Folterkeller oder Zahnarztpraxis
Als ich am nächsten Tag beim Frühstück saß (es gab Mal wieder Pfannkuchen mit Heidelbeeren aus dem Wald), fragte Fili:
"Welches Datum ist heute überhaupt?"
"Gute Frage", lachte Selina, "in den Ferien bin ich immer etwas lost, da bin ich froh, wenn ich weiß welcher Monat ist."
"Ich schaue schnell nach", meinte mein Bruder und griff nach seinem Smartphone, "heute ist der 16. August."
Der 16. August also. Kaum zu glauben, dass die Mittelerder fast schon drei Wochen bei uns waren.
Der 16. August. Irgendwas war da, das spürte ich. Ich überlege kurz, niemand hatte Geburtstag, der erste Schultag war auch noch nicht und eigentlich hatte ich in den Ferien nichts vor... Außer...
"Fuck!", entfuhr es mir, mein Termin beim Kieferorthopäde!
"Was ist los?", rief Legolas erschrocken und ich jammerte:
"Ich muss heute zum Kieferorthopäde! Oh Gott, das habe komplett vergessen!"
"Ist der Kieferortodingsbums etwas schlimmes?", erkundigte sich Bilbo besorgt.
Ich nickte. "Ja, es ist fürchterlich. Aber besser als früher, immerhin habe ich keine feste Spange mehr, sondern trage nur noch regelmäßig eine zum rausnehmen."
Ja, ja, regelmäßig. Haha. Selbstverständlich. Das Teil tat verdammt weh und obendrein nuschelte ich damit in der Fresse noch mehr als Til Schweiger...
"Soll ich dich zum Kieferortodingsbums begleiten?", bot Legolas an.
Das würde die Sache natürlich um einiges schöner machen und ich nahm den Vorschlag dankbar an.
Nach dem Frühstück verschwand ich im Bad zum Zähne putzen und schlüpfte in meine Hotpants und ein kurzes grünes T-Shirt.
"Danke fürs Fahren", sagte ich zu meinem Bruder, als er uns eine knappe Stunde später vor dem Kieferorthopäde aussteigen ließ. Er wollte mit Tauriel ins Kino gehen, weshalb er so freundlich gewesen war, uns zur Praxis zu bringen.
"Das ist also ein Kie-fer-or-to-phä-de", stellte Legolas fest, nachdem er das Schild am Eingang gelesen hatte, "komischer Name..."
Nachdem ich mich angemeldet hatte, durften wir noch einmal wie immer "einen winzigen Augenblick" im Wartezimmer Platz nehmen.
"Schau Mal, dieser Fußballprofi hat geheiratet", rief der Elb aufgeregt und zeigte mir einen Artikel in einer Frauenzeitschrift, "das Kleid seiner Frau hat sage und schreibe über eine Millionen Euro gekostet... Das ist viel zu viel meiner Meinung nach." Ich nickte und wollte ihn gerade auf den enormen Kitschfaktor dieser Hochzeit aufmerksam machen, doch so weit kam ich nicht.
"Na na, junge Dame", bemerkte eine ältere Frau, die neben uns saß, lächelnd, "warten Sie mal ab, bis Sie ihren Traumprinz gefunden haben, da werden Sie sich sicher auch ein so tolles Kleid finden, in dem Sie aussehen wie eine Prinzessin!"
Ich wollte gerade antworten, dass ich an meiner Hochzeit keines Falls aussehen wollte wie eine Prinzessin und es mir mein Kleid vom Abschlussball auch reichen würde, als mir klar wurde, dass sie gar nicht mich mit der jungen Dame meinte. Das hatte Legolas gegolten.
Ach du scheiße.
Der Elb atmete tief durch und behielt offensichtlich nur mühsam die Beherrschung. Bitte töte die Frau nicht, schoss es mir durch den Kopf, doch in diesem Moment rief die Zahnarzthelferin endlich meinen Namen. Erleichtert sprang ich auf, packte Leggy am Handgelenk und lief mit ihm die Treppe hoch zu den Behandlungsräumen.
Dr. Hartmann empfing mich schon und ich nahm Platz, während ich Legolas als meinen Freund vorstellte.
"Hast du die Spange regelmäßig getragen?", erkundigte sich der Arzt und blickte mich forschend an.
Ja natürlich, was denkst du denn?!
Ich nickte also brav und hoffte, dass man mir nicht ansah, dass ich log wie gedruckt.
"Gut", meinte er, "dann mache sie Mal bitte rein."
Na super. Davor hatte es mir von Anfang an gegraut. Ich nahm also meine absolut bescheuerte Spange aus meiner Tasche und setzte sie ein.
"Das sieht ganz gut aus", erklärte der KFO, nachdem er sich das ganze angesehen hatte, "Wir können nächstes Mal deinen Abschlusstermin machen, oder was meinst du?"
Bitte was? Kein Anschiss, weil ich meine Spange nicht benutzt hatte, sondern ein baldiges Ende meiner Behandlung, die sich seit Jahren hinzog? Halleluja!
"Dasch wäre voll cool, mir gefallen meine Tschähne wie schie jetscht schind", rief ich erfreut und vergaß dabei, dass ich ja noch meine Spange eingesetzt hatte...
Sofort lief ich knallrot an. Wie peinlich war das bitte... Dr. Hartmann musste sich ein Lachen verkneifen und Leggy grinste mich frech an.
"Das klang süß gerade, wie ein kleines Kind", meinte er feixend, als wir wieder auf der Straße standen.
Ich boxte ihn spaßhaft und lachte:
"Ich weiß, junge Dame!"
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