~ Fotoapparat| Viereck| Spätschicht| Prinz| Regenbogen ~

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„Unglaublich!" Sören Bernd runzelte verärgert die Stirn. „Die Arbeit ist so minderwertig, als hätten sie die Zeichnung mit einem Fotoapparat aufgenommen, statt sie in unserem CAD-Programm zu designen." Wütend kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Das soll ein Würfel sein? Das ist nichts weiter als ein Viereck mit ein paar Strichen! Wie soll man da richtig arbeiten? Verdammt, ich lege doch keine Spätschicht für die ein!"

Karen duckte sich ein wenig und zog den Kopf zwischen die Schultern. Wenn Sören, ihr Traumprinz, Prinz aller genialen Köpfe, ihr absoluter Liebling, Schwarm jeder Auszubildenden, attraktivster Mann ...

In Gedanken verabreichte sie sich eine Ohrfeige. Sie musste jetzt konzentriert bleiben. Denn immer wenn Sören Bernd wütend war, weil die „Ideenwerkstatt" mal wieder eine unausgereifte Arbeit an die „Handwerker"-Abteilung weitergeleitet hatte, mussten sich alle bedeckt halten. Das war einfach so. In seinem Zorn unterschied er nicht mehr zwischen hilfreichen Mitarbeitern und den Losern, die ihm den Ärger eingebrockt hatten.

So leise wie möglich schluckte sie und holte noch leiser Luft. Auf keinen Fall wollte sie, dass er auf sie aufmerksam wurde. Beim letzten Wutausbruch hatte sie eine Spätschicht einlegen müssen und nach Dienstschluss die gesamte Werkstatt allein aufräumen müssen. Darauf konnte sie wirklich verzichten.

Karen überlegte. Wenn der Designer so in Rage war, eigentlich war er dann doch kein Traumprinz mehr. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie er sich innerhalb der eigenen vier Wände benahm. Mit so einem Choleriker zusammenzuleben, war sicher ein Lebensrisiko. Da mochte er noch so smart aussehen. Manchmal war Aussehen nicht so wichtig. Manchmal zählte der Charakter mehr.

Die Achtzehnjährige dachte an das Märchen vom Regenbogen, an dessen Ende ein Schatz sein sollte. Ihre Mutter hatte ihr als Kind erzählt, wenn man nur fest genug daran glaubte, fand man genau den Schatz, den man sich von Herzen wünschte. Dabei hatte sie immer gelächelt und angefügt: „Ich habe meinen Schatz gefunden, deinen Vater."

Sören Bernd war wohl nicht ihr Schatz, auch wenn Karen das einige Zeit gehofft hatte. Was für ein Glück, dass letztens alle ihre Buntstifte abgebrochen waren. Hätte sie ihm einen Liebesbrief geschrieben und - schlimmer noch! - ihm sogar gegeben, sie würde jetzt garantiert vor Scham im Boden versinken. Nein, sie wollte nicht mehr seine Freundin sein.

Blieb nur die Frage, wie lange ihr Herz brauchte, um auch die rosarote Brille abzusetzen.

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