Die große Halle

-Sichtweise Remus Lupin-

Als ich die große Halle betrat, machte sich ein mulmiges Gefühl in mir breit. Alle Schüler wussten nun Bescheid, dass ich ein Werwolf war und ich war mir unsicher, wie sie darauf reagieren würden. Ich hoffte sehr darauf, dass es das unterrichten nicht verkomplizierte. Zum Glück waren die Leute nach Greybacks Tod etwas vorurteilsfreier Werwölfen gegenüber geworden. Minerva meinte, ich hätte nichts zu befürchten. Trotzdem fühlte ich mich zunehmend unwohler in meiner Haut. Seufzend setzte ich mich auf den freien Platz neben Severus, der mich mit einem knappen „Hallo" begrüßte. Stirnrunzelnd musterte ich ihn. Da hatte wohl heute jemand schlechte Laune.

>>Stimmt was nicht? <<, fragte ich frei heraus. Missmutig rührte Snape mit einem Löffel in seinem Tee herum.

>>Minerva hat einen neuen Lehrer eingestellt. Eine Frau mit der ich zwangsläufig zusammen arbeiten muss<<, erklärte er spöttisch. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen.

>>Hängt das vielleicht damit zusammen, dass du nur noch halbtags arbeitest? <<, äußerte ich meine Vermutung. Seufzend nickte er.

>>Ja, sie wird die erste bis vierte Klasse übernehmen und ich demzufolge den Rest<<, antwortet er unzufrieden.

>>Ist doch schön wenn sie die ersten Jahrgänge übernimmt. Ich hatte immer den Eindruck, dass du lieber mit erfahrenen Schülern arbeitest, als mit den Frischlingen. Oder irre ich mich da? << Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte ich ihn.

>>Nein, du irrst dich nicht<<, gab er knapp zurück. Er nahm einen Schluck von seinem Tee, während er gedankenverloren zum Eingang blickt. Die ersten Schüler betraten die große Halle.

>>Was ist dann dein Problem? <<, fragte ich irritiert und versuchte aus ihm schlau zu werden.

>>Das Problem liegt darin, dass ich nicht mit einer inkompetenten Frau zusammen arbeiten möchte<<, meinte er erbost. Wütend starrte er mich an.

>>Du kennst sie doch noch gar nicht <<, erwiderte ich perplex, worauf er verächtlich schnaubte.

>>Die sind doch alle gleich<<, murmelte er, ehe er sich von mir abwandte. Ich wollte gerade etwas darauf erwidern, als mir jemand zaghaft auf die Schulter tippte. Überrascht drehte ich mich um.

Hinter mir stand eine mir unbekannte Frau. Sie hatte ein bildhübsches Gesicht, welches mir schüchtern entgegen lächelte. Ihre Haare waren dunkelbraun und ihre Augen leuchteten wie zwei blaue Saphire. Sie trug ein schwarzes, Figur betonendes Kleid und hochhakige Schuhe.

>>Entschuldigen Sie, ist dieser Stuhl noch frei? << Sie deutete auf den freien Platz neben mir. Ihre Stimme war samtig weich und ging runter wie Öl. Ihre Augen strahlten mich an, wodurch es mir kurzeitig die Sprache verschlug.

>>Nein, da ist schon besetzt. Aber da hinten, am anderen Ende des Tisches, ist noch Platz<<, fauchte Severus sie ungalant an. Erschrocken wandte sich die Frau zu ihm um.

>>Severus, sei nicht so unfreundlich! << Ich warf ihm einen warnenden Seitenblick zu, den er gekonnt ignorierte.

>>Bitte verzeihen Sie meinen Kollegen! Er hat heute schlechte Laune<<, entschuldigte ich mich für ihn. Verunsichert nickte die Frau.

>>Sie dürfen sich natürlich gerne setzten <<, fügte ich eilig hinzu. Ich griff nach der Stuhllehne neben mir, zog daran, wodurch der Stuhl nach hinten rutschte, damit die Kollegin bequem Platz nehmen konnte.

>>Danke, sehr freundlich<<, erwiderte sie lächelnd. Galant setzte sie sich zu meiner Linken.

>>Ich bin übrigens Remus. Remus Lupin. Lehrer für Verteidigung. Und mein Kollege da ist Severus Snape. Er unterrichtet Zaubertränke<<, stellte ich mich und Severus vor.

>>Nett Sie kennenzulernen. Ich bin Fiona Williams. << Sie reichte mir die Hand, die ich kurz zur Begrüßung schüttelte.

>>Ich nehme mal an, Sie sind die Unterstützung für Severus <<, fragte ich neugierig.

>>Ja, ich werde die ersten Jahrgänge unterrichten und natürlich auch Ihre Vertretung übernehmen <<, meinte sie. Schüchtern sah sie zu mir auf.

>>Meine Vertretung? << Verwundert zog ich die Augenbrauen zusammen.

>>Na Sie wissen schon, um Vollmond herum<<, flüsterte sie schmunzelnd. Überrascht riss ich die Augen auf.

>>Oh..., Sie wissen also schon Bescheid<<, gab ich räuspernd zurück. Grinsend nickte sie, ehe sie nach der Teekanne griff, um mit deren Inhalt ihre Tasse zu befüllen.

>>Möchte Sie auch? <<, wollte sie netter Weise wissen. Ich brauchte einen kurzen Moment, um zu antworten. Noch immer war ich bestürzt darüber, dass sie bereits wusste, dass ich ein Werwolf war. Schnell riss ich mich zusammen.

>>Ja gerne<<, erwiderte ich kurz und hielt ihr meine Tasse entgegen. Mit leuchtenden Augen schenkte sie mir Tee ein. Dann wurde sie überraschend von Poppy angesprochen, wodurch sie sich von mir abwandte.

Nachdenklich beobachtete ich, wie auch die restlichen Schüler an ihren angestammten Tischen Platz nahmen. Nur wenige Minuten später führte Minerva die aufgeregten Erstklässler in die große Halle. Während der Auswahlzeremonie blieb mein Blick unweigerlich an Hermine hängen. Ausgelassen unterhielt sie sich mit Ginny. Noch immer wies ihr Gesicht einen gesunden Rotton auf, für den ganz alleine ich verantwortlich war.

Innerlich gab ich mir selbst eine Ohrfeige dafür. Was war nur in mich gefahren? Spontanität lag mir zwar mittlerweile ihm Blut, und ich versuchte auch nicht mehr so Engstirnig zu sein, aber DAS, das übertraf wirklich alles. Ich könnte jetzt nach Ausreden und Entschuldigungen suchen, die diesen „Vorfall" irgendwie rechtfertigten, zum Beispiel das ich schon seit über einen Jahr keinen Sex gehabt hatte, doch es würde an der Situation nichts ändern.

Bei Merlin, ich hatte ihr die Jungfräulichkeit geraubt. Dabei war ich immer der Ansicht gewesen, dass sowas aus Liebe geschehen sollte und nicht aus einer Spontanität heraus. Verflucht noch eins! Aus der kleinen dreizehnjährigen Hermine war eine wunderschöne Frau geworden. Da hatte ich einfach nicht wiederstehen können und ehe ich mich versah, hatte der Wolf in mir die Initiative ergriffen und alle Hindernisse in meinem Kopf aus dem Weg geräumt. Jetzt schämte ich mich dafür. Wenigstens konnte ich mich darauf verlassen, dass Hermine es für sich behalten würde. Zumindest ein kleiner Trost.

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