11.- Von alter Freiheit und Druck

V I C T O R I A 

Nervös spielte ich an meinen Fingern herum und unterdrückte den Drang an meinen Nägeln zu kauen. Meine Gouvernante hatte mich immer getadelt, wenn sie mich als kleines Kind dabei erwischte und mir einen Klaps auf die Finger gegeben. Das gehört sich nicht, nicht für ein Bauernkind und erst recht nicht für eine junge Prinzessin wie euch. Mich hatten die Worte verwirrt, denn, obwohl ich als Tochter eines angesehenen Herzogs geboren war, verbrachte ich meine jüngste Kindheit so unbeschwert wie jedes Kind niederen Standes. Ich spielte wie sie mit Freunden im Dreck, jagte durch unsere Gärten und spielte den Angestellten nach Belieben Streiche.

Ich war sieben, als meine kindliche Freiheit erstmals eingeschränkt wurde. Es dauerte eine Weile bis ich herausfand warum ich auf einmal ich eine Gouvernante hatte, die nahezu immer an meiner Seite war, und von der doppelten Anzahl an Hauslehrern unterrichtet wurde. Der Grund waren Gerüchte, die die Runde machten. Gerüchte darüber, dass das Königspaar sich nach einer angemessenen Partie für den achtjährigen Prinzen umschaute.

Ich erinnere mich noch daran, dass eines Tages ein fremder Mann zu uns kam, den mein Vater beauftragt hatte mich zu malen. Das weiß ich noch, weil es das erste Mal war, dass ich gemalt wurde und ich eine Ewigkeit lang still sitzen musste, was für eine Siebenjährige nun wirklich alles andere als angenehm war. Kurz darauf musste mein Vater dann für ein paar Wochen verreisen, zum König, wie ich später erfuhr, um einen Vertrag, einen Heiratsvertrag, auszuhandeln.

Obwohl jeder versuchte es zu überspielen, merkte ich doch sehr deutlich die Veränderungen, die von dem Tag an herrschten, an dem Vater zurückkam. Jede Nacht standen nun Wachen vor meinem Zimmer, wenn ich eine Treppe hinabstieg war immer jemand bei mir und das Spielen in den Gärten ohne Aufsichtsperson wurde mir ausdrücklich untersagt. 

Ein Klopfen an meiner Zimmertür riss mich, und Samara, die gerade dabei war die Bänder an der Rückseite meines Kleides zu schnüren, aus den Gedanken. 

"Einen Moment, ich geh schnell nachsehen." Noch bevor Samara sich in Bewegung setzen konnte, wurde die Tür von einer energischen Hand geöffnet und veranlasste meine Zofe dazu empört zu schnauben. Jenes Schnauben versuchte sie schnell mit einem Husten zu kaschieren, als sie meinen Vater, den Herzog von Sommerhill, im Türrahmen ausmachte.

"Du siehst deiner Mutter immer ähnlicher." Mit einem ehrlichen Lächeln und ausgebreiteten Armen, kam Vater auf mich zu. Ich stieg von dem kleinen Podium hinunter, das Samara vorhin her gebracht hatte um Saum meines Kleides auszubessern, und ließ mich von ihm in eine kurze, aber feste, Umarmung ziehen, während meine Zofe sich unauffällig aus meinem Zimmer zurückzog. 

Als er mich losließ und ich ihn ansah, konnte ich Tränen in seinen Augen glänzen sehen. Da ich wusste, wie unwohl er sich fühlen würde, wenn er vor mir weinte, tat ich etwas was meine Mutter, die eine perfekte Lady gewesen war, nie getan hätte und ihn somit von seinen düsteren Gedanken ablenken würde: Ich stöhnte und verdrehte die Augen.

"Junge Dame. Muss ich dich daran erinnern, wo du hier bist?", ermahnte Vater mich prompt und mit Genugtuung stellte ich fest, dass die Tränen verschwunden waren und von zusammengezogenen Augenbrauen abgelöst wurden.

"Nein braucht ihr nicht, mein Herzog.", antwortete ich mit sarkastischem Unterton. "Meine Augen funktionieren ausgezeichnet und lasst mich sehen: Weit und breit niemand zu sehen der uns beobachtet und sich an meinem unerhörten Verhalten stören könnte." Über den säuerlichen Blick den mein Vater mir schenkte konnte ich nur kichern, was glücklicherweise seine krause Stirn glättete und ihn zu einem heiteren Gesichtsausdruck veranlasste. 

"Ich nehme alles zurück, Kind. Du wirst nicht deiner Mutter immer ähnlicher, sondern deinem unmöglichen Bruder."

"Fragt sich nur von wem wir das haben, nicht wahr?" 

Vater antwortete nicht, sondern schüttelte nur lachend den Kopf, bevor er mir bedeutete wieder auf das Podium zu steigen und dann seinen Platz hinter mir einnahm. Ich merkte wie er begann die Bänder weiter zu schnüren und war kurz davor ihn zu fragen woher er das konnte, doch besann mich rechtzeitig. Von Mutter natürlich. Ich hätte gerne eine Geschichte über sie gehört, allein schon um mich von meinen rasenden Gedanken abzulenken, doch ich befürchtete, dass eine wiedererwachte Erinnerung Vater nur traurig stimmen würde. 

Wir verbrachten die nächsten Minuten in einvernemlichem Schweigen, bis er mir von hinten die Hände auf die Hüfte legte um mich hochzuheben und auf dem Boden abzustellen. Ich stieß kurz erschrocken die Luft aus bevor ich meinen Vater dankbar anlächelte. Er strich mir eine braune Locke aus dem Gesicht und sah mir eindringlich in die Augen.  

"Ich will nur das Beste für dich, das weißt du doch, oder?" Ich nickte zögerlich, nicht wissend worauf er hinaus wollte. Er fuhr fort: "Nicht nur das Königspaar wollte damals die beste Partie für ihr Kind sicherstellen, sondern auch ich. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie viele adlige Männer mit Söhnen in deinem Alter ich abgewiesen habe, weil sie nicht gut genug für dich waren. Für meine kleine Prinzessin musste es der Beste sein, so wie ich es deiner Mutter vor Jahren versprochen habe. Also, Victoria, kannst du dich darauf verlassen, dass dein alter Vater die bestmöglichen Grundlagen für dich gelegt hat, ja?" Ein erneutes, leicht überrumpeltes, Nicken meinerseits. 

"Aber jetzt bist du dran. Jetzt liegt es an dir das Beste daraus zu machen und du musst heute damit anfangen. Wenn du nicht dein Leben lang dem Groll der Adligen entgegen stehen willst, musst du heute gute Miene zum bösen Spiel machen. Du musst dafür sorgen, dass sie dich mögen und dich weder für unwürdig noch für überambitioniert halten. Vertrau mir, das wird dein künftiges Leben erleichtern."

Nicht genau sicher was ich dazu sagen sollte, antwortete ich nur mit einem "Ja, Vater." und versuchte den Druck, der sich auf meinen Schulten breit gemacht hatte, zu ignorieren.

Vater nickte, küsste mich auf die Stirn und bot mir dann seinen Arm an. "Bereit?"

Definitiv nicht, aber ich hakte mich dennoch bei ihm unter und ließ mich aus dem Zimmer führen.

993 Wörter

Habt ihr schon das neue Cover von 'Eine Königin zum Verlieben' gesehen? Wie gefällt es euch?

Obwohl ich schon eine ganze Weile auf  gameofbxtches Covers für andere mache, hab ich es bisher irgendwie nie auf die Reihe bekommen ein Cover für meine eigene Geschichte zu machen xD Aber ich bin mit dem jetzt eigentlich sehr zufrieden.

Wie immer: Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und lasst mir ein Kommentar da!

x GwendolynAmerica

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