Die Zeit

Wir trinken aus dem Ungeheuer -
von ihm befreit, der Leib vergeht.
Nicht eine Flut, und auch kein Feuer
so schrecklich mächtig, wie ihr seht.
Sein Zahn ist zornig, sinnt nach Rache,
weil's Ungeheu'r uns dienen soll.
Die Seele bricht's mit lautem Krache,
wenn's meint, das Maß sei nunmehr voll.

Ein Engel, der uns hält auf Erden,
ein Teufel, der uns von ihr reißt.
Ein Wolf, zerreißend unsre Herden,
ein Hirt, um den ihr Handeln kreist.
Wir kennen, fürchten sie, und wimmern,
wenn sie erdrückt und uns entzweit.
Ihr' Spiegelbilder schon bekümmern,
in leblos Uhrn - die große Zeit

Ich schrieb, dass Leiber wohl vergingen,
wenn wir befreiten uns von ihr.
Doch nimm ein' Blutschluck, lasse klingen
vielleicht ein Liedlein, gönn es dir.
Ein bisschen Zeit sollst du dir nehmen,
zum Zeitlossein, weil's zu leben gilt.
Und ob nach Dauerdurstproblemen
und fort vom Zahn dich Tod umhüllt?

Denn kehrn wir heim, die Zeit verlassen,
zur Mutterbrust, die niemals leer?(1)
Dort wär, so hoff ich, Milch in Massen,
und Gottes Gnad verging' nicht mehr.

1) entsprechend dem Leben nach dem Tod in der christlichen Vorstellung

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top