Willkommen in Thal
Ich hatte das Gefühl, dass wir schon ewig unterwegs waren. Nicht nur weil ich extrem ungeduldig bin, sondern auch weil Inthol nie eine Pause machte. Er lief und lief immer weiter, als ginge es um sein Leben. Naja es ging um sein Leben, aber die Elben hatten uns schon gut einen Tag verloren. Inthol hatte genügend Fallen hinterlassen. Einige waren ziemlich gefährlich und ich fragte mich ob sie Ada oder Legolas verletzten würden. Doch jedes Mal wenn ich nach der Sicherheit fragte, sagte er mir, dass sie ihn köpfen wollten und ich war ruhig.
„Inthol ich bin müde." Ich schlurfte schon seit geraumer Zeit hinter ihm her und hätte jeden Moment umfallen können. Ich weiß nicht einmal wann ich das zuletzt geschlafen hatte. „Du quengelst!" grummelte er. „Ja, weil ich seit geraumer Zeit keinen Schlaf mehr hatte. Ich bin ein Elbling, irgendwann muss ich schlafen. Du kannst mich nicht einfach tagelang durch einen Wald laufen lassen, ohne dass ich mich ausruhen darf." Nun saß ich, mit verschränkten Armen, auf einem Stein. Inthol stellte sich vor mich und schaute herab. „Jetzt ist aber gut. Wir sind erst zwei Tage unterwegs. Steh auf und geh weiter, bevor ich meine Geduld verliere." Er hatte mich nach oben gezogen und vor sich her geschubst. Da ich keine Wahl hatte, lief ich weiter.
Als der Wald auseinander brach, standen wir an einem großen See und schon in der Ferne konnte man Thal sehen. Winddrachen stiegen in den Himmel und der Wind trug das Gelächter und die Stimmen der Stadt zu mir. Wir erreichten sie, als die Sonne im See versank. Sie war wunderschön. Der süße Duft umschmeichelte meine Nase und überall ertönte fröhliches Kinderlachen. Ein Geräusch das ich nun seit so vielen Wochen nicht mehr kannte. Ich sprang vor Inthols Füßen herum und erfreute mich am fröhlichen Treiben das selbst nach Anbruch der Dunkelheit, noch auf dem großen Markt herrschte. In der Mitte des Marktes stand ein Karussell. Meine Augen wurden riesig. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal auf einem Karussell mitfahren konnte. „Inthol! Bitte lass mich Karussell fahren! Bitte!" bettelte ich. Doch er grummelte nur vor sich hin und zischte mir leise ins Ohr. „Ich hatte Regeln aufgestellt, also brich sie nicht immer wieder." Ein kalter Schauer lief meinen Rücken entlang. Sofort verstummte ich und sah zu Boden. Dieser Elb konnte einem wirklich Angst machen. „Wir suchen uns einen Schlafplatz und Morgen suchen wir ein paar meiner Freunde auf. Sie werden uns mit Nahrung, Waffen und genügend Gold versorgen." „Von was für Freunden reden wir hier?" fragte ich vorsichtig, da ich ihn nicht weiter verärgern wollte. „Das muss dich nicht kümmern. Alles was du tun musst ist still zu sein und deine Herkunft geheim halten." Inthol lief in Richtung eines Gasthauses und wurde dort auch schon fröhlich begrüßt. Die Frau die heraustrat umarmte ihn. Sie wirkte recht alt und hatte graues Haar. Ihr Körper wurde von einem wunderschönen, blauen Kleid bedeckt, an dessen Seiten goldene Ränder prangten. Anscheinend war ich so in meinen Gedanken gefangen, dass ich nicht mitbekam, dass sie nach mir gerufen hatte. Langsam trat ich zu der Frau und beobachtete sie mit einer leichten Abscheu. Ich glaube außer Mithrandir hatte ich noch nie jemand altes gesehen, der auch alt aussah.
„Hab keine Angst, Kleine. Ich heiße Maragorth, aber nenn mich doch einfach Mara." Verunsichert über meinen nächsten Schritt, nickte ich nur zögerlich und blieb mit einem gewissen Abstand von ihr stehen. „Ach Kindchen, ich beiße doch nicht. Komm ruhig näher zu mir." „Ich bin mir nicht sicher, ob mein Ada dies gut heißen würde. Er schätzt andere Völker nicht sehr und um es zuzugeben, ich schätzte auch eher die Gesellschaft der Elben." Inthol sah mich wütend an und Mara schien eher schockiert über diese Neuigkeiten zu sein. Sie wandte sich an Inthol und sie stritten sich. Leider zu leise um etwas anderen außer „zwecklose Rache" und „dem Tode Geweihter" zu vernehmen. Ich hingegen trat weiter zurück. Diese Frau war genauso schleierhaft, wie Inthol selbst. „Wieso reist du freiwillig mit ihm?" kam nach einiger Zeit die Frage von Mara. Ich blickte zu ihr und erkannte die Angst, die ihre Seele belastete. Meine einzige Reaktion war es mit den Schultern zu zucken und zu sagen: „Weil er etwas über meine Mutter weiß." Sie schüttelte merklich den Kopf und wandte sich wieder Inthol zu, während ich das Treiben der Stadt bewunderte. Ich wollte nicht wissen was sie bereden, fliehen konnte ich sowieso nicht. Inthol würde mich finden.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. „Ich muss etwas erledigen. Du wirst bei Maragorth bleiben und alles tun was sie dir sagt. Morgen früh kehre ich zurück und wir werden gemeinsam zum einsamen Berg gehen. Thror schuldet mir noch einen Gefallen, diesen löse ich nur allzu gern ein." „Du willst Hilfe bei einem Zwerg suchen?!" rief ich entsetzt. „Er besitzt auch einen Namen und wird sehr hilfsbereit sein." Das kann doch nicht sein Ernst sein einen Zwerg um Hilfe zu bitten. Von allen Wesen in Mittelerde muss es ausgerechnet ein Zwerg sein. Als könnte dieser uns irgendeinen Nutzen erweisen. Soll er mich doch gleich an die Zwerge ausliefern. So hätten diese zumindest ihre Bezahlung. Mein Leben für das der weißen Steine.
Doch Inthol ließ sich nicht belehren und stellte mich vor Mara ab. Diese nahm mich mit in ihr kleines Haus. Es war sehr gemütlich und erstaunlich warm. „Wie ist dein Name, meine Kleine?" Ich sah sie abschätzend an. „Ich bin nicht euer Besitzt und mit Sicherheit älter als ihr." Spuckte ich ihr entgegen. Doch als ich ihren Gesichtsausdruck sah, tat es mir weh. „Bitte verzeiht, ich denke die Zeit mit Inthol hat mich verändert." Mara lächelte mich an und führte mich zu einem anderen Zimmer. „Oder dein Geist braucht etwas Ruhe. Wann hast du das letzte Mal geschlafen oder etwas gegessen?" Ich sah sie an und um ehrlich zu sein, ich wusste es nicht, daher zuckte ich einfach mit den Schultern. Maras Blick hatte etwas Enttäuschendes und wirkte zugleich so bemitleidend. „Hier kannst du schlafen, es wird dir gut tun. Vielleicht bist du dann auch nicht mehr so gereizt...." Mara machte eine lange Pause und sah mich an. Sie wollte mit Sicherheit meinen Namen wissen. Was sollte ich nur sagen? Ich schluckte merklich. „Linia" Sie musterte mich kritisch. „Ein ungewöhnlicher Name für eine Elbin." Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, doch Mara beließ es dabei und schloss die Tür hinter sich. Der letzte Gedanke mit dem ich einschlief, war ob ich Legolas oder Ada jemals wieder sehen würde oder ob Inthol mein Tod sein würde. Dann verlor ich den Kampf gegen meine Müdigkeit.
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