Kapitel 1

Es war Wochenende. Papa hatte mir versprochen, diesen Samstag würde ich endlich mein eigenes Haustier kriegen. Ich freute mich riesig. Während der Fahrt zum Tierheim in der Nähe von Yellow Stone konnte ich kaum stillsitzen. Endlich kam das kleine weiße Häuschen in Sicht, welches den Eingang zum Tierheim markierte. Mein Papa parkte auf dem Parkplatz und wir gingen hinein. Drinnen saß eine Frau, welche uns mürrisch ansah.

„Abliefern oder abholen?“, fragte sie unfreundlich. 

„Wir möchten ein Tier kaufen.“, erklärte mein Vater. 

Schlagartig wurde die Frau freundlicher. „Ich zeige ihnen die Gehege“, erklärte sie und führte uns durch eine Tür auf den Hinterhof. 

Von dort aus kam man zu mehreren Reihen mit Zwingern, welche nach Tierarten sortiert waren. Ein Gang führte zu den Vögeln, einer zu den Katzen, einer zu den Hunden und einer zu den Kleintieren. Ich ging zielstrebig zu den Hundezwingern. 

Seit ich ein kleines Mädchen war, wünschte ich mir schon einen Hund. Bisher hatte mein Vater immer gemeint, ich könnte mich nicht allein darum kümmern, doch nun war ich vierzehn und damit alt genug. Vielleicht hatte er aber auch nur Angst um mich, weil ich durch seine vielen Geschäftsreisen so oft allein war. Jedenfalls würde ich heute endlich meinen Hund bekommen, und das war alles was für mich zählte. 

Neugierig begutachtete ich die verschiedenen Tiere. Fast alle versteckten sich schlagartig in ihren Hütten, als sie mich sahen. Die Armen, bestimmt hatten sie schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Nur ein Hund wich nicht zurück. Es war ein dunkler Rüde, mit gelben Augen. Neugierig streckte ich ihm meine Hand hin. Er wich zwar nicht zurück, dachte aber auch nicht daran, an meiner Hand zu schnuppern. Stattdessen knurrte er mich an. 

„Das ist ja ein halber Wolf“, stellte mein Vater hinter mir fest.

„Aber er ist so toll und hat gar keine Angst. Bitte Papa, den möchte ich“, bettelte ich und benutzte meinen eigenen Hundeblick. 

Mein Vater seufzte. 

„Sie können bei uns auch eine Leine und einen Maulkorb kaufen“, mischte sich die Tierheimtante ein. 

„Auf keinen Fall bekommt mein Hund eine Maulkorb“, erklärte ich entschieden. 

„Dann musst du dir einen anderen aussuchen“, meinte mein Vater trocken.

„Aber ich möchte keinen anderen, sondern diesen“,erwiderte ich bockig.

„Diesen Hund gibt es nur mit Maulkorb“

Ich blickte wieder zu dem Rüden hinunter, dann seufzte ich. 

„Ok“

Mein Vater nickte und ging, um mit der Tierheimtante alles abzusprechen. Ich blieb zurück und versuchte mein neues Haustier zu streicheln. Es funktionierte natürlich nicht. Immer wenn ich meine Hände durch das Gitter steckte, schnappte der Hund nach mir, oder drehte sich weg. Aber ich war ja auch noch neu für ihn, dass würde sich bestimmt in ein paar Tagen legen.

Als die Erwachsenen wiederkamen, hatte die Tierheimtante tatsächlich einen Maulkorb dabei. Sie ging in den Zwinger und brauchte ein paar Minuten, um den Hund einzufangen. Dann legte sie ihm den Maulkorb und die Leine an, und führte ihn zu uns nach draußen. Der Hund schnappte zuerst einmal nach meinem Vater. 

„Bist du dir sicher, dass...“, begann mein Vater, doch ich nickte nur heftig. 

Ich wollte diesen Hund und keinen anderen. Ich schnappte der Frau die Leine aus der Hand und führte den Rüden durch den Gang zum Auto. Wenn er sich erst einmal eingelebt hatte, würde das schlechte Benehmen bestimmt auch aufhören, da war ich sicher. Glücklich betrachtete ich den Hund und strich ihm mit einer Hand durch das struppige Fell. Wirklich fast wie ein Wolf. Dem Rüden schien das nicht zu gefallen, denn er schnappte mal wieder nach mir. 

Als wir ins Auto einstiegen, hallte plötzlich ein Schrei durch meinen Kopf. 

Theo, hol mich hier raus!

Erschrocken zuckte ich zusammen und sah mich um.

Mein Vater saß schon im Auto und es war niemand zu sehen. Nur ein alter zerbeulter Kombi mit der Aufschrift „Clearwater High“, fuhr gerade auf den Parkplatz. 

Ich zuckte mit den Schultern, wahrscheinlich hatte ich mir das nur eingebildet. Mit einer gezielten Handbewegung hob ich den strampelnden Rüden ins Auto und stieg selbst ein. 

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