13. Dezember: Missgeschick unter dem Mistelzweig

Die Feierlichkeiten in Hogwarts erreichten ihren Höhepunkt, als der Tag des großen Weihnachtsfests anbrach. Die Schule war bis in den letzten Winkel mit funkelnden Lichtern und magischen Dekorationen geschmückt, und die warme, festliche Atmosphäre hob die Stimmung aller Schüler – oder fast aller.

Harry schlenderte durch den Korridor, der zur Großen Halle führte. Die vergangenen Tage hatten ihn mehr aufgewühlt, als er zugeben wollte. Der Tanz mit Draco beim Weihnachtsball hatte eine seltsame Nachwirkung hinterlassen, die er nicht ganz einordnen konnte. Immer wieder ertappte er sich dabei, dass er an das Lächeln dachte, das Draco ihm geschenkt hatte – offen, ehrlich und völlig ungewohnt.

Er schüttelte den Kopf, als wollte er die Gedanken vertreiben, und betrat die Halle. Die Tische waren zur Seite geschoben worden, um Platz für ein Buffet und kleine Sitzecken zu schaffen. Überall schwebten magische Kerzen und Ornamente in den Farben von Hogwarts, und in der Mitte der Halle stand ein riesiger Weihnachtsbaum, der mit goldenen Kugeln und glitzernden Sternen geschmückt war.

„Potter." ertönte eine vertraute Stimme hinter ihm.

Harry drehte sich um und sah Draco, der mit einer Mischung aus Arroganz und etwas, das fast wie Verlegenheit aussah, dastand. „Malfoy.", erwiderte Harry, bemüht, gelassen zu klingen.

„Ich habe gehört, du hättest den Elfenpunsch probiert.", sagte Draco und deutete auf einen Tisch am Rande des Raumes. „Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass die Hauselfen normalerweise kaum Ahnung von gutem Geschmack haben."

Harry zog eine Augenbraue hoch. „Hast du mich wirklich nur angesprochen, um über Punsch zu reden?"

Draco lächelte schief. „Vielleicht. Oder vielleicht wollte ich sehen, ob du wieder so schlecht tanzt wie beim Ball."

Harry schnappte nach Luft. „Schlecht? Du warst derjenige, der mir fast auf den Fuß getreten wäre!"

Draco wollte gerade kontern, doch ein leises Glitzern über ihren Köpfen lenkte ihre Aufmerksamkeit ab. Beide sahen nach oben – und erstarrten. Über ihnen schwebte ein Mistelzweig, und nicht irgendeiner. Dieser Mistelzweig war magisch und funkelte in einem schillernden Grün und Silber, während winzige Lichter wie Sterne um die Blätter tanzten.

„Oh nein.", murmelte Harry.

„Oh doch.", sagte Draco und verschränkte die Arme. „Das ist eindeutig der Zauber von Professor Flitwick. Er hat diese Mistelzweige letztes Jahr für den Ball verzaubert. Sie lassen dich nicht gehen, bis..."

„Bis man sich küsst.", vollendete Harry mit einem schweren Seufzen.

Ein leises Kichern kam von den umstehenden Schülern, die sich neugierig näherten. Ron und Hermine, die am Buffet gestanden hatten, eilten herbei.

„Was ist hier los?" fragte Ron, doch als er den Mistelzweig sah, fiel ihm alles aus dem Gesicht. „Oh. Das ist... äh... blöd gelaufen."

Draco verdrehte die Augen. „Vielen Dank, Weasley, für diese äußerst hilfreiche Feststellung."

„Nun?" sagte Hermine mit einem Anflug von Humor. „Worauf wartet ihr? Je länger ihr zögert, desto mehr Leute schauen zu."

Harry fühlte, wie seine Wangen heiß wurden. „Das kann nicht wahr sein.", murmelte er.

Draco seufzte und sah Harry an. „Hör zu, Potter. Je schneller wir das hinter uns bringen, desto schneller können wir aufhören, uns wie ein Spektakel zu fühlen. Ein schneller Kuss, und wir sind fertig. Keine große Sache."

Harry zögerte. Etwas an Dracos Tonfall war ungewöhnlich – nicht spöttisch, sondern fast... sanft? Er nickte schließlich, die Röte in seinem Gesicht war nicht mehr zu leugnen.

Draco trat einen Schritt näher, und für einen Moment schien alles um sie herum zu verblassen. Harry bemerkte die feinen Details in Dracos Gesicht, die er vorher nie wirklich wahrgenommen hatte – die Art, wie seine silbernen Augen im Licht der Kerzen schimmerten, der leichte Schwung seiner Lippen, der mehr Unsicherheit verriet, als Draco zugeben würde.

„Bereit?" fragte Draco leise.

Harry nickte stumm.

Dracos Lippen berührten seine nur flüchtig, aber der Moment fühlte sich endlos an. Eine Wärme durchflutete Harry, die nichts mit dem Fest oder den Lichtern zu tun hatte. Als sie sich wieder lösten, waren ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

Ein leises Raunen ging durch die Menge, und der Mistelzweig verschwand mit einem funkelnden Blitz.

Draco räusperte sich und trat zurück, die gewohnte Maske der Gleichgültigkeit wieder aufgesetzt. „Das war's dann wohl."

„Ja.", sagte Harry, doch seine Stimme klang seltsam rau.

Die Menge löste sich langsam auf, doch Harry spürte, wie Dracos Blick kurz auf ihm verweilte, bevor er sich abwandte und in Richtung der Slytherins ging.

„Wow.", sagte Ron, der nun an Harrys Seite stand. „Das war... äh... interessant."

Harry nickte, konnte aber nichts darauf erwidern. Sein Herz hämmerte in seiner Brust, und in seinem Kopf schwirrten tausend Gedanken. Der Kuss mochte kurz gewesen sein, aber er hatte etwas in ihm berührt, das er noch nicht ganz verstand.

Während die Feier weiterging, merkte Harry, dass er immer wieder in Richtung Draco blickte – und dass dieser ihn ebenso oft ansah.

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