Andromeda Tonks -Teil 1-

-Sichtweise Hermine Granger-

Vorsichtig klopfte ich gegen das Gemälde, welches mir den Zugang zu Remus Räumlichkeiten versperrte. Remus hat mir nicht wie üblich geöffnet, was mich etwas stutzig machte. Ich ließ meine, durch Okklumentik erschaffene, geistige Barriere fallen, doch Remus Gedanken blieben im Verborgenen. Zu meinem Unglück musste ich bei meinem Eintreffen festgestellt, dass das Portrait tief fest schlief, weshalb ich Remus nicht über meine Ankunft informieren konnte. Als auf mein Klopfen ebenfalls niemand reagierte, seufzte ich frustriert. Missmutig betrachtete ich das Portrait des alten Mannes, welcher schnarchend in seinem roten Sessel lehnte. Gerade als ich überlegte, wie ich ihn wohl wecken könnte, hörte ich unverhofft ein leises Klicken. Das Gemälde schwang beiseite und heraus lugte ein Kinderkopf. Große, blaue Augen sahen verunsichert zu mir auf, ehe sich Erkenntnis in ihnen wiederspiegelte. Ein breites Lächeln erschien auf Teddy Gesicht.

>>Mine! <<, rief er erfreut. Schmunzeln beugte ich mich zu ihm runter und wuschelte spielerisch durch die türkisfarbene Haarpracht. Lachend zog er den Kopf weg.

>>Hallo, mein Kleiner! Ich wollte zu deinem Vater, ist er da? << Eigentlich war die Frage sinnlos, denn Remus würde seine Sohn nie alleine lasse, trotzdem verunsicherte mich seine Abwesenheit. Es war nicht seine Art, Ted vorzuschicken, um die Tür zu öffnen.

>>Ja, Daddy da, aber psssttt! <<, meinte der Kleine. Er hielt seinen Zeigefinger vor die Lippen, um mir zu verdeutlichen, dass ich leise sein sollte. Auf Zehnspitzen folgte ich ihm ins Wohnzimmer und verstand auch sogleich, wieso ich leise sein sollte. Friedlich schlafend lag Remus auf dem Sofa. Ein Buch lag aufgeschlagen auf seiner Brust, seine rechte Hand ruhte auf dem Buchrücken. Scheinbar war er beim Lesen eingeschlafen.

>>Schau, Mine! << Teddy zog an meiner Hand und deutete auf ein Stück Pergament, welches zusammen mit vielen bunten Stiften auf dem Teppich lag. Stolz hob er es hoch und zeigte es mir. Erstaunt riss ich die Augen auf. Auf dem vergilbten Blatt waren sechs, kraklige Stichmännchen zu sehen. Das erste Männchen war ziemlich klein und hatte türkisfarbene Striche um den Kopf herum. Das zweite war etwas größer. Langgezogene, pinke Striche rangelten sich an dessen Kopf herunter. Daneben war ein sehr großes Strichmännchen, welches alle überragte, mit braunen Haaren. Die nächsten drei Männchen waren gleichgroß. Das erste hatte schwarze Haare und ein undefinierbares Etwas im Gesicht. Die beiden letzten hatten jeweils rote und braune, lange Haare.

>>Das Teddy, Mammy, Daddy, Harry, Ginny, Mine <<, erklärte er mir. Lächelnd betrachtete ich das selbstgemalte Bild. Es rührte mich, dass auch ich einen Platz darauf gefunden hatte.

>>Das hast du wirklich schön gemalt <<, lobte ich ihn. Freudig funkelte er mich an.

>>Du kannst ja noch deine Grandma dazu malen, das würde sie sicher freuen<<, schlug ich vor. Begeistert nickte der kleine Junge, ehe er sich bäuchlings auf den Teppich legte, mit dem Blatt Pergament direkt vor der Nase. Hoch konzentriert zeichnete er das nächste Strichmännchen.

Während Teddy beschäftig war, hockte ich mich vor das Sofa. Liebevoll betrachtete ich Remus schlafendes Gesicht. Er sah so unfassbar friedlich aus, wenn er schlief. Sanft strich ich mit den Fingerspitzen über seine Wange, hinauf zu der Narbe, die seine linke Augenbraue durchtrennte. Andächtig fuhr ich sie nach, ehe ich meine Hand in seinen Haaren vergrub. Leicht lehnte ich mich vor, sodass sich unsere Lippen fast berührten.

>>Aufwachen, Remus! <<, flüsterte ich leise. Erschrocken zuckte er zusammen und stieß mit seinem Kopf fast gegen den meinen. Schmunzelnd drückte ich ihn wieder runter aufs Sofa, da er Anstalten machte, sich zu erheben.

>>Entspann dich, ich bin es doch nur! <<, sprach ich beruhigend auf ihn ein. Müde rieb er sich über die Augen. Seine Muskeln entkrampften sich sichtlich, als er mich erkannte. Lächelnd hauchte ich ihm einen Kuss auf die Lippen.

>>Entschuldige, ich bin es nicht gewohnt auf diese Art und Weise geweckt zu werden. Entweder reißt mich mein Wecker aus dem Schlaf, oder Teddys Geschrei <<, sagte er gähnend. Gerade als ich darauf etwas erwidern wollte, flammte der Kamin grün auf. Keine zwei Sekunden später trat eine großgewachsene Frau aus diesem heraus und klopfte sich den Ruß von der Kleidung. Augenblicklich stockte mir der Atem. Die Frau sah rein äußerlich betrachtet Bellatrix sehr ähnlich. Ich hatte sie bereits am Bahnsteig in London gesehen, allerdings nur aus der Ferne.

>>Dromeda, welch eine Überraschung<<, begrüßte Remus sie erfreut und setzt sich auf. Wir mussten ein komisches Bild abgeben. Ich, die immer noch vor dem Sofa hockte und Remus, der noch völlig verschlafen aussah. Andromedas Blick ruhte nur kurz auf uns, ehe jemand anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

>>Granny, Granny! <<, rief Teddy begeistert und warf sich förmlich in Andromedas Arme, die vorsorglich in die Hocke gegangen war. Die beiden umarmten sich kurz, dann richtete sich Andromeda, wieder zu ihrer vollen Größe, auf. Sie strahlte die typische arrogante Aura einer Black aus. Abschätzend lag ihr Blick auf mir, was mir Unwohlsein bereitete. Sie hatte hellbraune Haare, dunkle Augen, schmale Lippen und lange Wimpern. Respekteinflößend trat sie ein Schritt vor, was mich dazu veranlasste aufzustehen. Remus tat es mir gleich. Andomedas Augen glitten zu ihm rüber und augenblicklich wurde ihr Blick weicher und freundlicher.

>>Remus, es freut mich dich zu sehen<<, begrüßte sie ihn. Auch sie umarmten sich. Als sie sich wieder voneinander lösten, umfasste sie Remus Kinn mit Daumen und Zeigefinger, ehe sie eingehend sein Gesicht betrachtete.

>>Der Wolf hat sich ja ordentlich an dir ausgetobt. Du hast mir ganz schön Kummer bereite, als ich ihm Bett lag und nichts weiter tuen konnte, als Poppys Briefe zu lesen <<, meinte sie. Seufzend verdrehte Remus die Augen.

>>Ich hatte ihr ausdrücklich gesagt, dass sie dich nicht über meine gesundheitliche Verfassung informieren soll. Ich wollte dich nicht beunruhigen. << Wütend schnaubend wandte Remus sich ab.

>>Du weißt doch, wie mitteilungsbedürftig Poppy ist. Nimm es ihr nicht übel, dass sie besorgt um dich war! <<, meinte Andromeda. Ihr Blick schweifte zu mir rüber.

>>Willst du mir nicht deine neue Freundin vorstellen? << Sie hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, welches ihre Augen nicht erreichte. In ihrer Stimme lag eine Kälte, die mich erschaudern ließ. Ihre Abneigung mir gegenüber war förmlich greifbar. Scheinbar hatte sie die eindeutige Situation bei ihrem Eintreffen richtig gedeutete.

>>Oh, wie unhöflich von mir. Dromeda, das ist Hermine. Hermine Granger. Sie ist die beste Freundin von Harry. Wie er , hat sie sich dazu entschlossen, ihren Abschluss nachzuholen. << Remus wandte sich nun mir zu.

>>Hermine, das ist, wie du sicher schon mitbekommen hast, Andromeda. Meine Schwiegermutter. << Ein dicker Kloß hatte sich in meinem Hals festgesetzt, wodurch ich keinen Ton herausbekam. Schwer Schluckte ich, als ich in die dunklen Augen von Andromeda sah. Fast war es so, als würde ich Bellatrix gegenüberstehen.

>>Sag doch sowas nicht, Remus! Schiegermutter, das klingt furchtbar<<, meinte sie, während sie die Hand in meine Richtung ausstreckte, um mich zu begrüßen. Bilder schossen durch meinen Kopf. Erinnerungen an meine Folter, ausgeführt durch Bellatrix Lestrange. Ohne es zu merken, landete meine rechte Hand auf meinen linken Unterarm, wo sie mir die Worte „Schlammblut", mit Hilfe eines Dolches, in den Arm geritzt hatte. Mein Magen verkrampfte sich, Galle kroch mir die Speiseröhre hoch, sämtliche Farbe wich mir aus dem Gesicht.

>>Als was würdest du dich denn sonst bezeichnen? <<, fragte Remus schmunzelnd nach. Da er Andromeda ansah, bemerkte er nicht, dass mir Schlecht wurde. Mit großen Augen betrachtete ich die mir hingehaltene Hand. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn.

>>Als deine Mutter. Schwiegermutter klingt so abwertend<<, gab sie an Remus zurück, doch ihr Blick war unverwandt auf mich gerichtet.

>>Wenn das so weitergeht, hab ich bald mehr Mütter als Freunde<<, scherzte Remus.

Ich schlug mir die Hand vor den Mund und rannte ins Badezimmer. Die besorgten Blicke dir mit hinterher geworfen wurden, bemerkte ich nicht. Ich riss den Toilettendeckel auf, fiel auf die Knie und entledigte mich meines Mageninhaltes. Noch immer quälten mich die Bilder der damaligen Folter, wodurch sich meine Übelkeit nur noch verschlimmerte. Ich zitterte am ganzen Körper. Plötzlich nahm ich eine angenehme Wärme im Rücken wahr. Remus stand hinter mir und hielt mir die Haare, während ich mich ein weiteres Mal übergab. Beruhigend drückte er meine Schulter. Als die Übelkeit langsam abflaute, drehte ich mich zu ihm um. Ich sah in seine bernsteinfarbenen Augen. Sie waren gefüllte mit Sorge.

>>Soll ich dir einen Trank holen gehen? Severus oder Poppy haben sich etwas Passendes da<<, wollte er besorgt wissen. Verneinend schüttelte ich den Kopf.

>>Es geht mir schon besser. Mach dir keine Sorgen! <<, beschwichtigte ich ihn. Skeptisch beäugte er mich.

>>Hast du was Falsches gegessen, oder...<<, fing er an, doch ich unterbrach ihn.

>>Nein, nein, das ist es nicht. Ich...Andromeda erinnert mich nur sehr an... Bellatrix <<, gab ich zögerlich zu. Betreten senkte ich den Blick.

>>Hey, du musst dich nicht schlecht fühlen, nur weil sie dich an eine Person erinnert, die dir großes Leid zugefügt hat<<, versuchte mich Remus zu beruhigen. Er hockte sich nun ebenfalls hin. Sanft strich er mir über die Wange. Noch immer hatte ich einen Kloß im Hals. Krampfhaft versuchte ich die schrecklichen Bilder aus meinen Kopf zu vertreiben.

>>Pass auf! Andromeda ist nur gekommen, um Teddy abzuholen. Sie packt gerade seine Sachen zusammen. Ich verabschiede mich kurz von ihr, du bleibst hier und wenn sie weg ist, gebe ich dir Bescheid, ja?! <<, schlug er vor. Ich versuchte den Kloß herunterzuschlucken, doch es ging nicht. Ich wollte nicht, dass Remus ging, doch Andromeda würde früher oder später das Bad betreten, wenn er nicht zu ihr gehen würde. Um keinen Preis wollte ich ihr nochmal unter die Augen treten. Zögerlich nickte ich, mehr brachte ich nicht zustande.

>>Du musst mich aber loslassen, ja? << Erst jetzt bemerkte ich, dass sich meine Finger in Remus Pullover gekrallt hatten. Wie in Trance löste ich meinen klammernden Griff.

>>Ich bin gleich wieder da, versprochen! << Liebevoll strich mir Remus ein paar lose Haarsträhne hinters Ohr, ehe er aufstand. Panisch sah ich ihm nach.

>>Remus! <<, rief ich, als er gerade nach der Türklinke griff. Besorgt ruhten seine Augen auf mir.

>>Ich...Ich habe das Gefühl, dass Andromeda mich nicht besonders gut leiden kann. << Das war eigentlich nicht das, was ich ursprünglich sagen wollte. Am liebsten hätte ich ihn an gefleht bei mir zu bleiben, doch ich wusste, dass er wiederkommen würde. Lächelnd sah er mich an.

>>Sie hat nur Angst, dass ist alles<<, erwiderte er ruhig. Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch.

>>Angst, wovor? <<, sprach ich meinen ersten Gedanken laut aus.

>>Das du mich ihr weg nimmst <<, gab er offen zu. Dann verschwand er zur Tür hinaus. Nachdenklich blickte ich ihm nach.

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