Prolog

Ein Knoten bildete sich in Ellis Eingeweiden, als sie auf den Umzugskarton, ihren Koffer und die Reisetasche sah.
„Was ist das, Jax?"
„Deine Sachen", antwortete er emotionslos. „Ich bin ziemlich sicher, dass ich nichts vergessen habe. Falls aber doch, stell ich es dir nächste Woche ins Büro."
„Aber was?... Warum?"
Ellis Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, sie sah verwirrt zu Jax und verstand das alles nicht.
„Wir haben es versucht, es hat nicht funktioniert. Es tut mir leid, aber so ist es besser." Jax wich ihrem Blick aus und lief Richtung Türe. „Ich muss jetzt auch los."
Einen Moment rührte sich Elli nicht, glaubte zu spüren, wie ihr Herz in tausend Teile zerbrach, hatte tatsächlich körperliche Schmerzen in ihrer Brust und bekam kaum noch Luft.
Als sie es endlich schaffte, Jax hinterherzueilen, hatte dieser bereits seine Maschine erreicht und stieg auf.
Um ihn aufzuhalten, stellte sie sich ihm in den Weg, direkt vor sein Motorrad.

„Bitte nicht, Elli", sagte er leise. „Mach keine Szene. Ich hab alles gesagt, akzeptier es einfach."
Es klatschte laut, als ihre Hand auf seine Wange traf und über sich selbst erschrocken, wollte sie sich entschuldigen.
Aber Jax hatte seine Stimme schneller wieder gefunden.
„Fühlst du dich jetzt besser?"
„Du Arschloch", zischte sie und holte erneut aus, doch Clay griff nach ihrem Handgelenk.
„Was ist denn hier los?", wollte er wissen.
„Ich fahr übers Wochenende zu Onkel Jury, mein Singledasein feiern." Jax grinste seinen Stiefvater breit an und startete sein Bike.
Er schob die Maschine ein Stück zurück und fuhr immer noch grinsend an Elli vorbei.
Fragend sah Clay zu Elli, doch diese riss sich von ihm los und lief wortlos in Jax' Haus.
Sie konnte nichts sagen, der Kloß in ihrem Hals war viel zu groß und die Tränen in ihren Augen wollten rausgelassen werden. Aber nicht hier.

Sie hatte keine Ahnung, was mit Jax los war.
Noch vor zwei Stunden war er zu ihr ins Büro gekommen, hatte ihr gesagt, dass er fertig war und Feierabend machte, hatte sie geküsst, wie er es immer machte.
Es hatte keinen Streit gegeben, nicht mal eine kleine Meinungsverschiedenheit.
Es war alles normal gewesen, so wie immer.
Ein Freitagnachmittag, wie schon so viele zuvor.
Was war sein beschissenes Problem?

Einzelne Tränen liefen bereits heiß über ihre Wangen und in ihrem Bauch rumorte eine Mischung aus Enttäuschung und Wut.
Sie musste weg hier, bevor sie zusammenbrach oder explodierte.
Doch es fühlte sich so falsch an, ihren Koffer in die Hand zu nehmen und nach draußen in ihr Auto zu bringen.
Wie hatte er das nur tun können?
Er liebte sie doch, dass hatte er ihr nicht nur gesagt, dass hatte er ihr auch gezeigt und sie hatte es gespürt. In all seinen Küssen, Umarmungen, den vielen kleinen Gesten und immer wieder in seinen Blicken.
Sie gehörten zusammen, das konnte er doch nicht einfach wegwerfen.
Und wie konnte er nur so ruhig bleiben? Wie hatte er nur so blöd grinsen können? Hatte er ihr absichtlich weh tun wollen? Was hatte sie denn getan, dass er sie von jetzt auf gleich so behandelte?

Langsam gewann die Wut die Oberhand und Elli nahm ihre Reisetasche in die eine und den Koffer in die andere Hand.
Er wollte dass sie ging, also würde sie gehen.
Schnell lief sie zu ihrem Auto, hoffte, die Jungs würden noch für zwei Minuten im Clubhaus bleiben, damit sie wenigstens gehen konnte, bevor ihr weitere blöde Fragen gestellt wurden. Allerdings sollte ihr auch das nicht erspart bleiben.

Kaum hatte sie den Koffer und die Tasche eingeladen, stand Opie bei ihr.
„Was ist los?", erkundigte er sich und sah sie besorgt an.
„Nach was sieht es denn aus?", fragte sie gereizt. „Jax hat mich rausgeworfen."
Sie lief zurück zu Jax' Haus, ohne auf Opie zu warten, aber er kam ihr schnell hinterher.
„Warum? Es lief doch gut zwischen euch. Er meinte in der Mittagspause noch, dass ihr Morgenabend vorbeikommt."
„Das dachte ich auch", gab Elli zurück und schnappte sich den Umzugskarton. „Scheinbar lagen wir also beide falsch. Frag ihn doch selbst, vielleicht bekommst du ja eine richtige Antwort."
Sie wollte an Opie vorbei zur Türe.
„Jetzt warte doch mal. Ich ruf ihn an. Er soll zurückkommen und ihr redet in Ruhe", schlug er vor.
„Er hat bereits Pläne für heute Abend. Sein Singledasein feiern, bei Jury", gab sie bitter zurück. „Sorry, aber das muss ich mir nicht geben."
Nickend, sich dabei fragend, was nur mit seinem besten Freund los war, ließ Opie Elli vorbei.

Ihr Herz hämmerte viel zu schnell und zu hart in ihrer Brust, alles in ihr sträubte sich dagegen, in ihr Auto einzusteigen und das Werkstattgelände zu verlassen. Es fühlte sich an, als würde sie in ihren Untergang fahren und doch rief die leise Stimme in ihrem Kopf, sie solle gehen.
Sie würde sich nur lächerlich machen, würde sie bleiben und hoffen, Jax würde es sich dann anders überlegen. Er hätte vielleicht Mitleid und würde sie noch zwei Tage ertragen, bevor er sie erneut rausschmeißen würde.
Alle vom Club würden wissen, was los war, würde sie jetzt hier auf dem Parkplatz weinend in ihrem Auto sitzen.

Energisch wischte sie sich die Tränen aus den Augen und startete den Motor. Sie verbot sich selbst, noch einen Blick im Rückspiegel auf sein Haus zu werfen, während sie anfuhr, denn sie hatte Angst, dann würde sie es nicht schaffen zu gehen.
Aber er hatte es nicht verdient, dass sie blieb, dass sie um etwas kämpfte, was er bereits aufgegeben hatte, zumindest sagte ihr das die leise Stimme. Wenigstens bis sie zuhause war, wollte sie auf diese Stimme hören, bevor der Schmerz die Wut verdrängte und unaufhaltsam über sie hereinbrechen würde. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top