weder Missmut noch eine Verwerflichkeit lag in seinen Worten.

Schweigend nahm sie es an sich, trank es auf einen Schlag. Mit einem verlegenen Danke, stellte sie das leere Glas wieder zurück in die Küche.

„Bist du wieder krank?", fragte Obito unterdessen.
Dieses „Wieder" verlieh Bess Arme eine Gänsehaut. Ja, es war verdächtig, wenn sie erneut krank sein sollte.

„Sonnenstich. Ich war den ganzen Nachmittag in der Sonne und habe das Beet gemacht", log sie.

„Und Abends bist du dann über die Felder spaziert?", fragte er mit einem leicht bissigen Unterton. Bess wusste, dass er ihre Lüge durchschaut hatte.

„Und du? Wo warst du?", fragte sie stattdessen, wissentlich, er würde ihr auch nie die ganze Wahrheit sagen.

Obito zog eine Augenbraue hoch, wohl wissend, dass sie eine Möglichkeit suchte, dem Thema auszuweichen. Aber er selbst konnte schlecht zugeben, was er getan hatte, denn er wollte nicht den Verbrecher darstellen, den sein Ruf beschrieb.

„Ich war am Meer von Kirigakure, um ein paar alte Freunde zu treffen", sagte er. Obwohl Freunde nicht ganz stimmte, und Meer auch nicht. Denn nachdem er, Itachi und Kisame den Auftrag gab, für ihn in Konoha zu spionieren, machte er sich auf den Weg zum Treffen von den Schwertninjas.
Erst morgen würde er den Bericht von Itachi und Kisame bekommen. Er wollte wissen, was der Hokage derzeit für Pläne hatte.

„Schön, dann haben wir uns ja alles gesagt", bemerkte Bess spitz und wollte wieder in ihr Zimmer gehen, doch Obito hielt sie am Handgelenk fest. Dunkel wie die Finsternis draußen schauten seine Augen auf sie, als sähe er durch sie hindurch.

„Du hast gelogen." Drei Worte, mehr waren von Obito nicht nötig, um Bess völlig aus der Fassung zu bringen.

„Nicht mehr wie du", entgegnete sie scharf.
Wut stieg in ihr auf und unterdrückte für eine gewisse Zeit die Kopfschmerzen. Wieso stellte er sie als eine Lügnerin dar, wenn er selbst nicht ehrlich war.

„Lass mich los!", fügte sie hinzu, da er sie nicht los ließ.
Sein Blick war finster und kühl, dennoch lockerte er seinen Griff. Sofort ging Bess ins Schlafzimmer und sperrte die Tür von innen zu.

Sie legte sich ins Bett und konnte die Tränen kaum unterdrücken. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, Obito nicht von Mr. Beauchump oder ihren Ausflügen nach Konoha erzählt zu haben, doch sie konnte es nicht.

Am nächsten Tag fühlte sie sich erschöpft und leer, dennoch arbeitete sie die Rechnungen, die Tsunades Assistentin überbrachte, schnell und zügig durch.
Heute war mehr Trubel im Hokage Gebäude als normalerweise, denn heute stellte man neue Shinobi Teams zusammen. Bess bekam wenig oder besser gesagt, kaum etwas mit, denn das interessierte sie sichtlich wenig.
Der gestrige Streit mit Obito tat ihr immer noch weh. Ehe Bess aufgewacht war, hatte er auch schon das Haus verlassen. Heute hatten sie sich noch nicht gesehen.

Gerade wollte sie ein dickes Buch, das Tsunades Assistentin ihr fälschlicherweise zusammen mit den Rechnungen gegeben hatte, zurückbringen, da fiel es ihr aus Versehen aus der Hand.

Eine Seite schlug auf. Bess Augen blieben verdutzt an einem bestimmten Foto hängen. Sie erkannte eine jüngere Version von Kakashi, daneben ein braunhaariges Mädchen, das grinsend ein Peace-Zeichen zeigte. Zu deren linken, mit verschränkten Armen und einen beleidigenden Gesichtsausdruck stand ein schwarzhaariger Junge.

Obito! Völlig baff las sie die Namen der Teammitglieder. Kakashi, Rin, Obito mit Sensei Minato. Minato musste der blonde Mann im Hintergrund sein.

Auf einmal machte für Bess nichts mehr Sinn. Obito lebte einst hier in Konoha, kannte Kakashi und war ein Ninja. Was war passiert? Sie wusste, sie konnte ihn nicht fragen ohne eine Erklärung abzugeben.

Bess Blick fiel auf Rin, das war sie also. Der Arztkoffer, der ihr gehörte und den Bess berührte, kam ihr wieder in den Sinn. Obito war ganz außer sich. Weil er sie liebte? Bess betrachtete das Mädchen mit den braunen Augen genauer. Sie war wirklich sehr hübsch.

„Ich suche es, Tsunade. Wir finden es!" Shizunes Stimme ertönte hinter der Tür. Sofort sprang Bess auf, ehe die Assistentin hereinkam.

„Ah, hier ist es!", erleichtert nahm sie das Buch mit den Fotos an sich und verschwand.

Die nächsten Stunden verbrachte Bess mit viel Arbeit. Ehe es dunkel wurde, machte sie Feierabend und ging nach Hause. In Konoha schaute sie sich vorsichtig um, damit sie nicht noch einmal in Mr. Beauchumps Falle tappte.

Die Sonne stand noch hoch am Himmel, als sie die Türschwelle der Hütte betrat. Nichts wies daraufhin, dass bereits jemand hier war. Erst als sie ins Innere ging und ein verächtliches Schnauben wahrnahm, drehte sie sich um.

„Du arbeitest also in Konoha." Obito saß in der Eckbank und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Nennst du das, sich um das Beet kümmern?"

Früher oder später hätte er es erfahren, dachte sich Bess. Aber jetzt? Und so schnell? Hatte er Spione? Oder belauschte er sie selbst?

Sie unterdrückte die beschleichende Angst. Obito würde ihr nichts antun, sagte sie sich. Sein finsterer Gesichtsausdruck verängstigte sie dennoch.

„Hättest du mich dort arbeiten lassen, wenn ich dir die Wahrheit erzählt hätte?"

„Natürlich nicht!" Wieder schlug Obito auf den Tisch.

„Gut, dann habe ich keine Schuldgefühle dich belogen zu haben." Zornig funkelte Bess ihn an. „Ich bin nicht deine Sklavin und du hast mir nichts zu sagen."

„Solange du unter meinen Schutz stehst schon!", fauchte er und sprang von seinem Platz auf.

„Schön, dann steh ich von jetzt an nicht mehr unter deinen Schutz!" Sie ging fuchsteufelswild zur Tür.
„Ich habe es so satt von dir herumkommandiert und ausspioniert zu werden. Ich bin ein freier Mensch hörst du! Ein freier Mensch!" Mit diesen Worten trat sie aus der Tür und schlug sie fest hinter sich zu.

Tränen bannten sich bereits einen Weg über ihre Wangen. Sie wollte nicht mehr zurück in die Hütte. Erst war es ihr Clan, der sie um der Freiheit beraubte, dann Mr. Beauchump, danach Mr. Taggert und jetzt Obito. Hörte es denn nie auf?
Würde jeder sie wie eine Puppe, die man steuern und lenken kann, wie man wollte, behandeln?

„Bess, bleib hier!" Obito rannte ihr dicht auf den Versen nach. „Du kannst nicht weg! Es wird dunkel."

Er hatte sie eingeholt und versperrte ihr den Weg. Bess spürte, wie seine Hände ihre Hüften packten.
Gewiss wollte er das Teleportations Jutsu anwenden, damit sie wieder zurück in der Hütte oder sonst wohin gebracht wurde.

„Willst du mich wieder zu deinen abscheulichen Verbrecherfreunden bringen?", wimmerte sie.

„Nein, ich..."

Er kam nicht weiter, denn Bess hatte ihm ihr Knie in seine Weichteile geschlagen, sodass er sie kurzerhand losließ.
Sofort rannte sie ein Stück von ihm weg, stolperte jedoch über eine Wurzel und fiel blindlings darüber.

Als sie sich aufgerappelt hatte, stand Obito bereits wieder hinter ihr. „Sei vernünftig, Bess", versuchte er sie zu beruhigen. „Im Wald lauern viele Gefahren."

„Du hältst mich wohl wirklich für sehr schwach." Ihre Tränen waren erloschen. Außer Hass und Wut fühlte sie rein gar nichts mehr.
„Es wird Zeit, dass du mich fürchten lernst", sagte sie ohne es wirklich zu wollen. Die Worte kamen zwar aus ihrem Mund, aber sie hatte sie nicht sagen wollen.

Sie schaute in Obitos vernarbtes Gesicht. Ein Zucken wie ein Blitzeinschlag zog sich um ihre Augen.

Obito sah erstaunt wie sich ihre meerblauen Augen plötzlich in eine gräuliche Substanz verwandelten. Die schwarzen Pupillen tauchten sich in rötlicher Farbe und dann sah Obito das beeindruckendste, dass er je zu Gesicht bekam.

Die Blätter der nahestehenden Bäume wehte der Wind um Bess Körper herum wie einen Wirbelsturm. Teilweise konnte er sie vor lauter Blätter nicht mehr sehen und dann geschah es. Aus dem Blätterstaub flog kreischend ein Adler in die Lüfte und verschwand im dunklen Nachthimmel.

Entsetzt und völlig baff schaute Obito auf die Stelle, wo sich zuvor noch Bess befand. Hatte sie sich in einen Adler verwandelt?
Obito schüttelte den Kopf wie absurd, das klang?
Doch er wusste auch, dass es kein Gen Jutsu sein konnte, das hätte er durchschaut.

„Bess? Bess", rief er laut durch den dichten Wald, in der Hoffnung sie zu finden. Er
hatte sie in die Enge getrieben, dass wurde ihm schuldbewusst klar.

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