Ein nächtliches Treffen -Teil 1-
-Sichtweise Hermine Granger-
Ich saß im Gemeinschaftsraum der Gryffindors, mit einem Buch im Schoss, doch den Blick in weite Ferne gerichtet. Meine Gedanken kreisten wie üblich um Remus. Ich hatte mir letzte Nacht den Zauberstab von Ginny „ausgeborgt", um damit meinen Stab „auszulesen". Ich wollte sehen, ob Remus ihn wirklich benutzt hatte. Dem war natürlich nicht so. Er hatte mich angelogen. Doch was genau hieß das jetzt? Konnte er wirklich ohne Zauberstab zaubern? War das überhaupt möglich? Und warum verschwieg er es? Wenn er wirklich Magie hervorbringen konnte ohne dabei einen Stab zu benutzen, dann war das die Sensation des Jahrhunderts.
Ich hatte in der Bibliothek Nachforschungen angestellt. Leider erfolglos. Es war schwer bei der schiere Größe der Bibliothek etwas Informationswürdiges zu finden. Es gab Zehntausend Bücher, tausende Regale, hunderte von schmalen Gängen. In einem alten Buch, dessen Blätter schon so sehr vergilbt waren, sodass man kaum noch etwas lesen konnte, fand ich einen kurzen Absatz über Zauberstablose Magie. Angeblich soll es vor etlichen Jahrhunderten sogenannte Magier gegeben haben, die praktisch alles ohne Zauberstab verrichten konnten. Doch es gab keine Beweise für deren Existenz. Es waren Mythen, Legenden, Märchen. Nichts was mich wirklich weiter brachte. Trotzdem weckte es mein Interesse.
>>Hey, Hermine! Darf ich mich setzten? <<, riss mich eine vertraute Stimme aus meinen Gedanken. Überrascht blickte ich auf. Ron stand vor mir.
>>Natürlich<<, erwiderte ich überrumpelt. Skeptisch musterte ich ihn, während er sich auf den Stuhl mir gegenüber setzte.
>>Ich dachte es wär an der Zeit, dass wir mal miteinander zu reden. Du warst in den letzten Wochen ziemlich abwesend und ich habe mir Sorgen deswegen gemacht<<, fing er an zu erzählen. Schnaubend schlug ich mein Buch zu. Mit einem lauten Knall warf ich es auf den Tisch.
>>Ist das dein Ernst? Du hast dir Sorgen gemacht...um mich? Ich dachte du wärst viel zu sehr damit beschäftig, Lavender die Zunge in den Hals zu stecken. << Wütend funkelte ich ihn an.
>>Jaaa, es tut mir auch leid, dass ich so wenig Zeit für dich hatte. Ich will nur, dass du weißt, dass du mir wichtig bist. Lavender und ich...wir haben uns getrennt<<, gab er zu. Überrascht wurden meine Augen groß wie Tennisbälle.
>>Das...tut mir leid<<, sagte ich ohne jegliches Mitgefühl. Doch Ron war mein bester Freund. Und als beste Freundin sollte ich ihm mein Beileid wünschen. Auch wenn wir seit mehreren Wochen kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten.
>>Danke. Es war nur eine oberflächliche Beziehung...Naja...Also...wollen wir nächstes Wochenende mal was zusammen unternehmen? Ein Butterbier trinken oder sowas? <<, fragte er hoffnungsvoll. Kurz dachte ich über seinen Vorschlag nach. Wenn ich mit ihm alleine ausgehen würde, wäre es dann ein Date? Dafür war ich nun wirklich noch nicht bereit. Die Sache mit Lavender konnte ich ihm nicht so schnell verzeihen. Trotzdem wollte ich gerne wieder etwas mehr Zeit mit ihm verbringen.
>>Ja, gerne. Ich werde Harry und Ginny fragen, ob sie mitkommen wollen. << Ich sah seinen enttäuschten Blick. Anscheint hatte er sich etwas anderes erhofft. Aber so einfach würde ich es ihm nicht machen.
>>Okay, ich freu mich darauf<<, sagte er und versteckte seine Enttäuschung gekonnt hinter einem unechten Lächeln.
>>Wollen wir runter zum Abendessen? <<, fragend sah er mir direkt in die Augen. Ich nickte zustimmend, sammelte meine Sachen zusammen und folgte ihm. Remus hatte recht gehabt. Ich hätte einfach nur mit Ron reden müssen, dann hätte sich das wahrscheinlich viel früher wieder eingerenkt. Allerdings hätte ich dann so viele wunderschöne Stunde mit Remus verpasst. Nein, es war schon gut so, wie es war.
Am späten Abend lag ich noch lange wach in meinem Bett. Ich konnte einfach nicht schlafen. Mein Kopf wollte nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder musste ich über Rons Wort nachdenken. Sollte ich meine Chance nutzen, ihm meine Gefühle gestehen und hoffen, dass er sie erwiderte? Liebte ich ihn denn überhaupt noch? Ron war nett, witzig, fleißig, mutig, verlässlich, manchmal sarkastisch, gut in Denkaufgaben, nicht sehr selbstsicher, ein Kavalier, Tröster und er setzte sich immer für mich ein. Eigentlich Eigenschaften die ich sehr zu schätzen wusste.
Aber was war dann mit Remus? Diese „Sache" zwischen uns war mir zu wichtig, um sie einfach so aufzugeben. Schon allein der Gedanke an Remus, ließ Hitze zwischen meine Schenkel schießen. Aber ich konnte nicht beides haben. Ich liebte Ron und wollte Sex mit Remus. Zusammen würde ich das nicht unter einen Hut bekommen. Das wäre nicht fair.
Doch waren die Gefühle für Remus wirklich nur rein sexuell? Wenn ich so genauer darüber nachdachte, dann gab es nichts an ihm, was ich nicht mochte. Er war intelligent, mutig, treu, geduldig, manchmal etwas schüchtern, charmant, attraktiv, ein Schelm, hatte ein mangelndes Selbstwertgefühl was seine Person betraf, war ein Gentleman, pünktlich, fleißig und ein Stratege durch und durch. Zudem teilten wir dieselben Interessen. Eigentlich waren wir wie zwei Puzzleteile die perfekt zueinander passten. Ich hatte nur noch nie eingehend darüber nachgedacht. Neigte ich neuerdings zur Oberflächlichkeit?
Merlin, es war zum Verzweifeln. Unruhig drehte ich mich in meinem Bett hin und her. An Schlaf war gar nicht mehr zu denken. Ich starrte in die Dunkelheit und wusste nicht wohin mit mir. Je mehr ich darüber grübelte, was richtig und was falsch war, wuchs in mir die Sehnsucht nach Gesellschaft. Ich fühlte mich alleine in meinem Bett. Es war komisch. Ich hatte schon immer allein geschlafen, doch die Nacht bei Remus hatte mich auf merkwürdige Art und Weise geprägt. Es war schön gewesen, jemanden neben sich liegen zu haben, an den man sich ankuscheln konnte und der einem das Gefühl vermittelte, nicht allein zu sein.
Ich vermisste Remus und konnte mir selbst nicht erklären warum. Seufzend setzte ich mich auf. Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es erst dreiundzwanzig Uhr war. Ich wusste das Remus zumeist erst spät ins Bett ging. Er hatte mir angeboten, dass ich ihm eine Eule schicken konnte, wenn ich ihn sehen wollte. Doch woher bekam ich jetzt eine Eule? ...Da kam mir eine Idee. Im Ministerium schickten sie ja auch keine Eulen zwischen den Abteilungen hin und her. Nein, sie nutzen kleine Papierflieger. Sogenannte Memos. Das war die Lösung.
Lautlos stand ich auf, ging hinüber zu meinem Koffer, um Pergament, Feder und Tinte herauszusuchen. Leise schraubte ich das Tintenglas auf, tauchte die Feder ein und schrieb eine kurze Notiz.
Können wir uns treffen? 23:30 Uhr, 7 Stock, Raum der Wünsche
Mit einem Wink meines Zauberstabes faltete sich das Papier zusammen. Eilig öffnete ich das Fenster und ließ den Flieger nach draußen schweben. Lange schaute ich ihm nach. Ich setzte mich auf die Fensterbank, blickte hoch in die Sterne und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Kühle Herbstluft wehte mit entgegen. Fröstelnd schlang ich die Arme um meine angezogenen Beine.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam der Papierflieger zurück. Mit zitternden Fingern, ob vor Kälte oder Nervosität wusste ich nicht, fing ich ihn auf und faltete ihn auseinander. Mit schwarzer Tinte und in recht hübscher Handschrift stand unter meiner Notiz:
Ich werde da sein.
Ich grinste in heller Vorfreude. Augenblicklich war die Leere in mir verschwunden. Warum eigentlich? War ja auch egal... Ich würde gleich Remus wiedersehen, das war alles was zählte. Da ich nur ein Nachthemd trug, riss ich die Türen meines Kleiderschrankes auf. Doch was sollte ich anziehen? Oder sollte ich einfach so gehen wie ich war? Von Ungeduld ergriffen, zog ich mir schlussendlich nur einen Morgenmantel und ein paar Schuhe über und verließ leise den Schlafsaal...
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