I - Ein Fest mit vielen Gesichtern
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August. Langsam beginnt die Vorbereitungszeit. Sie muss sich allmählich auf die bevorstehenden Festlichkeiten einstellen. Trotz ihrer vierunddreißig Jahre scheint sie ihr Leben fest im Griff zu haben. Janis geht in ihrer Rolle als Mutter vollkommen auf, und das ist auch notwendig, denn sie muss frühzeitig handeln. Längst hat sie den Wunschzettel ihrer zwölfjährigen Tochter erfragt, da es immer schwieriger geworden ist, die passenden Geschenke zu finden. Sicher, ihre Tochter glaubt schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann, doch zurzeit ist sie völlig begeistert von Anime und Manga. Um das passende Merchandise oder die begehrten Wackelköpfe der Figuren zubekommen, muss man rechtzeitig bestellen – oft mit Lieferzeiten von bis zu drei Monaten!
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Jedoch macht es ihr nichts aus, denn sie liebt das Weihnachtsfest. Sie hat bereits die Weihnachtsdeko herausgestellt und sich auf die Suche nach weiteren passenden Geschenken gemacht, auch für ihren Mann James. Obwohl er ihr gerne die Weihnachtseinkäufe und die Dekoration überlässt, ist es seine Aufgabe, den Weihnachtsbaum aufzubauen und die Beleuchtung am Haus sowie im Garten anzubringen.
Dennoch sorgt sie – wie jedes Jahr – ununterbrochen für neue Lichterketten und andere leuchtende Dekorationen, die die festliche Stimmung noch weiter heben.
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Zur gleichen Zeit, am anderen Ende der Stadt, streift ein Manndurch die Supermärkte. Dort stehen bereits die Schokoweihnachtsmänner in den Regalen, doch er geht nur kopfschüttelnd an ihnen vorbei. Mit Mitte vierzig ist ihm die Vorfreude auf Weihnachten längst vergangen. „Das Fest der Liebe", heißt es immer in den Medien. Sicher, das mag stimmen, wenn man Familie oder vielleicht Freunde hat. Doch für ihn scheinen diese Worte nur hohles Geschwätz zu sein, während er durch die bunten Lichter und fröhlichen Klänge der festlichen Saisonwandelt, ohne den Zauber zu spüren, den früher einmal alles für ihn bedeutete.
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Doch bei ihm sieht das anders aus: Er muss seine Eltern bereits zu Grabe tragen. Verkraften kann er das jedoch noch nicht, was daran liegen könnte, dass er seine Mutter erst vor ein paar Wochen verloren hat.
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Die ganzen Behördengänge, das Organisieren und Einreichen der Urkunden– es ist stets grausam, und er findet keinen Abschluss. Zuerst sein Vater, und nun muss er das alles noch einmal durchstehen.
Doch die Zeit läuft immer weiter, schonungslos, nein, eher erbarmungslos.
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Doch als er an weiteren Weihnachtsaufbauten vorbeikommt, sieht er etwas, das seine Aufmerksamkeit erregt: Marzipankartoffeln – das Beste an Weihnachten! Also packt er sich eine Packung ein und geht zur Kasse. Er ist oft hier, und die meisten Angestellten kennen ihn gut. So auch an der Kasse, wo die Kassiererin ihn nur lächelnd ansieht, während sie die Kartoffeln über das Band zieht: „So, so? Heute gesundes Gemüse?"
Er muss lachen – Ellen, sie kennen sich schon ewig und teilen den selben Humor. „Ja, für den Salat!"
Da lächelt sie nur und scannt die restlichen Artikel über das Band. Nachdem er bezahlt hat, verabschiedet er sich: „Ellen, mach bald Feierabend!"
Er klopft mit der Hand auf das Band. „Danke, dir auch einen schönen Abend und pass auf dich auf, Nick!" Er winkt ihr zu und verlässt den Supermarkt, wobei er sich auf die bevorstehenden Feiertage freut.
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