10. Gespräche in der Nacht

10. Gespräche in der Nacht

"Professor McGonagall, ich muss unbedingt zu Professor Dumbledore." Meine Verwandlungslehrerin wirkt etwas erstaunt, als ich sie an einem Samstag morgen direkt nach dem Frühstück abfange.
"Ich bringe Sie zu ihm. Obwohl Sie, wenn etwas passiert ist, zuerst mit mir darüber reden solltest. Immerhin bin ich Ihre Hauslehrerin." Sie schaut streng aber freundlich auf mich runter.
"Ich weiß, Professor. Es ist nur etwas, dass mit meinem Gespräch mit Professor Dumbledore gestern zu tun hat."
"Ich verstehe." Sie nickt wissend. "Professor Dumbledore müsste in seinem Büro sein."

Ich bin froh, dass sie mich nur über meinen Schulaltag aus fragt, nicht über meine Gründe für dieses Gespräch. Als sie mich am Fuß der magischen Wendeltreppe vor Professor Dumbledores Büro verlässt, klopft mein Herz schnell. Auch wenn ich dieses Gespräch wünsche, habe ich doch Angst.
"Ich hatte nicht erwartet dich so schnell wieder zu sehen Lousy." Professor Dumbledore schaut mich über den Rand seiner Tasse an.
"Ich hatte heute Nacht einen Traum, einen komischen Traum. Er war wie eine Erinnerung." Ich erzähle ihm so gut ich kann von meinem Traum. Doch er verblasst schon.
"Ich kann dir, mithilfe eines Zaubers, diese Erinnerung, diesen Traum nehmen. Dann kann ich ihn auch ansehen. Möchtest du, dass ich das mache?"
Einen Moment bin ich verwirrt, die Welt der Magie ist mir einfach noch nicht sehr vertraut. Doch dann nicke ich.
Das Gefühl, als mir die Erinnerung aus dem Kopf gezogen wird, ist komisch. Es ist wie ein kühles Kribbeln.
"Dankeschön. Sollte dir noch etwas einfallen oder solltest du wieder so etwas träumen, dann kannst du natürlich wieder zu mir kommen. Ich möchte dich jetzt auch ungerne verscheuchen, aber ich müsste noch etwas erledigen, bevor ich jemandem einen Besuch abstatte."
Ich verabschiede mich freundlich, und dankbar, und untersage es mir ihn nach seiner Arbeit zu fragen.

"Hey, wo warst du?" Remus ist blasser als gestern.
"Ich musste Professor Dumbledore noch kurz was erzählen. Du siehst schrecklich aus." Kurz habe ich Angst, dass ich ihn gekränkt habe, doch dann lacht er.
"Du sahst auch schonmal besser aus. Schlecht geschlafen?"
"Ja, das ist gar nicht so falsch. Ich hatte einen komischen Traum, aber ich erzähle dir später alles."
"Ok, ich glaube deine Freundinnen warten schon auf dich." Zu Abschied lächelt Remus mir nochmal freundlich zu, dann gehe ich zu meinen Freundinnen.
"Wo warst du? Wir wollten mit dem Zaubertrankaufsatz nicht ohne dih anfangen." Diese Begrüßung kann nur von Océane stammen.
"Ich hol kurz meine Sachen, dann können wir anfangen. Und ich war bei Professor Dumbledore, aber ich darf euch von der ganzen Sache noch nichts erzählen. Das tut mir echt leid."
"Kleine Geheimniskrämerin. Wir haben deine Sachen schon mitgebracht." Océane zeigt auf einen Haufen.
"Danke. Dann lasst uns anfangen."
"Meint ihr nicht, dass Professor Slughorn etwas sagt wenn wir alle das gleiche haben?" Fragt Natja leise.
"Wir schreiben nicht alle genau das gleiche. Wir sammeln zusammen die Informationen und dann schreibt jeder alleine." Sophie blättert ihr Zaubertränkebuch durch, in der Hoffnung auf Informationen.
"Ich hab euch doch gesagt, dass wir in die Bibliothek hätten gehen sollen." Klagt jetzt Anne-Marie. Sie hat, allem Anschein nach, schon das ganze Zaubertränkebuch fast erfolglos durchgeschaut.
"Vielleicht kann ich euch ja helfen. Dann würde ich einem gewissen Jungen entgehen der mich schon wieder nervt." Plötzlich steht Lily Evans neben unserem Tisch. Sie schaut auf Sophies Pergament, Sophie hat als einziges schon die Überschrift geschrieben und zieht dann einen Stuhl an unseren Tisch.
Etwas verlegen erzählt Lily uns, dass sie in Zaubertränke ein 'Ohnegleichen', also die Bestnote hatte. Mit ihrer Hilfe ist der Aufsatz schnell geschrieben, was vielleicht auch daran liegt, dass er nicht sonderlich lang ist. Auch bei den anderen Fächern unterstützt Lily uns hilfsbereit.

Kurz bevor wir zum Mittagessen gehen wollen, tauchen vier Jugen an unserem Tisch auf. James gelingt es Lily zu vertreiben, in dem er sie fragt, ob sie mit ihm ausgehen wollen würde.
"Danke James, Lily ist echt eine große Hilfe und du vertreibst sie einfach." Océane schaut ihn gespielt böse an worauf wir anderen nur genervt die Augen verdrehen.

"Schaffst du es, nach dem Abendessen mit mir in den Krankenflügel zu kommen? Du kannst ja einfach sagen, dass du starke Kopfschmerzen hast und hoffst dort was dagegen zu bekommen." Remus hat sich mit mir ein Stück weit hinter den anderen zurück fallen lassen.
"Natürlich, das wäre ja nichtmal wirklich gelogen, ich fühle mich nicht so gut." Gestehe ich.
"Kann ich nachvollziehen."
Ich habe das Gefühl, dass Remus von Stunde zu Stunde schlechter aussieht.
"Ist es bei dir immer so schlimm?" Frage ich zögerlich.
"Meistens."
Remus tut mir leid, natürlich sind die Verwandlungen für mich auch alles andere als angenehm, aber wenigstens leide ich nicht so stark unter der Anziehungskraft des Mondes.
"Gibt es nichts was dagegen hilft?"
"Noch nicht, Professor Dumbledore sucht nach etwas. Er meinte auch, dass es vielleicht in einigen Jahren einen Trank geben wird der uns das Leben erleichtert." In seinen Augen leuchtet so etwas wie ein Hoffnungsschimmer.
"Vorsichtig Lousy, die übernächste Stufe fehlt." Wir sind im ersten Stock, also fast da und jetzt kommt Sirius auf die Idee mich vor fehlenden Stufen zu warnen.
Auch wenn ich diese Warnung überflüssig finde, bedanke ich mich. Zu meinem Erstaunen und Missfallen wartet er am Fuß der Treppe auf uns.
"Irgendjemand muss doh auf dich aufpassen, ich bin schließlich niht immer neben dir um dich vor dwn Treppen zu schützen." Sein Lächeln wirkt selbstzufrieden.
"Ich hab inzwischen verstanden, dass ab und zu Stufen fehlen. Ich passe schon auf, keine Sorge."
Ich mustere ihn unauffällig aus den Augenwinkeln. Ist es möglich, dass er mein Cousin ist? Kann es sein, dass ich eine richtige Familie habe? Eine Familie dich mich vielleicht sogar liebt und respektiert.

Den Großteil des Nachmittags verbringen wir, zusammen mit Lily und ihren Freundinnen am See. Sie rät uns, die Sonne so lange zu genießen wie sie da ist. Der Winter hier sei alles andere als angenehm.
"Denkst du er ist in dich verliebt?" Anne-Maries Stimme ist sehr leise, sie will nicht, dass die anderen sie hören.
"Wer?" Frage ich ebenso leise zurück.
"Remus oder Sirius, oder beide."
"Ich hoffe es nicht."
Ich weiß, dass sie mich wieder auf dieses Thema ansprechen wird. Dabei finde ich es total überflüssig. Remus und mich verbindet unser Geheimnis, aber mehr als Sympathie bring es von meiner seite nicht. Was sirius betrifft, es ist nicht auszuschließen, dass ich mit ihm verwandt bin. Es erstaunt mich selber, dass ich heute so gelassen darüber nachdenken kann.

"Ich habe mit euch beiden schon vor einer halben Stunde gerechnet. Ihr seid spät dran. Remus du siehst schrecklich aus. Und du musst Lousy sein." Kaum haben wir den Krankenflügel betreten, schon werden wir von einer recht jungen Hexe in Empfang genommen. "Ich bin Poppy Pomfrey. Dann wollen wir mal schauen ob ich alles eingepackt habe."
"Sie ist immer so." Flüstert Remus mir zu.
"Das habe ich gehört." Darauf müssen wir alle lachen. "Zwei Decken, Trinken, Kekse, ein paar Kerzen. Fehlt was?"
"Nicht das ich wüsste. Aber warum die Hektik? Jetzt ist es noch zu auffällig um raus zu gehen." Remus schaut prüfend aus einem der hohen Fenster.
"Und dann gehen wir zu spät los. Nein danke Remus. Du müsstest vom letzten Jahr noch wissen, dass wir nahezu unsichtbar über das Gelände kommen." Madame Pomfrey schaut ihn tadelnd an.
"Ich finde es sieht bewölkt als, vielleicht haben wir ja eine ruhige Nacht." Gebe ich leise zu bedenken. Beide schauen nach draußen.
"Du könntest recht haben." Stimmt Remus mir zu.

Ein paar Minuten später führt Madame Pomfrey uns durch einen kleinen Gang. Er führt vom Krankenflügel direkt ins Freie. Remus läuft hinter mir und warnt mich vor jeglichen Unebenheiten, die ich aufgrund der schwachen Beleuchtung übersehe.
Kaum haben wir den Gang verlassen, stelle ich fest, dass es noch nicht vollständig Nacht ist. "Ich liebe die Abenddämmerung." Verrät Remus leise.
Ich stelle auch fest, dass die Wolken hoch am Himmel stehen, vielleicht wird die Nacht doch nicht so ruhig wie erhofft.
Wir laufen schnell über das Gelände zu einem komisch ausehenden Baum. Er ist noch recht klein, seine Äste schlagen trotz der Windstille um sich.
Madame Pomfrey sammelt im Vorbeigehen einen Stock ein, er steht an einer der Mauern und wirkt dort, als sei er einfach vergessen worden.
"Remus, schafft ihr den Rest alleine? Ich gebe euch die Laterne mit, aber uns bleiben nur noch wenige Minuten. Gebt mir eure Zauberstäbe." Madame Pomfrey wirkt nervös.
Als Remus ihr wortlos seinen Zauberstab überreicht, tue ich es ihm gleich. Dann nehme ich die Lampe entgegen und Remus greift nach dem Korb.
Mit dem Stock drückt sie gegen eine dickere Stelle am Stamm und als der Baum erstarrt, stelle ich erschrocken fest, dass sich dort ein Eingang befindet.
"Ich hole euch ab wenn der Mond weg ist. Und jetzt beeilt euch."
Wir beeilen uns zu diesem Gang zu kommen, dahinter erstreckt sich ein Gang.

"Es sind nur noch ein paar Meter." Remus klingt etwas außer Atem. Wir hasten schon mehrere Minuten, jedenfalls fühlt es sich so an, durch diesen Gang.
Und plötzlich stehen wir in einem Haus oder eher einee Hütte.
"Wem gehört sie?" Frage ich leise.
"Keinem, dort verstecke ich mich immer zu Vollmond. Früher war das eine leerstehende Hütte, dann hat Professor Dumbledore dafür gesorgt, dass es um diese Hütte Gerüchte gab. Und seitdem ich hier regelmäßig bin, hat sie ihren Ruf. Die heulende Hütte, ein Haus voller Geister. Dabei bin ich das ganze Übel, ein Hogwartsschüler, der zu allem Überfluss auh noch ein Werwolf ist." Remus lacht trocken. "Komm, lass uns die Sachen abstellen. Es kann jeden Moment losgehen."
Auch ich spüre die Anwesenheit des Mondes inmer stärker. Ich will mich nicht verwandeln, nicht diese Schmerzen haben.

Ich stelle die Lampe auf den Boden. Ich spüre das Ziehen in meinem Bauch. Ich weiche zurück.
Schmerzen.
Das Gefühl als würden meine Knochen brechen.
Schmerzen. Schmerzen wie noch nie zuvor.
Schmerzen.
Ich frage mich ob ich diese Nacht überhaupt überlebe.
Diese Schmerzen.

Dann die Gewissheit, ich bin nicht alleine.
Wut. Ein Fremder in meinem Revier.
Dies ist nicht mein Revier.
Remus.
Er ist mein Freund. Wir sind ein Rudel.

Eine Schnauze die mir in die seite stupst. Ich kauere mich auf den Boden, ziehe den Schwanz ein.
Er ist größer und stärker.
Wieder stupst er mich an.
Remus hat sich unter Kontrolle, kein Mensch in der Nähe.

Nicht mehr alleine heulen zu müssen ist wundervoll. Wir sehen den Mond kaum, die Bretter verdecken ihn Großteils.
Ich will raus. Will den Mond bewundern, zu ihm singen. Ich will rennen, den Wind in meinem Fell spüren.

"Du hattest Angst vor mir." Remus klingt heißer und verschlafen.
Ich strecke mich, mir tut alles weh. Ich muss wohl eingeschlafen sein, nachdem ich mih zurück verwandelt habe. Erstaunt stelle ich fest, dass ich mich an einen Teil der Nacht erinnere.
"Das war mein innerer Wolf. Ich bin kleiner als du, wahrscheinlich schwächer, ich bin ein Weibchen und ich bin in deinem Revier. Glaubst du nicht, dass ein Wolf mit etwas Verstand, da zeigt wer der Chef ist."
Ich schaue zu ihm rüber. Remus sitzt in eune Decke gewickelt auf dem Sofa. Er ißt munter Kekse.
"Ich wusste nicht, dass es das ganze erträglicher macht, wenn man nicht alleine ist."
Ich setzt mich zu ihm und klaue ihm ein paar Kekse, ich habe Hunger.
"Glaubst du, die restliche Nacht ist ruhig?" Frage ich zögerlich.
"Ich hoffe es. Ich habe zwar geschlafen, aber nicht lange. Und jetzt bin ich wach. Wolltest du mir nicht was erzählen?"
Er sieht immer noch blass aus, aber ich will gar nicht wissen wie ich aussehe.
Ich denke einen Moment nach, mit was soll ich anfangen? Doch dann erzähle ich einfach drauflos.

Remus schweigt. Er schaut nachdenklich auf den Keks in seiner Hand, ohne diesen wirklich zu sehen. War es falsch gerade ihm davon zu erzählen? Immerhin geht es um die Familie eines seiner besten Freunde.
"Und, was würdest du machen, wenn du wirklich diese Lousy Viktoria Black bist? Würdest du es deiner Familie sagen wollen?"
Er meint mit Familie die Blacks, nicht die Menschen die mich großgezogen haben. "Ich weiß es nicht. Was habe ich schon groß zu verlieren? Die Prets werden mich nicht aufnehmen wollen, sie sind froh, dass ich weg bin. Ich kann in den Sommerferien nicht in Hogwarts bleiben und ich will auch keinem zu Last fallen. Es ist schließlich nicht die Aufgabe der Familie Prewett mich immer aufzunehmen. Ich könnte durch die Blacks eine Familie erhalten, die mich akzeptiert. Und vielleicht würden mich die Slytherin dann in Ruhe lassen. Sie scheinen einen ziemlich Respekt von Bellatrix zu haben."
"Ich will dich in deiner Entscheidung nicht beeinflussen, aber vergiss nicht, dass die Blacks eine Reinblüterfamilie ist. Sie sind mehr als stolz auf ihren Status. Du würdest vielleicht nachträglich noch eine strenge Erziehung erhalten. Und sie betreiben schwarze Magie, bei ihnen gehören die verbotenen Flüche zum guten Ton. Sie sind dagegen, dass Muggelstämmige Hexen und Zauberer unterrichtet werden."
"Ich weiß, ich hab mich vor einer Weile mal mit Sirius Cousine Andromeda unterhalten." Wir verfallen beide in ein nachdenkliches Schweigen.
"Ich will nicht mehr alleine sein. Ich habe hier in Hogwarts Freunde gefunden, vielleicht sogar eine neue Familie. Ich bin als Wolf nicht mehr allein. Aber mir fehlt einfach eine richtige Familie. Menschen die mich lieben, die mich akzeptieren einfach weil ich existiere. Menschen die ich nie verliere weil Blut dicker als Wasser ist."
"Da wäre ich mir bei den Blacks nicht so sicher. Aber ich verstehe dich."
"Ich wünsche mir richtige Eltern." Dieser Satz ist nicht mehr als ein Flüstern.
Fast schon bin ich froh, dass plötzlich der Mond wieder hinter den Wolken vorkommt. Die Verwandlung hält meine Tränen zurück und lenkt mich ab.

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