Tag 5 - Morgen

Die grün-weißgestreifte Müslischüssel klapperte leise, als Annies Mutter Marissa, eine hochgewachsene Brünette mit weichen grünen Augen, sie vor ihrer Tochter auf dem zerkratzen Holztisch im Zentrum der Küche abstellte. Da es Sommer war, drang bereits helles Sonnenlicht durch die Terrassentür ins Haus hinein und ließ die cremefarbene Landhausküche warm und weich erscheinen.  Annie hörte auf, nervös auf ihrem Stuhl herumzurutschen und streckte die Hand aus, als ihre Mutter ihr einen Löffel entgegenhielt. Murmelnd bedankte sich das kleine Mädchen und versenkte den Löffel in die Mischung aus Milch und Cornflakes, die sich in der Schüssel befand. Kurz herrschte Stille, während Annie gedankenverloren auf ihrem Frühstück herumkaute und ihre Mutter sich Kaffee in einen angeschlagenen, schlichten Becher goss. Nur leichtes Vogelgezwitscher drang durch das zum Lüften auf Kipp gestellte Fenster neben dem altersschwach wirkendem Herd hindurch an ihre Ohren. Dann legte Annie mit nachdenklicher Miene den Löffel ab. „Mama?", fragte sie und drehte sich so im Stuhl um, dass sie ihrer Mutter ins Gesicht sehen konnte.

„Ja?" Marissa erwiderte den Blick ihrer Tochter nicht, sondern nahm sicheine Packung Milch aus dem Kühlschrank, um dann ein wenig davon ihrem Kaffee hinzuzufügen. „Mama, glaubst du eigentlich anGeister?"

Mitten in der Bewegung hielt Marissa inne, dann ließ sie den Arm sinken und stellte die Packung auf der Anrichte ab, um sich Annie zuzuwenden. „Nein, Liebes, das tue ich nicht. Geister gibt es nicht", antwortete sie langsam, als würde sie sorgfältig jedes Wort erwägen, das ihre Zunge verließ. Mit zwei weiten Schritten ging sie zu ihrer Tochter hinüber und strich ihr mit gerunzelter Stirn übers Haar. Dabei achtete sie darauf, dass das Mädchen ihr Gesicht nicht sehen konnte. Ein Konflikt schien sich in ihrem Kopf abzuspielen, und sie presste kurz die schmalen Lippen zusammen.„Wieso, hast du Angst?", hakte sie dann nach, mit leicht hoffnungsvollem Unterton. Das wäre der simpelste und am nächsten liegende Grund für diese Frage.

Doch Annie schüttelte prompt vehement den Kopf, sodass ihre ungekämmten Lockenwild um ihren kleinen Kopf herumflogen.

„War nur 'ne Frage", verkündete sie ihre Antwort nüchtern und wandte ihr Interesse wieder dem Frühstück zu.

Ein Schatten von Zweifel huschte über Marissas Gesicht, doch sie verdrängte die Spekulationen, die ihre Intuition ihr leise zuflüsterte. IhreTochter war jung, intelligent und wissbegierig. Da war eine derartige Frage nur normal, ermahnte sie sich selbst.

„Na, bist du schon aufgeregt?", wechselte sie daher abrupt das Thema und nahm endlich einen Schluck ihres ungesüßten Kaffees.. „Heute ist immerhin dein erster Tag im neuen Kindergarten!"

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