22. Kapitel
Irgendwie schaffen wir es, dass Tommy seine schlechte Laune nicht behält und er auf den Spielplatz geht. Er hat schnell einen Spielkameraden gefunden und wir setzten uns ein Stück abseits auf eine Bank.
>Ich habe keine Ahnung, was plötzlich los ist.< Fragend sehe ich zu ihm herüber, doch er hält den Blick auf den Spielplatz gerichtet. >Sie hat mir nicht gesagt, dass sie nach Paris fliegt und heute taucht sie einfach auf und will mit Lisa etwas unternehmen. Ich habe nichts daran auszusetzten, dass sie sich wieder für ihre Tochter interessiert, aber so?< Er reibt sich das Gesicht und schüttelt den Kopf. >Sie will mir nicht sagen, warum sie mit Lisa allein sein will und auch sonst hat sie nicht viel gesagt. Sie ist so völlig anders, als ich sie kenne.< Ich weiß nicht, was ich sagen soll, darum lege ich ihm eine Hand auf die Schulter und drücke sie.
>Leider kann ich dir da nicht helfen.< Er legt seine Hand kurz über meine, dann verschränkt er seine Hände miteinander und sieht zu Tommy.
>Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß einfach nicht was es ist. Vielleicht will sie sich scheiden lassen und Lisa mitnehmen. Aber dann verstehe ich nicht, warum sie nicht beide Kinder will. Oder keins von beiden. Ich will nicht sagen, dass sie die beiden nicht liebt, immerhin ist sie ihre Mutter, aber sie kennt sie nicht. Seit wir dich haben, tut sie fast gar nichts mehr mit ihnen. Ich glaube einfach nicht, dass sie die Kinder mitnehmen würde.<
Da hat er schon Recht.
Sobald ich fest angestellt war, hat Sarah ihre Kinder bei jeder Gelegenheit an mich weitergegeben und ist nur selten mit ihnen zu Freunden gefahren oder überhaupt raus gegangen. Sie hatte nie einen wirklich guten Draht zu ihren Kindern und deshalb versteh ich genau so wenig wie er, warum sie das plötzlich ändern will. >Wenn ich so zurück denke, warst du für die beiden in zwei Jahren mehr eine Mutter als Sarah in sieben.< Es wiederstrebt mir ihm zu zustimmen. Ich kenne Sarah noch nicht so lange, aber ich weiß, dass sie nicht immer so war. Jason hätte sie nicht geheiratet und schon gar nicht zwei Kinder mit ihr bekommen, wenn er sie für eine schlechte Mutter gehalten hätte.
>Früher war sie doch anders, oder?< Er hebt die Schultern.
>Natürlich. Wie jede Mutter, die ich kenne, hat sie Lisa nicht aus den Augen gelassen und immer behütet. Als sie mit etwa zwei angefangen hat zu sprechen, hat sich das verändert. Ich weiß nicht wieso. Bei Tommy war es ähnlich, aber du warst schon da, als Tommy seine ersten Sätze gesprochen hat. Ich erinnere mich noch, wie glücklich ich war<, sagt er und lächelt leicht. >Sarah dagegen hat sich vor ihnen zurückgezogen. Lisa hat versucht ihre Mutter wieder zu bekommen, indem sie ihr nachgeeifert hat. Sie wollte dieselbe Frisur, dieselben Kleider und sogar denselben Nagellack und manchmal hat Sarah sie auch wieder liebevoll behandelt, aber nicht oft und nie so wie du.<
>Wie ich?< Er nickt knapp und sieht zu mir, einen sanften Ausdruck im Gesicht.
>Vom ersten Tag an hast du die beiden so behandelt, wie ich es mir von Sarah gewünscht habe. Sie waren nicht einfach fremde Kinder, auf die du aufgepasst hast. Die beiden haben dich sofort akzeptier und du hast sie gehütet wie eine wirkliche Mutter. Früher habe ich mich immer gefragt, was so anders ist. Warum die beiden plötzlich so lebhaft waren, habe ich lange nicht verstanden, aber jetzt weiß ich es.< Mir geht das Herz auf, wenn er so von mir spricht. Mir war nie bewusst, wie sehr ich die Kinder verändert habe. Ich kenne sie nur so. Gut, am Anfang waren sie wirklich verschlossener, aber ich dachte immer, dass es einfach daran lag, dass ich neu war. Ich war ein Eindringling in ihrer Familie, zumindest war das meine Sicht. Laut Jason bin ich nicht länger als ein paar Momente ein unerwünschter Eindringling gewesen.
>Wie gesagt, die beiden haben mich einfach um den Finger gewickelt.<
>Ja, darin waren sie damals schon gut, heute sind sie Weltklasse. Du hast zwei wundervolle Menschen aus ihnen gemacht.< Verlegen sehe ich weg und schüttle dann den Kopf.
>Zum einen war ich das nicht allein und zum anderen kommt die Pubertät in ein paar Jahren. Sie wird meine harte Arbeit schon noch zunichte machen.< Er lacht und steht auf, reicht mir eine Hand.
>Dann lass uns die Zeit genießen, die wir mit den kleinen noch haben, bevor sie uns über den Kopf wachsen. Auch wenn ich überzeugt bin, dass wir noch ein wenig Zeit haben, bis es soweit ist.< Lächelnd nehme ich seine Hand und er zieht mich auf die Beine.
>Das nenne ich eine gute Einstellung<, stimme ich ihm zu und begleite ihn zum Spielplatz, um die Zeit hier mit ihm und Tommy zu genießen.
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