|11| Tanz mit mir
„Aber zurück zum Grund, weswegen wir überhaupt auf das Thema kamen", kommt es dann plötzlich fast schon gutgelaunt von Luzifer und als ich ihn verwirrt ansehe, kommt er mir mit funkelnden Augen näher.
„Tori", säuselt er dicht bei meinem Ohr und sein Blick wandert zu der Genannten, die mit Luca bei Conners Eltern steht. Sie alle strahlen und scheinen glücklich. Tori liebt jeden und jeder liebt Tori. So ist das einfach.
So ziehe ich skeptisch meine Augenbraue hoch, auch wenn Luzifer mir gerade bewiesen hat, dass er sehr wohl eine ausgezeichnete Menschenkenntnis besitzt.
Das heißt nicht, dass er immer richtig liegt.
Also ich bin zwar kein Buchmacher, aber vier von vier ist schon eine gute Quote, denke ich.
Dennoch hebe ich unsicher eine Schulter. „Sie hat überhaupt keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Sie hat alles, was sie sich wünschen kann - und vor allem, was ihr wichtig ist im Leben. Ganz im Gegensatz zu mir."
Bevor es falsch rüberkommt, lächele ich. „Und damit meine ich aus Toris Sicht. Ich habe andere Ansprüche an das Leben." Zumindest in Teilen ist dies richtig.
Luzifer neigt schmunzelnd den Kopf. „Eifersucht und ein wenig Angst." Nun stoße ich spöttisch die Luft aus. „Okay, ich weiß, du lagst eben echt oft richtig, aber..."
„Sarah", unterbricht er mich. „Du bist die beste Freundin von Conner und Luca", sagt er und schaut mich bedeutungsvoll an, als würde das alles erklären. Ich krause die Nase und versuche, zu verstehen, was Luzifer meint.
Dieser seufzt. „So schwer ist das nicht, Liebes, aber ich weiß, wenn es um euch selbst geht, seid ihr Menschen meist ein wenig blind."
Wieder schenkt er mir einen intensiven Blick, bevor er mit einem milden Lächeln eine Geste in Richtung meiner Freunde macht. „Du kennst die beiden seit ihr klein seid. Du wirst immer wichtig für sie bleiben. Du ahnst wahrscheinlich nicht, wie wichtig. Ich habe es eben gesehen..."
Nun schlage ich doch die Augen nieder, da es mir schon immer unangenehm gewesen war, so etwas zu hören, auch wenn ich weiß, dass es irgendwie stimmt. Luca, Conner und ich gehören einfach zusammen. Für immer. Ich sehe zu Tori und Luca, die wieder miteinander tanzen und verstehe langsam, was Luzifer meint.
Mit der ‚besten Freundin' kann man nicht konkurrieren. Sie wird immer eine Art Bedrohung sein für die ‚Partnerin'. Nachdenklich nippe ich an meinem Drink.
Alles schön und gut, aber wie kann man so ein Gefühl über Jahre hinweg konservieren? Und wenn sie das wirklich hat, dann... Meine Augen weiten sich.
„Sie führt mich wirklich absichtlich vor, oder?", frage ich fassungslos in Richtung des Teufelsdämons. „Und das nur, weil...was? Hofft sie, mich dadurch vor den Jungs schlechter dastehen zu lassen?" Es will einfach nicht in meinen Kopf.
Luzifer lächelt. „Du glaubst nicht, wie niedrig die Beweggründe oft sind, die uns...oder eher euch zu hässlichem Verhalten verleiten. Oder vielleicht doch...nach eben..." Sein Lächeln wird diabolischer. „Und meist sind es dieselben, die sie in meine Arme treiben. Natürlich nur im übertragenen Sinn", ergänzt er und ich nicke langsam. „Natürlich..."
Ich habe gar nicht richtig hingehört, da mich eine andere Frage nun nicht mehr loslässt.
„Du hast vorhin gesagt, in mir würde sich nichts Dergleichen finden", sage ich zögernd und beiße auf meiner Unterlippe herum. „Ist das, weil...du auch in meine Seele schaust?" Die Vorstellung, er könnte es tun, macht mich völlig nervös. Als könne er zeitgleich meine Gedanken lesen.
Vielleicht kann er das.
Oh, das will ich nicht hoffen. Das wäre äußerst peinlich. Ich sehe forschend zu Luzifer, der mich seinerseits wissend anlächelt - Oh, gosh... - aber noch einen Moment wartet, bevor er sacht den Kopf schüttelt.
„Nein, Sarah", beantwortet er sanft und mit leichter Frustration meine Frage. „Ich habe nicht in deine Seele geblickt." Er scheint kurz nachzudenken. „Wie es sich trifft, kann ich in deine nicht sehen. Es ist, als wäre ich in der Hinsicht blind. Und ich wüsste zu gerne, warum das so ist. Obwohl ich davon ausgehe, dass es etwas mit der...Art unseres Kennenlernens zu tun hat."
Er lässt seinen Blick über mich wandern, und ich habe das Gefühl, dass seine Augen flammende Spuren auf mir hinterlassen. Dennoch bin ich erleichtert, bis mir etwas auffällt. „Aber wenn du es nicht kannst... Wie kommst du dann darauf, dass in mir nichts...nun ja... wirklich Schlechtes ist?"
Nun lächelt Luzifer offen und breit und sein eben noch so forschender Blick wird warm. Er nimmt meine Hand und zieht mich näher an sich. „Weil ich, meine liebe Sarah, nebst meinem Talent, Eure Seelen zu lesen, über eine herausragend gute Menschenkenntnis verfüge."
Er lässt seinen Daumen über meinen Handrücken wandern und ein sanftes Kribbeln breitet sich von dort aus. „Glaub mir, wenn du seit Äonen nicht viel Anderes machst, als dich mit Menschen und ihren Abgründen auseinanderzusetzen, dann lernst du, die kleinsten Anzeichen zu erkennen."
Seine große Hand legt sich zärtlich auf meine Wange und ich bin kurz davor, mich hineinzuschmiegen. Gosh, sie glüht förmlich. Oder ist es nur meine Reaktion auf ihn? Ich weiß es nicht, doch was ich weiß ist, dass ich mich gerade in den dunklen Augen verliere. Dazu diese verlockend samtene Stimme, deren Worte ich fast verpasse.
„Und aufgrund dieser mannigfaltigen Erfahrung kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass du trotz deiner vielleicht missgünstigen Momente eine reine Seele hast. Du bist dir dieser Momente nämlich sehr bewusst und versuchst, nicht zu sehr auf sie zu hören."
Meine Wangen brennen und wenn mein Körper nicht wie ein Magnet von seinem angezogen werden würde, würde ich wohl das Weite suchen. So aber liegt mir nichts ferner, als die Nähe zu diesem Teufel aufzugeben.
Als meine Hand sich auf die breite Brust Luzifers legt, spüre ich seinen starken Herzschlag und die Hitze, die schon seine Hand verströmte und mit einem leisen Knurren zieht er mich näher an sich heran. Seine Lippen streifen fast meine Wange und ich kann seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren.
„Du solltest mich nicht so anschauen", raunt er mir zu und ich schlucke bei dem Tonfall, der eine Mischung aus Lust und Strenge inne zu haben scheint. Meine Lippen befeuchtend lege ich fragend den Kopf schräg. „Wie schaue ich denn?", wispere ich, da ich meiner Stimme nicht so recht trauen mag.
Luzifers Mundwinkel hebt sich leicht und die Augen beginnen zu glühen. „Als dürfte ich alles mit dir machen", entgegnet er und nun streifen seine Lippen tatsächlich meine Wange. Fast knicken mir die Beine weg und mein Herz rutscht mir kurzzeitig in den Magen, schreckt dort Dutzende Bienen auf, die sich summend in meinem Körper verteilen.
Du darfst! Du darfst!!!
Blinzelnd versuche ich, mich daran zu erinnern, dass ich ihn unter Kontrolle haben sollte, doch ist die Vorstellung, sie an ihn abzugeben einfach zu verlockend. Und das von einem Kontrollfreak, wie Conner mich gerne nennt. Zurecht, wie ich in schwachen Momenten zugebe.
Hilflos starre ich auf den Hals des Dämons, während dessen Lippen zu meinem wandern und meine Lider schließen sich flatternd. „Fuck..." Hitze sammelt sich zwischen meinen Beinen, als die Lippen federleicht die Halsbeuge berühren und ich höre Luzifers tiefes leises Lachen bei dem geflüsterten Wort meinerseits.
Seine Hand an meiner Taille fasst nach und ich schwöre, dass ich mich noch nie derart geborgen gefühlt habe im Arm eines Mannes - zumal ich ihn nun wirklich nicht lange kenne.
„Tanz mit mir", raunt er und ohne eine Antwort abzuwarten - wir wissen alle, es wäre eine positive gewesen - führt er mich auf die Tanzfläche.
Wie sollte es anders sein ist Luzifer ein begnadeter Tänzer, und dass er sich akribisch an den richtigen Abstand hält, gibt mir die Möglichkeit, mal wieder Atem zu holen. Dies scheine ich in den letzten Momenten etwas vernachlässigt zu haben, wie mir der leichte Schwindel verrät, der mich erfasst, als ich es endlich wieder schaffe.
Die ganze Zeit über lässt mich Luzifer nicht aus den Augen.
Himmel, wie soll ich denn auch nur einen klaren Gedanken fassen, wenn er mich so ansieht?!
Vielleicht solltest du gar nicht denken.
Ja, tolle Idee. Luzifer steht bestimmt auf Frauen, die keinen geraden Satz von sich geben können. Wobei es mir natürlich total egal ist, worauf der Dämon so steht. Das war ja nur so dahingedacht.
Luzifer schmunzelt, als er mich schwungvoll herumwirbelt. „Du scheinst nicht nur viel zu denken, sondern gerade ein wenig unzufrieden mit den Ergebnissen deiner Überlegungen zu sein. Möchtest du mich eventuell daran teilhaben lassen? Ich bin ein guter Ratgeber."
Sein maliziöses Grinsen lässt mich auflachen und ich lege amüsiert den Kopf schräg, schaue triumphierend zu ihm auf. „Damit hast du zugegeben, dass du nicht der Teufel sein kannst!", sage ich zufrieden und erfreue mich an dem verwirrt-belustigten Gesichtsausdruck Luzifers.
„Ach so?", fragt er und zieht mich ruckartig eng an sich, was meinen Körper zielsicher in Flammen taucht an jeder einzelnen Stelle, die den seinen berührt - und das sind erfreulich viele. „Und warum ist das so, Liebes?", raunt er mit seiner tiefen Stimme, die in meinem Magen widerhallt und die gerade etwas trägeren Bienen wieder in völliges Chaos stürzt. Das leise Lachen Luzifers verrät mir, dass er sehr wohl weiß, was er hier anrichtet.
„Weil...", versuche ich mich an einem sinnvollen Satz, was mir ob der beschriebenen Lage etwas schwerfällt. „Weil jeder weiß, dass der Teufel kein guter Ratgeber ist. Zumindest nicht für die ratsuchende Person."
Luzifer klappt der Mund auf und er bringt uns beide wieder auf Abstand, was aber auch an dem Wechsel der Musik liegen könnte. Dennoch wirkt er ein wenig empört. „Das finde ich doch sehr einseitig gedacht, Sarah. Besonders für eine Atheistin."
Nun lache ich. „Was soll das denn heißen?" Luzifers Augen funkeln. „Nun, von Tiefgläubigen erwarte ich ja gar nicht mehr, dass sie über die Himmelspropaganda hinwegsehen. Aber du als rationale fortschrittliche Frau solltest wissen, dass es immer zwei Seiten einer Geschichte gibt."
Etwas an der Art, wie er es sagt, lässt mich aufhören zu grinsen. Er meint es ernst, das sehe ich nun recht deutlich. Und er scheint wirklich enttäuscht zu sein. Mein schlechtes Gewissen, das unglücklicherweise manchmal recht schnell zu triggern ist, meldet sich und schüttelt tadelnd den Kopf, was mich meinen ein wenig senken lässt.
Entschuldigend sehe ich zu Luzifer auf. „Es tut mir leid. Ich habe es gar nicht so ernst gemeint, was ich gesagt habe, aber... Eben gerade, weil ich eine rationale fortschrittliche Frau bin, glaube ich nun mal nicht..." Ich zögere und seufze dann. „Okay. Nehmen wir mal an, dass es den Teufel tatsächlich gäbe."
Luzifers Augenbraue wandert zum Haaransatz. „Ja, tun wir einfach mal so...", erwidert er zynisch und ich grinse kurz, werde dann aber wieder ernst. „Natürlich würde ich dann sehr an dem zweifeln, was die Gegner von ihm über ihn verbreiten."
Ein zufriedener Ausdruck bildet sich auf Luzifers Gesicht, während die Musik langsamer wird und er mich wieder enger an sich zieht. Langsam und fast vorsichtig, als wolle er mich nicht verschrecken.
Offensichtlich weiß er nicht, dass er dazu echt viel aufbieten müsste.
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