5.- Von Einfaltspinseln und Weiberhelden


V I C T O R I A

Samara wollte mir das Haar bürsten, aber ich weigerte mich strikt dagegen. Ich war vielleicht eine Prinzessin, doch das hieß noch lange nicht, dass ich unfähig war mich selbst zu versorgen, schließlich war ich kein Kleinkind mehr. Gott, wenn das weiter so ginge würde ich hier noch eingehen!

Gerade als ich beschlossen hatte eine Pause auf dem superbequem aussehendem Bett einzulegen, wurden an die Tür geklopft. Karma. Samara öffnete sie augenblicklich, tauschte einige Worte mit dem Boten aus und kam dann auf mich zu.

"Eure königliche Ho-"

"Victoria!", korrigierte ich sie leicht genervt.

"Victoria. Ihr Vater, der Herzog von Sommerhill, und der König wünschen eure Anwesenheit im kleinen Ratssaal." Sie sah mich entschuldigend an und begann dann längst aufgeräumte Gegenstände erneut aufzuräumen.

Mir entwich ein Stöhnen. "Wo ist dieser Ratssaal? Ich hoffe nicht wieder am anderen Ende des Schlosses. Wirklich, wenn ich nochmal so weit laufen muss kipp ich noch aus den Schuhen!"

Meine Zofe musste ein Grinsen unterdrücken. "Nein, Victoria. Der kleine Ratssaal ist im angrenzenden Flügel, wo sich übrigens alle Arbeitsräume, ausgenommen die des Königs natürlich, befinden. Eigentlich sind alle Räume, vom Kronsaal bis zur Küche, von hier aus schnell zu erreichen. Lediglich die Gemächer der Königsfamilie sind im Quergebäude, dem am weitesten entfernten Bereich des Schlosses, allerdings ist dieser auch am sichersten für den Fall eines Angriffes. Aber macht euch bloß keine Sorgen, die gab es schon seit Jahren nicht. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden drastisch erhöht, sodass es jetzt praktisch unmöglich ist dort einzudringen."

Okay, das waren definitiv zu viele Infos auf einmal, das würde ich mir niemals alles merken.

Als könnte Samara meine Gedanken lesen, fügte sie hastig hinzu: "Aber macht euch keine Sorgen darüber. Bis zur Hochzeit werdet ihr in diesem Flügel bleiben und seid ihr erstmal die Frau des Prinzen werdet ihr Bedienstete für alle Angelegenheit haben und euch nie um solche Belange kümmern müssen."

Na super, noch weniger Selbstständigkeit. Wahrscheinlich werde ich nach der Hochzeit sogar meinen persönlichen Arschabwischer haben. Ekelhaft.

Dabei wollte ich den Prinzen noch nicht einmal heiraten. Zum tausendsten Mal stellte ich mir die Frage, warum ich es war. Warum musste mir diese Ehre zuteil werden? Es gab da draußen unzählige Mädchen die töten würden um an meiner Stelle zu sein! Natürlich waren mir die Fakten und die Umstände die zu meiner Verlobung führten klar, ich war eine Prinzessin und unsere Familie und das Königshaus standen sich seit Generationen sehr nahe, aber es erschien mir dennoch so unglaublich unfair.

"Victoria, Victoria!", riss mich meine Zofe aus meinen Gedanken. "Ihr müsst jetzt los, sonst kommt ihr zu spät. Der König wartet!" Sie sah mich an als wäre dieser Umstand der Weltuntergang. War er für sie wahrscheinlich auch.

"Ich bin ja praktisch schon auf dem Weg." Mit einem Seufzen riss ich mich zusammen, brachte meine Haare schnell mit den Fingern in Ordnung und rauschte aus dem Zimmer.

Der kleine Ratsaal war tatsächlich nicht weit entfernt, sodass ich in wenigen Minuten dort angekommen war und von zwei Wachen in Erwartung genommen wurde.

"Mylady." Der Erste, ein großer bulliger Mann mit kaffeefarbener Haut, deutete eine Verbeugung an und sein Partner tat es ihm nach. "Der König und Kronprinz Zachariah warten bereits. Eurer Vater, Mylady, ist ebenfalls bei ihnen."

Bevor ich mich darüber wundern konnte, wurde die Flügeltür geöffnet und mir wurde ein Blick auf meinen Zukünftigen gewehrt. 

Er war groß, das fiel mir zuerst auf. Größer als Vater und sogar noch größer als mein Bruder Valentin, mit dunklem fast schwarzem Haar, das gerade so lang war, dass es sich hinter den Ohren lockte. Seine Augen hatten die Farbe von Karamell und er trug einen legeren Anzug, die Krawatte gelockert und generell sah er nicht gerade formell aus.

Ich dachte gerade darüber nach, dass er vielleicht doch nicht so schlimm war, als ich seinen Blick wahrnahm. Es war derselbe Blick mit denen die alten Säcke, die mein Vater oft zu uns einlud, den jungen Bediensteten hinter sahen. Es war keine Musterung mehr, sondern eher ein mentales Ausziehen und auch nicht bewundernd sondern von oben herab, voller Arroganz und Vorurteilen.

Bevor ich noch auf den Kronprinzen losging, setzte ich meine antrainierte Unschuld-Dummerchen-Miene auf. Sollte er doch von mir denken was er wollte.

Abartiger Weiberheld.


Z A C H A R Y 

Sie war hübsch, das musste ich mir eingestehen. Langes dunkles schokobraunes Haar, leuchtend blaue Augen und schöne Lippen. Aber was hatte ich anderes erwartet? Vater würde niemals unsere Gene zum Fenster hinauszuwerfen und das Risiko eingehen hässliche dumme Erben zu zeugen. 

Hässlich würden sie mit diesem Mädchen auf jeden Fall nicht werden.

Sie war vergleichsweise groß für eine Frau, mit Sicherheit hatte sie lange Beine. Schöne Brüste waren dank des hohen Ausschnittes leider nur zu erahnen und ich dachte gerade darüber nach, dass sie vielleicht doch nicht so schlimm war, als ich ihr dümmliches Lächeln wahrnahm. 

Ihre Augen waren riesig geworden und sie sah sich um als wäre sie im Paradies gelandet. Fehlanzeige, Kleine, das hier war alles andere als das Paradies.

Als ich ihr dann in die Augen sah, wusste ich, dass mein größter Albtraum wahr geworden war.

Sie war ein Einfaltspinsel.



Na, wie gefällt es euch? 

Hat zwar ein bisschen gedauert aber ich habe es geschafft ;-)

Hoffe ihr habt ein erholsamen Wochenende (vielleicht auch schon Ferien aber die fangen bei mir erst nächste Woche Mittwoch an) <3

Vergesst nicht zu voten und zu kommentieren.

x GwendolynAmerica

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