5. Kapitel


Um viertel nach fünf wecke ich Jason, damit er in Ruhe aufstehen und sich fertig machen kann, bevor er in seinen Montagmorgen startet. Er reibt sich die Augen und sieht sich um, dann mustert er mich kurz.

>Danke.< Der aufrichtige, eindringliche Blick seiner Augen lässt meinen Bauch flattern.

>Kein Problem, ich helfe gern.< Er lächelt schwach und schiebt die Decke weg, dann steht er auf.

>Machst du das hier?<

>Bin schon dabei<, versichere ich ihm und stehe auf, um das Wohnzimmer wieder in Schuss zu bringen. >Was willst du frühstücken?<

>Pfannkuchen, ich habe Lust auf was Süßes<, sagt er und streckt sich. >Reicht dir eine halbe Stunde?<

>Das passt perfekt, bis gleich.< Er nickt knapp und geht nach oben, während ich den Tisch wieder richtig hin stelle und die Decke zusammen lege, dann gehe ich ebenfalls nach oben. Die Kinder schlafen noch tief und fest in meinem Bett, darum hole ich mir frische Klamotten und gehe in das kleine Bad, welches an mein Zimmer angebaut ist und dusche mich, mache mich fertig.

---

Sobald ich fertig bin gehe ich wieder nach unten und kümmere mich um den Teig für die Pfannkuchen, die Jason bestellt hat. Er mag sie am liebsten ganz süß, darum mische ich immer ein wenig Zimt in den Teig, das ist gut für den Blutzuckerspiegel.

Bis Jason zu mir in die Küche kommt habe ich die Spülmaschine eingeschaltet, sein Kaffee ist fertig und die ersten Pfannkuchen können auch jeden Moment aus der Pfanne. >Guten Morgen<, wünsche ich ihm und decke den Tisch.

>Morgen. Sarah bleibt heute hier und arbeitet vom ihrem Büro aus.< Aus der Küche hole ich die ersten Pfannkuchen und gebe sie ihm auf den Teller. >Danke.<

>Du bist um sechs wieder hier, oder arbeitest du heute auch anders?<

>Ein Freund feiert heute Abend Geburtstag im kleinen Kreis, ich schlafe dort in einem Hotel und komme erst morgen Abend wieder.< Planänderungen gibt es immer wieder, das stört mich nicht. Nervig ist nur, dass ich jetzt so lange Sarah am Hals habe.

Als es vor etwa drei Jahren darum ging jemanden für die Kinder zu finden, war Sarah gegen eine Frau und Jason gegen einen Mann, was sie zu einem Kompromiss gezwungen hat. Sie haben beide Geschlechter zur Probe arbeiten lassen, bis sie sich einig waren, dass die Kinder eine Frau brauchen. Wahrscheinlich ist ihnen bei dem Gedanken einfach wohler gewesen.

Jedenfalls hat sich Jason nach dieser Einigung für mich entschieden und Sarah war dagegen, aber nach meiner Probezeit hier sind mir die Kinder um den Hals gefallen und ich habe ihr keinen Grund gegeben mich noch weniger zu mögen, als jede andere Frau. Wir kommen nur so lange miteinander aus, wie sie kaum zu Hause ist und ich einen großen Bogen um Jason mache, obwohl sie dazu jetzt nicht mehr sagen darf, aber das kann ich ihr nicht vorhalten. Das gäbe ziemlich böses Blut, wenn sie wüsste, dass ich von ihrem Skilehrer weiß.

>In Ordnung. Ich gehe später einkaufen, wenn Lisa in der Schule ist. Brauchst du irgendwas Bestimmtes?< Er schüttelt den Kopf und leert seinen Teller, dann nimmt er sich einen weiteren Pfannkuchen.

>Du könntest ein eigenes Restaurant auf machen<, schwärmt er und sieht sich zu mir um. >Du kannst mir doch was mitbringen. Ich brauche eine neue Krawatte, irgendwas Blaues. Kannst du mir eine besorgen?<

>Sollte nicht so schwer sein. Holst du sie immer noch in demselben Laden?< Er nickt, um nicht mit vollem Mund sprechen zu müssen. >Budget?< Er hebt die Schultern und trinkt einen Schluck von seinem Kaffee.

>Wie üblich. Kannst du mir die Übrigen einpacken? Ich muss gleich los.<

>Natürlich<, versichere ich ihm und er verschwindet in sein Büro. Ohne Eile lasse ich den letzten Pfannkuchen noch zu Ende backen und packe ihn mit den Anderen ein, dann fülle ich ihm noch etwas von seinem liebsten Sirup um und stelle es auf den Tisch, damit er es nur einpacken muss. Bevor ich nach oben gehe und auch Lisa aufwecke, wische ich den Herd ab und spüle die Pfanne.

>Vielen Danke, Natascha. Bis morgen<, verabschiedet er sich, ich habe die Hand zum Abschied, er packt das Essen ein und schon ist er weg. Die Pfanne stelle ich zum Trocknen in den Abtropfkorb und trockne meine Hände ab, dann gehe ich nach oben in mein Zimmer.

>Lisa?<, frage ich leise und berühre ihre Schulter. >Du musst dich für die Schule fertig machen.< Sie brummt etwas zustimmendes und steht gähnend auf, dann trottet sie ins Bad.

>Nana<, sagt Tommy leise und noch vollkommen verschlafen. Ich gehe zu ihm und setzte mich auf das Bett.

>Was ist?< Er sagt nichts, sondern kuschelt sich an mich und lächelt. Ich liebe dieses Kind. Er ist so einfach zum Lächeln zu bringen und so leicht glücklich zu machen, dass es schon fast zu schön ist, um wahr zu sein. >Willst du auch aufstehen? Ich muss Lisa in die Schule fahren, aber deine Mama ist heute hier, das heißt, du kannst auch noch im Bett bleiben oder zu ihr gehen.<

>Ich will schlafen.<

>Dann mach das<, sage ich leise und stehe auf. >Ich sage dir Bescheid, wenn ich Lisa in die Schule fahre und einkaufen gehe.< Er setzt sich auf und gähnt, dann sieht er mich an.

>Ich will mit.<

>Also doch aufstehen?< Er hebt seine Arme und ich gehe wieder zu ihm, um ihn hoch zu heben und ins Bad zu tragen.

---

Im Schnelldurchlauf werden Zähne geputzt, Klamotten gewechselt und die beiden bekommen ihre üblichen Frühstücksflocken, dann packe ich Lisa ihr Pausenbrot ein und sie verstaut es in ihrer Tasche. >Hast du deine Hausaufgaben dabei?< Sie nickt und geht in den Flur, um ihre Schuhe anzuziehen. Neben der Haustür hängt eine Tafel, auf der immer alle wichtigen Infos für die Woche stehen und auch ein Feld für temporäre Dinge gibt es. Auf diesem Feld schreibe ich Sarah eine kurze Nachricht, dass ich mit Tommy einkaufen fahre, sobald Lisa in der Schule ist. Lisa hat Tommy in dieser Zeit mit seinen Schuhen geholfen, deshalb können wir gleich los und steigen in mein Auto.

---

Heute scheint Tommy ein richtiger Prinz sein zu wollen, denn er weigert sich, in den Einkaufswagen gesetzt zu werden und will von mir getragen werden, aber immerhin ist er gut gelaunt und hilft mir, so gut er kann. Alles, was ich kaufen will inspiziert er und legt es dann in den Wagen, als würde er sich genau auskennen.

>Ein süßes Kind<, sagt plötzlich eine Frau neben mir und instinktiv drehe ich mich weg, sodass ich zwischen ihr und Tommy stehe.

>Danke<, ist alles, was ich sagen kann, so überrumpelt bin ich. Es ist äußerst selten, dass ich angesprochen werde und noch seltener geht es um Tommy oder Lisa, je nachdem, wer von ihnen dabei ist.

>Wie alt ist er, wenn ich fragen darf?<

>Vier. Entschuldigen Sie, aber wir müssen weiter.< Sie nickt freundlich und ich schiebe den Wagen weiter, um von ihr weg zu kommen. Auf dem Weg zur Kasse lade ich noch alles in den Wagen, was wir wirklich brauchen, dann stelle ich Tommy in den Wagen und er hilft mir dabei, alles auf das Band zu legen. An der Kasse bezahle ich mit der Karte, die mir Jason für Familieneinkäufe gegeben hat und hebe Tommy wieder hoch, dann gehen wir zum Auto. Tommy bleibt ruhig in seinem Sitz sitzen, während ich alles im Kofferraum unterbringe und den Wagen zurück stelle, dann fahren wir weiter zu dem Krawattengeschäft, in dem Jason seine Krawatten kauft.

>Ich grüße Sie. Was kann ich für Sie tun?<, will einer der Verkäufer wissen und ignoriert Tommy völlig, der sich neugierig umsieht und meine Hand hält.

>Ich brauche ein blaue Krawatte, schmal und aus Seide. Welche dunkeln Blautöne haben Sie denn zur Auswahl?<

>Darf ich nach der Preisklasse fragen?<

Mag sein, dass ich nicht aussehe, als hätte ich Massen an Geld, aber er wird mir doch seine Krawatten zeigen können.

>Mein Chef, Mr. Kleaveland, hat mich geschickt, um ihm eine Krawatte zu kaufen. Ich denke, das reicht aus und jetzt zeigen Sie mir doch bitte, was Sie haben<, bitte ich ihn und versuche möglichst freundlich zu klingen. Er öffnet den Mund, sagt aber nichts und wendet sich ab, um in den hinteren Teil des Ladens zu gehen, wo die hochwertigeren Krawatten auf uns warten.

---

Tommy hat Hunger, das lässt er mich wissen, noch bevor wir wieder zu Hause sind und ich verspreche ihm sofort zu kochen, sobald wir da sind. Ich parke im Hof und lasse ihn raus, dann verschwindet er schon im Wohnzimmer und lässt mich in Ruhe die Einkäufe verstauen, dann beginne ich zu kochen.

>Natascha?< Ich sehe mich nach Sarah um, sie aus dem Flur auf mich zu kommt.

>Ja?<

>Ich möchte dich bitten mit Tommy und Lisa einen Ausflug zu machen, wenn du sie später von der Schule holst. Ich bekomm um ein Uhr Besuch und hätte dann gerne das Haus für mich.<

>Natürlich.< Sie klingt noch höher gestochen als sonst und ich will wirklich nicht wissen, wer sie besuchen kommt. Passenderweise ist es schon nach zwölf, das heißt, sobald Tommy etwas gegessen hat, müssen wir schon wieder los.

>Schaffst du es, sie bis acht zu beschäftigen?<

>Nichts leichter als das.< Ich konzentriere mich wieder auf den Herd und versuche mir nicht auszumalen, was sie hier sieben Stunden lang treiben will. Seit Jason mir gestern davon erzählt hat, was in ihrem Urlaub passiert ist, denke ich die ganze Zeit darüber nach, ob es vielleicht nicht das erste Mal war.

Was, wenn sie das schon länger macht? Dann könnte sie diese sieben Stunden ziemlich gut nutzen.

Kopfschüttelnd wende ich mich an einen der Schränke und decke den Tisch, dann hole ich Tommy und wir essen gemeinsam. Ich sollte nicht so viel darüber nachdenken und Sarah somit wahrscheinlich schlechter machen, als sie ist.

>Isst Mama nicht mit?<

>Sie hat schon gegessen<, sage ich leise und rühre in meinem Teller herum.

Es ist nicht in Ordnung, was hier läuft, aber was soll ich machen? Jason zerbricht sich den Kopf darüber, was er falsch gemacht haben könnte und Sarah verhält sich, als wäre alles wie immer, obwohl sie schon etwas geheimnisvoller wirkt.

Tommy isst brav auf und protestiert auch nicht, als ich ihm erkläre, dass wir jetzt seine Schwester abholen und dann in den Zoo fahren. Tommy schläft im Auto ein, was er um diese Zeit nicht selten tut und er wacht auch nicht auf, als Lisa einsteigt und ich ihr erzähle, dass wir in den Zoo fahren. Wir waren schon ein paar Mal im Zoo und hatten immer Spaß zusammen, diesmal wird es sicher wieder so, auch wenn es nicht geplant war.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top