Kapitel 26: Warum jetzt schon?
"Ich habe nicht gerade gute Neuigkeiten!"
Niedergeschlagen und mit einer Spur Trauer in den Augen blickt Liam auf seine Hände, die er im Schoß gefaltet hat. "Wer war das?", bricht Zayn vorsichtig das Schweigen. Nervös fängt Liam an, seine Finger zu kneten: "Das war Simon" Die Jungen scheinen zu verstehen, doch auf den Gesichtern von Mira, Nicola, Melina und mir zeichnet sich Verwirrung ab. "Wer ist Simon?", spricht Melina die Frage zuerst aus, die uns wohl allen unter den Nägeln brennt. "Simon Cowell ist unser Manager. Er kümmert sich momentan viel um unsere ganzen Termine.", erklärt Zayn. Dann wendet er sich erneut an Liam: "Es geht um unsere Interviews,die bald, also nach unseren Ferien, gemacht werden sollten, und um unseren Auftritt nach den Olympischen Sommerspielen am 12. August." "Am 12. August? Das ist schon in einem Monat!", unterbreche ich ihn. Er nickt und spricht weiter: "Genau deshalb hat er auch angerufen. Aber vor allem wegen den geplanten Interviews. Einige der Termine haben sich in deren Kalendern verschoben und die Interviews mussten nach vorne verlegt werden." Er macht eine kurze Pause und seine Stimme wird leiser: "Unser Flug geht übermorgen um ein Uhr" "Was?!", rufen die Jungen gleichzeitig. Entsetzen und ein Hauch von Überraschung ist aus ihren Stimmen herauszuhören. Aber hauptsätzlich Entsetzen.
Minutenlang sitze ich wie in einer Art Schockstarre einfach nur da. Die Anderen haben begonnen zu reden und zu diskutieren, doch an diesen Gesprächen nehme ich irgendwie nicht teil. Physisch bin ich zwar anwesend, aber psychisch drifte ich immer mehr in meine eigene Welt der Gedanken ab. Immer mehr beschleicht mich eine Art der Angst. Die Angst, Harry zu verlieren, wenn er wieder gehen muss. Die Sorge, dass er, wenn er wieder in seinem Sängerleben steckt, mich komplett vergisst oder nichts mehr mit mir zu tun haben will. Oder dass er eine andere und bessere Freundin, als mich, findet. Oder dass ich es nicht schaffe den Kontakt zu ihm zu halten. Oder dass der Kummer mich langsam aber sicher zerfrisst. Vor meinem inneren Augen wieder einmal das Gesicht von James auf. Er steht vor mir und will mich umarmen. Es ist die Szene, als er sich von mir verabschiedet, weil er gemeinsam mit ein paar Freunden als Suchtrupp auf den Weg macht, um Halbgötter aufzuspüren oder ins Camp zu holen. Er war nur ein paar Wochen weg, aber genau diese Wochen waren die Schlimmsten in meinem ganzen Leben. Täglich war ich mies drauf, habe hauptsächlich in meinem Bett in meinem Haus gelegen und während dem Unterricht wurde ich unkonzentriert und schlecht. Doch nach einigen schmerzlichen Tagen hob sich meine Laune wieder. Denn damals ist mir dann bewusst geworden, dass James zu 100 Prozent wieder zu mir zurückkommt und mit jedem Tag konnte ich mich immer mehr auf unser Wiedersehen freuen.
"Wir sollten nicht mehr quatschen, sondern schlafen, um morgen früh aufzustehen. Wenn morgen unser erstmal letzter gemeinsamer Tag sein soll, müssen wir ihn auch voll und ganz ausnutzen." Diese Worte kommen einfach so, ohne dass ich viel über sie nachgedacht habe, aus meinem Mund. Die Diskussionen der Anderen verstummen. Alle drehen den Kopf in meine Richtung und schauen mich leicht verwirrt an. "Sie hat recht! Wir sollten morgen noch nutzen.", sagt Mira und steht auf. Auch ich erhebe mich vom Sofa, doch als ich die ersten Schritte in Richtung Haustür machen will, packt mich jemand am Handgelenk. Ich drehe mich zügig um und blicke in die grünen Augen von Harry. Sanft hält er mich zurück. Sein Blick ist von Sorge und Enttäuschung erfüllt. "Kommst du nicht mit nach oben? Und ist alles in Ordnung mit dir?", fragt er vorsichtig, während er mir weiter tief in die Augen schaut und seinen Daumen über meinen Handrücken kreisen lässt. Zur Antwort nicke ich ihm zu und lockere mein Handgelenk vorsichtig aus seinem Griff. "Ich brauche gerade einfach Pferde um mich herum.", meine ich leise. Dann gebe ich ihm noch einen kurzen Kuss auf die Wange, mache auf dem Absatz kehrt und stürme durch die Tür nach draußen.
Dunkelheit umgibt mich sofort nach dem ersten Schritt über die Türschwelle. Der Himmel ist sternenlos und tiefschwarz. Der Wind pfeift mir kalt um die Ohren. Generell herrscht eine enorme Kälte an diesem Abend. Doch obwohl ich mit Kälte eigentlich Gefahr verbinden sollte, breitet sich ein wohliges, warmes Gefühl in mir aus. Entschlossen und mit einem Lächeln auf den Lippen setze ich mich in Bewegung. Mit federnden Schritten, die sich bald schon in kleine Hüpfer verwandeln, komme ich der Wiese, auf der die Pferde stehen, näher. Geschickt springe ich über den Zaun und lande wieder fest auf dem Boden, ohne mein Gleichgewicht zu verlieren. Ich stoße einen kurzen Pfiff aus und bekomme sofort lautes Wiehern als Antwort. Mit geschlossenen Augen warte und lausche ich in die Dunkelheit. Die dumpfen Schläge der Pferdehufe, die leichte Druckwellen durch den Boden jagen, und das freudige Wiehern von neun Pferden. Die Augen öffne ich erst, sobald die Geräusche verstummen, ich ein leises Brummeln in meinem Ohr vernehme und den warmen Pferdeatem in meinem Nacken spüre. Da die Dunkelheit meinen Rappen Mistral fast verschluckt, kann ich nur mühsam seine Umrisse erkennen, doch sein blaues Auge sticht hervor und leuchtet mir entgegen. Langsam fahre ich mit meinen Fingern seinen Kopf und Hals entlang, bis ich neben ihm stehe. Dann schlinge ich meine Arme um seinen Hals und drücke den Kopf in sein weiches Fell. Mit tiefen Atemzügen inhaliere ich den Pferdegeruch.
Doch schon nach wenigen Augenblicken, werde ich unterbrochen. Frechdachs stupst mich auffordernd in den Rücken. Lachwnd drehe ich mich zu ihm um und streichele auch ihn. Schon nach nur wenigen Sekunden werde ich von den neun Tieren umringt. Ich lasse meine Hände langsam über die Pferdehälse wandern. Minutenlang genieße ich die Geborgenheit und Sicherheit, die ich so nur bei meinen Pferden spüren kann. Irgwendwann lasse ich mich im Schneidersitz auf den Boden sinken und schon bald legt Mistral sich neben mich. Erschöpft lehne ich mich gegen seinen Hals. Die anderen Pferde bilden eine Art schützenden Kreis um uns. Kurze Zeit später versinken ich und die Tiere in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen weckt mich das Zwitschern der Vögel. Müde reibe ich mir die Augen und blinzele gegen die Sonne, die noch tief am Himmel steht. Ich genieße erst die Wärme, doch als mir wieder klar wird, dass heute wohl der letzte Tag mit den Jungen sein soll, bildet sich ein Kloß in meinem Hals. Während ich die Trauer versuche zu verdrängen, rappele ich mich auf. Blitzschnell steht Mistral auch neben mir. Grinsend schwinge ich mich auf seinen Rücken. Die anderen Acht sind nun auch aufgestanden. Ich klopfe Mistrals Hals und erhöhe den Druck meiner Schenkel minimal. Er versteht, wiehert laut und prescht, gefolgt von der restlichen Herde, los. Wind weht mir durch die Haare, doch trotzdem habe ich nicht den Spaß, den ich sonst habe. Um irgendetwas dagegen zu tun, treibe ich, sobald ich den Zaun der Koppel sehe, Mistral weiter an, statt ihn zu verlangsamen. Im Augenwinkel sehe ich wie die anderen Pferde durchparieren und langsam zurückfallen. Doch Mistral zieht weiter auf den Zaun zu. Bei einer relativ gut abgeschätzten Distanz drücke ich ihm die Fersen in den Bauch und er stößt sich kräftig vom Boden ab. Während dem Sprung breite ich meine Arme zur Seite hin aus und habe das kurze Gefühl zu fliegen. Mit einem dumpfen Knall kommen erst seine Vorder- und dann seine Hinterhufe auf dem Boden auf und er galoppiert weiter. Erst auf dem Hof wird er langsamer und pariert durch.
Dort warten bereits die Jungen, Melina, Nicola und Mira. Sie lehnen an der Hauswand und die Mädchen haben jeweils einen Rucksack in der Hand. Schmunzelnd schwinge ich mein rechtes Bein über seinen Hals und lasse mich semi-elegant von seinem Rücken rutschen. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen stößt Harry sich von der Mauer ab und kommt auf mich zu. Er legt vorsichtig seine Hände um meine Taille und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Ich verschränke meine Arme hinter seinem Nacken und ziehe ihn noch ein Stück zu mir. "Guten Morgen, Honey.", raunt er mir mit seiner tiefen Stimme ins Ohr, nachdem er sich von mir gelöst hat. "Guten Morgen", hauche ich zurück und küsse ihn noch einmal kurz. Dann befreie ich mich aus seiner Umarmung, lasse aber meine Finger mit seinen gekreuzt. Lächelnd ziehe ich ihn ein Stück zu den Anderen hinterher.
Mit einem freudigen 'Morgen' werde ich von Allen begrüßt. Besonders die drei Mädchen zeigen großen Enthusiasmus. Lächelnd kommt Mira mir entgegengehüpft und schließt mich in die Arme. Erst versteife ich aufgrund der Berührungen, doch schon bald lockern meine Muskeln sich wieder. "Okay! Was wollen wir heute machen?", fragt sie mich mit leuchtenden Augen. "Wenn heute unser erstmal letzter Tag ist, habe ich gedacht, würde ich ihn gerne da verbringen, wo wir uns zum ersten Mal getroffen haben.", antworte ich und blicke durch die Runde. Zustimmendes Nicken ist die Antwort. Also pfeife ich einmal und warte auf Gewieher und Hufgeklapper in meinem Rücken. Grinsend stehen nun auch die anderen auf und kommen noch näher zu uns heran. Der schwarze Kopf meines Pferdes ist nun bereits neben meinem Gesicht aufgetaucht und auch der Rest der Herde haben erneut auf mein Signal gehört. Jeder versteht und geht zu seinem Pferd. Ich mache noch einen kurzen Seitenschritt neben die Tür und greife nach meinem Bogen und einem gefüllten Köcher, den ich mir dann auf den Rücken schnalle. Dann gehe ich dicht gefolgt von Mistral rum und schmeiße einen nach dem anderen auf den Rücken des jeweiligen Pferdes, bis ich selber auf meinen Rappen springe.
Schon die eine oder andere Stunde haben wir als kleine Gruppe damit verbracht, durch Wälder zu trotten und über Wiesen zu fetzen. Immer wieder wenn Ruhe einkehrt lausche ich dem Zwitschern der Vögel oder auch dem Rascheln der Blätter in der leichten Sommerbrise. Bis wir wieder aus dem letzten Wäldchen heraustreten und ich das Blau des Meeres sehe, das Rauschen der Wellen höre und das Salz in der Luft schmecke. Ohne ein Wort zu sagen, nur mit einem kurzen Jubelruf, treibe ich Mistral vorwärts und galoppiere auf den Strand zu, von dem ich nur noch durch einige Felsen, die aus Brandung und Boden ragen, getrennt bin. Bisher bin ich immer um sie herumgaloppiert, doch diesmal will ich es anders machen. Ich konzentriere mich und lehne mich ein kleines Stück nach vorne. "Das schaffen wir!", raune ich meinem Hengst ins Ohr und er bestätigt mit einem lauten Wiehern. Ich drücke meine Schenkel enger zusammen und sofort zieht Mistral in gestrecktem Galopp auf das Hinderniss an. Adrenalin schießt durch meinen Körper. Den Zaun heute morgen konnte ich abschätzen, aber Felsen? Sie sind breiter. Sie sind höher. Und der Boden ist aus Sand, gibt also schnell nach. Doch ich spüre, dass Mistral sich des Sprunges bewusst ist und ich weiß ebenfalls, dass ich diesem Pferd vertrauen kann. Also halte ich mich einfach auf seinem Rücken und lasse ihn laufen. Die Distanz für den Absprung ist gut gewählt und die Sprungkraft fühlt sich ebenso gut an. Ich riskiere einen kurzen Blick nach unten und sehe die Steine unter uns hergleiten. Fest kommt Mistral auf dem Boden auf und braucht nur wenige Galoppsprünge, um sich wieder zu balancieren. Das Adrenalin macht Glücksgefühlen Platz und mir entweicht ein erleichtertes Lachen. Von weitem kommen auch die anderen angeritten, allerdings waten sie mit ihren Pferden durch das Wasser. Louis, Melina und Niall sind zuerst bei mir. "Das war ja mal megakrass!", ruft Louis mir zu. "Ja das war es! Kannst du mir das auch beibringen?", redet Melina weiter. "Ich kann es versuchen", lache ich ihr entgegen. So war das Gespräch abgeschlossen und glücklich lasse ich mich von Mistrals Rücken gleiten.
Der Tag ist sonst noch wirklich wunderschön. Ich konnte lange nicht mehr so viel lachen, wie heute mit meinen neuen Freunden. Wir setzen uns in den Sand und beginnen damit die Rucksäcke auszupacken. Nach und nach kommen immer mehr Lebensmittel zum Vorschein und so entsteht schnell ein kleines Picknick. Besonders Louis, Niall und Harry fangen damit an, Witze zu reißen und die Stimmung und Atmosphäre ist ganz schnell gelockert. Gemeinsam lachen wir viel und haben Spaß.
"Warum hast du eigentlich Pfeil und Bogen dabei, Lia?", fragt Mira mich irgendwann neugierig. Schmunzelnd antworte ich: "Ich habe mir vorgenommen euch beizubringen, wie man damit umgeht und da heute der letzte Tag ist.." Ich lege eine kurze Pause ein, greife nach dem bogen und einem Pfeil und spanne ihn, als wäre es das Normalste der Welt. "..bringe ich euch heute das hier bei!" Bei diesen Worten hebe ich den Bogen und lasse den Pfeil loszischen. Gekonnt schieße ich Niall einen Apfel aus der Hand. Der Pfeil bleibt in dem Stamm eines Baumes stecken, den Apfel mittig aufgespießt. "Wow! Kannst du das nochmal machen?", fragt Louis enthusiastisch und hat schon den nächsten Apfel in der Hand, "Aber nicht wieder aus der Hand. Das wäre langweilig!" Nachdem er dies hinzugefügt hat legt er den Apfel kurzerhand auf Nialls Kopf. Ich zucke nur mit den Schultern und greife den nächsten Pfeil. Ich lege ihn an die Sehne. Louis beobachtet mich, als wäre er ein kleines Kind, das gerade irgendwelche Artisten bewundert. Für den Bruchteil einer Sekunde ziele ich, dann ziehe ich die Finger von der gespannten Sehne. Der Pfeil saust durch die Luft und trifft die Frucht auf Nialls Kopf mit mörderischer Präzision. Grinsend blickte ich durch die Runde. Ihre Gesichter sind erfüllt von Bewunderung, aber auch der Schrecken ist in ihrer Mimik zu erkennen. Stille entsteht, die ich allerdings relativ schnell wieder breche: "Wer will als Erstes?" "Ich!", ruft Louis sofort und will nach dem Bogen greife. Lachend ziehe ich die Waffe ein Stück zurück. "Aber es werden keine Äpfel mehr von den Köpfen unserer Freunde geschossen, Tommo!", spricht Liam, der neben mir sitzt und dem ich gerade fast den Bogen ins Gesicht geschlagen hätte, meine Gedanken aus. "Keine Sorge Payno! Ich schaffe das schon!", entgegnet Louis wieder, während er aufsteht. Auffordernd hält er mir die Hände hin. Schulterzuckend erhebe ich mich ebenfalls.
Stunden verstreichen während ich allen nacheinander beibringe einigermaßen zielsicher zu schießen. Es macht mir Spaß, ihnen zu zeigen, was sich mein ganzes Leben lang als lebensnotwendig erwiesen hat, und sie für diese Art der Waffenführung zu begeistern. Sie alle schlagen sich auch ziemlich gut und sind begeistert und mit Spaß dabei. Besonders Louis und Harry scherzen viel und viel wird gelacht. Doch nach einiger Zeit beginnt die Sonne zu sinken und steht tief am Horizont. Wir räumen also auf und schwingen uns wieder auf die Pferde. In zügigem Tempo reiten wir in Richtung Hof.
Dort angekommen springen wir nur kurz ins Haus, suchen Zelte und Schlafsäcke zusammen, packen Lebensmittel ein und Niall nimmt seine Gitarre mit. Wieder mit den Pferden geht es dann in das nahegelegene Waldstückchen. Ich kenne mich hier gut aus und schnell finde ich meine Lichtung wieder. Sie ist klein, ziemlich mittig im Gebiet und liegt so gut wie direkt neben einem kleinen Bächlein, der nur wenige Meter entfernt in einen kleinen See mündet. Die Natur auf diesem Fleckchen ist unberührt und leuchtet geradezu von Leben. Das Gras ist saftig und grün, die Bäume werfen lange Schatten auf den Boden und die Vögel zwitschern in den Bäumen. Die Pferde stehen auf einem Stück Fläche mit besonders frischem Rasen und grasen in aller Seelenruhe. Wir, beziehungsweise die Jungen, beginnen damit die Zelte aufzubauen. Oder besser gesagt: Sie versuchen es! Nach dem typischen Motto 'Wir brauchen keine Anleitung, wir schaffen das schon so!' beißen Harry, Niall und Zayn sich an einem der drei Zelte die Zähne aus. Liam allerdings schafft es sogar das erste Zelt innerhalb von fünf Minuten funktionstüchtig zu bekommen und ist, als die anderen Drei mit ihrem ersten fertig sind, auch schon voll dabei das dritte Zelt aufzubauen. Louis, die Mädels und ich haben uns, faul wie wir sind, auf Baumstämmen niedergelassen und beobachten das Spektakel mit großem Interesse. Als Harry, Zayn und Niall sich zu uns setzen und darüber diskutieren, wie Liam Zelte so gut und ohne Anleitung aufbauen könne, kann ich mir einen Spruch nicht verkneifen: "Da sieht man mal, wer von euch hier die Intelligenzbestie ist!" Louis und die Mädchen brechen in Lachen aus, während Niall, Harry und Zayn mich mit ihrem Ist-das-dein-verdammter-Ernst-Blick ansehen. Ich jedoch grinse sie nur verschmitzt an und strecke ihnen kurz die Zungenspitze raus. "Alles klar...Wer geht mit mir Feuerholz sammeln?", unterbricht Zayn unser aller Lachen und steht auf. Die Jungen folgen ihm und Melina, Nicola, Mira und ich warten an unserem Nachtlager.
Die Sonne steht noch tiefer am Horizont und die Nacht bricht herein. Gerade noch rechtzeitig bevor die Dunkelheit uns umgibt, kommen die Holzsammler zurück und türmen die gefundenen Scheite und Stämme zu einer kleinen Feuerstellenkonstruktion. Indem ich kleine Flammen über meine Fingerspitzen züngeln lasse, entzünde ich das Holz und schon bald lodert ein kleines Lagerfeuer in unserer Mitte. Nicola zieht irgendwann Marshmallows aus ihrem Rucksack und beginnt diese auf kleine Stöckchen zu spießen und rumzureichen. Währenddessen nimmt Niall seine Gitarre und beginnt Melodien zu spielen. Es dauert nicht lange, bis die Jungen einige ihrer Lieder singen. Den ganzen Abend über sitze ich gegen Harrys Oberkörper gelehnt und seinen Arm um meine Hüfte gelegt. Lange schon war ich nicht mehr so glücklich wie jetzt. Doch da die Jungen, und dadurch auch wir, am nächsten Morgen früh aufstehen sollten, verziehen wir uns doch relativ schnell in die Zelte. Alle finden in ihnen Platz, bis auf ich. Ich fühle mich irgendwie unwohl in ihnen. Ich brauche meine frische Luft, um gut zu schlafen. Also gehe ich einfach kurzerhand zu den Pferden und lege mich zu ihnen in das hohe Gras. Es dauert auch nicht lange, bis ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf falle.
Am nächsten Morgen werde ich durch lautes Gerumpel nicht weit von mir wach. Die Jungen und Mädchen haben wohl schon damit begonnen, die Zelte abzubauen. Langsam rappele ich mich auf und komme auf die Beine. Durch die Kälte der Nacht sind meine Glieder noch steif und nur nach und nach taut mein Körper wieder auf. Ich gehe mit einer Gefühlsmischung aus Freude und Trauer auf die Jugendlichen zu, steuere besser gesagt direkt Harry an. Von hinten schlinge ich meine Arme um seine Hüfte und lehne mich so weit nach vorne, dass ich ihm einen Kuss auf die Wange drücken kann. Ein Grinsen breitet sich in seinem Gesicht aus und er dreht seinen Kopf ein Stück in meine Richtung: "Guten Morgen Honey" "Morgen mein Lockenkopf", grinse ich zurück und wuschele ihm einmal durch die Haare, bevor ich ihm noch einen Kuss auf die Wange drücke. Schmunzelnd packe ich beim letzten bisschen des Abbaus noch mit an und dann machen wir uns auf den Rückweg zum Hof. Zum erstmal letzten Mal reite ich neben Harry im Schatten durch den Wald und presche mit ihm über ein feld um die Wette. Der Gedanke, ihn in wenigen Stunden gehen lassen zu müssen, zieht meine Stimmung ziemlich runter. Doch ich versuche diese Überlegungen zu verdrängen und die noch ziemlich gute Laune der anderen zu übernehmen.
Im Haus auf dem passiert nichts besonderes. Gemeinsam setzen wir uns in Wohnzimmerr und quatschen über Gott und die Welt. Doch nach einiger Zeit, die jeder von uns vergessen hat, werden wir von der Klingel der Türe unterbrochen. Seufzend und augenrollend stehe ich auf. Ich wollte die Tür nicht öffnen, da ich nach einem Blick auf die Uhr genau weiß, wer da vor der Tür steht, musste aber. Also drücke ich widerwillig die Klinke nach unten und ziehe die Holztüre auf. Vor mir stehen mehrere Männer, alle ein Stückchen größer als ich, und schmunzeln mir entgegen. "Ich bin Paul Higgins und würde mir gerne meine Jungs schnappen.", begrüßt mich einer von ihnen freundlich. "Hazza, Tommo, Payno, Nialler, DJMalik! Ist für euch!", rufe ich über meine Schulter und lehne mich dann gegen den Türrahmen, mit den Armen vor der Brust verschränkt und triumphierend über das verdutzte Gesicht, das Paul vor mir macht, da ich jeden Jungen bei einem seiner Spitznamen gerufen habe, lächelnd. Harry ist als erster bei mir und legt eine seiner Hände an meine Taille, während er Paul mit der freien Hand einen High-Five verpasst."Gut Jungs. Seid ihr fertig? Wir müssen uns schließlich ein bisschen beeilen!", meint Paul dann an alle, die noch aufgetaucht sind, gerichtet. Einstimmiges Nicken als Zusage von den Jungs. Harry dreht sich noch einmal um und nimmt seine Tasche von Liams Schulter. Seine Hand lässt von meiner Hüfte ab, schiebt sich jedoch schnell wieder zu meiner und kreuzt unsere Finger. Eigentlich habe ich mit einer verabschiedung in der Tür gerechnet, aber zu meinem Erstaunen zieht Harry mich mit zu einem der beiden Wagen und öffnet mir höflich die Tür. etwas verwirrt, aber ohne weiter nachzufragen, rutsche ich auf den mittleren Sitz der Rückbank. Harry und Zayn setzen sich neben mich. Kurze Zeit später setzt sich das Auto in Bewegung und es geht Richtung Flughafen.
Die Fahrt ist ruhig. Ich lehne 90% der Zeit mit meinem Kopf an Harrys Schulter und er hält meine Hand, über deren Handrücken er seinen Daumen ruhig kreisen lässt. Immer mal wieder schließe ich meine Augen und atme tief durch. Nach ungefähr fünfzehn Minuten hält der Wagen an. Wir sind am Flughafen angekommen. Harry steigt von uns dreien als erster aus. Wie auch schon bei der Abfahrt hält er mir die Tür auf. Sobald diese geschlossen ist, greift er wieder nach meiner Hand, was ich aber nur so halb mitbekomme, da ich über die Größe der Anlage, als auch der Flieger staunen muss. Mit einem Kuss auf die Wange holt Harry mich in die Realität zurück. Ich drehe mich zu ihm um und blicke seinem breiten Grinsen entgegen, was auch meine Mundwinkel kurz nach oben zucken lässt. "Komm mit Honey", flüstert er mir geradezu ins Ohr und schleift mich mit sich. Wir laufen mit den anderen durch den Flughafen und durch wohl enorm viel Glück ist weder viel los, noch werden die Jungen erkannt. Somit haben wir für mich schonmal die ersten Hürde überstanden, denn wenn es eine Sache gibt mit der ich so gar nicht klarkomme, dann sind das große Menschenmassen, die auf einen zukommen. Wir kommen also ohne größere Probleme bis hin zum Terminal.
Es ist schon zwanzig vor eins und so bleiben uns also nur noch ein paar Minuten. Harrys Hände legen sich erneut an meine Hüfte und er zieht mich etwas näher zu sich heran. Dann drückt er sanft seine Lippen auf meine. Ich vergesse meine Umgebung, generell alles um mich herum, schlinge meine Arme um seinen Hals und erwidere den Kuss. Eigentlich viel zu schnell löst er sich wieder etwas von mir, doch unsere Gesichter bleiben nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt. "Ich möchte nicht, dass du gehst", hauche ich ihm entgegen und lasse die Finger meiner rechten Hand seine Gesichtszüge nachfahren. "Glaub mir, ich würde auch viel lieber hier bleiben, aber ich kann meine Jungs nicht im Stich lassen. Könnte ich, würde ich hier bleiben, Honey.", flüstert er zurück. Mit dem Anflug eines Lächelns küsst er mich wieder kurz. "Das verstehe ich.", antworte ich leise. "Aber ich komme zu hundert Prozent zu dir zurück.", meint Harry. Noch ein kurzer Kuss. Die Durchsage für das Boarding ertönt. "Haz, wir müssen!", ruft Louis. Doch Harry blickt mir weiter tief in die Augen.
"Ich liebe dich, Lia!" Dieser Satz lässt mein Herz noch schneller schlagen. "Ich liebe dich auch Harry!", antworte ich und diesmal bin ich es, die ihn in einen Kuss zieht. Ein weiteres Mal ertönt die Durchsage und Harry ist gezwungen, sich von mir zu lösen. "Ich werde dich vermissen", flüstert er mir noch schnell ins Ohr. Dann schnappt er sich seine Tasche, wirft sie über seine Schulter, drückt noch kurz einen Kuss auf meinen Handrücken und läuft den anderen hinterher. Noch einmal kurz dreht er sich um und winkt mir zu. Auch ich hebe kurz zum Abschied die Hand. Keine Sekunde später ist er aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich stehe nun komplett alleine am Terminal, halte die Hände vor der Brust verschränkt und bemühe mich, das Gefühl von seinen Lippen auf meiner Hand nicht verblassen zu lassen und seinen Geruch in der Nase zu behalten. "Ich dich auch, Lockenkopf. Ich werde dich auch vermissen!", murmele ich zu mir selber und verharre an Ort und Stelle. Tränen bilden sich in meinen Augen und lassen meine Umgebung verschwimmen. Doch ich gebe mir nicht die Mühe sie zurückzuhalten. Und so rollt eine Träne nach der nächsten über meine Wangen, nässen mein Gesicht und tropfen vor mir auf den Boden. Irgendwann fasse ich mich wieder, wische mir mit dem Handrücken über das Gesicht und suche mir irgendwie den Weg aus dem Flughafen.
Harry ist nun fort. Nur mit viel Glück werde ich ihn in einigen Monaten wiedersehen. Und mit ganz viel Pech werde ich ihn nie wiedersehen und er wird mich vergessen. Und dann wäre ich wieder alleine, mit einem riesigen Loch im Herzen. Und das will ich ganz und gar nicht. Ich will nicht das Gefühl wieder schmerzhafter spüren, das mich seit meinem achten Lebensjahr verfolgt. Dieses Leid will ich nicht wieder ertragen müssen, da es jetzt sogar wahrscheinlich noch schmerzvoller wäre. Diese Gedanken wirbeln in meinem Kopf herum und ich bin nicht in der Lage, genug Willenskraft aufzubringen, um sie zu verdrrängen. Also lasse ich ihnen einfach freien Lauf, denn etwas in mir sagt mir, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Und ich weiß, dass ich Harrys Wort Vertrauen schenken kann. Er wird zurückkommen. Ich weiß nicht wann oder wie, aber er wird zurückkommen!
🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴🐴
Jaa, ich lebe noch und veröffentliche nach 2 ganzen Monaten wieder! Inaktivität on top, nenne ich das. Auf jeden Fall habe ich hier endlich mal ein neues Kapi für euch, dass sogar extra lang ist. Ich meine 4300 Wörter😱Whaaaaat😱😂 Ich hoffe aber, dass es euch gefällt und ich werde mir Mühe geben, wieder regelmäßiger neuen Stuff rauszuhauen, da ich nun hoffentlich mehr Kreativität und Zeit habe.
Also in diesem Sinne, Marmelade!
(Fragt nich😂)
Eure Vici❤
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