Teil VI.
"Zwei Tage später regnete es wieder.
Wir saßen den ganzen Tag über in unserer Hütte und spielten Kartenspiele.
Ich glaube, ich kann für den Rest meines Lebens nicht mehr MauMau spielen, denn an dem Tag haben wir bestimmt über tausend Runden gespielt! Irgendwann kamen auch Paige und ihre Freundinnen dazu und die Betreuer haben uns Erdbeeren mit billiger weißer Schokolade gebracht."
"War Xantia auch dabei?"
"Ja. Xantia saß ein bisschen abseits, aber schon noch dabei. Sie trug den Hut nicht, und ihre Haare waren wieder zu einem einfachen Zopf zusammengebunden.
Alle Mädchen trugen an dem Tag etwas blaues. Zuerst fiel es mir nicht auf. Ich bemerkte es erst, als mir auffiel, dass Xantia die gleiche Farbe trug, wie jemand anderes.
"Ihr tragt alle blau.", sagte ich.
Paige hat die anderen Mädchen angesehen und sie haben gelacht. Xantia hat gelächelt. Sie trug ein ozeanblaues Kleid, der Blauton war etwas dunkler, als der der anderen.
Außerdem trug sie eine schlichte Kette mit einem ungeschliffenen schwarzen Stein als Anhänger.
Es war eine hübsche Kette, sehr schlicht, aber sie passte gut zu dem Kleid.
Wir haben nicht den ganzen Tag in der Hütte verbracht, aber ich erinnere mich nicht mehr an alle Einzelheiten."
"Du erinnerst dich an sehr vieles. Das ist wirklich beeindruckend!"
"Nein. Xantia hätte mehr gewusst.
Woran ich mich für immer erinnern werde, ist der Abend. Draußen war es dunkel.
Also, nicht ganz dunkel, aber dieses sommerliche Dunkel, wenn die Sonne weg ist und der Himmel doch noch gräulich blau ist.
Geregnet hat es immer noch.
Oliver und wir anderen saßen bei Paige und den anderen Mädchen und haben UNO gespielt. Die Zeit verstrich und die Stimmung wurde gleichzeitig von Müdigkeit erdrückt und von Übermüdigkeit wieder hochgerissen. Das Lachen wurde schriller und hysterischer.
Um neun Uhr abends ging ich zum Strand.
Xantia war nur fünf Minuten vorher verschwunden.
Der Strand war wunderschön. Unten das aufgewühlte, tiefblaue Wasser, inklusive weißer Gischt und so viel weiter oben dann der ebenso blaue, aber doch hellere Himmel, gesprenkelt von grauen Regenwolken.
Und unten saß Xantia. Mitten im Regen, den Blick aufs Meer gerichtet. Auf ihrem Kopf saß der Strohhut mit dem gelben Band und brachte Farbe in diese blaue Welt.
Ich habe Hallo gesagt, und mich dann neben sie gesetzt. Xantia hat gelächelt. Aber nicht in meine Richtung.
"Ist dir nicht kalt?", habe ich gefragt. "Es regnet!"
"Ich weiß. Es ist wunderschön.", hat Xantia gesagt und dann ist sie aufgestanden und hat angefangen, sich im Kreis zu drehen, wieder mit ausgestreckten Armen, als wolle sie davonfliegen. Die Regentropfen glitzerten auf ihrer Haut, ihre Haare hingen wie dunkle, dünne Vorhänge über ihren Schultern.
Ich weiß nicht, wieso. Vielleicht weil niemand zusah. Jedenfalls stand ich auch auf und habe ihr nachgemacht.
Und dann habe ich Xantia lachen gehört und ich habe mitgelacht. Es war nicht, weil ich etwas lustig fand.
Es war, weil ich überwältigt war.
Neben uns das Meer und wir sahen aus, als hätten wir darin geschwommen.
Xantias Hut fiel hinunter und der Wind wehte ihn bis direkt vor meine Füße. Ich hob ihn auf.
Der Hut war rau, nur das Band war weich. Jetzt erst sah ich, dass winzig kleine, hellblaue Sterne darauf genäht worden waren.
"Das ist ein schöner Hut.", habe ich gesagt.
"Ich weiß.", hat Xantia gesagt und ich habe ihr den Hut zurückgegeben. Sie hat ihn mir auf den Kopf gesetzt.
So schief, dass er fast hinunter fiel, aber nur fast.
Und dann haben wir weiter auf unsere ganz eigene Art und Weise im Regen getanzt."
"Hast du es genossen?"
"Es war einer der schönsten Momente in meinem ganzen Leben."
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