25. Ruhe
"Und wie lief die erste Woche?", wollte Donna interessiert wissen.
Sie und Elli saßen in dem BBQ-Steakhouse und probierten sich durch dessen Angebot. Wenn sie hier das Essen für Opies Geburtstag bestellen wollte, musste sie diese Bestellung bis Sonntag aufgeben.
„Ich denke ich kann mich nicht beklagen", antwortete Elli. „Es ist natürlich blöd und war zwischendurch auch mal langweilig, wenn zwischen zwei Terminen mehrere Stunden liegen. Aber immerhin kamen jeden Tag Kunden. Alessas Yogakurse laufen auch. Sie hat noch ein paar Anfragen bekommen und bietet wahrscheinlich montags noch einen weiteren an. Für nächste Woche sieht es auch bei mir etwas besser aus."
„Hat sich der Typ aus dem Pflegeheim gemeldet?", wollte Donna weiterwissen.
„Sein Chef hat meine Zeugnisse angefordert, das läuft also auch."
Die Bedienung kam und brachte ihre Getränke.
Donna nahm einen großen Schluck, dann grinste sie breit.
„Gehen wir zum Buffett?"
Mit vollgeladenen Tellern setzten sich die beiden Frauen wieder an ihren Platz.
Elli hatte sich kaum entscheiden können und hätte am liebsten von allem probiert. Vorerst war die Wahl allerdings auf das Grillgemüse, ein kleines Steak und einen Minicheeseburger gefallen. Dazu mehrere Salate.
Donna hatte sich Würstchen, Fleischspieße und einen Hähnchenschenkel genommen.
Sie ließen sich das Essen schmecken und schnell war Donnas Entscheidung gefallen. Dieser Laden war genau der richtige für Opies Geburtstag.
Selbst der Nachtisch war gegrillt.
Vanilleeis im Teigmantel, Ananas mit karamellisiertem Zucker, halbierte Bananen mit Schokolade und natürlich S'Mores.
Mit einer Kopie der Speisekarte verließen sie das Lokal.
Die Miniburger waren bereits beschlossene Sache, ebenso die Fleischspieße und die S'Mores. Bei allem anderen war sich Donna noch nicht sicher. Am liebsten hätte sie einfach so ein Buffet genommen, wie es im Restaurant aufgebaut war. Dafür musste sie aber zuerst die Preise anfragen und der Besitzer war leider nicht dagewesen. Aber die Bedienung hatte Donnas Nummer notiert und würde sie weitergeben. Spätestens Morgenabend würde er sich dann melden.
„Willst du noch zur Party?", fragte Donna, als sie im Auto saßen.
Kurz dachte Elli darüber nach. Sie hatte außer Donna und Opie diese Woche nur noch Luann gesehen, als diese zur Massage in die Praxis gekommen war.
Es war komisch gewesen niemanden vom Club um sich zu haben und sie hatte sich deutlich einsamer gefühlt, als zuvor.
Trotzdem schüttelte sie den Kopf. „Ein anderes Mal vielleicht."
Sie hatte es so gewollt, hatte Abstand zum Club halten wollen und dieser Vorsatz war von Tag zu Tag gewachsen, denn sie hatte die ganze Woche Ruhe gehabt.
Keine Nachrichten, keine „zufälligen" Treffen mit Fitzpatrick, keine Beschädigungen oder sonstiges.
Donna warf ihr einen kurzen Blick zu, den sie nicht so recht deuten konnte, sah dann aber schnell wieder auf die Straße.
„Wegen Jax?"
Elli atmete tief durch. Sie hatte Donna von Jax' Geschenk erzählt und was ihr dieses bedeutete oder besser gesagt, welche Geschichte für sie dahintersteckte. Ob Jax wirklich deshalb das Kleeblatt gekauft hatte, wusste sie ja nicht. Aber es war ein schöner Gedanke und sie hatte die Woche über immer wieder an ihn gedacht.
„Auch", gab sie schließlich zu. „Ich muss mir nicht mitansehen, wie sich die Weiber an seinen Hals schmeißen."
Das Wochenende verging ereignislos. Elli langweilte sich immer mehr, denn so viel wie erwartet hatte sie nicht zu tun.
Auch wenn die Terminanfragen zunahmen, hatte sie nicht mehr als vier oder fünf Termine täglich, die Abrechnungen und den Papierkram konnte sie locker in den Pausen zwischen den Terminen erledigen.
Dennoch lehnte sie Gemmas Einladung am Sonntag damit ab, dass sie sich um ihren Bürokram kümmern musste. Schließlich würde diesen Grund niemand hinterfragen.
Damit das auch so blieb, raffte sie sich auf, fuhr ins Zentrum und ging in ihre Praxis.
Wie jedes Mal begleitete sie die Erwartung ein Chaos vorzufinden, auch wenn ihr Unbehagen von Tag zu Tag etwas weniger geworden war.
Nach Fitzpatricks Ansage bei der Eröffnung hatte sie mit allem gerechnet, doch nichts war passiert.
Hatte sie sich vielleicht doch in ihm geirrt?
Hatte Hale mit seiner Annahme recht gehabt, dass jemand sie nur aus den Räumlichkeiten raus ekeln wollte und jetzt aufgegeben hatte, weil die Praxis eröffnet war?
Noch war sie sich nicht sicher, konnte nicht daran glauben, dass es einfach so vorbei sein sollte, denn in ihrem Hirn hatte sich alles auf Fitzpatrick eingeschossen. Dessen Worte würde sie nicht so schnell vergessen.
Er schätzte eine Herausforderung, hatte noch ein Ass im Ärmel und war sich sicher, er würde gewinnen.
Das hatte er doch nicht einfach nur so gesagt.
Energisch wischte sie ihre Gedanken beiseite. Sie hatte Ruhe, das sollte sie genießen und sich nicht selbst verrückt machen.
Vielleicht war ja etwas dran an den Sprüchen von Alessa und jetzt hatte sich alles neu sortiert.
Sie hätte keinerlei Einwände dagegen.
Damit sie etwas zu tun hatte, nahm sie sich ihre Homepage vor, fügte Bilder der Eröffnung ein und aktualisierte Alessas Yogakurse.
Danach sah sie sich nach Vorträgen und Weiterbildungen an den umliegenden Colleges und Krankenhäuser um.
Zeit genug für solche Dinge hatte sie ja nun.
Um die Zeit totzuschlagen, ging sie zu Fuß zum Friedhof.
Auch dabei begleitete sie im Hinterkopf die Erwartung auf Fitzpatrick zu treffen. Vielleicht nicht direkt am Friedhof, aber eventuell im Zentrum.
Aber sie blieb verschont, wechselte die Blumen am Grab ihres Dads und gönnte sich auf dem Rückweg noch einem Kaffee zum Mitnehmen, sowie einen Schokosplittermuffin, den sie sich zuhause schmecken lassen würde.
Elli lächelte, als Gemma die Praxis betrat.
So ruhig wie das Wochenende gewesen war, hatte auch dieser Montagmorgen angefangen.
„Guten Morgen", grüßte sie und musste sich selbst eingestehen, dass sie neugierig darauf war, was Gemma ihr alles Neues zu erzählen hätte.
„Morgen, Schätzchen. Alles gut?"
„Alles gut und selbst?" Elli war aufgestanden und deutete auf die offenstehende Türe zum kleineren Behandlungsraum.
„Wenn du gleich anfängst, bestimmt." Gemma lachte auf.
„Na dann. Obenrum freimachen und auf den Bauch liegen. Wenn du fertig bist, dann ruf nach mir."
Elli schloss die Türe und lief hinter den Tresen, um ein neues Handtuch aus dem Regal zu nehmen und sich ein Massageöl auszusuchen.
Als sie Gemma rufen hörte, ging sie wieder in den Behandlungsraum, legte das Handtuch über deren Hintern und schob es ein wenig in den Bund, damit die Jeans nichts von dem Massageöl abbekam.
„Willst du leise Musik hören, dich unterhalten oder einfach nur in Ruhe genießen?"
Wirklich viel neues gab es nicht.
Gemma kümmerte sich wieder ums Büro der Werkstatt, da sie noch niemanden dafür gefunden hatten. Der Club ging weiter seinen Geschäften nach und bei den Partys am Wochenende hatte Elli das übliche verpasst.
Nach der Massage verließ Elli wieder den Raum und bereitete zwei Kaffee zu.
Gemma folgte ihr ein paar Minuten später in den Eingangsbereich und nahm dankend die gefüllte Kaffeetasse.
„Nächstes Wochenende bist du hoffentlich wieder dabei. Luann schmeißt ne Party bei sich in der Firma, zu ihrem fünfjährigen Jubiläum."
„Wenn es die Arbeit zulässt", blieb Elli vage.
Partys bei Luann hießen noch mehr Mädchen, die ihr Glück bei Jax versuchten und eigentlich hatte sie darauf keine Lust. Absagen wollte sie aber auch nicht gleich, vielleicht war ihr ja wieder so langweilig, dass sie Abwechslung brauchte. Die Firma war groß, sie könnte sich weit genug von Jax entfernt aufhalten und müsste sich das nicht mitansehen.
„Da Luann so begeistert von deiner Massage letzte Woche war, hat der Club beschlossen ihr zum Jubiläum weitere Gutscheine zu schenken. Vielleicht sogar ne Zehnerkarte, wenn du sowas hast", redete Gemma weiter.
„Ähm, ja klar. Ich hab zwar nicht direkt Zehnerkarten, aber wenn der Club zehn Gutscheine nimmt, lege ich die elfte Massage kostenlos obendrauf. Dann wieder für die 45-minütige Entspannungsmassage?"
„Ich glaube schon. Aber das können Clay und du ja noch klären, wenn er am Donnerstag zu seinem Termin kommt. Dann weißt du schon mal Bescheid, falls er es mal wieder vergisst." Gemma verdrehte die Augen. Für Clay waren Geschenke nebensächlich und es blieb oft genug an Gemma hängen diese dann noch kurzfristig zu besorgen. Das hatte Elli schon bei verschiedenen Geburtstagen mitbekommen.
„Ist gut, ich werde was vorbereiten und ihn drauf ansprechen."
Um kurz vor sieben füllte sich die Praxis mit Frauen, die zu Alessas Yogakurs wollten.
Unter ihnen war auch Anna Fitzpatrick.
Elli hätte gut auf sie verzichten können, aber sie war eine zahlende Kundin, noch dazu nicht ihre Kundin, sondern Alessas. Also grüßte sie freundlich und verkaufte ihr eine der Yogamatten, da sie selbst noch keine hatte.
Das ungute Gefühl jedoch blieb und nahm sogar noch zu, da kurz vor Ende des Kurses Clark Fitzpatrick die Praxis betrat.
„Guten Abend, Miss Summers", grüßte er wie immer zu freundlich.
„Guten Abend", gab sie zurück und widmete sich dann wieder ihrem Laptop. Sie hoffte es sah so aus, als wäre sie beschäftigt, dabei spielte sie nur eine Runde Solitär.
Doch offensichtlich hatte sie Erfolg damit.
Fitzpatrick nahm sich einen ihrer Flyer, die auf dem Tresen auslagen, und setzte sich damit auf einen Stuhl im Wartebereich. Erleichtert darüber konzentrierte sie sich auf ihr Kartenspiel.
Zurück zuhause machte es sich Elli mit einem Schälchen Obstsalat auf dem Sofa gemütlich. Im Fernsehen kam eine dieser sinnlosen Spielshows, die zwar bei weitem nicht so lustig war, wie der Moderator glaubte, doch man konnte gut dabei abschalten und musste nicht denken.
Bis Elli ins Bett ging, würde sie sich davon berieseln lassen.
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