5.1

Mein Liebling, Daniel,

du hast mich nahezu beschimpft, weil ich nicht erklärt habe, was weiter mit Arina passiert und außerdem hast du darüber geschmollt, dass noch nichts mit Zauberei in unserem Märchen vorkam. Ich habe mich deswegen heute Abend, als du ins Bett gegangen bist, gleich an den dritten Teil der Geschichte gesetzt und weiter geschrieben. Ich hoffe, dass es dir gefällt. Es tut mir leid, dass es anfangs nicht um uns geht. Aber ich wünsche dir trotzdem viel Spaß beim Lesen, mein Liebster.

Dein fleißiger Schriftsteller Luther Bride

Es war ein kalter Wintertag, an dem der Prinz einen Ausritt in den Wald des Dorfes tätigte. Die Hufe seines Pferdes hinterließen Spuren im Schnee. Der Prinz genoss die Neujahresruhe. Es war erst ein paar Tage her, da hatte das neue Jahr begonnen. Alles schien ruhig und friedlich zu sein. Der Schnee bedeckte den Waldboden und alle Äste. Die Tiere des Waldes schliefen friedlich in ihren Nestern und Höhlen. Der Prinz wurde langsamer, weil es genau die Stille war, die er brauchte nach der Unruhe in seinem Schloss. In naher Zukunft sollte er eine Prinzessin heiraten. Doch da er diese weder liebte, noch leiden konnte, wollte er, seit dem sie eingezogen war, nichts anderes als weg. Der Weg wurde schmaler und heller. Er traute seinen Augen nicht, als er am Wegrand eine Rose sah. Sie strahlte in dem schönsten Rot, dass er je gesehen hatte. Selbst sein Pferd hatte sie bemerkt, doch bevor es sich die wunderschöne Blume einverleiben konnte, zog der Prinz an den Zügeln und den Zossen somit schnell zurück. Nachdem er sein Tier gebändigt hatte, stieg er hinab in den kalten Schnee und ging zur Rose, um sie näher zu betrachten. Beim näheren Begutachten stellte er fest, dass es sich hierbei wirklich um eine echte Rose handelte. Voller Staunen räumte er den Schnee um die Blume weg, um zu sehen, wie sie gewachsen war. Gerade als er sich bis zum Gras vorgekämpft hatte, erklang ein Klingeln. Wie ein Glöckchen schien es sich anzuhören. Er schaute sich verwundert um und entdeckte staunend noch eine weitere Rose. Der Prinz fragte sich selbst, ob diese Rose, die nicht weit weg der ersten war, schon die ganze Zeit dort gestanden hatte. Verwundert ging er zur zweiten Blume. Als er dort angekommen war, erklang wieder ein Glöckchen und die nächste war zu sehen. Er stieg wieder auf sein Pferd, welches schon kurz davor war, vor Verwunderung die Flucht zu ergreifen und ritt entlang der Rosen. Immer wenn er bei einer angekommen war, spross die nächste empor. Er folgte den Rosen bis zu einer Lichtung. Dort lag etwas im Schnee, doch es war keine Rose. Es war ebenfalls rot. Er ritt näher an das Unbekannte heran und versuchte zu erkennen, was es war. Dann stieg er von seinem Pferd ab und wagte sich todesmutig an das Etwas heran. Erschrocken wich er zurück, als er erkannte, worum es sich handelte. Ein Mädchen im roten Kleid lag im Schnee. Es war weiß im Gesicht und seine braunen Haare lagen unordentlich in diesem. Seine Augen waren geschlossen und sein Körper war zusammen gezogen. Seine Knie hatte es umschlungen mit den Armen. Es hatte wohl gefroren. 
„Ob sie noch lebt?", fragte sich der Prinz. Er drehte das Mädchen auf den Rücken, um es näher betrachten zu können. Er lehnte sich nach vorne an seine Brust, um zu hören, ob sein Herz noch schlug. Ja, langsam, aber das Mädchen lebte noch. Blitzschnell nahm er es auf den Arm und trug es zu seinem Pferd. Er hievte das dünne Ding auf seinen Zossen und stieg selbst wieder herauf. Ohne Nachzudenken ritt er los in Richtung Schloss. Der Schlosshof lag ruhig und schwieg. Es war kalt im Innenhof. Der Prinz trug das Mädchen durch die schlafenden Ställe. Die Pferde wieherten. Im Schloss konnte er es nicht unterbringen. Dort waren viel zu viele Leute.
Er legte das Mädchen in das leider zu kalte Stroh. Doch wie hätte er es wärmen sollen, wenn er doch nicht gewusst hatte, wen er hier vor sich hatte? Wie hätte er wissen sollen, dass er ein halberfrorenes Mädchen im Wald finden würde? Um ihn herum wieherten die Pferde. Das Haar des Mädchens hatte sich nun leicht im Stroh verfangen und seine Arme, die leicht aus dem roten Kleid hervorragten, zitterten bei der Berührung mit dem gelben Stroh unter sich. Er hatte es lieber ins Heu legen wollen, doch da dieses als Pferdefutter täglich gebraucht wurde und es sowieso an unerreichbarer Stelle lag, hatte er sich entschieden, seinen Gast hier unterzubringen. Nun lag das Mädchen da. Es war schwer gewesen, es hier her zu tragen und so setzte sich der Prinz neben das unbekannte Mädchen und begutachtete seine zarten Gesichtszüge. Auch er fror ein wenig, doch die Aufregung hatte ihn gewärmt. Nun war er wieder zu Hause, seinen Zossen hatte er in seine Kammer gebracht und bald müsste auch er selbst wieder zurück in seine Gemächer. Es war nun schon bereits mittags und bald würde es auffallen, dass der Thronfolger nicht da war. Und dann gab es Ärger. Doch was war mit dem Mädchen zu tun? Hier draußen würde es verhungern und erfrieren. So beschloss er, ihm ein wenig frisches Wasser aus der Pferdetränke neben sein neues Bett zu stellen. Er deckte es mit einer Decke zu, die ursprünglich für die wiehernden Tiere gedacht war. Er wusste, dass das nicht alles sein konnte. Er musste warten, bis es sich erwärmt hatte und nachher noch einmal zu ihm sehen. Der Prinz strich dem Mädchen noch einmal leicht über das Haar und ging dann rückwärts, seinen Blick nur auf es gerichtet, aus dem Stall heraus.
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Ihr Gesichtsausdruck zerstörte sein Selbstbewusstsein. Ihre Augenlider schlossen und öffneten sich wieder und er konnte nichts dagegen tun, dahinzuschmelzen. Seine Mühen waren so vergebens, wie sie nur sein konnten und er fasste mit der einen Hand an seine andere, um sich irgendwie zu beschäftigen. Das Mädchen im Stroh schaute ihn an. Ihre fragenden Worte drangen an sein Ohr und doch hörte er nur seinen Herzschlag. Er schaute sich um, suchte nach irgendetwas, dass er ihr geben konnte. So griff er in seinen Korb. Eingewickelt in ein Tuch hatte er Brot und Schinken dabei. Nur das Beste und er hatte es geklaut. Doch natürlich hatte es keiner bemerkt und sie brauchten es auch gar nicht. Er reichte dem Mädchen das Brot und den Schinken. Es sah ihm dabei in die Augen, doch er war nicht dazu in der Lage, den Blick zu erwidern. Wenn er doch der Prinz war und ihm bald ein Königreich gehören würde, so war er hier nur ihr Diener. Warum? Die Pferde wieherten. Sie lächelte. Hatte sie auch einen Namen? Er musste sie fragen, doch stattdessen deckte er sie zu und stand auf. Den Korb ließ er stehen, atmete tief durch und rannte aus dem Stall. Das Mädchen erschreckte sich über seine schnellen Bewegung, doch es blieb sitzen. Er sah, wie schwach es war, doch er musste ganz schnell hier wieder weg. Bald würde er wieder kommen.
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Es war schon knapp ein Tag vergangen und weil der Prinz das Mädchen nicht erfrieren lassen wollte, hatte er beschlossen, es mit ins Schloss zu nehmen.
Es könnte zum Beispiel beim Küchenpersonal unterkommen oder es wurde Hausmädchen.
Also ging er am nächsten Tag wieder zu den Ställen und lief eilig zum Strohhaufen. Das Stroh war noch da, doch das Mädchen war nicht in Sicht.  
Der Prinz drehte sich nach allen Seiten um. Nirgends sah er es.
So raffte er sich in all seinem Frieren und in seiner Aufregung auf und rief nach ihm. Nach einer kurzen Zeit wieherte eines der Pferde und dann hörte er ein schallendes Lachen. Der Klang des wunderschönen Geräusches ermunterte ihn sogleich und machte ihn traurig, denn er wusste schon jetzt, was die Fremde in ihm auslöste.
Es öffnete sich eine der Türen der Pferdekammern und das blasse Ding kam ihm entgegen. Sein Mut verschwand. Würde es möglich sein, das Mädchen zu fragen, ob es mit ins Schloss kommen würde? Doch es kam ihm zuvor und fragte, wo es sich befand und warum es hier war. Der Prinz stotterte leicht, als er ihm den Verlauf seines letzten Ausrittes schilderte. Die Sache mit den aufblühenden Rosen am Wegesrand brachte sie zum lächeln.  
Der Prinz erklärte dem fast erfrorenem Fräulein, was er nun weiter vorhatte. Es nickte verständlich und ging vor dem Prinzen, welcher die Sachen, die noch im Stroh gelegen hatten, zusammengepackt hatte.  
Er lief mit dem Mädchen halb schleichend über den Innenhof. Wenn ihn jetzt jemand so sah, mit einem Mädchen an der Seite, wäre das nicht nur schändlich für seinen Ruf, sondern auch für seine Verlobung mit der hohlen Madame, welche wahrscheinlich soeben vor den Spiegeln in ihren Gemächern verweilte. Wie er sie doch verachtete.  
Wenn nur das Mädchen, was neben ihm ging und ein rotes Kleid trug, seine Verlobte wäre! Doch das ging alles nicht. Er hatte keine Zukunft mit ihm und hatte schluchzend bei sich beschlossen, dem Mädchen eine Unterkunft zu bieten doch es, wenn es denn wollte, gehen zu lassen. 
Seine Verlobung nahte und so kam es, dass die prunkvolle Festlichkeit mit aller Mühe und Aufwand von dem Personal und den Eltern des Prinzen geplant wurde. Seine Sorgen jedoch verschwanden auch nicht, nachdem er am Tisch gesessen hatte und gegenüber seine Verlobte erblickte. Er lächelte ihr zu. Nur ein Anstandslächeln. Sie zeigte ihre Zähne, als sie zurück lächelte. Der Prinz sah zu seinen Eltern und wartete darauf, dass diese endlich begriffen, dass er mit dieser schrecklichen Person an der anderen Seite des Tisches keine Woche und schon gar nicht sein gesamtes Leben verbringen konnte. Doch das Königspaar beriet sich gerade über die Farbe der Gardinen.
Das Mädchen hatte er zu dem Küchenpersonal gebracht, wo es mit offenen Armen empfangen worden war. Es wusste immer noch nicht, wo es herkam. Das jedenfalls hatte es ihm gesagt.
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Nun endlich war der Tag nahe, an dem der Prinz das Mädchen wiedersehen sollte. Das dieser Tag gerade seine eigene Verlobung war, senkte seine Vorfreude. Wieso sollte das Mädchen je Gefallen an ihm finden, wenn er doch bald in festen Händen sein würde? Inzwischen wusste es es schon. Sicherlich wurde es ihm schon gesagt.  
Nun war alles zu spät. Der Prinz konnte seine Hochzeit nicht mehr verhindern. Er blickte zu seiner Verlobten, welche gerade damit beschäftigt war, ihr Haar zu richten. Er sah sie an. Er wäre am liebsten aufgestanden, in die Küche gerannt, hätte das Mädchen an der Hand gepackt, an sich heran gezogen und es geküsst. Doch das würde niemals passieren.
Alles war bereits geschmückt und hergerichtet, als der Prinz den prunkvollen Saal am Nachmittag betrat. Er hatte sich schon vor einer Stunde auf seinen Gemächern fertig gemacht. Fertig, seinem Grauen ins Auge zu blicken. Er hasste es, sein Lächeln vorzutäuschen, doch er wusste, dass genau dies heute seine einzige Aufgabe war. Das und neben der „Prinzessin" nicht einzugehen.
Es wurde späterer Abend und die Gäste trafen ein. Sie wurden an der Tür von ihm und seiner Verlobten begrüßt. Man verbeugte sich, nickte, hielt ein kleines Pläuschchen und bedankte sich für die Anwesenheit des Gastes. Dann musste man schon zum nächsten und das Ganze von vorne beginnen. Ein trostloses Unterfangen, was der Prinz unter anderen Umständen sicherlich gerne über sich ergehen gelassen hätte.
Schließlich hatten alle Gäste den Saal betreten und das war das Zeichen, sich nun auch hinzusetzen. Der Prinz nahm am Tisch am Ende des Saales Platz. Dieser Tisch war erhöht und von diesem Standpunkt aus konnte man alles gut beobachten.
„Ich freue mich ja so!", äußerte sich die Dame neben ihm. Er nickte.
„Ich hoffe, auch bei Euch hat die Freude Einzug gehalten."
„Gewiss", antwortete er und suchte den Saal nach Personen ab, die er kannte. Vielleicht waren ja Leute gekommen, die er noch nicht begrüßt hatte oder mit denen er sich nur kurz an der Tür unterhalten hatte. Dann hätte er einen Grund gehabt, von hier weg zu kommen.
„Ihr seid abwesend", stellte die Frau neben ihm fest. Sie beäugte ihn mit dieser ungewohnten Kritik. Sonst lächelte sie immer nur. Heute war ihr Gesicht strahlend, doch ebenso in Falten gelegt. Der Prinz wollte nicht wissen, wie seines zu diesem Zeitpunkt wohl aussehen mochte.
„Ich bin ganz bei Euch, Liebste", erklärte er dem Mädchen lächelnd. Er dachte kurzzeitig an das Mädchen aus dem Wald, um das Lächeln nicht allzu falsch aussehen zu lassen. Anscheinend funktionierte es. Die Frau, die er seine Verlobte nennen sollte, nickte.
Trotzdem konnte es der Prinz nicht lassen und ließ seinen Blick durch den Saal schweifen. Da war sie. Die Person, die sein Herz wirklich höher schlagen ließ. Die Person, der wirklich der Thron gehören sollte. Sein Atem stockte, sein Herz klopfte laut. Sieht sie mich? Hat sie es jemals auf diese Weise, wie ich sie sehe?
Dann folgte eine Rede seines Vaters. Er sprach erprobt und bestimmt. Dem konnte sein Sohn eher weniger standhalten. Der Prinz saß nur da, suchte wieder und wieder nach dem wunderschönen Küchenmädchen und blickte ab und zu zu seiner Verlobten, um nicht wieder den Eindruck zu erwecken, dass all das ihm nicht wichtig war. Das war es, doch es war unschicklich, dies nach außen zu kehren.
Es war Essenszeit und die Küchenmädchen, Köche und Kellner wuselten unaufhörlich im Saal umher und versuchten so gut wie möglich, vornehm und wohl erzogen zu wirken. Sie brachten erst den Gästen ihr Essen und dann der königlichen Familie mit der Verlobten an des Prinzen Seite. Das Küchenmädchen, welches das Essen der Verlobten hinstellen sollte und dann auch das Essen des Prinzen bringen durfte, trug ein einfaches Gewand. Schlicht, doch auf eine merkwürdige Art und Weise herausgeputzt. Es schien schüchtern, zurückhaltend. sein Kodex sagte, es solle den Leuten in die Augen sehen, sie anlächeln und ihnen einen guten Appetit wünschen. Das tat das Mädchen problemlos bei der Verlobten des Prinzen, doch bei dem Prinzen selbst, stand es vor ihm, hatte das Essen in der Hand, stellte es zögerlich ab und blickte dann in seine strahlenden Augen. Wie Diamanten schienen sie zu leuchten, als der Prinz das Lächeln erwiderte. Das nickte, sagte: „Ich wünsche Euch einen guten Appetit, mein Prinz" und wollte sich wieder umdrehen. Alles drehte sich. Es wusste nicht, wer es war, wo es sich genau befand, doch das Mädchen wusste eins: Dass es viel zu starke Gefühle für einen Mann hegte, der gerade glücklich seine Verlobung angetreten hatte.
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Der Prinz verbrachte den restlichen Abend mit seiner Verlobten an ihrem Tisch. Ab und zu kam das Mädchen noch einmal zu ihm und bot ihm Trinken und Essen an. Langsam wurde die Verlobte des Prinzen skeptisch, denn auch sie merkte die Spannung zwischen dem Adligen und der Küchenmagd.
Was hatte dieses Ding, was sie nicht hatte? Sie war wunderschön, klug und wusste sich zu artikulieren. Außerdem war sie adelig, was sowieso auf eine höhere Intelligenz schließen ließ.
Doch der Prinz hatte wieder dieses Lächeln, welches er ihr nur einmal an diesem Abend geschenkt hatte in seinem wunderschönen Gesicht.
Er war hübsch. Seine blonden Haare waren etwas länger, als die, der anderen und es stand ihm außerordentlich gut. Alle Mädchen und Frauen des Landes waren in ihn verliebt und sie, die zukünftige Königin, schließlich auch. Wie dankbar war sie gewesen, als bekannt gemacht wurde, dass sie den Prinzen heiraten sollte!
Doch seit einer geraumen Zeit nun schon war der Prinz nicht mehr er selbst. Er schien abwesend und verträumt. Jeden Tag, in jeder Sekunde jeder Minute. Er schien an etwas anderes zu denken.
Das Küchenmädchen? Nein, unmöglich war es. Er hatte es doch gerade zum ersten Mal gesehen.
War da etwa noch eine andere? Hatte er eine Geliebte?
Die Prinzessin spürte, wie die Wut in ihr hochkochte und wie die Eifersucht über sie Besitz ergriff. Sie krallte sich an dem Rock ihres pompösen Kleides fest und biss sich angestrengt auf die Unterlippe.
Sie war adelig. Musste sich benehmen. Es war doch ihre Verlobung. Der Prinz würde sie heiraten und nicht irgendein Küchenmädchen!
Langsam schäumte die Wut zurück und die Prinzessin beruhigte sich.
Bald würde er ihr Mann sein. Dann stände ihrem jungen Glück nichts mehr im Wege. 
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Nach der Verlobung folgt bekanntlich die Trauung und die erlebte der Prinz mit unzumutbarer Abneigung. Seine Verlobte strahlte, schaute ihn immer wieder an und er lächelte unwillig zurück. Ob sie es merkte, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war? Dass er in Gedanken gerade in die Küche rannte und seine wirkliche Liebe aufsuchte? Seine Verlobte stehen ließ?
Das war nicht nett, das war ihm klar, doch was sollte er stattdessen tun? War er überhaupt zu anderen Gedanken in der Lage?
Nein, anscheinend nicht, denn das Mädchen hetzte im Saal umher, wie schon letztens, als es bei der Verlobung gekellnert hatte. Es schien alles gleich. Unwirklich war es, dass er jetzt eine Gattin hatte. Ja, das hatte er.
Langsam ließ die Frau neben ihm ihr Hand auf den Schoß des Prinzen gleiten. Er erschrak und drehte sich zu ihr. Ihr Lächeln sagte alles. Er seufzte. Wahrscheinlich vermutete sie, dass er es aus Vorfreude zur kommenden Nacht tat, doch innerlich wünschte er sich einfach nur die andere herbei. Die Richtige. Doch diese rannte umher und versuchte es hinzubekommen, dass alle Hochzeitsgäste etwas zu essen hatten.
Es wurde Abend und das angetraute Paar schritt nun zum ersten Mal zusammen in ihre Gemächer. Die Tür wurde entriegelt und der Prinz trat mit seiner Gattin ein. Er sah sich um. Er sah sie. Sie flüsterte, sie wolle sich umziehen und müsse dafür das Bad aufsuchen. Er nickte, zog seine Schuhe aus und setzte sich behutsam aufs Bett. Weiter sah er sich um. Eine kurze Sinnestäuschung klopfte an der Tür. Er machte sie auf, doch natürlich war hinter ihr auf dem dunklen nur matt beleuchtetem Flur nichts zu erkennen. Er seufzte. Wie schon oft an diesem Tag.
Er schloss die Tür und da verließ seine Gattin das Bad. Nur noch leicht bekleidet stand sie vor ihm und lächelte ihm verführerisch entgegen. Er gewann sich nur ein mattes Lächeln ab.  
Der Prinz zog sich seine Schuhe erneut an.
„Wieso tust du das? Werter, wolltest du nicht gerade etwas anderes machen?", fragte seine Gattin geschockt und stotternd.
Er schüttelte den Kopf. „Verzeihe mir, Liebste, aber ich habe noch etwas zu erledigen."
Dann lief er den Flur entlang, hörte noch einen kurzen Protestschrei seiner Gattin und dann rannte er runter zu den Gemächern des Personals. Jetzt musste er es tun. Er musste sich für die Richtige entscheiden. Und wenn es nur heimlich sein würde. Es würde trotzdem für immer sein.

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