Prompts zum Oktober 2022
~ Schock | Instinkt | Liste | Zwang | Belohnung ~
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Was für ein Schock!
Ausgerechnet Karen sollte für einen Tag mit dem Choleriker Sören Bernd auf eine Fortbildung fahren. Ihr Abteilungsleiter hatte ihr das als Belohnung zugedacht, weil sie bisher alle Noten mit „sehr gut" geschafft hatte. Wenn sie das gewusst hätte ... Aber wie war das mit dem Wörtchen „wenn"? Jetzt war es definitiv zu spät, um sich über den Fleiß und die guten Noten zu ärgern.
Ihr Instinkt riet ihr, gute Miene zum vermeintlich bösen Spiel zu machen. Vielleicht benahm sich Sören Bernd auf einer Fortbildung gesittet. Das Unternehmen hätte ihn doch sicher nicht auf Liste der Kandidaten gesetzt, die eine Weiterbildung geschenkt bekamen, wenn er sich nicht außerhalb der Firma zu benehmen wüsste.
Obwohl sie sich, seitdem sie von dem Tagesausflug wusste, jeden Morgen ins Gewissen rief, dass schon alles gut gehen würde, sammelte sie all ihren Mut. Und drei Tage vor der Fortbildung klopfte sie bei dem Abteilungsleiter an.
„Herein", rief er und sie öffnete mit zittrigen Händen die Tür.
Es war nun das dritte Mal, dass sie in sein Büro ging. Jedes Mal durchströmte sie ein Gefühl von Ehrfurcht. Ob das an den verspiegelten Regalen voller kleiner Pokale lag (Auszeichnungen der Abteilung für innovative Ideen), an dem roten Teppich mit dem goldfarbenen Rankenmuster oder den glänzenden schwarzen Stühlen, die vor einem gläsernen Schreibtisch standen, konnte Karen nicht einmal sagen. Es verschlug ihr immer wieder den Atem. Dabei brauchte sie ihn jetzt so dringend.
„Ah, Frau Weingarten, was haben Sie auf dem Herzen?"
Karen zuckte zusammen. Sah sie wirklich so aus, als ob sie etwas auf dem Herzen hatte? Das war doch nur eine Redewendung für den Umstand, dass sie problembeladen nach Hilfe suchte. So wollte sie gewiss nicht rüberkommen!
„Ich ... äh ... könnte", stotterte sie und spürte, wie eine Hitzewelle in ihr Gesicht schoss.
Wenn sie so unbeholfen wie ein Teenager unter Zwang vor dem Abteilungsleiter bettelte, bekam sie garantiert keinen Gnadenaufschub. Also holte sie tief Luft und versuchte es mit mehr Selbstbewusstsein.
„Darf ich Sie um einen Gefallen bitten? Können Sie Mareike Ludewig an meiner Stelle zur Fortbildung schicken? Sie ist doch im letzten Ausbildungsjahr und bekommt solch eine Chance nicht noch einmal."
Oh, wie ihr Herz raste. Hoffentlich glaubte er ihr diesen Schwindel. Eine bessere Ausrede war ihr nicht eingefallen. Und sie war der Meinung, die klang irgendwie überzeugend.
Der Abteilungsleiter runzelte die Stirn, rieb an seinem Kinn und brummte vor sich hin.
Schließlich aber hellte sich sein Gesicht auf und er verkündete: „Frau Weingarten, ich finde Ihren Vorschlag bemerkenswert. Ich werde mich bei der Geschäftsleitung dafür einsetzen, dass Sie alle drei fahren dürfen. Das ist zwar nicht üblich, doch so viel Kollegialität sollte belohnt werden." Er schenkte ihr ein herzliches Lächeln. „Machen Sie weiter so. Ich denke, Sie könnten auch nach Ihrer Ausbildung eine Bereicherung für unsere Firma sein."
Karen versuchte das Lächeln zu erwidern. Ob es ihr tatsächlich gelang, war sie sich allerdings gar nicht so sicher. Denn jetzt fühlte sie sich noch elender. Weder mit Mareike Ludewig noch mit Sören Bernd kam sie besonders gut klar. Was hatte sie da angerichtet?
Nun ja, dachte sie seufzend, das nennt man wohl ein Eigentor.
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