Dämonische Intervention (Staffelfinale)

Prolog

"Und so soll Lena in Frieden ruhen. Auf dass sie dort, wo sie sich nun befindet, Frieden finden kann.", predigt der Grabredner, der meine kürzlich ermordete Schwester beisetzt. Meine restliche Familie ist ebenfalls zugegen. Mutter. Onkels. Tanten. Cousin. Cousine. Nur ich steh in einiger Entfernung an einen Baum gelehnt, die Szenerie beobachtend. Die Sonne scheint verräterisch auf unsere Körper herab. Im Zuge eines schlauen Einfalls meinerseits, habe ich vor der Beisetzung am Sarg eine Wanze angebracht, damit man auch in der mittleren Entfernung alles hören kann.

"Sieh nur, meine Mutter dort.", beginne ich und deute mit meinem Kopf zu der deutlich älter gewordenen Frau, die ihre Hände vors Gesicht hält.
"Was ist mir ihr?", erwidert Maik vorsichtig und nimmt einen kräftigen Schluck aus seinem verchromten Flachmann. Er soll mich bei der Beerdigung begleiten, da meine Chefin mich momentan eigentlich für "labil" hat erklären lassen. Nur, weil ich im Krieg etwas eskaliert bin. Ohne mich anzuschauen, hält mir Maik den Flachmann hin.
"Sie ist ein heuchlerisches Miststück.", murre ich kalt, nehme mir das kleine Trinkgefäß und lasse den brennenden Wodka meine Kehle beleben.

"Das wird hier jetzt aber keine dieser klassischen 'Mimimi-Ich-Hasse-Meine-Eltern-Darum-Töte-Ich-Jeden-Aktionen, oder?", kommt süffisant von meinem fetten Kollegen. Bedenke ihn mit einem Seitenblick.
"Für was hältst du mich? Einen Klischee-Mörder?", lache ich bei der Antwort kurz auf. Gut, dass wir beide einige Meter weit weg stehen. Meine Verwandten haben mich noch nicht erkannt und meiner Ansicht nach, braucht sich das auch nicht zwingend zu ändern.

Meine Mutter bewegt sich schluchzend zum Sarg hin.
"Jaja. Spiel nur deine Show ab, du verräterische Fotze...", knurre ich wütend. Seit dem Krieg ist da etwas sehr finsteres in mir erwacht. Es fühlt sich an, als hätte Georgius ein Monster in mir geweckt, das besser hätte weiterschlummern sollen.
"Kev, alles in Ordnung? Wenn es zu viel wird, muss ich dich leider mitnehmen.", spricht Maik nun um einiges ernster und irgendwie angespannt. Ich ignoriere ihn gekonnt und lasse meinen Blick weiterhin fest auf meine Erzeugerin gerichtet.

"Ich danke euch, dass ihr alle so zahlreich versammelt seid, um meiner Tochter Lena zu gedenken.", beginnt meine Mutter mit brüchiger Stimme zu sprechen. Mein Körper reagiert auf diese Worte, indem sich meine Hände augenblicklich zu Fäusten ballen. Bin gespannt, was du der Meute zu sagen hast.
"Nachdem mein Sohn im Gefängnis verstorben ist, wurde uns nun auch unsere Tochter genommen. Ein Fluch scheint auf dieser Familie zu lasten, denn anders lässt sich das Ableben meiner beiden geliebten Kinder nicht erklären. Außerdem-"
"Bitte was...?", bebe ich vor Zorn. Maiks Augen weiten sich vor Panik. "Verdammte Scheiße... Kev! Beruhig dich. Erinnere dich daran, was das für eine Zeremonie ist. Ich muss dich leider mitnehmen.", spricht Fetti nun ernster und stellt sich mir gegenüber.

"Versuchs doch.", gebe ich kalt zurück und noch ehe ich ausgesprochen habe, habe ich mich hinter ihn teleportiert und verpasse ihm einen Schlag ins Genick. Augenblicklich sackt er zusammen. Nicht tot. Nur lange genug ohnmächtig, um mir nicht in die Quere zu kommen. "Und jetzt lo- was!?", sage ich geschockt, als mein Körper mir den Dienst versagt. Ich breche zusammen. Was zum Teufel hat Maik getan!? Schwärze umfängt mich. Mal wieder...

Kapitel 1: Eskalation

"Guten Morgen, Sonnenschein.", weckt mich eine weibliche Stimme aus einem sehr unruhigen Traum. Dort habe ich in einem Schwimmbad entspannt, ehe sich alles in grünliche Schlicke verwandelt hat. Widerlich. Ein nasskaltes Gefühl reißt mich aus meinen Traumerinnerungen. Mein Blick fällt auf die tätowierte Gina, die mir gerade einen kühlenden Waschlappen auf meine Stirn legt.
"Hast du eine Wette verloren, sodass du mich pflegen musst?", frage ich mit langsam fester werdender Stimme. Das Pseudo-Tattoo-Model gluckst heiter, während sie einen anderen Waschlappen über das verdreckt wirkende Waschbecken auswringt. Ihr weißes Top bekommt einige verirrte Wassertropfen ab.
"Hab das kürzere Streichholz gezogen.", erwidert die Bunthaarige trocken. Wir lachen schallend auf. Die Schminkfresse hat einen besseren Humor, als ich angenommen habe. Mein Auge wendet sich nunmehr der Decke des Patientenzimmers zu, oder sollte ich es besser, mein zweites Zuhause nennen? Bin ja fast schon öfter anwesend, als in meinem eigentlichen Wohnbereich.

"Wie hat Speckbacke mich eigentlich in die Ohnmacht befördert? Ich hatte ihn ausgeknockt.", frage ich, als mir plötzlich einfällt, weshalb ich dem Krankenzimmer mal wieder einen Besuch abstatte. Ohne mich anzublicken und scheinbar in das Säubern des Waschlappens vertieft, greift Gina in die Tasche ihrer viel zu engen schwarzen Jeans und holt etwas winzig metallisches hervor. Sie verbiegt ihren Arm, sodass die Hand zu mir zeigt, obgleich Gina mir den Rücken zugedreht hat. Ein kleiner metallisch wirkender Pfeil lässt sich erkennen.
"Hab dir dieses Schmuckstück in den Rücken geschossen, bevor du auf dieser Beerdigung mehr Leichen als geplant hinterlassen hättest.", erklärt sie heiter und steckt das Geschoss zurück in ihre Hosentasche.
Etwas Finsteres regt sich in mir. Es ist wie im Syndikatskrieg. Immer, wenn ich Zorn verspüre, habe ich dieses seltsame Gefühl, dass etwas diese Emotionen antreibt.

"Man muss mir also folgen..?", knurre ich, während ich wutgeladen meine bandagierten Hände zu Fäusten balle. Langsam wendet sich Gina zu mir um. Vermutlich merkt sie anhand meiner Art zu sprechen, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.
"So ist das ni-"
"Bin ich so labil!?", schreie ich sie lauthals an. Langsam erhebe ich mich von meinem Krankenbett und bemerke erst jetzt, dass ich nur eine Jogginghose trage.
"Ich habe gerade meine Schwester verloren!", keife ich weiter, ohne eine Erwiderung seitens des beschissenen Pseudo-Tattoomodels abzuwarten. Meine Füße tragen mich zielgerichtet zur Kollegin. Ihre Augen weiten sich. Etwas an mir muss ihr sichtliches Unbehagen bereiten. Ginas Blick wandert zur Tür, die sich an der Raumseite zu ihrer Rechten befindet. Sie will fliehen. Vielleicht Hilfe holen. Den anderen sagen, dass ich völlig durchgedreht bin. Seit ich den Kampf gewonnen habe, sehen sie mich alle anders an. Gehen mir aus den Weg. Selbst Specki hat mich eine gewisse Zeit lang gemieden.
"Solange ich für euch kämpfen kann, bin ich gut genug, was? Ihr hasst mich. Verachtet das, was stärker wird.", knurre ich immer bedrohlicher, während die Bunthaarige zu zittern beginnt. Ihre Hand bewegt sich fast unmerklich zu ihrer Tasche. Will scheinbar den Pfeil hervorholen. Mich betäuben. Noch bevor auch nur ein Finger den Stoff ihrer Hose berührt, habe ich mich vor sie teleportiert. Mein Auge sticht direkt in ihre Hellen. Gina zuckt zusammen.

"Hilfe!", kreischt sie panisch und noch bevor sie weiß, wie ihr geschieht, habe ich ihren Kopf gepackt. Mit einem lauten, widerwärtigen Knacken, breche ich dieser Fotze das Genick. Dieses dunkle Gefühl beginnt mich in einer noch nie da gewesenen, atemberaubenden Weise zu berauschen. So viel Macht.
"Was hast du getan!?", keucht eine Stimme seitlich von mir. Eine tiefe, brummende Stimme. Die des Bikers. Habe seinen Namen vergessen. Scheiß drauf. Mein Seitenblick trifft auf den Lauf eines versilberten Revolvers. Sie hassen mich. Haben es auf mich abgesehen. Von Anfang an. Noch ehe ich etwas als Erwiderung herausbringen kann, betätigt er den Abzug. Irgendeine tiefe Gewissheit ermutigt mich, ruhig stehen zu bleiben. Ich werde nicht enttäuscht, denn obwohl der Schuss mich eigentlich hätte treffen müssen, schwebt vor meinem eingeschränkten Sichtfeld ein Projektil in der Luft, als würde sie von unsichtbaren Fäden gehalten werden. Neugierig lege ich meinen Kopf schief und betrachte die Kugel interessiert. Was zum Teufel ist mit mir passiert..?

"Töte sie...", flüstert mir eine unangenehm bekannte Stimme zu. Sie scheint von überall zu kommen. Verwirrt wende ich meinen Kopf in jede Richtung, den Ursprung des Flüsterns suchend.
"Wie zum Teufel machst du das?", blafft der Biker sauer und entleert sein gesamtes Magazin. Sechs weitere Schüsse. Sämtliche Projektile bleiben, wie das erste, vor meinem Gesicht in der Luft hängen.
"Ihr wolltet mich schon immer umbringen.", sage ich mit kalter Stimme und wende mich meinem ehemaligen Kollegen zu. Ein Augenblinzeln später stehe ich direkt hinter ihm, packe seinen Kopf und knalle diesen mit voller Gewalt immer wieder gegen die verfickte Zimmerwand.
"Ihr habt mich belogen.", Kopf trifft auf Wand, die Erste.
"Ihr schießt auf mich.", Kopf trifft auf Wand, die Zweite.
"Ihr hasst mich!", sein Kopf beginnt zu knacken.
"Ihr seid für mich gestorben!.", Der Kopf beginnt zu trümmern.
"Ihr SEid ALLe MEINe FEINDE!", Schreie ich mit jedem Buchstaben im Satz lauter und zerstöre den Kopf des Bikers. Dieser sackt zu Boden und erinnert mich im Moment mehr an ein blutenden Fleischsack, als an einen ehemaligen Menschen. Ich weiß nicht, was das für eine Macht ist, die mich durchströmt, doch gibt sie mir die Kraft, meine Rache durchzusetzen. Sie sind mir alle vollkommen unterlegen und das wird eine gewisse Frau ganz besonders zu spüren bekommen.
"Mach dich bereit, Melissa.", murmele ich und verlasse das blutdurchtränkte Krankenzimmer.

Kapitel 2: Wut gegen Vernunft

Von unbändigem Hass angetrieben, ziehe ich eine gottverdammte Schneise der Zerstörung durch den Sitz der Mondloge. Jeder der namenlosen Mitglieder, welcher versucht hat sich mir in den Weg zu stellen, ist als blutende Masse geendet.
Ich stehe vor dem "Büro" meiner Chefin. Mein Endziel. Werde diese Loge übernehmen.
"Das willst du nicht wirklich tun, Scheißname.", spottet eine Stimme hinter mir. Langsam wende ich mich zu der fettesten Versuchung, seit es McDonalds gibt zu. Er lächelt von oben herab.
"Fettbacke, spar dir deinen Atem fürs Laufband, da hast du ihn nötiger.", entgegne ich kühl und starre ihn mit meinem Auge direkt in die Seinen. Er hält eine Maschinenpistole auf mich gerichtet. Ich lache.
"Mit deinem Spielzeug wirst du nicht viel gegen mich ausrichten können. Komm schon. Lass es uns wie im Knast regeln.", fordere ich ihn blutrünstig grinsend heraus. Sein Lächeln erstirbt und weicht dem ernsthaftesten Gesichtsausdruck, den ich bei ihm je gesehen habe.

"Warum tust du das, Kevin? Wir wollten dir nie etwas böses und-"
"Halt dein verfluchtes Maul, du Sohn eines Wals. Ihr haltet mich für labil. Habt mich beschatten lassen.", unterbreche ich Maik knurrend, vom Hass beflügelt. Immer, wenn ich mich gedanklich exakt darauf fixiere, spüre ich die finstere Macht in mir pulsieren.
"Das bist nicht du. Hast du dich mal angesehen, seit du erwacht bist?", fragt er mich mit ruhig bleibender Stimmlage und deutet auf einen großen Spiegel zu meiner unmittelbaren Linken. Ein heftiger Schock durchfährt mein Innerstes, als ich auf mein Spiegelbild blicke. Auf meinem gesamten blanken Oberkörper hat sich eine tiefe Schwärze ausgebreitet. Nicht wie bei maximalpigmentierten Menschen..sondern richtiges Nachtschwarz. Einzig mein Gesicht ist von dem Befall verschont geblieben.
"Was zum....", raune ich vollkommen aus der Fassung gebracht.
"Das ist Georgius' Schuld, Kevin.", erklärt Maik behutsam und geht langsam auf mich zu. Mein Zorn, der eigentlich bodenlos zu sein scheint, wird allmählich von Furcht verdrängt.
"Höre nicht auf ihn. Töte ihn...", flüstert die Stimme von vorhin eindringlich..

"Was meinst du damit, dass es Georgius' Schuld ist?", herrsche ich ihn von der Seite an und ignoriere gleichzeitig das Flüstern. Er holt etwas aus der Tasche seiner blauen verwaschenen Jeans heraus. Ein Polaroid-Bild. Maik hält es mir ruhig entgegen. Was will er erreichen? Wenn er glaubt, dass ich ihn nicht töten würde, dann hat sich Specki aber heftig geschnitten. Was habe ich zu verlieren. Schnappe ihm das Bild aus der Hand und richte meinen Blick darauf. Es verschlägt mir augenblicklich die Sprache.

Auf dem Bild ist die Leiche des Anführers der Eulenkartei, Georgius zu sehen. Sorgsam auf einer metallenen Barre aufgebahrt.
"Sein Körper..", beginne ich aufgebracht und starre Maik fassungslos an.
"Dieselbe Schwärze, wie bei dir. Nur, dass sie sich vollkommen ausgebreitet hat.", beendet er meinen Satz und eine unfassbar grausame Vorwarnung breitet sich in mir aus. Ich lasse mich auf einen Sessel, unweit des Spiegels nieder, während mein Kopf verzweifelt in meine Hände sinkt.
"Was passiert mit mir...?"
"Du hast die Macht, anderes Übernatürliches zu kopieren, wenn du sie einmal gesehen hast. Wir gehen davon aus, dass Georgius auch etwas unmenschliches an oder besser gesagt, in sich getragen hat. Du scheinst es kopiert zu haben und nun ist es in dir.", erklärt Maik in einer Geduld, als würde ein Lehrer einem Schüler mit Lernschwäche Mathe beibringen.

Mit jedem seiner Worte verraucht immer mehr Wut und ein viel quälenderes Gefühl nimmt dessen Platz ein. Schuld. Tränen steigen in mein verbliebendes Auge, als mir bewusst wird, was ich da eigentlich getan habe. Eine Hand auf meiner Schulter.
"Du trägst keine Schuld daran. Es hat dich kontrolliert. Wir haben eine Lösung.", redet Maik beruhigend auf mich ein.
"Ja das haben wir.", mischt sich eine weibliche Stimme ein. Schrecke auf und schaue in das käseweiße Gesicht meiner Anführerin. Unendliche Scham überkommt mich und mein Blick wendet sich wieder ab. Kann ihr nicht mehr in die Augen schauen.

"Ok. Ich nehme die Lösung an. Ich erwarte nicht, dass ihr es kurz und schmerzlos macht.", sage ich brüchig und starre zu Boden.
Bekomme einen schmerzhaften Schlag gegen meinen Hinterkopf, der mich fast vom Sessel reißt.
"Aua.", keuche ich erschrocken und reibe mir die schmerzende Stelle.
"Du wirst nicht sterben. Wir werden dir lediglich dieses Etwas aus deinem Inneren entfernen.", korrigiert mich Melissa streng. Ich schaue verwirrt in ihr leicht lächelndes Gesicht.
"Und-"
"Danach bauen wir die Mondloge wieder auf. Keine Sorge, denn es gibt mehr als genug Leute, die sich uns anschließen wollen.", antwortet sie auf meine noch nicht gestellte Frage und lässt ein leichtes Lächeln erkennen. Was für eine Frau...

Kapitel 3: Intervention

"Und ihr meint wirklich, dass das wirklich funktioniert?", frage ich vollkommen dem Unmut verfallen. Sitze im Schneidersitz inmitten eines mit Kreide gezeichneten Pentagramms. Ich weiß gerade genug über Okkultismus und dergleichen, um zu wissen, dass das eine Art Schutzkreis ist. Wenn ich das irgendwann mal aufschreibe, warte ich nur drauf, dass es Klugscheißer gibt, die über die Bedeutung des Zeichens diskutieren.
Um mich herum sind an den Spitzen des unheiligen Pseudosternes schwarze Kerzen aufgestellt. Keine Ahnung, was das nun soll, aber die sehen verdammt cool aus.
"Erinnert mich daran, dass ich mir auch solche kaufe, wenn das ganze hier vorbei ist.", scherze ich zu meiner Anführerin, die Arme verschränkt an der Wand lehnt.
"Gut, dass du deinen Humor nicht verloren hast.", kommentiert sie kopfschüttelnd und nickt einem seltsamen Kerl in weißer Robe zu. Scheint sowas wie der "Zeremonienmeister" zu sein. Sein Gesicht wird von einer weiten Kapuze verdeckt.
"Das ist echt klischeehaft, wisst ihr das eigentlich?", sage ich grinsend und höre, wie Maik hinter mir leicht auflacht.

"Lass es nicht zu. Brich aus. Entledige dich ihrer.", drängt das Flüstern immer lauter. Bereits zum fünften Mal. Allmählich bekomme ich sehr starke Kopfschmerzen.
"Können wir anfangen? Dieses Etwas spricht zu mir und hört damit auch nicht mehr auf. Je eher da Ruhe ist, desto besser.", murre ich entnervt zu dem Vermummten. Dieser nickt fast unmerklich, breitet seine Arme aus und beginnt etwas in einer fremden Sprache zu murmeln.
Es klingt wie sinnlos aneinandergereihte Buchstaben, die sogar keinen Sinn ergeben. Und dennoch: Während der Zeremonienmeister spricht, beginnt mein Innerstes immer unangenehmer zu kribbeln.
"NEIN!", brülle ich, obwohl ich mir keinen geistigen Befehl dazu gegeben habe. Kann dagegen nichts tun. Zucke zusammen. Zappele heftig. Mein Körper gehorcht mir nicht mehr. Der Zeremonienmeister predigt immer weiter. Die Flammen der Kerzen um mich herum, flackern intensiv, wie kleine Stichflammen, auf.

"HÖR AUF DAMIT, MENSCHLICHER ABSCHAUM!", kreische ich mit aller Kraft, die mein Körper aufzubringen bereit ist. Kann erkennen, wie meine Anführerin mich zutiefst beunruhigt anschaut. Das unangenehme Kribbeln verändert sich zu stechenden Schmerzen. Außerdem steigt ein Brennen sondergleichen in mir auf. Es ist, als würde ich von innen heraus verbrennen.
"ICH WERDE EUCH ALLE MIT MIR REIßEN! DIE HÖLLE IST EIN SCHEIßDRECK GEGEN DAS, WAS EUCH ERWARTEN WIRD! ICH HABE GEORGIUS BEEINFLUSST DIE SCHLIMMSTEN DINGE ZU TUN. KEVINS SCHWESTER ZU TÖTEN. IHREN GEIST ZU VERNEBELN. HABE SIE DURCH GEORGIUS IN EINE ILLUSION GELOCKT, IN DER SIE IHREN EIGENEN BRUDER NICHT WIEDERERKENNT. SOGAR GLAUBT, DASS DER, DEN SIE FOLTERT, KEVIN GETÖTET HAT."
Ich halte es kaum noch aus. Darum also? Ich habe mich im Nachhinein schon gefragt, wie es sein kann, dass meine Schwester, als sie mich gefoltert hat dachte, dass ihr Bruder tot ist. So ist das also gewesen..
Habe das Gefühl, dass all meine Kraft aus mir ausgesogen wird. Will schreien. Um Hilfe flehen. Ich kann es nicht. Nichts in mir gehorcht mir länger.
"EUER EINAUGE WIRD STERBEN, WENN IHR MICH IHM ENTZIEHT!", droht das, was meinen Körper zum handeln zwingt.

"Das Ende ist nah, Asmodi! Kehre zurück an die Seite deines Meisters!", brüllt der Zeremonienmeister über das Gezetere des Was-Auch-Immers hinweg. Die Kerzenflammen um mich herum stechen in die Luft, als hätte man Öl auf die Flammen geträufelt.
"DU WEIßT, WER ICH BIN? LASS MICH IN DIESEM WIRT, WENN DU IHN NICHT TÖTEN WILLST."
Ich leide unmenschlich. Zerreiße innerlich. Habe das Gefühl dem puren Wahnsinn anheim zu fallen. Wie soll ich dem Ganzen standhalten? Ich werde immer schwächer. Es tötet mich von innen heraus.
"Wag es ja nicht, hier zu krepieren, du einäugiger Scheißkerl!", blafft plötzlich meine Anführerin mit verstärkter Stimme. Für einen kurzen Moment, ersterben sämtliche Schmerzen und mein Blick heftet sich an Melissa, die streng auf mich herabschaut.
"Von meinem Stellvertretenden Anführer erwarte ich schon etwas mehr!", herrscht sich weiter. Mein Auge weitet sich. Was? Stell..Stellvertretender Anführer?
"Du hast richtig gehört. Also lass dich von so einem Hurensohn-Dämon oder sonst was nicht töten. Das ist ein gottverdammter Befehl!"
Schwach bringe ich ein Grinsen über die Lippen. Genau das habe ich gerade gebraucht. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund, spenden mir ihre Worte Willen und Kraft.

"Fahre aus jenem Leib, Asmodi!", betet der rituelle Zeremonienkerl immer strenger.
"Genau, verpiss dich und such dir wen anderes zum einnisten, damit ich dich für immer vernichten kann!", brülle ich aus eigener Kraft und spüre, wie mir mit jedem Moment immer leichter wird. Es ist, als würde alles belastende aus mir herausgesogen werden. Ein ohrenbetäubendes Knurren erfüllt den Raum. Bläst sämtliche Kerzen aus. Ich liege erschöpft auf dem Rücken und sehe einen schwarzen Nebel über mir lauern.
"NICHT ÜBEL. DAS MUSS MAN EUCH WÜRMERN LASSEN. IHR HABT MICH VERBANNT, FÜRS ERSTE.", brummt das Etwas und mit einem leichten Impuls, verpufft der schwarze Nebel ins Nichts.
Eine Weile lang herrscht gespannte Stille, ehe ich zu sprechen beginne.
"Ich weiß nicht, wie es euch geht...aber ich habe Hunger." Allmählich richte ich mich mühsam auf und wäre Specki nicht vorgesprungen, um mich zu halten, wäre ich aufgrund meiner schwachen Beine zusammengebrochen.

"Du bist ein verdammter Idiot, Kevin.", gibt Maik sichtbar erleichtert zurück. Schaue auf meine Anführerin, die langsam aber sicher wieder ihre Gesichtsfarbe zurückgewinnt.
"Wir werden mächtig aufräumen müssen. Die Loge von Grund auf neu strukturieren müssen und Vorkehrungen treffen. Mit euch beiden als Stellvertreter von mir, bin ich da relativ zuversichtlich. Naja..", sie deutet auf meinen noch immer nachtschwarz gefärbten Oberkörper, "solange du nicht wieder besessen wirst.", sie zwinkert. Mein Blick wandert zu Boden, als mich eine erneute Welle der Schuld überrennt.
"Warum? Ich meine...ich habe so viele getötet. Wichtige Leute. Warum werde ich nicht verstoßen oder umgebracht?", frage ich unterwürfig und wage es nicht einmal, meine Anführerin anzuschauen. Höre ihre Schritte auf mich zukommen. Mein Kinn wird angehoben und ehe ich mich versehe, spüre ich einen Kuss auf meiner Stirn.
"Du bist unentbehrlich und mächtig. Außerdem zutiefst loyal. Das Ganze KANN nicht als deine Schuld gewertet werden. Wäre es aus deinem persönlich Antrieb erwachsen, würde ich dich auf der Stelle erschießen.", erklärt sie, dreht mir den Rücken zu und stolziert aus dem Raum.
"Was für eine Frau...", murmeln Specki und ich unisono.

Und so schließt ein altes, sehr nennenswertes Kapitel meines Lebens ab. Die nächsten Jahre haben wir mit dem Wiederaufbau und Stärkung unserer Loge verbracht. Neue Leute rekrutiert. Viele Missionen ausgeführt. Unserer Machtposition innerhalb des Syndikates ausgebaut. Sehr langweiliger "Betriebsinternes" BlaBla. Natürlich könnte ich einige Missionen näher beschreiben, doch sind diese im Vergleich zu dem, was ich vorher berichtet habe, unfassbar unscheinbar. Darum, liebe Leser meiner persönlichen Geschichte, werde ich unsere Reise um fünf Jahre vorspulen.

Epilog: 5 Jahre später

"Dein Ernst, Melissa!? Warum willst du das?", murre ich die Anführerin der Loge flehentlich an. Ich habe so gar keine Lust auf diese Mission.
"Weil es wichtig ist, dass du auch mal Informanten-Arbeit übernimmst.", erwidert sie zum gefühlt tausendsten Mal augenrollend. Maik, der in dieser Zeit sich nicht annähernd die Mühe gemacht hat, ein Fittness-Center von innen zu betrachten, sitzt nur da und lacht sich ins Fäustchen.
"Ich bin aber kein verfickter Informant.", argumentiere ich.
"Aber du musst dessen Arbeit beherrschen.", wirft Maik ein.
"Mit dir redet niemand, Speckbacke.", blaffe ich ihn an. Er lacht kopfschüttelnd auf.
"Das ist mein letztes Wort, Kevin. Und noch was. Verdecke stets deinen Oberkörper.", befiehlt mir Melissa streng."
"Nur weil ich schwarz bin!?", gebe ich grinsend zurück. Aua. Meine Anführerin verpasst mir eine Kopfnuss.
"Das ist mein letztes Wort!", brüllt sie autoritär, sodass mir fast mein Herz stehen bleibt. Muss schwer seufzen.

"Na fein. Ich mache es. Aber dafür, wenn ich wieder raus bin, will ich ein fettes Holzfällersteak.", stelle ich lächeln meine Bedingungen auf.
"Du bist ja so bescheiden..", erwidert Melissa sarkastisch, während ich den Besprechungsraum verlasse. Meine Sachen stehen, in einen schwarzen Reisekoffer gepackt, vor der Tür. Diese Mission wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Soll jemanden für das Syndikat im Auge behalten, der sich als interessant erweisen könnte. Na dann mal los. Ich nehme den Griff meines Koffers und gebe mir selbst den Befehl, mich zum Ort des Auftrags zu teleportieren. Alles um mich herum verschwimmt und das vertraute Gefühl des schwindelerregenden Luftsoges, übernimmt meinen Körper. So schnell, wie sich die Szenerie aufgelöst hat, bildet sich eine neue um mich herum. Der sterile Vorraum einer großen Einrichtung. Niemand hat mich auftauchen sehen. Sehr gut. Dann wollen wir mal...

Drei Tage Später

Ich sitze in einer Gruppe aus Männern und Frauen. Bereits mein dritter Tag hier und allmählich wird es interessant, da ein junger Mann mit schulterlangen, braunen Haaren aufgestanden ist und beginnt sich vorzustellen.
"Hallo, ich heiße Lars, bin 20 Jahre alt und habe seit geraumer Zeit intensive Schlafprobleme.", sagt meine Zielperson etwas zurückhaltend. Die Mission hat begonnen...

Staffel 1 Ende...

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