Dämonisches Ende

Gähnend nehme ich innerhalb meines Büros in der Mondloge auf dem Lederdrehstuhl platz. Gerädert vom Kampf gegen Paleo und dem Stress davor, habe ich das Gefühl jeden Moment einzuschlafen. Jedoch ist es wichtiger, dass ich nun weitere Schritte einleite, was Sleepless anbelangt. Er hat den Clown Laughing Jack erledigt. Zumindest glaubt er das. Ein wenig eigenartig ist es schon, dass Sleepy der Ansicht ist, eine Kreatur vom Kaliber eines LJ's einfach so erledigt zu haben. Zumal sein Jagdgebiet sich für gewöhnlich nur im amerikanischen Raum befindet. Es ist Sunnys Künsten im Bereich des Klonens zu verdanken, dass wir eine schwächere Version dieser Kreatur erschaffen konnten. Lediglich um Sleepless' neugewonne Kräfte adäquat austesten zu können. Und ich muss gestehen, dass seine Kraft immens beeindruckend ist. Jegliche übernatürliche Fähigkeiten unterdrücken zu können, kann sich noch als überaus nützlich erweisen.
„Was sich daraus für Möglichkeiten entwickeln werden. Faszinierende Scheiße...", brumme ich begeistert vor mich hin, hole meine Packung Zigaretten aus der rechten Robentasche hervor und genehmige mir eine Entspannungszigarette.

„Du bist von ihm besessen!", dröhnt die tiefdunkle Stimme Asmodis durch mein Innerstes, sodass ich mich beim Ziehen der Zigarette am Rauch verschlucke.

„G-Go-ttver-d-dammte S-Scheiße!", huste ich meine Flüche hervor und klopfe mir mehrmals gegen die Brust.

„Kevin. Du hast die Geschicke dieses Mannes fast schon zu lange gelenkt. Dein Plan, ihn zu „erwecken", ist erfolgreich verlaufen. Mehr noch. Du hast ein blutrünstiges Raubtier geschaffen, vor dem nicht einmal mehr höhere Wesen noch sicher sind. Was willst du noch? Lass endlich lo-"

„Halt dein unwissendes Drecksmaul, Asmodi!", unterbreche ich knurrend.
„Deine Meinung interessiert mich einen Scheißdreck. Meine Pläne gehen tiefer. Außerdem...", ich pausiere den nächsten Satz, um zur Beruhigung an meiner Zigarette zu ziehen. Nachdem sich der grau-bläuliche Rauch im Büro verteilt hat, fahre ich ein wenig kühler fort:"Was versteht jemand, der im Dämonenreich lediglich ein Soldat gewesen ist, davon, wie man Pläne aufstellt? Sleepless ist und bleibt meine Angelegenheit und ich lasse nicht zu, dass mir jemand in die Quere kommt"
„Wie du wünscht. Ich vergaß deine legendäre Sturheit", entgegnet Asmodi und klingt ein wenig wütend. Nicht, dass er nicht immer zornig wirken würde. Dieses Mal ist es, anders.

„Vergiss nicht, wo dein Platz ist, Asmodi", beende ich somit die Diskussion und ziehe abermals an meiner Fluppe. Stille tritt ein. Dicht. Unbehaglich. Niemand stellt sich zwischen Sleepless und dem, was ich für ihn geplant habe. Es wird groß werden. Sleepless selbst kann gottgleich werden, wenn alles so funktioniert wie geplant.

„Einauge?", Die Stimme eines Informanten reißt mich aus den Gedanken. Mein Blick richtet sich auf ein solches Wesen, dass jedoch statt des erwarteten Rabenkopfes, den eines Habichts trägt. Überrascht angesichts dieses unerwarteten Anblicks, hebe ich eine Augenbraue. Reglos verharrt die Schöpfung des Alphas direkt zu meiner Linken. Ich erkenne diesen Kopf als Symbolik einer bestimmten Loge wieder.

„Was will die Sonnenloge von mir?", begrüße ich den Neuankömmling distanziert formell und nehme einen weiteren beherzten Zug von meiner Zigarette.

„Der Anführer erbittet eine Audienz", erwidert der Informant in selbiger Weise. Das Geräusch des geschäftigen Treibens der anderen Logenmitglieder, außerhalb meines Büros, ist für einen unangenehmen Augenblick lang das einzig wahrnehmbare Klangbild.

Die Sonnenloge. Gerade diese hochnäsigen, Schwanz vom Oberboss lutschenden, Pseudo-Elite-Arschgeigen. Wenn die auf den Plan treten, ist meist die Kacke gewaltig am Dampfen. Plustern sich als besonders wichtig auf, sind im Endeffekt jedoch nur die direkten Laufburschen des Oberbosses. Und dennoch: Sie sind unsere Gefährten. Unsere Brüder und Schwestern. Von daher...

„Dem werde ich natürlich nachkommen", sage ich letztlich mit vorgehaltener Neutralität in der Stimme.

„Das zu hören, ist Balsam für meine müden Ohren", erklingt eine neue Stimme, deren Ursprung in Form eines unnormal attraktiven Mannes, hinter dem Informanten hervortritt. Perfekt nach hinten gegelte, tiefschwarze Haare. Nonchalant zurechtgestutzter Kinn- und Oberlippenbart, der eine optimal verschlossene Rundung ergibt. Klare, blaue Augen, die vor Erfahrung und Offenherzigkeit nur so strotzen. Generell ist das Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Dieses wirkt zwar im Angesicht des fast schon strahlenden, weißen Anzuges, ziemlich bleich, jedoch tut dieser Fakt dem Gesamtbild keinerlei Abbruch. Seine weiß behandschuhte Hand der Begrüßungshalber ausgestreckt. Er lächelt mich freundlichst an. Bevor ich diese ergreife, drücke ich die begonnene Zigarette im Aschenbecher aus und erhebe mich von meinem Platz. Auch, wenn mir die Sonnenloge stinkt, besitze ich Respekt vor jedem Mitsyndikatler.

„Setz dich. Da du bei mir zu Gast bist, nehme ich mir die Freiheit, dass „Sie" zu überspringen", sage ich ohne Umschweife und bedeute dem Schönling den Platz direkt zu meiner Linken einzunehmen. Der Informant verharrt weiterhin reglos an seinem Erscheinungsort. Nickend tut der irrsinnig hübsche Neuankömmling, wie ihm geheißen.

„Was kann ich für die Sonnloge tun und was fast noch wichtiger ist, mit wem habe ich dieses unerwartete... Vergnügen?", beginne ich zwar höflich, lege dann aber eine hoffentlich nicht zu offensichtlich abschätzige Betonung auf das Wort „Vergnügen".

Mein Gesprächspartner verzieht seine dünnen Lippen zu einem sanften Lächeln, ehe er zu antworten beginnt:"Ich bitte vielmals um Entschuldigung, mein lieber Ke- oh. Ich meine Einauge. Mein Name ist Torsten, aber da dies ein sicherlich wenig klangvoller Name ist, wie ich deinem Versuch des verkniffenen Lachens entnehme, besitze auch ich ein Pseudonym. Kaleido"

Ich schaue ihn an. Und er mich. Dann bricht es aus mir hervor. Ein Lachkrampf sondergleichen. Verdammte Scheiße, ist das geil!

„Ein Torsten, der sich „Kaleido" nennt!? Das ist unbezahlbar. Hast du einen Bruder namens Günther, der sich „Skop" nennt!? Die Gebürder Kaleidoskop!?", pruste ich im Lachen hervor. Kalaidos Lächeln wird noch eine Spur freundlicher.

„Woher wusstest du das?", kommt von meinem Gegenüber trocken. Mein Lachen erstirbt. Ich schaue ihn an. Und er mich. Dann brechen wir beide gemeinsam in schallendes Gelächter aus. Eine große Woge der Entspannung gleitet durch meinen Geist, als wir uns wieder beruhigt haben.
„Du hast Humor, Kalaido"
„Und du bist ein interessanter Boss, Einauge. So völlig anders, wenn ich mir die übrigen Logenbosse so anschaue", erwidert der Boss der Sonnenloge ungemein höflich. Ich biete ihm eine Zigarette und etwas zu trinken an. Er lehnt beides mit einer subtilen Handgeste ab.
„Inwiefern bin ich denn besonders?", frage ich letztlich aufrichtig interessiert.
„Nun. Da wäre zuerst deine zutiefst unorthodoxe Art mit deinen Untergebenen umzugehen. Vulgär, doch beinahe brüderlich. Distanzlos, doch streng. Dann dein Charakter. Ohne dir zu nahe treten zu wollen, dein Wahnsinn ist beinahe spürbar. Jedoch trübt er dein Urteilsvermögen kaum", erklärt Kalaido mit einer Faszination in der Stimme, die mir seltsam bekannt vorkommt. Ich verschränke abwehrend und ertappt meine Arme.

„Du hast mich beobachtet?", lasse ich meiner Vermutung freien Lauf.
„Die Sonnenloge beobachtet alles, was mit dem Syndikat zu tun hat. Die Mondloge jedoch ist eine der vielen Logen, die ihre Angelegenheiten effizient zu lösen vermag. Gerade wenn es um... ehemalige Kollegen geht", erklärt Kalaido sanft. Eine zutiefst unangenehme Gänsehaut überkommt meinen Körper. Für einen Moment ist mir, als wäre die eigentlich konstante Raumtemperatur in den eisigen Minusbereich gefallen. Dann fällt mir auf, woher ich sein Gesicht kenne. Er ist einer der Zuschauer gewesen, die den Kampf gegen Paleo verfolgt haben.
„Paleo war ein Verräter...", murmele ich fast zu leise und drohe gedanklich abzudriften.

„Das war er, in der Tat. Was er mit deiner armen Sera angestellt hat. Unfassbar grausam. Der lodernde Hass deiner Frau und dir war spürbar. Ich muss schon sagen, dass ich es nicht anders getan hätte, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre", antwortet mein Gegenüber mit mitfühlenden, geschlossenen Augen. Kommt nicht oft vor, dass mich wer „versteht". Zumindest gibt mir Kalaido das Gefühl verstanden zu werden.
„Doch lass uns den Part verlassen und zu meinem eigentlichen Anliegen kommen, mein lieber Einauge", fügt Kalaido hinzu und öffnet seine dann scharf blickenden Augen. Ich schaue ihn, aus der Melancholie herausgepeitscht, interessiert an.

„Ich muss dir leider mitteilen, dass der falsche Gott kurz davor ist, die Apokalypse einzuleiten. Er hat es unter Anderem auch auf dich abgesehen, Einauge und er ist mächtiger geworden" Die nächste Stille tritt ein. Dies ist keine Information, die mir neu ist. Im Gegenteil. Der Alpha hat bereits darüber gesprochen beim Treffen der Genesis-Wesen.
„Ist mir bewusst. Der falsche Gott hat bereits Bekanntschaft mit meiner Faust geschlossen. Wir haben doch bereits den Plan vom Oberboss bekommen, was bezüglich der nahenden Krise für uns zu tun ist", gebe ich stirnrunzelnd zurück. Kalaido nickt zustimmend und hebt seine Hände zur unterstützenden Gestikulation.
„Mir ist bekannt, dass du bereits zwei Mal auf ihn gestoßen bist. Und wenn wir die Unterstützung der Genesis-Wesen hätten, wäre er auch kein Problem. Aber sie werden sich allem Anschein nach zurückhalten. Daher bist du in Gefahr. Wir haben die Geschicke des Mannes beobachtet, der wahrscheinlich in der Lage sein wird, Worse aufzuhalten. Er ist auf einem guten Weg. Jedoch überbringe ich dir hier und jetzt die Anweisung des Oberbosses: Alle Logen haben sich in die entsprechenden Anlagen zurückzuziehen"

Ich stutze. Diese Informationen brauchen einige Augenblicke, um von meinem Geist verarbeitet zu werden.
„Warum schickt er dich dafür?", kommt nach einer Weile nachdenklich und ernsthaft perplex.
„Weil er keine Zeit für eine Konferenz hat. Er selbst zog sich bereits zurück. Die Informanten sind in Alarmbereitschaft und eskortieren die Mitglieder in die Sicherheitsbereiche. Die Frage ist, was wirst du tun, mein Lieber Anführer", fragt Kalaido mit interessiertem Gesichtsausdruck. Diese Thematik erfordert eine Nachdenkzigarette. Abermals biete ich meinem Gegenüber eine an. Abermals lehnt er diese ab. Einige Male lasse ich das lungenschädliche Nikotin-Rauch-Gemisch in meine Lunge gleiten und als grau-bläulichen Rauch aus meinem Mund herausströmen.

„Ich habe noch zu viel zu erledigen, als dass ich mich zurückziehen kann", gebe ich eine Weile später gedankenverloren zurück. Sleepless' neuer Fähigkeitentest zum Beispiel. Dem werde ich dieses Mal beiwohnen. Ein Schulterklopfen holt mich in das Hier und Jetzt zurück. Kalaido ist zwischenzeitlich aufgestanden und befindet sich jetzt direkt hinter mir.

„Ich wünsche dir viel Erfolg, Einauge. Sei versichert, dass das Syndikat auch auf deine Liebste Acht geben wird", versichert mir der Schwarzhaarige sanft. Ich lege meine Hand auf die Seine und übe leichten Druck auf Diese aus.
„Das weiß ich zu schätzen. Danke. Ihr seid doch nicht so übel", erwidere ich glucksend und spüre, wie die Berühung Kalaidos mit einem Mal endet. Er ist weg. Der Informant ebenso. Es wird ihn mitgenommen haben. Was für ein Charakter. Nun wird es aber Zeit, mich um den heterochromen Serienmörder meines Herzens zu kümmern. Ich erhebe mich von meinem Platz und mache einen Abstecher in die Krankenstation, um mir eine der seltenen schwarz-gräulichen Spritze zu besorgen. Eine Aufputschspritze, falls man übermüdet ist, aber aus Gründen nicht schlafen gehen kann. Liefert Energie eines ganzen Tages, mit ekelhaften Nebenwirkungen. Mir schaudert es, wenn ich daran denke. Der Körper wird den Schlafrückstand brachial ausgleichen, wenn die Wirkung vergeht. Injiziere mir die Spritze in Anwesenheit der Logenärztin und fast sofort ist meine Müdigkeit vollständig beseitigt.
„Nun aber los", murmele ich und spüre im nächsten Augenblick das vertraute Gefühl der überragenden Geschwindigkeit. Erst geht es kurz in Sleepys Lieblingsbar und lasse mir eine Bloody Mary mixen. Will dem Hausherren doch eine Belohnung zuteil werden lassen.

Keine zehn Sekunden später, stehe ich vor dem Einfamilienhaus, welches Sleepless als Versteck nutzt. Schlicht liegt es beinahe Wand an Wand neben anderen, ähnlich aussehenden Häusern. Ich klopfe einige Male an der braunen Haustür. Schwere Schrittgeräusche von innen, die stetig lauter werden. Kann mir nicht helfen. In Erwartung, Sleepless zu sehen, füllt sich mein Herz mit Freude und der Körper reagiert darauf mit einem fetten Grinsen. Das bekannte Gesicht des Schlaflosen erscheint im Türrahmen. Als er mich sieht, verzieht er seinen Mund zu einem breiten Grinsen.
„Na du alter Sehkrüppel!?"
„Na du Leuchtscheinwerfer!?", erwidere ich amüsiert. Er lacht. Ich auch. Wir klatschen einander ab. Dann gibt er den Weg in seine Bude frei. Grinsend nicke ich ihm zu und betrete das ehemalige Haus von Sleepless' Onkel. Dass er sich nicht wundert, weshalb ihn die Polizei nicht verfolgt, wo er in der Nachbarschaft so offensichtlich eine Schneise der Todes hinterlässt. Syndikat regelt, solange mein schlafloser Freund nicht zu sehr eskaliert. Habe ihm, als ich an ihm vorbeigehe, die Bloody Mary in die Hand gedrückt. Allein das breite Grinsen zu sehen, hat mir zutiefst gefallen.

Als Alice mich sieht, zieht sie ihre Augen zusammen und nickt eine stumme Begrüßung. Sie tut gut daran, ihre kleine Klappe zu halten. Da liegt es. Die Leiche des Clowns Laughing Jack. Zumindest die Version, die Sunny für den Test hergestellt hat. Ist nicht leicht gewesen, an eine Probe des Wesens zu kommen. Selbst der Alpha ist nicht freizügig gewesen mit dieser Information. Ist ja auch irrelevant. Der Test scheint ein voller Erfolg gewesen zu sein. Sleepless geht an mir vorbei und tritt noch einmal mit Schmackes gegen die Leiche des Fake-Ljs. Gott ich liebe diesen Mann.
„Nicht schlecht, du krankes Genie", lobe ich Sleepless kopfnickend. Dieser lässt sich seufzend auf dem Sessel nieder und nimmt einen großen Schluck vom blutroten Getränk. Er sieht zutiefst erschöpft aus. Ich lehne mich gegen die Wand und beobachte ihn. Seine ganze Art. Ihn aus der Nähe zu sehen, ist jedes Mal wieder überragend. Kann leider nicht allzu lange bleiben. Muss die Leiche entsorgen lassen.
"Sleepless?"
„Einauge?", kommt von ihm, ohne mich anzuschauen. Eine Gänsehaut überkommt meinen Körper.
„In zwei Tagen. Du und ich. Bar?"

„Versteh die Frage nicht", lacht Sleepless und hebt seine Bloody Mary auf mich. Ich nicke ihm zu, gehe zu Lj's Leiche, um sie über meine Schulter zu hängen.
„Der bringt ein ordentliches Kopfgeld", sage ich zum Abschied und sehe mich nach ca 15 Sekunden Teleportation innerhalb einer steril wirkenden Halle wieder.
„Ist er das?", fragt mich eine atemberaubend schöne, rothaarige Frau. Mit ihren pechschwarzen Augen schaut sie mich mit einer Mischung aus Abneigung und Interesse stechend an. Ein Laborkittel, der für jemanden wie sie sehr untypisch ist, ziert ihren Oberkörper. 

„Herzallerliebste Liliana. Es ist immer wieder eine Freude dich zu sehen", erwidere ich breit grinsend. Liliana. Mitglied in der Sichelloge. Zutiefst zuverlässig, jedoch eigenwillig in ihrer gesamten Art.
„Spar dir den Scheiß, Einauge. Noch mal. Ist er das?", gibt sie entnervt zurück und deutet mittels Kopfnicken auf den toten Lj-Klon der auf meiner Schulter überhängt. Ich nicke bejaend und lege ihn auf einen der zahlreichen freien Metalltische ab. Die Gerätschaften, die in dem Raum verteilt sind, lassen diesen Ort wie einen OP-Saal, oder eine Pathologie wirken. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte mich der Eindruck auch getäuscht. 

„Jetzt bitte deinen Teil der Abmachung", sage ich breit grinsend. Liliana schaut mich entnervt an. Schließt ihre Augen für einige Sekunden, als würde allein meine Stimme ihr großes Unbehagen bereiten.
„Ist das wirklich notwendig? Hast du es wirklich so nötig?", kommt zischend von der rothaarigen Schönheit.
„Ja. Das hat er. Scheiß Lüstling", spricht eine Person hinter mir aus dem Schatten. Ein Junge mit weißen Haaren, einem roten Pullover und pechschwarzer Hose tritt hervor. Schaut mich von oben herab an. Er trägt ein Stirnband mit einer Stirnplatte, auf welcher ein rotes Auge eingeritzt ist. Als wenn das nicht schon seltsam genug anmutet, erinnern mich seine komischen Arme an Echsenpranken.
„Und du bist?", kommt geringschätzig von mir. Er sieht zwar eigenwillig aus, aber strahlt in keinster Weisung eine ernsthafte Bedrohung für mich aus.
„Saiko, spar dir deinen Atem. Das ist Einauge, der Anführer einer Loge. Wir haben darüber gesprochen, hüte deine Zunge vor den Bossen", bremst Liliana den Neuling. Er hat sich von hinten fast angeschlichen, ohne dass ich es bemerken konnte. Schaffen nicht viele, wenn sie nicht gerade zu den Informanten gehören. Muss man ihm neidlos anerkennen. Derjenige, den Liliana mit „Saiko" angesprochen hat, betrachtet mich vollkommen abschätzig.

„Der ist ein Boss? Was soll so interessa-", weiter kommt er nicht. Habe mich hinter ihn teleportiert und ramme ihm mein Knie mit Schmackes, voll in den Rücken. Er keucht und taumelt nach vorne. Dreht sich pfeilschnell um. Setzt zum Gegenangriff an.
„Saiko, stopp! Talia dixerunt in inferno utilitates meo", spricht mit einem Mal Liliana in einer ruhigen Stimme, worin jedoch eine latente Bestimmtheit mitschwingt. Saiko zuckt zusammen. Schaut Liliana perplex an. 
„Was zum Teufel ist so beson-"
„Saiko. Ruhe!", befiehlt sie mit etwas brodelnderer Stimme, die sogar mich einschüchtern würde, wenn es mir nicht so scheißegal wäre. Der streitsüchtige junge Mann lässt endgültig ab von mir und geht beiseite. Ich grinse breit und gehe an ihm vorbei. Klopfe auf seine Schulter. 
„Eines Tages bekommst du deine Chance von mir getötet zu werden", gluckse ich und gehe auf Liliana zu. Saiko knurrt mich lediglich wutentbrannt an.
„Deine Belohnung?", fragt sie knurrend. Ich winke lediglich ab.
„Allein dein wunderschönes Gesicht zu sehen, ist Belohnung genug. Alsdann. Man sieht sich. Hab Spaß damit", erwidere ich grinsend, winke beiden ironisch zum Abschied und verschwinde aus dem Versuchslabor der Sichelloge.

2 Tage später

Was für ein beeindruckend schöner und sanfter Abend. Die leichte Brise des frischen Windes, streicht mir mit kühlender Zärtlichkeit ums Gesicht und lädt meine kurzen, blonden Haare zu einem sachten Tanz ein. Mein Treffpunkt mit Sleepless. Seine Lieblingsbar. Als ich diese Spielunke betrete, nickt mir die Bardame mit den irrsinnig großen Brüsten, vielsagend zu. Mein Mund verzieht sich zu einem kurzen Lächeln, als ich am Tresen vorbeigehe. Sleepless sitzt bereits an einem Tisch und genehmigt sich sein Standardgetränk.
„Hey, Neue im Frauenhaus?", begrüße ich ihn breit grinsend. Er blickt auf, offenkundig bis eben in Gedanken versunken. So wie immer. In seinem Blick spiegeln sich Fragezeichen.
„Grünes und blaues Auge. Grün-blau geschlagen. Frauenhaus", erkläre ich wild gestikulierend. Er schaut mich an. Grinst breit. Lacht auf und winkt ab. Ha! Er hat gelacht. Sehr gut. Ich nehme ihm gegenüber Platz. Als die Bardame vorbeikommt, ordere ich mir ein Schwarzbier.
„Worüber hast du so nachgedacht, mein Freund?", frage ich ihn ehrlich interessiert. Der Angesprochene nippt an seinem Drink und mustert mich.
„Diese neuen Kräfte. Habe das Gefühl, dass sie etwas in mir ändern. Mit meinem Charakter", spricht Sleepless und scheint dabei die schwach bewegende Oberfläche des blutroten Getränks zu beobachten. Ich weiß genau, was er meint. Und dieser Irre hat sich gleich zwei dieser Spritzen reingejagt. Ein Wunder, dass er noch lebt. Ich wäre schon an einer fast draufgegangen.

„War bei mir nicht anders. Es ist, als gäbe es einen Aspekt, der sicher von Grund auf neu strukturiert", gebe ich ehrlich verständnisvoll zurück und nehme einen tiefen Schluck meines Schwarzbieres, das die Bardame in der Zwischenzeit serviert hat. Der Mann mit den verschiedenfarbigen Augen hebt seinen Blick.

„Üble Angelegenheit. Aber sei versichert, Sleepless. Du entwickelst dich in eine Richtung, die nicht besser sein könnte", füge ich noch nachdenklich hinzu.

„Hör auf herumzuschwulen", gibt der Schlaflose mit einem breiten Grinsen zurück. Kurz erschrecke ich und beginne dann kurz laut aufzulachen.
"Du hast den Auftrag also angenommen, Sleepless", sage ich nach einer ganzen Weile, nachdem mein Bier geleert und ersetzt worden ist. Sunny hat ihm einen neuen Auftrag übergeben, der dieses Mal echt ist und von der Jägerloge stammt. Ab und zu kommt es vor, dass die Loge Kopfgelder annimmt, in denen es um übernatürliche Wesen geht. Dieser wurde freigestellt. Guter neuer Test für Sleepless. Er nickt grinsend.

„Wann beginnt der Spaß"
„Noch heute Nacht. Und du kannst dabei sein", gibt er zurück und ext seinen Cocktail. Ich tue es ihm gleich und nicke grinsend. Das wird ein Spaß werden. Sleepless Kräfte Seite an Seite zu sehen. Ich hoffe, dass ich mich zusammenreißen kann.

Wir stehen gleichzeitig von unseren Plätzen auf. Die Bardame pfeift, nachdem Sleepless ihr zugenickt hat. Mit einem Mal leert sich die gesamte Bar. Lediglich das Busenwunder bleibt da und richtet das Etablissement unserer Zwecke gemäß ein. Der Trinkbereich wird von Tischen und Stühlen freigeräumt. In der Mitte des Raumes steht, als wir mit den Umräumarbeiten fertig sind, ein verdecktes, mannhohes Objekt. Ein Spiegel, soweit ich weiß.

Das Klicken des Schlosses von außerhalb der Bar, lässt uns wissen, dass die Eingangstür nun verschlossen ist. Wir sind nur noch zu zweit. Aufregung breitet sich immer weiter in mir aus. Ebenso wie eine gewaltige Woge der beflügelnden Euphorie. Ich freue mich endlich mal auf einen Kampf. Einige Zeit lang bin ich damit beschäftigt, die unzähligen, willkürlich auf dem Boden verteilten Kerzen anzuzünden. Das Licht ist bereits ausgeschaltet. Das warme, schummrige Licht der Kerzen, lässt Sleepless' Gesamtbild noch schauriger wirken. Gerade seine leuchtenden, verschiedenfarbigen Augen. Er wirkt einfach nur permanent, als wäre er der größte Badass aller Zeiten.
„Lass die Show beginnen!", rufe ich von Euphorie getrieben und Arme ausgebreitet. Sleepless kichert amüsiert. Wir beide stellen uns vor den Spiegel, welchen der Schlaflose von seiner Bedeckung befreit.„Bloody Mary. Bloody Mary. Bloody Mary!!", schreit Sleepless lauthals. Nichts passiert. Keine Regung. Von nirgendwoher. Kein klischeehafter Geisterschleier. Oh man. 

„Das ist doch Bullshit!", rufe ich , teleportiere mich auf einen der letzten noch in der Nähe befindlichen Stühle und lasse mich auf diesen nieder. Höre ein schweres Seufzen seitens Sleepless. Er dreht sich um. Will gerade losgehen. Das Nächste geht viel schneller, als dass ich reagieren kann. Eine bleichgraue Hand greift nach Sleepless. Berührt seine Schulter. Der Serienmörder erschrickt. Wirbelt pfeilschnell um. Schlägt dabei die Hand weg. Ich bin alarmiert. Teleportiere mich direkt neben Sleepless. Sehe mich einer vollkommen erbleichten , weiblichen Kreatur gegenüber. Schwarze, lange, verfilzte Haare hängen ihr im Gesicht. Schwarz-rötliche Flüssigkeit trieft aus ihren Augen. Erinnern mich an blutige Tränen. Dieselbe blutähnliche Flüssigkeit fließt unaufhörlich aus ihrem Mund und beschmutzt ihr ohnehin schon dreckiges, ehemals weißes Nachthemd. Widerwärtiges Geisterweib. Allein schon der Anblick sorgt dafür, dass ich hiernach eine intensive Black-Cat-Sex-Therapie brauche. Alles an der ist ein natürliches Verhütungsmittel. Und der Geruch. Wenn Scheiße mit verwesenden Gedärmen ficken und ein totgeborenes Exkrementwesen erzeugen, käme es diesem gleich.
„Als Cocktail sieht sie wesentlich appetitlicher aus", stimmt mir mein bester Freund angeekelt zu. Ich lache kurz auf. Das Geisterweib verharrt reglos an ihrem Erscheinungsort, außerhalb des Spiegels.
„Ihr seid keine normale Menschen. Sagt, was wollt ihr von mir?", kommt von Bloody Mary mit ätherisch, schiefverzerrter Stimme.

Der Kampf tobt.. und endet.. beinahe

Muss tief durchatmen. Das Ganze hat mir mehr Kraft geraubt, als ursprünglich angedacht. Letztendlich hat es Sleepless geschafft, die Kräfte des Geistes außer Gefecht zu setzen. Ihr Ausdruck verändert sich sekündlich in einen beinahe menschlichen. Etwas daran missfällt mir. Sie.. lächelt uns an.
„Nenne mir deinen Namen?", verlangt das Wesen mit überraschend freundlicher Stimme. Jedenfalls so freundlich, wie es mit einer disharmonischen Stimme möglich ist. Hebe meine Augenbraue und verschränke abwehrend meine Arme.
„Mein Name ist ... Sleepless. Das hier", er deutet nickend auf mich „ist Einauge", stellt er uns überlegen vor. Verneige mich übertrieben tief.
„Ihr seid wahrhaft keine normalen Menschen. Ihr werdet genauso gefürchtet, wie ich. Sie hassen euch und wenn sie die Chance bekommen, werden sie euch töten. Genau wie sie es bei mir taten", sagt sie mit einer traurig anmutenden Stimme.

„Ich würde niemandem trauen, der aus dem Gesicht menstruiert, Sleepless", haue ich trocken raus. Sleepless wirbelt zu mir um. Schaut mich seltsam unsicher an. Stille.. Dann brechen wir beide in schallendes Gelächter aus. Er schüttelt sich etwas, wischt eine Lachträne aus dem Gesicht und wendet sich dann wieder zum Geist, deren Gesichtsausdruck unverändert unlesbar bleibt. Er fängt sich relativ schnell wieder, ehe er zu antworten beginnt.
„So sind die Menschen. Das sollen sie gerne versuchen. Bin eine Krankheit, die diese Welt überkommt. Wenn ich dabei sterbe, dann soll es so sein. Doch vorher nehme ich so viele mit wie ich kann" Das scheint Bloody Mary zu amüsieren, denn ihre Reaktion besteht aus einem herzhaften Kichern. Sie lächelt uns weiterhin an und lässt sich mit einem Mal auf die Knie fallen.

„Sleepless. Bitte bring es zu Ende", bittet sie fast schon sanftmütig. Sie ist geschlagen. Leidet. Interessantes Wesen. Gut, dass wir es nun beseitigen können. Sleepless geht auf sie zu. Packt sie bei ihren Haaren und hebt den Geist zu sich nach oben.
„Halt mir einen Platz in der Hölle frei, Mary". Ein Satz von ihm. Ein Schnitt durch ihre Kehle. Sie bedankt sich mit röchelnder Stimme. Dann ist sie nicht mehr. Einige Augenblicke stehen wir wortlos vor der Leiche der Bloody Mary.
„Sie hat gelitten. Das hat man gemerkt", sagt Sleepless leise und schließt für einige Momente die Augen. Er sieht mitgenommen aus. Sowohl körperlich, als auch geistig. Kann es sein, dass einer der gefürchtetsten Serienmörder, der mir je untergekommen ist, menschlicher ist, als man ahnen könnte? Facettenreich, dieser Teufel. Doch wie sagt man so schön: selbst Luzifer war einst ein Engel. Ein leichtes Lächeln legt sich über meine Lippen, als ich ihm auf die Schulter klopfe.

„Wir alle leiden. Auf unsere Weise. Wichtig ist, wie wir dieses Leiden umprogrammieren. Wenn du das verstanden hast, bist du auf einem guten Weg, Raphael", erwidere ich und bin währenddessen bereits auf dem Weg zum Tresen dieser Bar. Er bekommt eine ganz besondere Bloody Mary. Er antwortet nicht. Lässt es wahrscheinlich einfach so stehen. Währenddessen lässt sich mein bester Freund schwer seufzend auf demselben Stuhl nieder, den ich vorher auch benutzt habe. Neben diesem Teufelskerl zu kämpfen ist eine wirklich großartige Erfahrung gewesen. Schnelligkeit. Stärke. Instinktives, strategisches Bewusstsein. Was für ein unfassbar kranker Scheißkerl. Während ich dem Helden der Schlacht den Belohnungsdrink zubereite, mixe ich ihm eine besonders... nun... blutige Zutat ins Getränk.

„Den Sinn für Humor wirst du wohl nie verlieren, oder Einauge?", lacht Sleepless, als ich ihm seine Bloody Mary bringe. Wenn Ironie, dann richtig. Meine Antwort besteht lediglich aus einem breiten Grinsen. Der heterochrome Serienmörder setzt zu einem beherzten Schluck des Drinks an. Einige Sekunden stockt er. Scheint über den seltsamen Geschmack nachzudenken. Dann dreht er seinen Kopf in fast schon slow-mode-artiger Geschwindigkeit zu mir. So breit grinsend, wie selten.
„Du hast ernsthaft Marys Blut in das Getränk gemixt, du kranker Bastard!?", ruft er in einer entspannt, lockeren Heiterkeit, sodass sich automatisch auch mein Gemüt erhellt. 
„Keep it real", erwidere ich lachend, klatsche zur Verabschiedung mit ihm ab und verschwinde, den toten Geist über die Schulter hievend, per Teleportation.

„Und da denkt man, der Tag könnte nicht nerviger werden", murrt die rothaarige Schönheit, als ich Bloody Mary bei ihr abliefere. Ohne großartig zu versuchen vorsichtig zu sein, lasse ich die Leiche auf einen der Metalltische knallen. Der Fake-Laughing-Jack ist bereits „entsorgt". Zumindest befindet er sich nicht länger hier.
„Quatsch keine Opern, Liliana. Ich warne dich.", knurre ich zurück. So schnell, wie meine gute Laune bei Sleepless aufgekommen ist, ebenso zügig ist sie wieder vergangen. Wäre lieber noch bei ihm geblieben, doch die verdammten Pflichten.
„Was ist denn mit dir? Hat dich deine Frau nicht rangela-", weiter kommt sie nicht. Sie bekommt meine Faust ins Gesicht geknallt, als ich mich direkt vor sie teleportiert habe. Sie taumelt ein paar Meter zurück, ehe sie etwas perplex wieder kerzengerade dasteht. Keine Reaktion.

„Ich habe dich gewarnt. Noch ein dummer Spruch und schwöre dir, dass du die Nächste bist, die auf diesen Tischen hier liegt", drohe ich ihr, den Griff meiner Pistole berührend. Sie antwortet nicht. Ihre Augen verfinstern sich zunehmend.
Sieht dieser kleinen Dämonenschlampe ähnlich. Niederes Rangvolk... Man muss denen immer wieder ihre Grenzen aufzeigen", dröhnt Asmodi voller Verachtung in meinem Geist.

„Ach. Redest du jetzt wieder mit mir, Asmodi!?", blaffe ich versehentlich laut. Stille. Liliana ballt kurz ihre Hände zu Fäusten, entspannt sich aber sichtlich schnell wieder.

„Was möchtest du hierfür?", kommt seufzend von Liliana, die sich offenkundig dazu entschieden hat, die Thematik zu wechseln.
„Tu mir einen Gefallen hierfür. Bring dich in Sicherheit. Die Loge braucht dich und Worse wird auch dich jagen", erwidere ich kühl und wende ihr den Rücken zu. Schweigen. Spüre die stechenden Blicke von Liliana und ihrem anhänglichen Schatten. Man, hat der sich zusammenreißen müssen, als ich der Rothaarigen eine geballert habe. Schade. Ich hätte gerne mein Versprechen eingelöst. Was soll's.

„Bis dann, ihr zwei", verabschiede ich mich mit besonderer Betonung auf das Wort „Zwei". Noch einmal lasse ich nicht zu, dass sich so ein Balg an mich heranschleicht. Eine Sache habe ich noch zu erledigen.

Kurze Zeit später...

Erfrischender Nachtwind. Fühlt sich an, als würde dieser mich für mein nächstes Unterfangen motivieren wollen. Auf einem Ast sitzend, schweift mein Blick über die teils konstanten, teils blinkenden Lichter dieser Stadt. Dieser Ausblick, fernab neugieriger Blicke, ist schlichtweg atemberaubend. Immer wieder aufs Neue. Den gräulichen Zigarettenrauch in den vorüberziehenden Luftzug pustend, erwarte ich sein Auftreten. Zweifelnde Gedanken wollen mir mein engstirniges Vorhaben ausreden.
Was du nicht alles tust. Du bist wahnsinnig"

„Ich weiß. Das bin ich, Asmodi. Und egoistisch. Ich lasse eine ganze Welt draufgehen...für meine Interessen", erwidere ich mit durch Rauch in der Lunge gedämpfter Stimme.

„Was zum-", ertönt plötzlich eine donnernde Stimme unter meinem Baum. Er ist hergebracht worden.
„Gute Arbeit, Informanten", sage ich laut. Und in Gedanken füge ich „Und danke, dass ich das tun darf, Alpha" hinzu. Das, was ich zu tun gedenken, hätte ich nicht tun können, wenn er dagegen gewesen wäre.

„Du!? Hätte ich wissen müssen. Wo immer diese ekelhaften Informanten sind, kannst du nicht weit sein, du Made", spricht der falsche Gott, der zu mir „eingeladen" wurde. Ich teleportiere mich direkt vor ihn. Diese knisternde Aura, die von ihm ausgeht ist mehr, als nur erdrückend. Worse ist mächtiger denn je und höchstwahrscheinlich kurz davor, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Ich frage mich noch immer ,weshalb die Genesis-Wesen dagegen nichts unternehmen. Aber sie werden ihre Gründe haben.

„Spar dir deine Allmachts-Klischees und hör mir einfach zu"
„Was könntest du mir zu sagen haben. Was noch wichtiger ist, warum sollte ich dich nicht hier und jetzt auslöschen!?", entgegnet er von oben herab. Diese Arroganz. Kommentarlos hole ich aus meiner Robe den Geldschein heraus, den ich vom Halter des Reichtums erworben habe. Worse stockt, als er diesen offenkundig wiedererkennt.

„Ich gebe ihn dir unter einer Bedingung. Du lässt Sleepless am Leben"

Stille herrscht vor. Dann beginnt Worse schallend aufzulachen. Mein Ausdruck bleibt kalt. Asmodi in mir knurrt. Er will Worse am liebsten zerfleischen.

„Ich habe nicht wenig Lust, dich einfach zu vernichten und das Objekt aus deinen toten Händen zu fischen", kommt von Worse hochnäsig. Seine Augenringe lassen seine Augen nur noch gespenstischer wirken.

„Dann kann ich leider nicht garantieren, dass du danach noch lange existierst. Der Alpha schätzt es nicht, wenn jemand Hand an seinen Champion legt. Und ich bezweifle, dass dir in deiner so großen Allmacht entgangen ist, wer er wirkli-", Worse lässt mich nicht ausreden. Seine Hand umgreift meinen Hals. Er würgt mich. Erschrocken und mit ansteigender Panik, versuche ich mich aus seinem Griff zu befreien.

„Mir ist bewusst, wer er ist. Und ich weiß auch, dass du Made sein Handlanger bist. Aber vielleicht gibt er sich zu erkennen, wenn ich sein Schoßhündchen aus dem Spiel nehme", sagt Something Worse mit eisiger Stimme und legt seine andere Hand an meine Brust.

„Außerdem lege ich keinen Wert auf dieses läppische Objekt. Netter Versuch. Und was Sleepless anbelangt,", er pausiert. Mein Körper fühlt sich immer seltsamer an. Nicht durch das Würgen. Eher so, als würde er aller Kraft beraubt. Mein Auge fängt einige Bildfetzen auf. Etwas beginnt meinen Körper zu umfangen.

„W-W-was"
„Sleepless werde ich alles nehmen, was er liebt. Er ist ein Ärgerniss. Insignifikant. Jedoch eines, das ich nicht ignorieren kann. Du wirst nicht sterben. Noch nicht. Vorerst wirst du in einer Art Gefängnis verharren. In der Zwischenzeit werde ich dieser Welt geben, was sie verdient. Danach bist du dran", hält der falsche Gott diabolisch grinsend seinen Monolog und etwas, das wie eine violette Wand aussieht, zieht sich um mich herum vom Boden aus in die Höhe. Worse lässt mich gerade noch rechtzeitig los, damit er seinen Arm vor dem Etwas wegziehen kann. Will mich mittels Teleportation in Sicherheit bringen. Fehlanzeige. Die Wände ziehen sich weit über mich. Schließen sich über mir zu. Pure Dunkelheit, in der ich gefangen bin.
„SCHEIßE!!! Lass mich hier raus, du verfluchter, gottesarschgefickter Nuttensohn. Ich schwöre, dass ich dich jage, wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst! HÖRST DU MICH!? Du hast mich zu deinem Todfeind, Dheunos!", schreie ich aus voller Kehle und nutze dabei Melissas Stimmenkraft, die ich mir einst von ihr abkopiert habe. Keine Reaktion. Versuche mit dem Schall Paleos mein Glück. Nichts rührt sich. Seras Magie. Fehlanzeige. Sleepless' Entkräftung. Selbst das nicht.
„VERFICKTE SCHEIßE!! Asmodi!? Kannst du was unternehmen?", schreie ich immer panischer und wütender. Keine Antwort. Keine Bindung zum Dämon.
„FUCK! NEIN! Das kann nicht sein"

Etwas ist seltsam. Noch seltsamer, als der momentane Zustand. Ich werde schwächer. Müder. Als würde mich diese.. Scheiße.. Diese Wand saugt Kräfte aus... Ein letztes Mal klopfe ich gegen die Wand, ehe ich das Bewusstsein verliere.

Dämmrige Bilder schießen mir durch den Kopf. Ein dunkles Wesen mit ledriger Haut und schuppig wirkenden Flügeln. Asmodi. Ich habe ihn noch nie gesehen, doch ich weiß genau, dass er es ist. Sleepless, der sich am Boden windet. Von Schmerzen gepeinigt. Black Cat, die durch violette Blitze getroffen, leblos auf die Erde fällt. Zahllose Informanten, die geschlachtet vor den Füßen des Alphas liegen. Brennende Städte. Blut und Gedärme, die den Fußboden in rote Stückchenflüsse verwandeln.

„Einauge!"
Ich sehe, wie unzählige Menschen draufgehen. Mit einem Wimpernzucken. Es ist ein Massaker.
„Einauge!" 
Eine Stimme, die entfernt klingt, dringt immer näher. 
„Einauge. Es gibt eine Sache, die ihn aufhalten kann. Ein Mann ist unterwegs, um diese Katastrophe aufzuhalten" 
Aber wie? Wie kann ich da helfen?  Das vertraute Gesicht eines blonden Mädchen, blitzt vor meinem inneren Auge auf. Sera. Sie..sie spricht zu mir? 
„Du kannst nichts tun. Wenn es soweit, muss jeder Mensch auf der Welt bereit sein, auf den Mann zu hören. Du musst sie informieren! Es ist fast schon.. zu spät", spricht ihre mädchenhafte Stimme so ernst, wie ich es zu ihren Lebzeiten nie wahrgenommen habe. Aber ich bin.. gefangen..
„Nein. Mach die Augen auf. Es ist fast zu spät. Du bist schon seit fast zwei Tagen gefangen" Sera. Ich.. Es tut mir leid.. ich habe dich nicht
„Du hast mehr für mich getan, als jeder andere. Ich kann jetzt ruhen. Leb für mich!" Wie auf Kommando, reiße ich meine Augen auf, denn grelle Lichtstrahlen treffen auf mein Gesicht. Einige Informanten stehen direkt vor mir 
„Der Alpha hat Sie befreien lassen", erklärt ein Informant. Benommen rappele ich mich auf.
„Statusbericht!"
„Worse hat begonnen. Teile der Erde sind verwüstet. Millionen Menschen haben bereits ihr Leben gelassen"
„Wo ist Sleepless?" 
„In der Bar!"
„Danke. Geht und beschützt das Syndikat. Black Cat und den Alpha!" 
„Aber"
„Keine Widerworte!"

Keine Zeit zu verlieren. Ich kann mich wieder teleportieren. Sehe Sunny, Alice und Sleepless in der Bar. Er wirkt seltsam ruhig.
„Sleepless!", rufe ich dringlich. Der Angesprochene wirbelt erschrocken herum. Keiner sagt etwas.
„Sleepless. Es ist schrecklich. Schrecklich! Meine schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden", keuche ich und ringe nach Luft. Angestrengt durch die letzten Tage. Mein Körper will nicht so, wie ich will. Ich bin völlig am Ende. Sleepless' Augen weiten sich.
„Also ist dieses Wesen wirklich..."
„Dheunos apo Kémelom!", beende ich seinen Satz. Muss ihm unbedingt mitteilen, was Sera mir gesagt hat. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass es richtig ist. Er denkt nach. Scheint in der Vergangenheit zu hängen. Muss ihn ins Hier zurückholen.
„Hör zu, Sleepless. Es gibt nur noch eine Möglichkeit ihn aufzuhalten. Du musst-", weiter komme ich nicht. Schmerz, der alle meine Synapsen zu zermatern scheint, veranlasst meinen Mund zum Ausstoßen eines markerschütternden Schmerzenschreies. Auch Asmodi ist davon betroffen.
,Schriller Schrei. Verschwommener Blick, der sich auf meinen besten Freund richtet. Unbeschreiblicher Schmerz. Verursacht von einem Wesen, jenseits von Gut und Böse. Tief in mir brodelt dieser Todesschmerz. Taub davon, falle ich zu Boden. Mein bester Freund, ein Mann mit verschiedenfarbigen Augen, rennt von Panik getrieben, auf mich zu. Es ist fast schon amüsant mit anzusehen, wie einer der gefährlichsten Serienmörder, der auf diesem gottverfluchten Planeten wandelt, solch ehrliche Angst um Abschaum wie mich empfinden kann. Mein einziges Auge schließt sich. Endgültig. Ich gebe mich vollkommen der nagenden Dunkelheit hin. Versuche dabei meinem besten Freund noch etwas sehr wichtiges mit auf den Weg zu geben. Eine Information, die den Wendepunkt in dem vor ihm liegenden Kampf bringen würde. Zu spät. Verzeih mir, dass ich dir nicht nützlicher sein kann. Lebe wohl, mein Freund...Sleepless...Schwärze. Das war es wohl. Something Worse hat nicht zugelassen, dass ich die Information überbringe... ich habe versagt... Sera... Es tut mir leid... Immerhin sehe ich dich jetzt endlich wieder...Es tut mir leid, Black Cat... ich werde wohl nicht zurückkommen...Es ist schummrig. Dunkle, dichte Nebelschwarden umgeben mich. Scheinbar ohne mein Zutun, bewegen sich meine Füße nach vorne. Habe kein Körpergefühl mehr. Weder Schmerz, noch Taubheit.

„Kevin", dröhnt eine dämonische Stimme hinter mir. Ich drehe mich langsam um und entdecke eine irrsinnig große, dunkle Gestalt. Die Asmodis aus meiner Vision. Er sieht wirklich so aus. Doch etwas ist anders. Sein Arm beginnt langsam zu zerbröckeln. Es sind keine langen Bedenken nötig, um zu wissen, was gerade passiert.
„Wir sterben", stelle ich heiser fest.
„Nein. ICH sterbe. Du wirst leben", korrigiert er mich. Ich bleibe stumm. Muss die Information verarbeiten.
„Wie meint du das?", frage ich perplex.
„Schau mal an dir runter" Ich tue, wie mir geheißen. Mein Körper bleibt ganz. Er zerbröckelt nicht. Kein bisschen.
„Was hat das zu bedeuten?", kommt benommen von mir.
„Kannst du es dir nicht denken?" Einige Zeit denke ich nach. Dann kommt die bittere Erkenntnis.
„Du opferst dich für mich.. aber wie? Und warum? "
„Kevin. Du bist eine unfassbare Nervensäge. Und ich hasse euch Menschen. Aber du bist wahnsinnig und daher habe ich sogar so etwas, wie Spaß empfunden, dir zuzuschauen. Ich wäre eh gestorben.. Ich habe dein Leben mit Meinem überschattet und daher Worse' Kraft vollkommen auf mich genommen", erklärt der Dämon und beginnt bereits am anderen Arm zu zerfallen. Emotionen brechen hindurch. Trauer. Verlustangst. Ich will nicht.

„Asmodi... Ich..."
„Kevin. Dein Leben ist noch lange nicht vorbei. Ich hasse rührselige Abschiede. Verpiss dich und lass mich sterben"
Gehe direkt auf Asmodi zu.
„Verzieh dich endlich", blafft er immer lauter. Bin direkt vor ihm. Buffe ihn mit meiner Faust gegen seine fast zerbröckelte.
„Danke für alles, Asmodi. Ich werde dich nie vergessen, mein Freund. Halt mir den Platz frei"
„Bruder. So wie du drauf bist, wirst du irgendwann mein Herrscher in der Hölle" Und zum ersten Mal lachen wir beide zusammen aus voller Kehle. Und keine fünf Sekunden später, lache nur noch ich. Keine fünf Sekunden später tropfen Tränen von meinem Kinn. Das Nebelszenario lichtet sich.

Epilog: Sichtwechsel auf Black Cat

„Wisst ihr schon etwas üb-"
„Wir dürfen noch immer keine Informationen preisgeben", erwidert einer der Problemlöser der Mondloge und verlässt das Zimmer des Sicherheitsbunkers. Ich glaube, dass das Syndikat einige dieser Einrichtungen unterhält. Einauge hat gesagt, dass er bald kommt. Zu mir zurück...

Ich lege meinen Kopf in sitzender Position, auf meine Knie.
„Bitte verlass du mich nicht auch noch. Was soll ich nur tun, ohne dich...", hauche ich in das Nichts des Zimmers, während schwere Tränen meinen Wangen entlanglaufen. Es gibt noch so viel, was wir tun wollten. Erst hat man uns Sera genommen... und jetzt hat dieser Worse dich genommen? Das kann nicht sein. Es gibt Gerüchte, dass er gestorben ist. Das kann nicht wahr sein. Langsam lege ich mich auf das Bett und drehe mich mit dem Gesicht zur Wand. Lasse dabei den Tränen freien Lauf.
„Bleib bitte bei mir, Kevin", schluchze ich leise. Mit einem Mal spüre ich eine Präsenz hinter mir. Jemand ist aus dem Nichts erschienen. Liegt hinter mir. Ein Arm legt sich um mich. Meine Hand wird genommen. Als mein Blick auf die Hand fällt, die meine hält, ist mir, als würden ganze Lawinen von meinem Herz fallen. Eine rabenschwarze Hand hält meine. Langsam und ungläubig, drehe ich mich um und schaue in das strahlende Gesicht meines Geliebten.
„Hey, meine Schöne. Tut mir leid. Hat etwas länger gedauert, als geda-", weiter lasse ich Einauge nicht kommen, falle ihn um den Hals und küsse meinen Liebsten. Er lächelt mich liebevoll an und streicht mir die Tränen aus dem Gesicht.
„Ich habe dir eine Menge zu erzählen. Doch jetzt bleiben wir erst einmal liegen, Blacky", haucht er. Ich nicke zufrieden und genieße die gemeinsame Zeit, die ich jetzt mit ihm habe. 





Notiz: Liliana ist eine Schöpfung der wunderbaren HikaruMitena. Geht und lest ruhig mal in ihre Redbird-Story, wenn ihr mehr über Liliana erfahren wollt.
Saiko ist eine Schöpfung des tollen Shadow_Twin. Auch hier lohnt es sich in seinen Saiko-Epos reinzulesen. Danke, dass ich eure Schöpfungen benutzen durfte!!!

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