|3| Junggesellenabschied

„Prost!"

Es ist der dritte Club, den wir besuchen und so langsam wird mein Kopf herrlich leicht.

Das kann ich auch gebrauchen. Es ist der Junggesellenabschied von Conner und Ben und natürlich feiern sie ihn zusammen. Und eigentlich hätten auch zwei Freunde von Ben dabei sein sollen, sowie seine Schwester, aber leider ist der Flug abgesagt worden. Zur Hochzeit morgen schaffen sie es wohl, aber heute Abend müssen wir – und insbesondere ich – auf sie verzichten.

Ja, ich sehe mich als Hauptleidtragende, auch wenn es Bens Schwester und Freunde sind, die auf seinem Junggesellenabschied nicht dabei sein werden. So aber muss ich mit zwei Pärchen rumhängen. Conner hatte nur die Clique dabeihaben wollen. Und das sind nun mal Luca, Conner und ich. Ach ja und Tori. Ich stelle mir übrigens gern vor, dass ihr den Namen mit so einer flötenden Stimme lest...

Das Schlimmste ist, dass Luca und Tori bereits in der 13. Klasse zueinander gefunden haben und seitdem das Traumpaar unseres Freundeskreises sind. Und Luca war wirklich mal total cool. Und ja, vielleicht stand ich damals auch ein klein wenig auf ihn. Natürlich hätte ich nie etwas mit ihm angefangen! Er war neben Conner mein zweitbester Freund, das hätte ich nie aufs Spiel gesetzt. Aber ihn damals plötzlich zu sehen, wie er die Zunge und wer weiß was noch alles in Miss Perfect steckte...

Ich brauche mehr Alkohol!

Ich sehe mich nach dem Kellner um, beschließe dann aber, dem Spruch ‚Selbst ist die Frau' Folge zu leisten und erhebe mich. Nur sehr leichter Schwindel. Check. „Ich hol uns noch was", sage ich den anderen und flüchte. Ich brauch einfach kurz eine Pause von dem Geturtel an meinem Tisch. Conner und Ben finde ich ja noch süß, aber Luca und Tori? Sie sind schon so lange zusammen! Heißt es nicht, die Liebe flaut ab?

Nicht bei Tori ~

Nein, offensichtlich nicht. Ich seufze und lehne mich über die Bar. Der Barkeeper erblickt mich und kommt direkt zu mir. Hu, Balsam für mein etwas angekratztes Ego. Ich lächele und setze an, etwas zu sagen, als er an mir vorbei nach oben schaut und „Was darf es für dich sein?" ruft, die Stimme laut gegen die dröhnende Musik.

Das ist nicht sein Ernst, oder?! Dann aber vergesse ich meinen verletzten Stolz, als ich eine bekannte und unfassbar wohltuende Stimme vernehme. „Oh, ich glaube, die Dame war vor mir dran." Ich muss kichern. Dame. Das sollte Conner hören. ‚Sarah, du wirst nie eine Dame', war schon vor knapp zwanzig Jahren seine Prophezeiung und was soll ich sagen, ich glaube, er hat recht behalten.

Der Barkeeper sieht zu mir. „Also? Was möchtest du haben?" Irre ich mich, oder ist er genervt, dass er mich bedienen muss und nicht Mister Ich-bin-verdammt-heiß-Höllenfürst? Denn niemand anders kann das sein, dessen Präsenz ich so deutlich neben mir spüre. Himmel, ich hab den Mann noch nicht mal angesehen und spüre schon, wie in mir die Hitze ansteigt.

Ich lecke mir über die etwas trockenen Lippen und gebe meine Bestellung auf. Zwei Guiness für Conner und Ben, einen Sex on the Beach für den ewig pubertierenden Luca und zwei Caipirinha für Miss Perfect und mich. Ach, sie mag keine Limetten? Das muss mir entfallen sein.

Als der Barkeeper geht, die Getränke zuzubereiten, fahre ich mir durch meine kurzgeschnittenen dunkelbraunen Haare und sehe schräg zu Luzifer auf. Shit, er sieht so verflucht gut aus! Ein schiefes Lächeln auf den Lippen versuche ich zu sprechen, was erstaunlich gut funktioniert. Scheinbar macht Alkohol wirklich selbstbewusster. Und dass meine Stimme leicht rau ist, klingt hoffentlich eher sexy als verunsichert.

„Wie zuvorkommend, danke." Er grinst und macht eine einladende Geste. „Du warst vorher hier." Sein Blick geht zu dem Tisch, von dem ich komme. „Junggesellenabschied?", vermutet er und ich folge seinem Blick. Tori und Luca sind nicht am Tisch, aber Ben und Conner prosten sich gerade lachend zu.

Ich schmunzele und nicke. „Aye. Die beiden, die da sitzen heiraten morgen." Der Teufelsdämon lüpft anerkennend die Augenbrauen. „Wie progressiv. Und die anderen beiden?" Ich sehe zu ihm und obwohl mein Denken etwas langsamer ist, fällt mir schon auf, dass er uns wohl bereits beobachtet haben muss, dass er weiß, dass noch zwei mehr dazu gehören.

„Tori und Luca", sage ich aber nur und ziehe die beiden Guinnes zu mir, die der Barkeeper bereits gebracht hat. Luzifer wirft sich eine Erdnuss in den Mund. „Ein Paar?", fragt er und ich nicke düster, woraufhin er verhalten schmunzelt. „Aber ich dachte, keine Partner? Nur der ‚harte Kern'? Oder wolltest du mich nur nicht dabeihaben?", setzt er gespielt verletzt hinzu.

Ein Schnauben meinerseits ist meine einzige Antwort, während ich das Geld hervorkrame. Als der Barkeeper die drei Cocktails bringt, schaue ich auf die Caipirinhas und seufze. „Sorry, magst du mir noch schnell einen Campari-O dazu machen? Hatte ich vergessen." Der Barkeeper atmet ein wenig entnervt durch, nickt dann aber und greift nach Glas und Flasche.

„Für wen ist der?", fragt Luzifer und ich sehe zu ihm. „Tori", erwidere ich. „Magst du Caipirinha?", frage ich dann und schaue in ein irritiertes Gesicht. Wieder seufze ich. „Tori hasst Limetten." – „Für wen war dann der zweite Caipi?" – „Tori." – „Das verstehe ich nicht. Ich dachte, Tori hasst Limetten." Luzifer scheint das Gespräch zu amüsieren und auch ich muss unwillkürlich grinsen. „Das tut sie", erwidere ich und bezahle den armen Barkeeper.

„Warum hast du ihn ihr dann erst bestellt?", fragt Luzifer und schüttelt den Kopf gen Barkeeper, als dieser nun endlich mit ihm in Kontakt kommen will, nimmt dann einen der Caipis. Da wir beide nur uns ansehen, bemerken wir nicht das enttäuschte Gesicht des Mannes, der sich dann aber schnell anderen Gästen zuwendet. Ich nehme einen Schluck aus meinem Glas, bevor ich das kleine Tablett ergreife, auf dem die Getränke stehen.

„Aye. Und ich hasse Tori." Luzifers Augenbrauen wölben sich und er nickt. „Aaah, verstehe." Er will mir das Tablett abnehmen, aber ich schnaube nur erneut amüsiert. "Hey, ich war jahrelang Kellnerin, ich weiß, was ich hier tu!" Er schmunzelt und bahnt mir dann einen Weg. „Und warum hast du dann doch etwas Anderes bestellt?" Ich seufze und bleibe kurz stehen. „Weil ich keinen Streit will. Und weil ich weiß, dass sie es ja nicht böse meint. Und nun geh bitte. Ich will nicht, dass die anderen dich sehen."

Nun sieht Luzifer mich offen empört an. „Was? Warum nicht?" Ich muss bei dem Anblick lachen. Er scheint ein wirklich extremes Ego zu haben, dass er sich gar nicht vorstellen kann, jemand würde ihm nicht sofort zu Füßen liegen. Dabei würde ich. Also – im übertragenen Sinn. Ich will es ja aus anderen Gründen nicht.

„Na, ich will nicht, dass sie denken, ich hätte dich eingeladen, obwohl es ja ohne Partner sein soll." Luzifer grinst leicht. „Dann haben wir uns eben gerade kennengelernt." Ich lache auf. „Ja, klar. Gute Idee. Ich sag ihnen, ich komme mit dem Kerl zur Hochzeit, den ich gestern betrunken im Club aufgerissen habe."

„Du bist betrunken?" Das Grinsen verstärkt sich und sagt mir, dass er es sehr wohl bemerkt – und lustig findet. Penner. Das sollte ich aber nicht laut sagen. Stattdessen zische ich. „Bleib beim Thema, Luzy", sage ich und er verschluckt sich an seinem Caipirinha, bevor er mich zur Seite zieht. „So nennst du mich wirklich nie wieder!", verlangt er und dieses Grollen in seiner Stimme ist wirklich eindrucksvoll. Und sexy. Shit, ich sollte nichts trinken in seiner Gegenwart. Immer, wenn ich trinke, bin ich viel schneller...uhm...egal.

„Wie dann?", frage ich schnell, um mich und ihn abzulenken. „Ich kann dich kaum Luzifer nennen, morgen." Er grinst maliziös. „Wie wäre es mit Geliebter?" Ich sehe ihn nur an, woraufhin er seufzt. „Spielverderberin. Gut, was ist mit Damon? So in Anlehnung an deinen Irrtum."

Ich brauche dringend Alkohol! Also stelle ich das Tablett kurz ab und greife nach meinem Glas. Er lacht. „Gut, also auch nicht." Ich nehme einen großen Schluck und meine Augen weiten sich. Der Cocktail ist wirklich sehr alkohollastig. Hitze steigt mir die Kehle hinauf und ich muss husten.

„Wie wäre es mit Morgan?", keuche ich und räuspere mich. „Ich finde, es passt und du hast deine Anlehnung an deinen Namen." Er neigt den Kopf und nickt. „Gut. Morgan also." Er blickt auf und ich sehe ebenfalls, wie Tori und Luca von der Tanzfläche kommen, verschwitzt und lachend, Hand in Hand.

Sie erblicken mich und kommen zu mir. „Mist", murmele ich und werfe Luzifer Morgan noch einen kurzen Blick zu, bevor ich lächelnd zu meinen Freunden sehe, die Gedanken rasend. Was soll ich ihnen sagen, wer er ist?

Doch beachten die beiden ihn gar nicht, sondern greifen nach den Gläsern auf dem Tablett. „Uh, Lou, perfekt, danke!", stöhnt Luca und Tori sieht kurz zu ihm, bevor sie ebenfalls einen Schluck nimmt. „Ja, danke, Lou. Das kommt nach so viel intensivem Tanzen gerade recht." Sie schmiegt sich an Luca, der einen Arm um sie legt und ihren Hals küsst.

Ich betrachte die beiden und muss lachen. „Ihr seid echt wie Teenies", sage ich und schaue kurz zu Luzifer, der das Pärchen ebenfalls mustert und räuspere mich. „Das ist...", beginne ich, aber Luca unterbricht mich, indem er sich das Tablett schnappt und damit abzieht. Tori folgt ihm auf dem Fuße.

Verdutzt sehe ich zu dem Dämon neben mir. „Warum haben sie gar nicht auf dich reagiert? Ich meine...wie kann man dich nicht bemerken?" Ich schaue meinen Freunden nach, sodass ich erst kurze Zeit später bemerke, dass Luzifer mittlerweile mich betrachtet. Und das mit diesem ziemlich intensiven Blick, der meine Knie weich werden lässt.

„Lou?", fragt er und ich krause verlegen meine Nase. „Ach...Das ist ein Überbleibsel aus der Zeit, in der ich Sarah als Namen ätzend fand. Mein zweiter Name ist Louise", setze ich erklärend hinzu, winke dann aber ab.

„Also?", frage ich in Anlehnung an meine unbeantwortete Frage von zuvor und er zuckt mit den Schultern. „Wenn ich nicht gesehen werden will, werde ich nicht gesehen. Wäre doch ziemlich hinderlich, wenn mich wirklich jeder immer sehen könnte...ich meine, was, wenn ich gerade auf Seelenfang bin?" Er wippt mit den Augenbrauen und ich stoße ein amüsiertes Lachen aus, auch wenn der Blick seiner Augen einen gewissen Ernst enthält.

Warum auch nicht? Er ist ein Dämon, Sarah. Merk dir das endlich mal. Er ist kein normaler Kerl.

„Was machst du eigentlich hier?", frage ich, um mich abzulenken. „Ich hab dich doch nur für die Hochzeit gebucht. Und ein Zufall wird es kaum sein." Er lacht auf und reicht mir seinen Caipi, den ich, durstig und latent nervös wie ich gerade bin, gern annehme.

„Gebucht, hm? Ich bin kein Escort, Liebes", erwidert er und ich verschlucke mich am Cocktail, starre ihn an. „Warum habe ich bitte nicht an einen Escort gedacht?", frage ich ungläubig und Luzifer verzieht abfällig das Gesicht, sieht mich dann streng an.

„Weil du etwas Ordentliches wolltest, definitiv etwas Besseres verdienst und sowas immer auffliegt. Zumal du wahrscheinlich auch nicht das Geld dafür hast." Ich funkele ihn kurz erbost an, seufze dann aber resigniert. Wo er recht hat...

„Ich denke, du solltest zu deinen Freunden zurück. Wir sehen uns dann morgen." Er nimmt meine Hand und haucht wie der vollendete Gentleman einen Kuss darauf und ich muss zugeben, dass mich dieses Verhalten anzieht, ebenso wie die Tatsache, dass meine Hand zierlich wirkt in der seinen. Überhaupt fühle ich mich neben ihm irgendwie...nicht zerbrechlich, dazu fühle ich mich zu sicher, es ist eher...

Blinzelnd bemerke ich, dass mein alkoholgeschwängertes Hirn mal wieder zu lange herumgedacht hat. Luzifer ist verschwunden, ganz ohne Rauch und Flammen, und mit einem leisen Lächeln gehe ich zurück zu meinen Freunden.

Während ich mich wieder setze und mit ihnen anstoße, wird mir klar, dass er nicht auf meine Frage geantwortet hat, warum er heute hier war.


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