Kapitel 25: Verarbeiten und Loslassen

|Liandra|
In der Nacht lassen mich die Informationen, mit denen ich in den letzten Tagen überhäuft wurde, auch nicht in Frieden. Schon zum sicherlich hundertsten Mal liege ich wach und starre an die Decke. In meinem Kopf herrscht ein riesiges Durcheinander. Leicht aufgebracht fahre ich mir durch die Haare und atme stoßweise aus. Behutsam drehe ich den Kopf nach links. Harry liegt ruhig neben mir. Seine Atmung ist langsam und er ist ganz leise am Schnarchen. Ein Lächeln huscht mir über die Lippen. Es ist so ein friedliches und sanftes Bild. Vorsichtig klettere ich unter seinem Arm hervor und schwinge die Beine über die Bettkante. Der Fußboden knarzt leise unter meinem Gewicht. Ich gehe zum Fenster und öffne es. Die kalte Nachtluft kommt mir in einem Schwall entgegen. Die Vorhänge beginnen hin und her zu flattern. Der Mond und die Sterne tauchen den Hof in ein weiß-silbriges Licht. Es ist ruhig, nur das Rascheln der Blätter an den Bäumen ist entfernt wahrzunehmen. Tief atme ich ein und aus. Mein Puls normalisiert sich wieder. Ich komme wieder etwas zur Ruhe und kann mir das, was mir als Idee durch den Kopf schießt, nicht erklären. Verschmitzt zuckt mein linker Mundwinkel nach oben. Dann senke ich den Kopf und blicke nach unten. Einige Meter unter mir zeichnen sich die Umrisse der Überdachung der Terrasse in der Dunkelheit ab. Ich mustere einmal meine Arme und meine Beine. Seit der Dusche sind sie nicht mehr von Schrammen und Hämatomen übersäht. Also klettere ich auf den Fenstersims und lehne mich vorsichtig nach vorne. Der Wind wird stärker und pfeift mir in den Ohren. Noch einmal lasse ich meinen Blick über den Hof schweifen. Ich fühle mich hier zwar wohl, aber es ist für mich einfach nicht der richtige Ort, um alles zu verarbeiten. Ohne zu viel nachzudenken stoße ich mich ab und bin für einen Moment schwerelos. Dann treffen meine nackten Füße auf das Dach. Moos kitzelt unter meinen Füßen. Ich richte mich wieder auf und trete an den Rand der Überdachung, bis meine Zehen über die Kante hinausschauen. Es sind noch einige Meter bis zum Boden. Ich gehe wieder einige Schritte zurück. Dann gehe ich leicht in die Knie und laufe los. An der Kante springe ich ab und breite die Arme aus, als seien es Flügel. Ich konzentriere mich und spüre, wie die Luft unter mir quasi fester wird. Luftzüge umspielen meinen Körper und halten mich in der Luft. Kurz lache ich auf. Das Gefühl wahrhaftig zu schweben ist befreiend. In der Luft drehe ich Pirouetten, ziehe die Arme an den Körper, breite sie wieder aus und variiere so meine Geschwindigkeit.

Minutenlang fühle ich mich so frei, wie schon lange nicht mehr. Doch bald lässt meine Konzentration nach und ich beginne Meter für Meter zu sinken. Früh genug begebe ich mich in die Senkrechte zum Boden, damit ich möglichst komfortabel auf den Füßen landen kann. Meine Zehenspitzen streifen schon das hohe Gras der Wiese, über der ich mich befinde, als ich die Augen schließe und mich leicht nach vorne kippe. Doch dabei scheine ich mein Gewicht falsch verlagert zu haben, denn schnell verliere ich meine Balance, schlage mit den Armen in der Luft, um Halt zu finden, und rolle mich dann gerade noch so zusammen, damit ich nicht längs nach vorne kippe und mit dem Gesicht zuerst lande. Durch genug Schwung schaffe ich es nach der Flugrolle direkt aufzustehen. Wind weht mir durch die Haare. Das Gras um mich herum ist weich und saftig und kitzelt mich an den Beinen. Die Bäume, die vor mir einen Waldrand bilden, wiegen sich im nächtlichen Luftzug. Schon wieder ohne nachzudenken, laufe ich los.

Die Bäume ragen hoch über mir auf. Die Äste sind dick und die Blätter knistern und rascheln. Gefesselt von der Natur bleibe ich stehen und drehe mich einige Male um die eigene Achse. Dabei fällt mir ein besonders großer Baum ins Auge. Seine Äste wachsen schon nah am Boden aus dem Stamm und seine Krone ist sogar im Dunkeln grünlich zu erkennen. Ich renne hin und ziehe mich am ersten Ast, den ich zu greifen bekomme, hoch. Die Rinde ist rau und ich schürfe mir beim Klettern sowohl Handflächen, als auch die Fußsohlen auf. Doch meine Freude und meine hiermit entstehende Freiheit lässt mich jeglichen Schmerz und jede Angst beziehungsweise Sorge vergessen. Ich klettere bis zu einem besonders dicken Ast hoch in der Baumkrone und lasse mich auf diesem nieder. Den Rücken lehne ich gegen den breiten Stamm. Ich schließe die Augen und vergesse alles um mich herum. Ich vergesse die letzten Tage und mache mir keine Gedanken mehr, was den Zustand der Anderen angeht. Es gibt gerade nur mich. Und auch falls das egoistisch klingt, hat mir dieses Gefühl so lange gefehlt. Tief und langsam atme ich ein und aus, bis ich schlussendlich wieder im Land der Träume versinke.

Warme Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase und ein wohliges Gefühl macht sich in meinen Körper breit. Ich blinzele ein paar Male gegen die noch tief stehende Sonne, bis ich die Augen öffnen kann. Ohne Hintergedanken und Erinnerungen strecke und räkele ich mich. Doch plötzlich fehlt mir der Halt und ich kippe fast zur Seite von meinem Ast hinunter, den ich zuvor total vergessen habe. Gerade so bekomme ich das Holz noch zu fasse und kann mich wieder hochziehen. Das Adrenalin, das gerade durch meinen Körper geschossen ist, macht Glücksgefühlen Platz und ich lache auf. Dann lasse ich mich kontrolliert vom Ast gleiten und klettere wieder zu Boden. Das Gras und die Blätter, die am Waldboden liegen, rascheln unter meinen Füßen. Doch nicht nur von mir geht Geknister aus. Wenige Meter entfernt von mir steht ein stolzer Hirsch. Er steht ruhig und gelassen da und knabbert Knospen und Blüten von den Büschen und Sträuchern um ihn herum. Ich mache einen etwas unbeholfenen Schritt auf ihn zu. Wieder raschelt das Gras unter meinen Füßen und diesmal hebt das majestätische Tier den Kopf und das große Geweih kommt ziemlich gut zur Geltung. Er mustert mich zwar, macht aber keine Anstalten zu flüchten. "Na, Großer?", sage ich unsicher. Er bleibt stehen und streckt mir nur neugierig den Kopf hin. Ich bücke mich und rupfe ein Büschel Gras aus dem Boden. Ich strecke ihm meine Hand hin. Er macht einen Schritt auf mich zu und reckt seinen Hals noch mehr zu mir. Er schnuppert vorsichtig an meiner Hand und zieht mir dann ganz behutsam die Halme von der Handfläche. Genüsslich kaut er auf ihnen herum und lässt mich näher an ihn herantreten. Ich lege ihm die Hand auf das braune Fell am Hals und er lässt es zu. Breit grinsend streiche ich ihm über den Hals.

Plötzlich raschelt es wieder hinter mir. Diesmal aber viel lauter als zuvor. Panisch reißt der Hirsch den Kopf hoch und springt ins Dickicht. Auch ich wirbele herum und als ich sehe, wer da hinter mir steht, muss ich wieder lachen. Vor mir stehen Skyfall, Ostwind, Bucephalos, Firefly und Frisbee. Sie alle sehen mich leicht tadelnd an. Frisbee kommt als erster zu mir und schmiegt sich leise brummelnd an mich. Ich klopfe lächelnd seinen Hals und kraule gleichzeitig mit der anderen Hand Skyfall hinter den Ohren. "Ich weiß ja, dass ihr in letzter Zeit ziemlich in den Hintergrund gedrängt wurdet! Was haltet ihr von einem schönen langen Ausritt? Der Tag ist schließlich noch lang!" Kollektives Wiehern bekomme ich als Antwort und lache wieder auf. Ich klopfe Ostwinds Hals und lasse dann meine Finger der linken Hand in seine Mähne gleiten. Ich stoße mich vom Boden ab und springe so elegant auf seinen Rücken. Ich setze mich richtig hin, dann verstärke ich den Druck mit meinen Waden und Ostwind läuft los. Seine Bewegungen sind nicht so hart wie die von Firefly, sondern weicher und definitiv leichter zu sitzen. Ich brauche kaum Anspannung um mich auf seinem Rücken zu halten. Es fühlt sich gut an die rhytmischen Galloppsprünge zu spüren und das gleichmäßig Klopfen der Hufe einer kleinen Herde hinter sich zu hören. Ich breite die Arme zur Seite hin aus. Ich kann zwar den Wind, der uns entgegen schlägt, fühlen, aber ich fühle keinerlei Widerstand, wie es bei beispielsweise bei Fahrtwind ist. Doch genau das lässt mich die Freiheit von mir und meinen Pegasi noch stärker fühlen. Diese eigentlich kleinen Momente scheinen mir extrem gut dabei zu helfen, meine Erlebnisse zu verarbeiten. Die Momente, in denen es entweder nur mich oder mich und die, die mich schon immer begleitet haben, gibt. So ein Moment wie jetzt oder den, als ich gestern schwerelos davongeflogen bin und auf einem Baum genächtigt habe.

Ich bin nicht sicher, wie lange ich unterwegs war, aber es waren sicherlich mehrere Stunden vergangen, als ich wieder auf den Hof komme. Dieser liegt allerdings zu meinem Erstaunen noch immer ruhig da. Weit entfernt nehme ich Rufe und Geklapper von Pferdehufen wahr. Jake und Mike scheinen gerade die Rinder hinauszutreiben. Über die Zeit, die die Feriengäste bei uns verbringen, haben die beiden sich dazu bereiterklärt, die Arbeit auf dem Hof, die täglich von mir gemacht wurde, zu übernehmen. Somit habe ich dann mehr Zeit für die Gäste und die Ausbildung der Pferde, ganz besonders für die von Mistral, denn wenn wir ihn als Reitpferd einsetzen könnten, hätten wir einen großen Vorteil, wie Lisa immer sagt. Gedankenversunken und immer noch breit grinsend lasse ich mich von Ostwinds Rücken rutschen. "Danke, das habe ich echt mal wieder gebraucht!", meine ich nur zu meinen Pegasi und lobe sie der Reihe nach, indem ich ihnen den Hals klopfe ober sie hinter den Ohren kraule. Nur Frisbee lässt sich nicht so einfach loben. Er ist noch voller Energie, springt mit seiner Fohlenmanier um mich herum und wiehert mich mit seinem hellen und lauten Babywiehern an. "Mein kleines Spielkind! Ich komme heute Nachmittag nochmal zu euch und dann kann ich mit dir spielen. Ist das in Ordnung Kleiner?", frage ich, während ich ihm die Ohren kraule. Er brummelt mich zur Antwort nur an, dreht sich dann um und stolziert wie ein kleiner Prinz davon. Ein Lächeln huscht wieder über meine Lippen. Ich verabschiede mich auch noch schnell von meinen anderen Begleitern und gehe dann wieder ins Haus.

Es ist ruhig. Stille herrscht. Keiner ist bis jetzt aktiv. Zu meinem Glück, denn so kann ich wieder ins Zimmer ohne von allen ausgefragt zu werden. Also schleiche ich förmlich die Treppe hinauf. Oben angekommen gehe ich weiter zu meinem Zimmer, dessen Türe ich nun ebenfalls vorsichtig öffne. Das Holz knarzt leise und die Scharniere quietschen etwas, doch als ich das Zimmer betrete, sehe ich, dass Harry immer noch ziemlich genau so in meinem Bett liegt und schläft, wie ich ihn am Vorabend verlassen habe. Lächelnd krabbele ich wieder unter die Decke und lege mich neben ihn. "Wo warst du?", flüstert er etwas undeutlich in meinen Rücken. "Kurz frische Luft schnappen.", entgegne ich mit sanfter und ruhiger Stimme. Er murmelt noch ein 'Ok' und nickt dann sofort wieder ein. Ich allerdings schaffe es keineswegs wieder einzuschlafen und entscheide mich nach kurzer Zeit dafür, Musik zu hören und zu zeichnen. Mein Bild ist nicht gerade geordnet, sondern eher eine Skizze der Zusammenfassung aller meiner Gedanken. Ich falte das Blatt als ich fertig bin und lege es in den kleinen Schrank an meinem Bett, in dem auch mein Halsband und mein Siegel liegen. Danach öffne ich das Fenster erneut, setze mich auf den Sims und beobachte wie die Sonne immer weiter den Himmel emporklettert und die Luft wärmt.

Ein oder zwei Stunden später gehen Harry und ich gemeinsam runter, damit wir mit den Anderen frühstücken können. Das Frühstück ist soweit uninteressant und relativ langweilig, nur dass Louis den gesamten Morgen über nicht erscheint lässt Zweifel und Sorge in mir hochkommen. Auch Harry scheint dies zu wundern, denn er fragt relativ schnell bei seinen Kumpels nach: "Wisst ihr wo unser Lou steckt?" Die Jungen können uns erst nicht groß weiterhelfen, bis Zayn auf eine Idee kommt, wo er sein könnte: "Wir haben doch diese Taube gefunden, die er Kevin getauft hat. Ich weiß nur, dass Lou total besessen von diesem Tier ist. Er hat ihr gestern oder vorgestern sogar mit der Hilfe von Jake eine Art Käfig hinter dem Stall gebaut. Vielleicht ist er ja dort und 'pflegt sie wieder gesund'." Die Vorstellung, dass Louis tatsächlich so vernarrt in diese kleine Taube ist, schien nur mir auf eine lustige Art und Weise, unmöglich zu erscheinen. Die vier Jungen machten sich zwar auch einen Spaß daraus, dass er sich wahrscheinlich um eine Taube kümmert, als wäre sie sein allergrößter Schatz, sind aber scheinbar alle der Meinung, dass diese Theorie gar nicht so weit hergeholt sein könnte.

Wie auch immer, wir beschließen dann jedenfalls ihn nach dem Frühstück dort zu suchen. Also begeben wir uns nur ungefähr eine halbe Stunde später zum Stall, wo Jake und Louis wohl den Käfig für die Taube gebaut haben sollten. Und tatsächlich sitzt er im Schneidersitz vor dem Holzgestell, das wohl der improvisierten Käfig sein soll. Ungewollt lache ich auf, als ich sehe, wie Louis die Taube Kevin im Arm hält, ihr in der flachen Hand Körner hinhält und ihr immer mal wieder über das Gefieder streicht. Aufgrund meines lauten Gelächters dreht Louis sich zu uns um und guckt nur mit zweifelndem Blick und leicht schiefgelegtem Kopf in meine Richtung. "Machst du dich etwa über Kevin lustig?", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen, aber auch er kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Ich mache noch ein paar Schritte auf ihn zu und wische mir eine Lachträne aus dem Augenwinkel: "Keineswegs! Ernsthaft Louis, ich feier dich gerade so krass dafür, dass du dich um eine Taube kümmerst und sie Kevin genannt hast!" Ich lasse mich neben ihn auf den Boden fallen, während Kevin sich auch wieder zu Wort meldet. Die kleine Taube ist wohl nicht damit einverstanden kein Futter mehr gereicht zu bekommen und pickt Louis demonstrativ ins Handgelenk. Das lässt auch die anderen Jungen auflachen. Und hier ist schon wieder einer dieser kleineren Momente, die mich loslassen und verarbeiten lassen. Es tut unglaublich gut hier mit Menschen zu sitzen, mit denen ich mich gut verstehe und mit ihnen zu lachen. "Was glaubst du eigentlich, wann du Kevin wieder freilassen kannst?", unterbricht Zayn irgendwann das Gelächter. Louis verstummt und wirft einen leidenden Blick auf das Tier in seinen Armen. "Ich weiß es nicht. Ich kann irgendwie nicht einschätzen, wann es seinem Flügel wieder so weit gut geht, dass er in freier Wildbahn fliegen kann."n dann wendet er sich an mich, "Kannst du ihn dir mal ansehen? Ich glaube du hast mehr Ahnung von Vögeln als ich." Hinter mir höre ich glucksendes Lachen von Harry, Zayn, Liam und Niall. Louis scheint schneller zu begreifen als ich, denn auch er stimmt mit ein. Nur ich weiß immer noch nicht, was hier abgeht. Noch einmal lasse ich mir Louis Worte durch den Kopf gehen und jetzt fällt auch mir die Zweideutigkeit der Aussage auf. Mein fragender Blick wird zu meinem Ist-das-euer-scheiß-Ernst-Blick mit dem ich alle einmal tadelnd ansehe. Ich schüttele noch einmal den Kopf und nehme dann Kevin aus Louis Armen, ohne die Anderen weiter zu beachten. "Mit welchem Flügel hatte er denn Probleme?", frage ich Louis und auch schnell bekomme ich meine Antwort: "Rechts" Ich drehe mir die Taube so zurecht, dass ich mir den Flügel gut ansehen kann. Ich fühle immer wieder über den wohl verstauchten Knochen und bewege den Flügel vorsichtig. Kevin scheint das nichts auszumachen und er beginnt nur irgendwann zu protestieren, weil er wieder zu seinem Louis will. Vielleicht wollte er aber auch nur wieder zum Fressen. Also reiche ich Louis den Vogel wieder und meine: "Ich bin zwar kein Experte, aber der Flügel macht für mich einen sehr guten Eindruck. Ich tippe darauf, dass er verstaucht war, sich aber durch deine unglaubliche Pflege gut erholt hat. Ich bin der Meinung, dass wir den Kleinen heute fliegen lassen können." Louis hebt die Taube hoch, als sei sie ein kleines Kind und sagt zu ihr: "Hast du gehört Kleiner? Du bist wieder gesund und kannst heute wieder ins Freie!" Lächelnd stehe ich auf. "Ich habe Frisbee versprochen heute noch mit ihm zu spielen! Wir sehen uns später und dann verabschieden wir uns erstmal von unserem kleinen Findelkind!" Ich wende mich ab und gehe einfach davon. Die perplexen Blicke der Jungen kann ich auf der Haut spüren, als würden sie sich tief in mich einbrennen. Doch ich drehe mich nicht noch einmal um.

Stundenlang jage ich mit meinem kleinen Pegasusfohlen über die Wiesen. Gemeinsam hetzen wir durch einen Wald nach dem anderen und über immer wieder neue Stoppelfelder. Lange schon bin ich nicht mehr so intensiv gelaufen und dementsprechend sacke ich irgendwann schwer atmend, aber dennoch glücklich, ins Gras. Schnaubend legt Frisbee sich zu mir und kuschelt seinen Kopf in meinen Schoß. Gedankenverloren streiche ich ihm zärtlich über das Fell und kraule seine Ohren. Lange sitze ich so da und genieße erneut die Ruhe, die von meiner Umgebung ausgeht. Doch irgendwann ist es für mich und den Kleinen an der Zeit wieder zurück zum Stall zu gehen. Diesmal allerdings wirklich gehen. Auf dem Hof ist mehr los, als bei meiner ersten Ankunft am heutigen Morgen. Lisa, Mike und Jake fltzen über den Hof, beladen mit Futtersäcken, Heuballen schleppend oder auch eine Schubkarre vor sich herschiebend. Mira, Melina und Nicola stehen am Zaun zu den Paddocks ihrer Pferde, kraulen sie und sind am Lachen. Liam, Zayn und Harry sitzen mit den Rücken an die Scheune gelehnt und beobachten amüsiert, wie Louis und Niall versuchen, Barney davon zu überzeugen, ihnen den Stock, den der Welpe in der Schnauze hat, zu bringen und mit ihm zu spielen. Lächelnd lege ich Frisbee meine Hand auf den Mähnenkamm und führe ihn in die Richtung der Jungen.

"Na, was ist denn hier die Mission?", frage ich grinsend und lasse mich neben Harry ins Gras sinken. Dieser drückt mir einen kurzen Kuss auf die Stirn, bevor er antwortet: "Barney hat Niall und Louis gerade zu überfallen und wollte spielen. Und jetzt lässt er die Jungs nicht mehr ans Stöckchen und hält sie ordentlich auf Trab!" Er grinst breit und dreht dann den Kopf wieder zu den beiden Jägern meines Welpens. "Und das jetzt schon wie lange?", hake ich weiter nach. Diesmal beantwortet Zayn meine Frage: "Schon mindestens eine Stunde." "Und wir haben bereits Wetten abgeschlossen, wie lange unsere Sportsfreunde hier das durchhalten werden.", ergänzt Liam, ebenfalls lachend. "Nun ja, zu lange wollen wir die Jungs ja auch nicht quälen!", meine ich und stoße einen Pfiff aus. Barney spitzt sofort die Ohren und hält an. Da auch die beiden Jungen schlagartig bremsen wollen, fallen beide vornüber auf den Boden, wobei Niall auf Louis landet. Laut lachen wir auf. Louis versucht zwar noch, sich den Stock zu greifen, doch barney ist schneller und schießt zu mir. Er legt den Stock in meinen Schoß und setzt sich vor mich. "Feiner Junge", lobe ich ihn und tätschele seinen Kopf, was er mit einem kurzen Bellen quittiert. Louis und Niall rappeln sich auf und kommen auf uns zu. Louis zieht einen Schmollmund, aber es ist deutlich, dass er sich das Lachen verkneifen muss. Niall ist am Dauergrinsen und muss sich ebenfalls beherrschen, nicht laut loszulachen. Breitbeinig stellt Louis sich vor mich und verschränkt die Arme: "Das war nicht fair! Ich hatte ihn fast!" Seine Stimme klingt dabei wie die von einem kleinen Kind, das gerade eine Runde Fangen verloren hat. Zayn antwortet jedoch schneller als ich es tun kann: "Mutiert uns Lou jetzt etwa zu einem Loubrador? Wenn ja, dann hol das Stöckchen!" Dabei beugt er sich über Harry hinweg, greift den Stock von meinem Bein und schleudert ihn an Louis vorbei. Doch statt genervt dreinzublicken, spielt dieser sofort mit und sprintet dem Ast hinterher. Noch lange spielen wir mit unserem 'Loubrador' und haben dementsprechend viel zu lachen.

Die Sonne steht nun schon tief und hüllt den Himmel und die Erde in rötliches Licht. Liam, Louis, Harry, Zayn, Niall, Mira, Nicola, Melina und ich stehen vor dem improvisierten Käfig von Kevin, den Louis gerade öffnet. Er nimmt die Taube in die Arme und streicht sachte über ihr Gefieder. Kevin reibt sein Köpfchen an Louis Handgelenk. Gedankenversunken meint er zu mir, da ich direkt neben ihm stehe: "Glaubst du wirklich, dass er bereit dafür ist, wieder freigelassen zu werden?" Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter: "Ich glaube es nicht Louis, ich weiß es! Du hast dich unglaublich sorgsam um den Kleinen gekümmert, aber er braucht seine Freiheit!" Meine Stimme ist ruhig und ich versuche ebenfalls ermutigend zu klingen. Leicht nickt Louis. Das erste Mal, seitdem ich Louis kenne, ist er nicht so aufgedreht und muss sich sogar die eine oder andere Träne verkneifen. Langsam geht er in die Hocke und setzt Kevin auf die Füße. Noch einmal streichelt er über die Flügel der Taube. Dann wispert er: "Na los mein Kleiner. Ich werde dich vermissen!" Er richtet sich wieder auf und ein gerührtes Lächeln umspielt meine Lippen. Kevin gurrt noch einmal, hüpft ein paar Mal und hebt dann ab. Louis sieht ihm wie hypnotisiert nach. "Er wird bestimmt wiederkommen. Wir lassen seinen Käfig stehen und vielleicht wird er noch einmal hier einziehen!", versuche ich ihn aufzumuntern. Er nickt und murmelt ein 'Vielleicht'. Dann wenden wir uns ab und laufen wieder zum Haus. Auf dem Weg dorthin klingelt Liams Handy. Seines ist tatsächlich das Einzige, das hier genug Empfang für alles mögliche hat. Er geht ans Handy und schickt uns schonmal rein. Wir setzen uns also noch ins Wohnzimmer und warten. Eine gefühlte Ewigkeit! Liam ist so lange draußen, dass die Naderen schon damit anfangen, zu spekulieren, mit wem er gerade was bespricht. Nach unfassbar langer Zeit, wahrscheinlich so 15 Minuten, die sich extrem lange anfühlen, öffnet sich die Tür und Liam betritt das Wohnzimmer. Doch nicht wie gewohnt mit einem Lächeln im Gesicht, sondern einem besorgten, fast schon traurigen Gesichtsausdruck. "Was ist los?", fragt Niall schnell. Liam kommt zu uns und lässt sich erschöpft in einen Sessel fallen, bevor er antwortet:

"Ich habe nicht gerade gute Neuigkeiten!"

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Ja ich lebe noch und hier ist das nächste Kapitel! In den letzten Wochen haben mir einfach Kreativität, Motivation und vor allem Zeit zum Schreiben gefehlt. Die Schreibblockade hat mich wieder geholt😒 Aber dafür hatte ich jetzt gerade mal wieder einen relativen Schreibfluss, den ich sofort ausgenutzt habe ( über 3700 Wörter😱). Und trotzdem bin ich schon wieder nicht ganz mit dem Ergebnis zufrieden. Na toll!😬 Hoffentlich gefällt es euch trotzdem!

Eure Vici❤

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