4.- Von Versprechen und Vorurteilen

V I C T O R I A

Ich mochte die Königin nicht.

So viel hatte ich in gefühlten Stunden des Ausquetschens herausgefunden. Sie war steif und hatte keinerlei Sinn für Humor. Ständig hatte ich ihren abwertenden Blick ertragen müssen und hatte mehrfach mit dem Gedanken gespielt ihr einfach zu sagen, sie solle die Klappe halten.

Aber als die gut erzogene Tochter, die ich bin, habe ich es natürlich nicht getan.

Jedenfalls stand ich nun in meinem neuen Zimmer, in dem ich in Zukunft wohl mehr Zeit verbringen würde als mir lieb war. 

Es war erstaunlich groß, aber weit entfernt von der Gemütlichkeit meines Zimmers Zuhause. (Ich weigere mich diesen Ort als Zuhause zu bezeichnen.) Die Wände waren in einem hellen Beige gestrichen und waren relativ hoch. Das riesige Himmelbett nahm beinahe ein Viertel des Raumes ein und auf der anderen Seite verdeckte ein Kleiderschrank die ganze Wand. Die anderen waren schmucklos, nur hier und da ein Regal mit Büchern oder ähnlichem.

Angegrenzt lag ein geräumiges Badezimmer und als ich mich gerade dazu entschieden hatte, mich in der Badewanne zu entspannen, klopfte es an meiner Tür.

"Verdammt! Nicht jetzt!" Argh, wieso ausgerechnet jetzt?!

Nicht gerade ladylike riss ich schnaufend die Tür auf und starrte in das erschrockene Gesicht einer Bediensteten.

"E-Entschuldigung, M-Mylady. Soll ich, ich weiß nicht, später wiederkommen?", piepste sie.

Augenblicklich bekam ich ein schlechtes Gewissen. Das Mädchen konnte nicht älter als fünfzehn sein und wurde wahrscheinlich sowieso schon die ganze Zeit von arroganten Lords belästigt. Und da kam ich daher und ließ meine schlechte Laune an ihr aus. Meine Manieren waren auch schon mal besser gewesen.

"Nein! Nein. Komm rein, ich hatte nur nicht mit, nun ja, Besuch gerechnet." Ich lächelte sie entschuldigend an und öffnete die Tür weiter, sodass sie eintreten konnte. 

Zögernd tat sie dies und sah sich um. "Der König schickt mich.", sagte sie leise und ich nutzte die Möglichkeit sie zu betrachten. Dunkelblondes Haar, recht klein und zierlich, braune Augen und allem in allem eher unauffällig. 

"Ach ja, hat er das?" Ich hatte natürlich damit gerechnet, aber ich wollte sie nicht in Verlegenheit bringen, also ließ ich sie sich erklären.

"Ja, seine Majestät meinte ich solle euch in allen Belangen zur Seite stehehen Mylady, Ich bin eure Hofdame, wisst ihr was das ist?"

Beinahe musste ich lachen. Nur weil ich nicht in der Hauptstadt aufgewachsen war, ging sie gleich davon aus, dass ich keine Ahnung hatte wie es hier abläuft. Doch ich unterdrückte es mir, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es sie nur noch mehr verunsichern würde. Ich nickte.

"Mein Name ist Samara, königliche Hoheit."

"Victoria.", korrigierte ich sie instinktiv.

"Wie bitte?", fragte sie verdattert und sah mich mit riesigen Hundeaugen an. Aww.

"Wir werden demnächst wohl viel Zeit miteinander verbringen, deshalb möchte ich, dass du mich Victoria nennst und nicht Prinzessin oder königliche Hoheit."

Samara sah nicht sonderlich überzeugt aus, nickte aber trotzdem instinktiv. Wahrscheinlich hielt sie mich jetzt wirklich endgültig für einen Dorftrottel ohne jeglichen Anstand. Egal. Wenn ich hier den Rest meines einsamen Lebens verbringen sollte, dann könnte ich wenigstens dafür sorgen, dass ich mich in meinem Zimmer nicht verstellen muss.

Z A C H A R Y

Der Herzog von Sommerhill war ein Mann um die fünfzig mit klaren blauen Augen und einer Halbglatze. Ich konnte nicht genau sagen, aber er war mir sofort sympathisch. 

Vielleicht lag es daran, dass er so ehrlich wirkte. Das war eine angenehme Abwechslung zu den ganzen Schleimern und Lügnern am Hof und ließ in mir die Hoffnung aufkeimen, dass meine Verlobte vielleicht kein einschichtiges Dummerchen war. 

"Richard, mein alter Freund, wie geht es dir?", grüßte mein Vater den Herzog, Richard, herzlich.

"Ach, der Rücken, der Rücken.", lachte er dröhnend und hier sich gespielt schmerzhaft besagtes Körperteil, zumindest glaubte ich, dass er es spielte. 

"Wir werden alle nicht jünger.", scherzte mein Vater mit mir beinahe unbekanntem Humor. Nein, wirklich, seit wann machte er Witze?

Der Herzog wand sich nun mir zu und lächelte wohlwollend. "Einen guten Jungen hast du da?"

Was antwortet man auf so etwas? Danke?

Eine Antwort wird mir erspart, da mein Vater für mich eintritt. "Ich kann mich nicht beklagen."

"Herzog.", meldete ich mich nun auch zu Wort, "Es ist mir eine Ehre sie kennen zu lernen. ich habe viel von ihnen gehört." Eigentlich kaum was und das auch erst heute.

"Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, königliche Hoheit." Er deutete eine Verbeugung an und wand sich dann meinem Vater zu.

"Soll ich Victoria rufen lassen?"

"Ja, ich denke das wäre eine gute Idee. Dann können die beiden sich vor der Hochzeit kennenlernen.", stimmte mein Vater zu.

Es wurde Zeit meine Verlobte zu treffen. Meine künftige Ehefrau. Die Mutter meiner Kinder. Meine Königin.

Gott, steh mir bei.

801 Wörter 

Wie gefällt euch das Kapitel?

Glaubt ihr die beiden werden sich verstehen, oder eher nicht?

Vergesst nicht zu voten und zu kommentieren <3

xGwendolynAmerica


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