Ein HUND entfernt

Hoseok hatte fünf Tage gebraucht, um Jungkook zu überzeugen mit auf das Hundeturnier in ihrer Stadt zu kommen. Vier Tage davon hatte er Jungkooks schlechte Laune ausgehalten, die sich noch immer nicht gebessert hatte.

Und nun standen sie hier, vor dem Gebäude das Jungkook immer wieder einen Bösen Blick zuwarf, wenn er mit dem Bus vorbeifuhr. Das Gebäude, dass daran schuld war, dass er seinen geliebten Hund abgeben musste.

Gut, es gab noch andere Gründe, doch dieses Gebäude war ein Teil davon. Hätte Jungkook das Turnier mit Joyki gewonnen, hätte sich der Vermieter vielleicht umstimmen lassen. Auch wenn Jungkook wusste, dass ein eventueller Gewinn da nichts daran geändert hätte. Der neue Vermieter war einfach ein Arsch was Tiere anging.

Viermal hatte Jungkook Joyki im Tierheim besucht und mit ihm trainiert, bevor seine Mutter ihm verboten hatte ihn weiter zu besuchen, weil Jungkook den immer wiederkehrenden Abschied nicht gut verkraftete. Da war halt immer wieder die Angst Joyki sei das nächste Mal weg. Als er es endlich geschafft hatte Hoseok und seine Eltern breit zu schlagen Joyki bei sich aufzunehmen war es allerdings schon zu spät gewesen.

Joyki war adoptiert worden. Von einem jungen Mann mit viel Zeit, wie Jungkook erfahren hatte. Mehr war es aber nicht gewesen, seine bitte den jetzigen Besitzer einmal zu fragen, ob er Joyki regelmäßig sehen konnte, waren im Sande verlaufen.

Umso mehr hasste er Hoseok dafür, dass dieser ihn auf dieses Turnier mitschleppte. Er war mit Joyki letztes Mal Vierter geworden. Der Shetland Sheepdog oder kurz Sheltie hatte schon von Anfang an Interesse an der Sportart gezeigt gehabt und Jungkook war sich sicher, wäre er an diesem Turnier Teilnehmer, würde Joyki bestimmt zweiter Platz werden.

Der Bordercollie Phiance von Namjoon, Jungkooks Vorbild, war einfach nicht zu schlagen. Aber das gönnte Jungkook ihm auch. Phiance hatte nicht minder viel Spaß, als Joyki und deswegen war das okay. Namjoon und sein Colli waren der nächste Grund warum Jungkook nicht auf dieses Turnier wollte. Er hatte seinen Trainingskumpanen bisher noch nicht erzählt, warum er nicht mehr in den Verein kam. Es gab für Jungkook ja keinen Hund mehr.

Tief seufzte er, während er sich von einem ungeduldigen Hoseok mitziehen ließ. Schon seit Jahren hatte Hoseok einen Crush auf Namjoon, ein Grund warum sein Bester die Turniere anschaute. Der andere war natürlich, dass Jungkook Teilnehmer war. Oder gewesen war. Nun würde er keinen Agility-Sport mehr machen. Voraussichtlich die nächsten Jahre nicht.

„Muss ich wirklich Hoseok? Warum muss ich überhaupt mit?", jammerte Jungkook und versuchte ein Loch in den Hinterkopf seines Freundes zu starren. Er wollte die Umgebung nicht sehen. Er wollte nicht sehen, was er so gut kannte. Nicht die Zuschauertribünen nicht den neuen Parkour. Kurz war er versucht sich den Parkour einzuprägen, herauszufinden wie er laufen musste, aber dann fiel ihm wieder ein, dass er das nun ja nicht mehr brauchte.

Joyki war weg. Seinen Händen entglitten. „Komm schon Kookie, zieh nicht so ein Gesicht!", meinte Hoseok und schnaubend blieb Jungkook stehen. „Nicht so ein Gesicht ziehen?!", fragte er ungläubig, während er die protestierenden Leute hinter sich ignorierte. „Du weißt ganz genau das ich nicht hierherkommen wollte!" Er verschränkt die Arme und starrte Hoseok wütend an. Wie konnte er es wagen, ihn jetzt noch ein Stell-dich-nicht-so-an-es-war-doch-nur-ein-Hund-der-es-jetzt-auch-gut-hat-Blick zuzuwerfen, den Jungkook schon von seinem Vater bekommen hatte?

Nichts war gut! Gar nichts! Jungkook gesamte Welt war ohne Joyki zerstört! Kapierte das denn keiner?! „Schau mich nicht so an!", schnappte er, während Hoseok nüchtern mit den Schultern zuckte. Sein Blick veränderte sich, seine Haltung ebenso. „Dann halt nicht." Es war so nüchtern gesprochen, so kalt, dass Jungkook das Herz gefror. Hoseok war enttäuscht. „Ich dachte, vielleicht würde es dir helfen Namjoon wieder zu treffen. Er ist doch der Einzige, der deinen Schmerz irgendwie nachvollziehen kann..."

Einmal noch schüttelte Hoseok den Kopf, bevor er sich umdrehte, sagte: „Dann geh wieder heim..." und in der Menge verschwand. Jungkook spürte, wie er angerempelt wurde, wie er zur Seite von den einströmenden Menschen gedrängt wurde. Er spürte wie ihm die Tränen kamen. Joyki war weg, Hoseok war nun auch weg...

Es war nun zu Jungkooks Vorteil das er Dieses Gebäude wie seine Westentasche kannte. Er schlängelte sich an der Garderobe vorbei zu den Umkleideräumen. Die waren zu dieser Zeit selten in Benutzung. Sie waren etwas schäbig und der Älteste Teil dieses Gebäudes, aber noch voll funktionstüchtig. Bis heute verstand Jungkook nicht so ganz, wieso - vielleicht weil die neuen mit den Duschen diese hier abgelöst hatten - aber gerade kam ihm das zugute.

Er drückte sich an die hintere Wand und öffnete das Fenster, weil er das Gefühl hatte sonst zu ersticken. Er könnte, wollte Namjoon nicht damit verletzten Joyki abgegeben zu haben. Andererseits hatte Hoseok recht. Nur Namjoon würde seinen Schmerz so verstehen, vor allem, weil er auch schon solche Verluste machen musste, bevor er sich ein eigenes Haus gekauft hatte.

Kurz hatte Jungkook überlegt Namjoon zu fragen Joyki aufzunehmen, doch dieser hatte schon genug Tiere, um die er sich kümmern musste. Soweit er wusste, besaß Namjoon neben Phiance noch einen Schäferhund Rick und vier Katzen, Belly, Nelly, Auqaria und Kartoffel, sowie ein Terrarium und im Garten Zwergkaninchen.

Nur zu gerne hätte Jungkook Namjoon mal besucht, aber bisher war das nie zustande gekommen. Immer wieder war ihnen etwas dazwischengekommen, nicht zuletzt Jungkooks Mutter, der es zu unsicher war, ihren Sohn in das Haus eines ihr fremden Mannes zu lassen. Auch wenn der Altersunterschied zwischen ihnen beiden gar nicht mal so groß war. Nur sieben Jahre. Ein Jahr hingegen hatte es Jungkook gekostet sie weich zu klopfen, inklusive einer Begegnung ihrerseits mit Namjoon. Doch das war jetzt auch egal.

Jungkook schluckte die Tränen weg, als er hinausblickte. Er fühlte sich miserabel. Sein Herz war ihm entrissen worden. Ja genau, das war es. Mit Joyki war er ganz gewesen, doch ohne ihn...

Die Töne der ankommenden Zuschauerschaft erfüllten den Raum. Es war ein Geräusch das Jungkook manchmal vermisste. Er wusste, auch er hatte Fans, oder sein Verein hatte Fans. Sie kamen, um sie anzufeuern und nun, nun war Jungkook nicht länger dabei. Er war kein Teil dieser Gemeinschaft mehr.

Von hier aus gab es draußen nicht viel zu sehen. Es war nur der Hinterhof dieses Gebäudes. Der Garten, wenn man es so wollte. Eine weite Wiese, hinten in der Ecke ein großer Gemüsegarten, daneben ein Kräutergärtchen. Jungkook wusste bis heute nicht wer sich um diesen Garten kümmerte, aber eigentlich war ihm das sogar ganz egal.

Er schaute automatisch auf, als er Hundegebell hörte. Noch hatte er die Chance zu Hoseok zu stoßen und sich das Turnier doch noch anzuschauen. Aber wollte er das? Konnte er das? Laut seufzte Jungkook als ein prägnantes Bellen sich zu seinen Ohren durchschlug. Es ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren und aus der Umkleide flüchten. Hatte er sich verhört? Nein! Nein, er kannte dieses Bellen!

Das war Joyki, nur wo?

Gehetzt sprintet Jungkook die Gänge entlang zurück zur Eingangshalle, hinaus auf den Platz. Und tatsächlich. Nicht unweit entfernt war Joyki. Mit seinem neuen Besitzer. Augenblicklich blieb Jungkook stehen. Joyki sah nicht danach aus, als sei er schlecht behandelt worden. Sein Fell war schön wie eh und je und er drückte sich vertrauensvoll an den jungen Mann, welcher ihn zwischen seinen Beinen hatte.

Schmerz durchzuckte Jungkook. Joyki brauchte ihn nicht. Der Sheltie hatte ihn nicht mal vermisst. Der Klos der sich in seinem Hals bildete war groß. Sehr groß. Nur vorsichtig schaffte es Jungkook einen Blick auf den jungen Mann zu werfen. Sein Gesicht war weich, seine Züge sanft. Er wirkte wie jemand, der sich wirklich gut um Tiere kümmerte.

Sein blondes Haar mischte sich mit den Tribünen im Hintergrund, als Jungkook die Tränen die Wange herunterliefen. Der junge Mann lächelte - es war ein schönes Lächeln, ganz zu Jungkooks missfallen- während er sich zu Joyki heruntersetzte und ihm ein Leckerli gab. Der Kopf von dem Blonden rückte herüber, er blickte in eine unbestimmte Richtung. Zumindest für Jungkook. Dieser starrte noch immer auf den jungen Mann, der seinen Hund besaß.

Und jetzt? Ja? Was jetzt? Jetzt stand Jungkook hier, festgewurzelt durch eine Entdeckung. Er hörte das Läuten der Glocken, die ihm unweigerlich einen Schub Lampenfieber und Konzentration verpassten, einfach weil er das normalerweise fühlte, wenn er sie hörte. Es begann nun. Das Turnier. Es lief an Jungkook vorbei. Die Menschen, er beobachtete, wie der ihm Fremde Mann seinen Hund mit zur Seite nahm, sich auch bereit machte.

Nur schleierhaft hörte Jungkook wie er gebeten wurde den Platz zu räumen, auf dem er stand. Er ließ sich zur Seite schieben, spürte Hoseok Arm, der ihn mitzog. Hörte ein "Tut mir leid, ich habe nicht gewusst, dass..." von ihm. Natürlich hatte Hoseok das nicht wissen können. Das hatte keiner wissen können. Mit einem Mal fühlte sich Jungkook wieder so allein, wie er es getan hatte, bevor er Joyki bekommen hatte. So einsam, so verdammt allein.

Es fühlte sich an, als sei auf einen Schlag seine frühere Depression zurück, die sich unter Joyki und ein paar Psychologenbesuche begraben hatten. „Ich denke ich muss weg.", murmelte er Hoseok zu und bemerkte gar nicht wie sehr er stammelte. Ruckartig riss er sich von Hoseok los. Er wollte weg. Weit weg. Weit weg von Joyki und dessen neuen Besitzer. Seine Beine trugen ihn automatisch. Was hatte er sich nur dabei gedacht sich überreden zu lassen?

Jungkook jagte an den überraschten Menschen vorbei durch die Hintertür. Irgendwann stoppte Jungkook. Er saß auf dem Feldern. Gab seinen Beinen nach und sank ins Gras. Er weinte, heulte den Schmerz raus der ihn einholte. Er vermisste den Sheltie doch so, warum war er weggerannt?

Er wusste nicht wie lange er hier saß und er wollte es auch gar nicht so genau wissen. Der Wind trug ihm die Glockenklänge des Turniers nicht herüber und insgeheim war Jungkook froh darüber.

Plötzlich jagte eine Gestalt de Felder entlang. Einen Moment dachte Jungkook an einen Hasen, doch sie steuerte direkt auf ihn zu und je näher sie kam, desto klarer wurde es genau der Hund, den er die ganze Zeit vermisst hatte. Joyki war ihm nachgelaufen. Ihm!

Weinend ließ sich Jungkook von seinem ehemaligen Hund umrennen, jauchzte und schluchzte gleichzeitig, als er das vertraute Gewicht spürte. Die kurze Zeit die Jungkook durch die Teilnehmer gerannt war, hatte wohl gereicht, um den Sheltie seine Fährte aufnehmen zu lassen. Jungkook musste lachen, als Joyki ihm das Gesicht ab schlabberte und begann freudig um ihn herum zu springen.

Niemand konnte Jungkook so aufmuntern wie dieser Rüde. Absolut niemand. Sie kuschelten miteinander als ein keuchender Blonder neben ihnen hielt. „Himmel! So schnell bin ich noch nicht...", atmete er eher, als das er sprach. Augenblicklich beginnt Jungkook das Lachen. Dieser blonde Schönling bedeutete Joyki wieder abgeben zu müssen. „Lachend gefällst du mir besser, als dumm weinend mich anzustarren.", hab der Fremde preis und ließ sich neben ihnen beiden nieder.

Obwohl er Joyki aufforderte zu ihm zu kommen blieb er brav bei Jungkook sitzen. Überrascht spürte Jungkook wie er rot wurde vom Kompliment und den Stolz, der ihn erfüllte. Er hatte Joyki gut erzogen. „Du bist Jungkook, nicht wahr?", fragte der andere nun und Jungkook wollte schon fragen, bevor er stumm nickte. Besser er genoss die Zeit, die sich sein ehemaliger Hund an ihn schmiegte.

„Weißt du...", redete der Blonde weiter und tätschelte den Sheltie, „anfangs war ich echt dauert auf dich, weil du einen so tollen Hund weggegeben hast, und wollte Namjoon nicht glauben das du Joyki so sehr liebst, aber jetzt wo ich dich sehe und Joyki... Da fühle ich mich schlecht, so über dich gedacht zu haben. Ihre liebt euch."

Langsam nickte Jungkook. Ihn ihm mochten sich die Gefühle. Namjoon hatte nicht an ihm gezweifelt... „Was war der Grund?" Es brauchte ein bisschen bis Jungkook verstand und mit "Scheiß neuer Vermieter" antwortete. Doch der andere schmunzelte nur über die Wortwahl und stand wieder auf. Er zog Jungkook mit hoch und umarmte ihn. „Ich musste auch mal ein Tier abgeben, weil mein Vermieter plötzlich gewechselt hat und der andere keine Tiere erlaubte, ich mir aber nichts anderes leisten konnte.", erzählte er und drückte Jungkook noch mal fester.

„Komm, gehen wir zurück.", meinte der andere, drehte sich um und nahm Jungkook sanft am Handgelenk. „Wie heißt du?", fragte Jungkook, während er Joyki an seinem Bein fühlte. Der Sheltie hatte wohl beschlossen, dass es besser war, wenn er nah bei seinem eigentlichen Herrchen blieb. „Yoongi." Es war ein schöner Name, fand Jungkook. Ein schöner Name für den attraktiven Mann.

Sein Herz begann zu flattern, als er spürte, wie Yoongis Hand weiter herunterrutschte und die seine berührte. Jungkook hatte seit seiner Kindheit mit niemanden mehr Händchen gehalten. Und jetzt nah dran zu sein, fühlte sich so unglaublich neugierig an. Er würde gerne ganz die Hand von Yoongi ergreifen. Er würde gerne ausprobieren, wie es war, die Hand zu ergreifen.

Jungkook empfand es als schwer sich noch weiter auf ihr gestartetes Gespräch zu konzentrieren. Yoongi fragte ihn über Joyki und ihn selbst ein paar Löcher in den Bauch und gab, ganz unvorteilhaft für Jungkooks Wangen, hin und wieder ein Kompliment. Ihr Rückweg war nicht ansatzweise so lang, wie Jungkooks Flucht. „Wow ", stieß Yoongi aus und schaute auf seine Armbanduhr. „Wir könnten sogar noch teilnehmen, möchtest du? Du kennst Joyki besser als ich und trainierst mit ihm schon länger."

Jungkook merkte, wie er große Augen bekam. Er durfte...? „Gerne!", rief er aus und krallte sich augenblicklich den Parkour Plan kaum, dass sie die Teilnehmer-Räume betreten hatten. Er hatte nur wenige Minuten, denn nach Evelyn, ein Windhund auch aus ihrem Verein, war nur noch Phiance, bevor Joyki drankam. „Yoongi stand neben ihm, er hatte Joyki an der Leine und beobachtete den nun aufgeregt Jüngeren.

Jungkook spürte das Adrenalin als er die Glocke hörte, die Namjoons Rundgang endete. Phiance hatte mal wieder eine Bestleistung hingegeben, aber davon ließ sich Jungkook nicht unterkriegen. Er fühlte sich gut mit Joyki an seiner Seite. „Jungkook?", murmelte Yoongi, während er Jungkook zum Tor begleitete: „Ihr schafft das!"

Euphorie, pure Euphorie durchströmte Jungkook, während er mit Joyki den Parkour durchjagte. Atemlos stolperte er die letzten Schritte durch das Tor zurück und empfing Joyki, welcher ihm auf den Arm sprang. Er hörte den Applaus der Menschen, hörte die Durchsage: „Und damit haben wir eine neue Bestzeit!"

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