Wiedersehen

Ich müsste lügen, wenn ich bestreiten wollte , dass sich in mir keine Aufregung breitgemacht hätte. Sleepless ist wieder aufgewacht. Seine Transformation ist beendet. Der Kampf gegen Dheunos wird seine Spuren bei ihm hinterlassen haben. Damit ist die Hälfte meines Plans für den Schlaflosen bereits vollendet. Doch da ist noch etwas anderes. Irgendwie betrachte ich diesen Kerl als Freund. Er ist jemand, mit dem ich durchaus einen saufen kann. Das wird wahrscheinlich auch der Grund sein, weshalb ich mich ihm heute zu erkennen gebe. Noch denkt Sleepless, dass ich damals von diesem Jeff getötet wurde. Um den Überraschungseffekt noch zu steigern, sitze ich in meiner Informanten-Verkleidung in dieser Bar. Es dauert nicht einmal wirklich lange, da betritt eine zutiefst unangenehme Aura das Daseinsgemisch des Etablissements. Das menschliche Anwesenheitsgemenge scheint unterbewusst davon Notiz zu nehmen. Vereinzelte, scheue Blicke in Richtung der Eingangstür. Niemand hier, abgesehen von mir, wäre auch nur ansatzweise dazu fähig, jenes Potential der Bedrohung erfassen zu können, welches von Sleepless ausgeht.
„Überwältigend", hauche ich leise hervor, ohne dass mir meine Tat so recht bewusst ist. Sleepless spricht kurz mit der Barfrau und kommt dann auf mich zu. Seine Aura fühlt sich dunkel an. Dicht. Als würde sie jedem die Luft abschnüren wollen, die sie zu spüren vermögen.
„Hallo Informant", begrüßt mich Sleepless knapp und nimmt mir gegenüber Platz. Obgleich meine Faszination nur schwer zu unterdrücken ist, muss ich noch für einen Moment die Contenance bewahren. Richte die Rabenkopfmaske auf ihn.

„Wie ich sehe, hast du nicht nur Worse überlebt, sondern auch jene Flüssigkeit, die ich dir gab", sage ich und merke just in diesem Moment, dass ich etwas sehr Dummes ausgesprochen habe. Hoffentlich merkt er es nicht. Wie war das nochmal mit Contenance? Sleepless hebt seine Augenbraue. Scheiße. Er hat es gemerkt.
„Du weißt schon, dass es Einauge war, der mir diese Flüssigkeit gab?", erwidert mein Gegenüber mit einem leichten Lächeln. Er hat es definitiv gemerkt. Fuck. Dabei habe ich doch noch etwas länger auf meinen Auftritt warten wollen. Was solls. Ich lege meinen Rabenkopf schief und gleichzeitig die Hände auf eben jenen. Mit einem Ruck, entferne ich die Maskerade und gebe mich Sleepless zu erkennen. Eisige Stille. Der Mörder blinzelt mich einige Momente perplex an. Es scheint wohl gerade schwer in seinem Schädel zu rattern. Seine gehobene Augenbraue zuckt ein wenig. Habe große Probleme damit, nicht sofort loszuprusten.

„Na du krankes Genie?", begrüße ich meinen Freund breit lächelnd. Der Mund des Serienkillers steht offen. Langsam schließt dieser ihn. Er scheint es so langsam zu realisieren.
„Einauge...!?", stößt er hervor.
„In Fleisch und Blut", erwidere ich grinsend. Es ist so scheißlustig das Gesichtsfasching von Sleepless beobachten zu dürfen. Er benötigt einige Augenblicke, um sich zu sammeln, bevor der Schlaflose erneut das Wort ergreift: " Was ist mit dir passiert?" Diese Frage kann ich ihm absolut nicht ehrlich beantworten. Eigentlich hätte man damit rechnen müssen, dass Sleepless dies von mir wissen möchte. Jetzt heißt es: improvisieren.
Als ob er dir abkaufen wird, was du ihm gleich weiszumachen versuchst...", brummt Asmodi durch mein Innerstes. Zustimmung ist doch etwas Schönes.
„Im Kampf gegen Jeff hatte ich keine Chance gegen ihn und habe mir dasselbe gespritzt wie du. Ich bin bei Sunny wieder aufgewacht. Habe Kräfte bekommen. Teleport."
Keine Chance, dass er dir das glaubt"
„Unsichtbarkeit"
Unsichtbarkeit? Ernsthaft?", nervt Asmodi
"Allwissenheit, was in der kriminellen Welt vor sich geht."
Bevor DU allwissend bist, werde ich ein Engel" Mein Oberkörper hat sich dementsprechend verändert. Zur Tarnung musste der Rabenkopf herhalten", beende ich meine Erklärung, ohne zu stocken oder mir anmerken zu lassen, dass dieser nervige Dämon seinen Senf dazugegeben hat. Sleepless erwidert nichts. Nickt nur stumm. Ich habe keine Ahnung, ob er mir das tatsächlich glaubt oder es einfach hinnimmt. Vermutlich bleibt ihm aufgrund meiner „plötzlichen Wiederauferstehung" nur letzteres übrig.

„Habe auch Kräfte bekommen", antwortet mir mein Gegenüber süffisant lächelnd. Fast schon süß, wie er der Auffassung ist, dass dies Neuigkeiten für mich seien. Ich setze, während er redet, meine überraschte Miene auf.
„Kann die Kräfte anderer unterdrücken", fährt er fort und wirkt in seiner ganzen üblich höhnischen Art, ein wenig nachdenklicher als sonst. Ich lächele ihn verständnisvoll an und verschränke meine Arme. Tatsächlich fällt mir das Warum nicht ein, doch aus irgendeinem Grund, fühle ich mich in diesem Augenblick verfickt wohl. Da ergreift Sleepless erneut das Wort: "Lass uns unser Bündnis fortführen, Einauge" Ein heiteres Lachen resultiert von meiner Seite aus. Wenn er nur wüsste. Dieser süße, ahnungslose Raphael. Im Gegensatz zu mir ist er noch ein lernendes Kind, dass gerade erst in diese besondere Welt hineinstolpert. Gut, dass ihm nicht bewusst ist, wer für alles verantwortlich ist, was Sleepless seit der Klapse widerfahren ist.
„Unser Bündnis hat nie aufgehört, Sleepless", antworte ich wahrheitsgemäß und verpacke damit einen tieferen Sinn, den nur ich zu begreifen vermag. Strecke ihm meine behandschuhte Hand hin. Er schlägt ein. Sollte ich ihm zumindest einen Teil der Wahrheit erzählen? Ach was soll's. Aber zuerst...
„Nadja, du scharfes Busenwunder", rufe ich zur Bar herüber. Sleepless lacht. Da treffen die Augen der Barkeeperin auf mich. Sie stockt. Stimmt ja... die Leute hier haben ja auch nicht Bescheid gewusst. Aber dass sie gleich derart erbleichen müssen?
Du hast ja auch ihren Ehemann umgebracht", murrt Asmodi. Ist dem so?!
„Und warum?", antworte ich in Gedanken.
Weil du sie vögeln wolltest, sie aber vergeben war und du aus Frust den Ehemann vor ihren Augen abgeknallt hast"
„Ach die war das?"
„mmhhmm", bestätigt der Dämon brummend.
„Geiler Typ, dieser Kev", lobe ich mich selbst in Gedanken. Noch immer mit sich, steht die Bardame hinter ihrem Tresen. Verliere langsam die Geduld. Ziehe in einer fließenden Bewegung meine Pistole und richte sie auf Nadja.

„Wie sehnlich möchtest du mit deinem Ehemann wieder vereint sein!?", rufe ich beflügelt von Sleepless' Anwesenheit. Spüre seinen Blick auf mir. Kann die Hoffnung auf Blut und Tod fast schmecken. Er ist ein Raubtier. Ein Mörder durch und durch. Nadja kommt letztendlich auf uns zu, den Blick nicht von mir ablassend. Die Ganzheit des Etablissements wirkt gebannt von meiner Szenerie. Morbide Mordsehnsucht. So hat sich die Gute ihren Arbeitstag bestimmt nicht vorgestellt.
„W-Was dar-darfs sein?", stößt sie hervor.
„Bloody Mary", lacht Sleepless
„Zwei Jägermeister und ein Hefeweizen-Banane. Und hey: Lächel mal. Angsterfüllt steht dir nicht, meine Schönheit", bestelle ich lächelnd und lasse die Waffe weiterhin auf sie gerichtet.
„Hefeweizen-Banane, Alter? Ernsthaft? Du bist ein widerlicher-"
„Und das von dem, der Bloody Marys säuft. Junge, das ist Tomatensaft", kontere ich Sleepless aus. Er lacht. Ich auch. Wir klatschen ab. Ich mit meiner freien Hand.
„Warte mal kurz", beginnt Sleepless und legt eine nachdenklichere Miene auf.
„Hm?", stoße ich hervor
„Ist diese Bar nicht beschützt von diesem Syndikat oder so?", fragt der Serienmörder nachdenklich.
„Und weiter?", kommentiere ich, düster grinsend.
„Nun. Machst du dir mit dieser Aktion nicht widerliche Feinde?", hakt er nach. Da kann ich es nicht länger halten und verfalle in einen heftigen Lachkrampf. „Ausversehen" löst sich ein Schuss aus meiner Pistole, die Nadjas Gesicht streift. Spitzes Schreien. Erschreckte Laute der Bar. Einige springen auf, verharren aber auf ihren Plätzen. Sie wissen, wer ich bin.
„Alter!", ruft Sleepless.
„Ganz ruhig", sage ich plötzlich todernst und schaue meinem Freund in seine wunderschön leuchtenden, verschiedenfarbigen Augen.
„Ein kleines Geheimnis über mich: Ich leite die Syndikatszweigstelle, die diese Bar unter ihren Schutz stellt. Will heißen: Mir gehört dieses Haus. Und das PERSONAL!", erkläre ich belustigt und schreie das letzte Wort, um Nadja zur Eile zu raten. Sleepless' Gesichtsausdruck entgleist ein weiteres Mal. Und wieder ein Lachanfall von mir. Währenddessen werden unsere Getränke serviert. Nadjas Zittern ist derart stark, dass es fast einen Schatten wirft.
„Du verarscht mich doch", zischt der Schlaflose ungläubig. Ich könnte ihm noch so viel mehr offenbaren, doch das würde Sleepless momentan noch nicht vollständig zu erfassen wissen.
„Absolut nicht, mein heterochromer Freund", erwidere ich, und schiebe einen Jägermeister-Shot zu meinem Gegenüber. Ich greife das Glas vor mir. Er ebenso und so trinken wir den ersten Drink von vielen heute Abend.

„Also, du Obermufti", beginnt Sleepless und nippt nach einer ganzen Weile an seiner Bloody Mary.
„Erzähl mal, was ist denn dein Job. Abgesehen vom Papierkram und dem ganzen Scheiß" Ich lache kurz. Nehme einen Schluck des Bieres zu mir. Denke kurz nach, was ich ihm denn erzähle. Mir schießen mit einem Mal unzählige Ereignisse durch den Kopf. Informanten. Genesis-Liste. Holder. SCP. Und zu guter Letzt... Sera. Spüre, wie Sleepless Augen mich stechend mustern. Er beobachtet mich.
„Um es kurz zu fassen", erwidere ich letztlich gefasst: „Ist die Mondloge die Zweigstelle, die für das Problemlösen einiger unerwünschter Umstände zuständig ist. Unter Anderem"
„Ihr erledigt diejenigen, die entweder euch oder den anderen Zweigstellen, ans Bein pissen?", rekapituliert Sleepless. Ich nicke, einen Schluck des Bieres trinkend. Mein Gegenüber pfeift anerkennend.
„Könnte ich mir gut für mich vorstellen, wenn ich Befehle annehmen würde", fügt er hinzu und setzt ein süffisantes Grinsen auf. Muss lachen. Sleepless im Syndikat? Das kann nicht gut gehen. Mit einem Mal verändert er seinen Gesichtsausdruck.
„Jetzt sag mir, was mit dir los ist, Einauge", sagt der Serienmörder so überraschend, dass ich mich an meinem Hefeweizen verschlucke. Lauthalses Husten folgt als Reaktion. Sleepless kneift seine Augen ein wenig zusammen. Ein krächzendes „Was meinst du?", erwidere ich, nachdem ich mir noch eine halbe Minute lang die Seele aus dem Leib gehustet habe.
„Deine Augen schreien das Leid nur so heraus. Irgendetwas komplett abgefucktes ist dir widerfahren", erklärt mein Gegenüber mit einer bedeutungsschwangeren Ruhe in der Stimme, die vollkommen unüblich für einen Mann seines Kalibers ist. Perplex hebe ich beide Augenbrauen und mir wird relativ schnell bewusst, dass es absolut keinen Sinn hat, ihn anzulügen. Lasse die schmerzbringende Erinnerung an Sera sich in meinem Geist breitmachen.
„Kurze oder lange Fassung?", gebe ich kleinlaut zurück.
„Alles", kommt knapp zurück.
„Vor einer ganzen Weile, noch bevor ich die Chefposition der Mondloge ergriffen habe, wurde ich von der ehemaligen Chefin an die SCP verkauft. Du weißt, was es damit auf sich hat?", beginne ich und warte auf die Bestätigung des Mörders.
„So eine Institution, die irgendwelche Viecher jagt und versiegelt?"
„Ja und nein. Sie bergen Anomalien, studieren sie und halten sie von der Menschheit fern. Dies können allerlei Dinge sein. Menschen. Kreaturen. Gegenstände. In manchen Fällen sogar ganze Ortschaften", erkläre ich in der Kurzfassung, wohl wissend, dass die eigentliche Angelegenheit viel komplexer ist.

  Sleepless nickt kurz zum Zeichen, dass er verstanden hat. Nach einem weiteren Schluck Bier fahre ich fort: „Jedenfalls hat mich Melissa, meine alte Chefin, an eben diese Foundation verraten. Sie fürchtete, dass ich sie vom Thron stoßen wollte-"
„Was du letztendlich auch getan hast", grinst Sleepless. Setze ein kurzes Lächeln auf und setze dann meine Geschichte fort: „Ich war nicht lange dort eingesperrt. Zumal ich Hilfe hatte von den wahren Informanten. Zu denen später mehr. Während meiner Flucht ist mir ein kleines Mädchen aufgefallen, dass in permanenter Narkose gehalten wurde. Sie konnte Zaubern. Ich habe sie befreit, denn ihr Zustand hat mir leidgetan. So wurde sie eine kleine Schwester. Fast wie eine Tochter. Ich kümmerte mich um sie und gab ihr, gemeinsam mit meiner Partnerin, ein Zuhause-"
„Ahne Schlimmes", knurrt Sleepless und nimmt einen großen Schluck von seinem blutroten Getränk. Reagiere nicht darauf.
„Bis vor Kurzem ein Paket meine Zweigstelle erreicht hat. Jemand... fuck...", muss stocken, weil ich unkontrolliert in Tränen ausbreche. Schlage mehrfach mit der Faust auf den Holztisch. Die Schlagstelle zersplittert laut knackend und ein Riss klafft in der Tischplatte. Ich bin nicht länger in der Lage, meine Fassade zu wahren und irgendetwas sagt mir, dass dies auch nicht weiter notwendig ist.
„Jemand hat Sera getötet...", sagt Sleepless mit einem zutiefst dunklen Unterton.
„J-Ja.", gebe ich weinend zurück. Schlage meinen Kopf mehrfach gegen den rampunierten Tisch. Es ist, als würde ich immer weiter den Verstand verlieren und vermutlich stimmt das auch. Da legt sich eine Hand auf meine Schulter. Mein einziges Auge schaut in das finster auf mich herabblickende, vom blau-grünen Augenlicht zu leuchten scheinende Gesicht von Sleepless.
„Wer war das...?", zischt er. Ich zucke mit den Schultern. Seine Hand auf meiner Schulter krallt sich schmerzhaft in mein Fleisch.
„Dann finden wir ihn. Einauge... Wer immer das war, hat ein Kind getötet. Hat DEIN Kind getötet. Das ist unverzeihlich. Werde dir helfen, diese Missgeburt aus der Welt zu tilgen.", spricht der Serienmörder entschlossen und mordlüstern. Irgendetwas sagt mir, dass es keinen Sinn hat, ihm das auszureden. Er hasst es wirklich, wenn Kindern Leid zugefügt wird. Doch ist das wirklich alles? Ich nicke wortlos. Seine Hand entspannt sich. Er klopft mir mehrfach auf den Rücken.
„So. Jetzt heul nicht so rum und sauf", blafft er mich kumpelhaft an und aus einem unerfindlichen Grund, geben mir seine Worte mehr Kraft, als alles zuvor. Grinse breit. Wir stoßen an. Dann setzt sich Sleepless wieder an seinen Platz zurück.
Er zeigt es nicht, doch dieser Mensch scheint sich um dich zu sorgen. Vielleicht ein wahrer Freund", brummt Asmodi durch meinen Geist. Muss lächeln.

Einige Stunden und viele Drinks später

Die Bar ist noch belebter als zuvor, was uns bei dem momentanen Pegel einen Scheiß interessiert. Sleepless bleibt bei seinem Tomatensaft mit Schuss, während ich mich am Bourbon gütlich tue.
„Yo Einauge", sagt der heterochrome Serienmörder grinsend. Ich nicke ihm zu und zeige meinem Gesprächspartner, dass ich zuhöre.
„Du bist ja jetzt auch so ein krasser Kräftetyp. Will dich testen. Lass mal rausgehen. Juckt mich gerade in den Fingern", lacht er. Lustigerweise geht es mir da gerade nicht viel besser. Nadja, die momentan am Tisch nebenan steht, zuckt bei unserem Gespräch zusammen. Zeitgleich erheben wir uns von unseren Plätzen.
„Hier. Behalte den Rest. Und entschuldige das mit dem Schuss, Baby.", sage ich kichernd zur Barkeeperin und werfe einen Bündel Geldscheine auf den Tisch. Im Vorbeigehen bekommt sie noch einen heftigen Klaps auf ihren Arsch.
„Hey Arschloch!", macht mich irgendein Typ von der Seite an. Ich höre nur ein zischendes „Schatz, ich bitte dich, lass das", von Nadja. Höre schallendes Gelächter von Sleepless. Dann geht alles viel zu schnell. Der von der Barkeeperin als „Schatz" angesprochene, springt auf. Sleepless ist schneller. Schießt auf ihn zu. Hat sein Skalpell gezückt. Schneidet dem Pöbel die Halsschlagader zielgenau auf. Das blubbernde Gurgeln des Namenlosen, wird vom verzweifelten Geschrei der armen Nadja übertönt.
„Deine Partner haben es echt nicht leicht", kommentiere ich grinsend das Geschehen. Sleepless leckt das Blut von seinem Skalpell und verdreht dabei leicht die Augen. Der Typ liebt Lebenssaft fast mehr, als jeder Vampir. Nadja bricht weinend zusammen. Das Leben in der Bar ist erstorben. Alles blickt auf unsere Szenerie. Ein sinnloser Tod. Ich liebe es.

„Ist ja gut. Du bekommst eine Abfindung und wirst in eine andere Zweigstellenbar versetzt", seufze ich und bedeute Sleepless mit einem Nicken mitzukommen. Sein Lachen hält weiter an. Was für ein Tier. Doch so stehen wir hier. Leichter und dennoch erfrischender Nachtwind haucht uns ums Gesicht.
„Du hast also Bock von mir verprügelt zu werden", spreche ich, mit meinen Händen knackend. Mein Sparringspartner beendet seinen Lachanfall abrupt.
„Vorher entferne ich dir dein übriges Auge!"
„Gut, dann muss ich deine hässliche Fresse nicht länger sehen", kontere ich. Wir lachen beide kurz und werden im selben Augenblick todernst. Bevor einer von uns einen Zug unternimmt, unterbricht Sleepless die Stimmung.
„Entspann dich, du Flachzange. Hier wird niemand sterben. Meine Fresse", blafft der Serienmörder etwas genervt. Grinse breit.
„Grüß dich, Lars", begrüße ich Sleepless' Alter Ego. Raphaels Augenbraue zuckt. Er hasst es, wenn man ihn mit „Lars" anspricht.
„Fahr dich runter, ich habe mit deinem anderen Ich gesprochen", füge ich rasch hinzu. Ein kurzes „Hmpf", kommt als Reaktion. Dann kann es losgehen. Es ist zwar ein Sparring, doch wir sind Mörder.

In nicht einmal einem Wimpernschlag, stehe ich hinter Sleepless und hebe mein linkes Knie für einen schmerzenhaften Stoß hoch. Kein Treffer. Er ist in einer geschickten Rechtsdrehung ausgewichen. Als hätte er- ach stimmt. Sein Alter Ego kann Angriffe voraussehen. Na dann. Teleportiere mich direkt vor ihn. Ein Fausthieb, welchen er spielend mit seiner Hand ableitet. Grinse und teleportiere mich hinter ihn. Weiterer Hieb. Sleepless duckt sich weg. Jetzt... Nun befinde ich mich wieder direkt vor ihm und ramme Sleepless mein Knie direkt ins Gesicht. Er fällt nach hinten weg.
„Scheiße ist deine Fähigkeit nervig", zischt der Serienmörder gereizt und rappelt sich wieder auf. Ich lache, doch nur kurz, denn etwas Metallenes surrt haarscharf an meiner rechten Schläfe vorbei. Kann den Windzug spüren. Kurz entgleist meine Mimik. Was zum Teufel!?
Sei nicht nachlässig. Der Kerl hat in einer subtilen Bewegung sein Skalpell nach dir geworfen. Hätte er dich treffen wollen, wärst du jetzt tot, du Idiot", ermahnt mich Asmodi. Er hat Recht. Wäre das ein echter Kampf, dann hätte das gerade mein Ende bedeutet.

Sleepless starrt mich grinsend an. Ich lache und lockere meinen Stand.
„Diese Runde geht klar an dich", gebe ich ehrlich zu.
„Wie zu erwarten war", kichert der Serienmörder.
„Ich habe da ein Anliegen. Unterdrücke meine Kräfte per Hautkontakt", sage ich und krämpele meinen linken Ärmel hoch. Sleepless hebt eine Augenbraue.
„Man, ich will wissen, wie sich das anfühlt", füge ich gespielt seufzend hinzu.
„Du bist ein extrem seltsamer Kerl. Darum biste mir wahrscheinlich so sympathisch", gibt der Schlaflose zurück, kommt kopfschüttelnd auf mich zu und berührt meinen Arm. Im selben Moment will ich mich hinter ihn teleportieren, doch bleibt es lediglich beim „wollen".
„Alter. Das klappt ja wirklich. Was für ein widerliches Gefühl. Als würde ein Fremdkörper meine übernatürlichen Sinne behindern", sinniere ich, nachdem mich Sleepless wieder losgelassen hat. Versuche es erneut und dieses Mal klappt es auch.
„Zufrieden, du Freak?", lacht der Serienmörder. Ich nicke grinsend. Kichernd setzt sich Sleepless in Bewegung und ich folge. Damit endet ein kurzer, aber sehr informativer Kampf. Nun habe ich einen interessanten Einblick in Sleepless' derzeitigen Fähigkeiten werfen können. Er entwickelt sich prächtig. Und nun, da ich seine neue Kraft zu spüre, bin ich sehr daran interessiert zu erfahren, ob ich sie erfolgreich kopiert habe. Werde das zu gegebener Zeit an einem Testsubjekt austesten.

Ziellos wandern wir durch das Dunkel dieser Stadt. Zwei Monster. Ein Team. Ich muss ehrlich sagen, dass das der geilste Abend ist, den ich seit unendlich langer Zeit erlebe. Sleepless ist zwar ein Projekt, doch allein, dass er an meiner Seite steht, wenn wir Seras Mörder finden, macht ihn zu mehr. Er ist ein Freund. Vermutlich der Beste, den ich je haben werde. Das macht einiges, was ich noch durchführen muss, um so vieles schwerer. Doch eines steht fest: Wer es auch immer wagt, diesem Kerl zu nahe zu kommen, wird mich zum Feind haben. Aber fürs Erste werden wir die Nacht genießen.

Fortsetzung folgt...

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